Glaube in der Bewährung - Beunruhigende Entdeckungen im Jakobusbrief Teil 3/7 - Kein Glaube ohne Werke? Wie evangelisch ist der Jakobusbrief?

 

Wolfgang Nestvogel

30.12.2015

Schönblick, Willy-Schenk-Straße 9, 73527 Schwäbisch Gmünd

ID: 28909

 

 

Ja, nun können wir schon zu unserem dritten Erkundungsgang durch den Jakobusbrief starten und ich möchte beginnen mit einem Politiker, der den allermeisten wahrscheinlich nicht mehr bekannt sein wird, aber er hieß wirklich so: Kurt Gscheidle. Kurt Gscheidle. - Ja, da lachen Sie. - In den 70iger Jahren war er längere Zeit Post- und Verkehrsminister für die SPD und in einer Bundestagsdebatte hat der damalige Oppositions-Politiker Franz Josef Strauß – na, der wird den meisten bekannt sein, – mit Gscheidle gestritten. Und er hat dann süffisant eingefügt in seine Rede: „Der Kollege Gscheidle kann auch nichts für seinen Namen.“ So ähnlich haben die im Bundestag dann auch reagiert. Und damit wollte er sagen: Der heißt zwar Gscheidle, aber er ist nicht gescheit. Nun, ich weiß nicht, ob Franz Josef Strauß damals damit Recht hatte. Immerhin hat er eine natürliche und überzeugende und nüchterne Tatsache angesprochen: Der Name stimmt nicht immer mit dem Wesen dessen überein, der diesen Namen trägt. Der Name bildet nicht immer die Wirklichkeit dessen ab, der mit diesem Namen bezeichnet wird. Wer Bäcker heißt, muss nicht unbedingt Brot backen können, und ein Herr Schneider kann noch lange keinen Anzug nähen. Und wie ist es nun mit denen, die sich 'Christ' nennen?

Jakobus sagt in Kapitel 2 Vers 7: Über euch ist der gute Name genannt. Man könnte auch übersetzen: Über euch ist der noble Name ausgerufen worden, nämlich der noble Name Jesu Christi. Wir tragen den ehrenwerten Namen des Herrn Jesus, aber tragen wir diesen Namen zurecht? Das ist die Frage. Gehören wir wirklich zu ihm, dessen Namen wir tragen?

Es gehört zu den ernstesten und bedrückendsten Beobachtungen, die im NT immer wieder aufblitzen, nämlich, dass die Gemeinde Jesu, dass die Gemeinde Jesu, wie das theologische Fachwort sagt, ein corpus permixtum ist, das ist einfach übersetzt: ein vermischter Haufen. Und zwar vermischter Haufen corpus permixtum nicht nur aus alt und jung, nicht nur aus allen Charaktertypen, Berufen und Herkünften und Charaktersonderlingen auch mitunter, nein, die Gemeinde Jesu ist vermischt aus echten Christen und Scheinchristen. D.h., in der christlichen Gemeinde hat es zu allen Zeiten Menschen gegeben, die sich zwar Christen nennen, die sich auch selbst für Christen halten, aber vor Gott möglicherweise keine Christen sind. Ein Beispiel dafür finden wir in der Bergpredigt, wo der Herr Jesus in Matthäus 7, 21 diese markante Warnung ausspricht, Matthäus 7, 21:

21 Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr, Herr!, wird in das Reich der Himmel eingehen, sondern wer den Willen meines Vaters tut im Himmel. 22 Viele werden an jenem Tag zu mir sagen: Herr, Herr, haben wir nicht in deinem Namen geweissagt? Haben wir nicht in deinem Namen Dämonen ausgetrieben? Haben wir nicht in deinem Namen viele Wundertaten vollbracht? 23 Dann werde ich ihnen bezeugen: Ich habe euch nie gekannt; weicht von mir ihr Übeltäter!

Und so gibt es viele Texte im NT, die diesen vermischten Zustand der Gemeinde beschreiben, etwa das berühmte Gleichnis von den 5 törichten und 5 klugen Jungfrauen (Matthäus 25) oder Lukas 8 bzw. Markus 4 oder Matthäus 13 das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld: echter Glauben neben unechtem Glauben. Denken wir an Judas Iskariot, der 3 Jahre lang im engsten Umfeld des Herrn sich aufhielt und ein ganz normales nominelles Mitglied des Jüngerkreises war.

Auch die Gemeinde, an die Jakobus schreibt zunächst, ist offensichtlich ein solcher corpus permixtum. Und dieser, dieser Umstand lässt dem alten Seel­sorger keine Ruhe und so schreibt Jakobus diesen Brief auch, um seinen Leuten ein Testverfahren an die Hand zu geben, mit dem sie sich selbst überprüfen können. Ja, der Jakobusbrief ist auch eine Hilfe, um echten und unechten Glauben, um lebendigen und toten Glauben, um wahren und falschen Glauben voneinander zu unterscheiden. Und das ist unser drittes Thema, nachdem wir gestern Abend begonnen hatten mit der Fragestellung: Der Glaube in Anfechtung und Versuchung. Das war v.a. Kapitel 1. Und heute Vormittag haben wir dann fortgesetzt mit dieser praktischen Anwendung, die sich durch diesen Jakobusbrief hindurch zieht: Geld oder Leben – Woran du dein Herz hängst. Und heute der dritte Vortrag steht nun unter der Fragestellung: Kein Glaube ohne Werke? Und dann als Untertitel: Wie evangelisch ist der Jakobusbrief? Wie evangelisch ist der Jakobusbrief? Denn manche würden sagen: Jakobus, ausgerechnet! Als Schlüs­sel, um wahren und falschen Glauben zu unterscheiden, machen wir da nicht den Bock zum Gärtner? Hat Jakobus denn überhaupt selbst das richtige Verständnis vom wahren Glauben? Kein Geringerer als Martin Luther hat dazu ja z.T. sehr kritische Bemerkungen gemacht. Für Luther war es zeitweise fraglich, ob der Jakobusbrief überhaupt zum Kanon der Bibel zu rechnen sei. Er schreibt bei­spielsweise in seiner Vorrede zum Jakobusbrief 1522, dass es dort am richtigen Verständnis der Rechtfertigung fehle, und das sei ja der wahre Prüfstein, um alle Bücher der Bibel zu verstehen: Was Christum treibet. Und dazu braucht es auch ein richtiges Rechtfertigungsverständnis. In einer berühmten Vorrede zum ganzen Neuen Testament hat Luther den Jakobusbrief sogar eine 'ströherne Epistel' genannt. Also eine Stroh-Epistel gewissermaßen. Wie konnte er dazu kommen? Historisch ist das sicher verständlich. Die Römisch-Katholische Kirche benutzte den Jakobusbrief nämlich zur Begründung der Werkgerechtigkeit und als Argument gegen die Rettung allein aus Glauben. Also die Römisch-Katholische Kirche hat den Jakobusbrief instrumentalisiert, benutzt, um damit aufzuzeigen, dass wir nicht allein durch den Glauben gerettet würden, um damit die Werk­gerechtigkeit zu begründen. Dafür hat sich die Römische Kirche auf den Jakobusbrief berufen. Und Luther hat sich in seinem Urteil über den Jakobusbrief offensichtlich davon beeinflussen lassen, wie die Römische Kirche den Jakobusbrief gedeutet und benutzt hat. Und darum ist das eine berechtigte Frage zunächst mal: Wie evangelisch, wie evangeliumsgemäß ist der Jakobusbrief? Ja, man könnte auch viel einfacher fragen: Wie einig oder uneinig sind sich Paulus und Jakobus? Oder noch anders gefragt: Hätte Paulus über den Jakobusbrief genauso geurteilt wie Luther? So können Sie die Frage auch stellen: Hätte Paulus über den Jakobusbrief genauso geurteilt wie Luther? Das müssen wir heute Abend klären. Und an der Fragestellung sehen Sie schon, dass es nicht eine theoretische Frage allein, eine theologische Spezialfrage, wie denn nun Jakobus und Paulus zusammen gehören – natürlich geht es einmal auch um die Frage der Einheit der Bibel – nein, das ist eine höchst existenzielle Frage darüber, was echter Glaube ist und was falscher Glaube ist. Richtig ist, dass der Jakobusbrief die zentralen Punkte der Erlösung, also die Frage: Wie wird man Christ und was ist die Grundlage dafür, dass wir gerettet werden können, nicht ausführlich entfaltet. Das ist wahr. Die entscheidende Frage aber ist: Widerspricht Jakobus dem, was Paulus sagt? Ignoriert er das? Hat Jakobus ein anderes Verständnis vom Evangelium? Oder setzt der Jakobusbrief das Evangelium einfach voraus? Schon in der Apostelgeschichte finden wir dazu einige ganz spannende Hinweise, die können wir heute nur nicht entfalten. Apostelgeschichte 21, lesen Sie das mal in diesen Tagen, da gibt es eine ganz spannende Begegnung zwischen Paulus und Jakobus. Und da wird sehr deutlich, dass Paulus und Jakobus sich gegenseitig anerkannt haben als wahre Prediger des Evangeliums Jesu Christi. Also Paulus hat den Jakobus 100%ig akzeptiert. Und auch Paulus selbst schreibt das in Galater 2, 9. Das ist nur eine kleine Bemerkung, aber sie zeigt uns sehr deutlich, wie Paulus zu Jakobus steht. Galater 2, 9, da heißt es:

Und als sie die Gnade erkannten, die mir gegeben ist, reichten Jakobus und Kephas und Johannes, die als Säulen gelten, mir und Barnabas die Hand der Gemeinschaft.

Also er sagt ganz klar in einem Atemzug: Petrus, Johannes und Jakobus Säulen der Urgemeinde. Auch im Jakobusbrief selbst macht der Herrenbruder sehr klar, wo er persönlich steht. Er spricht in Kapitel 2 Vers 1 – das haben wir heute Morgen gesehen – in Kapitel 2 Vers 1 vom Glauben an unseren Herrn Jesus Christus, den Herrn der Herrlichkeit. Das ist ein ganz klares Bekenntnis zur Hoheit, zur Göttlichkeit, zur Herrlichkeit des Herrn Jesus Christus. Wir sehen im Jakobusbrief Kapitel 5 am Ende, dass Jakobus fest mit der Wiederkunft des Herrn Jesus rechnet. Jakobus 5 ab Vers 7: So wartet nun geduldig, ihr Brüder, bis zur Wiederkunft des Herrn. Das ist ihm alles ganz klar. Und Jakobus bekennt nicht nur die Würde, die göttliche Würde des Herrn Jesus, sondern Jakobus geht auch eindeutig davon aus, dass wir den Herrn Jesus brauchen, dass wir von ihm abhängig sind, wenn wir in den Himmel kommen wollen, wenn wir Gottes Kinder werden wollen. Und dennoch bleibt es richtig, was ein Ausleger schreibt: Jakobus führt nicht erst zum Kreuz hin, sondern er kommt schon vom Kreuz her. Also er setzt das voraus. Aber wir fragen jetzt natürlich: Wie konnte diese Meinung aufkommen, dass Jakobus Werkgerechtigkeit lehren würde? Also dass Jakobus behaupten würde: Man muss bestimmte Dinge tun, um in den Himmel zu kommen, und es reicht nicht aus, sich auf das zu verlassen, was Jesus für uns getan hat. Nun, Anlass war der Bibelabschnitt, den wir heute Abend miteinander lesen werden. Dieser Abschnitt, dieser Abschnitt gehört zu den berühmtesten des Jakobusbriefs und ich muss zugeben, auf den ersten Blick auch zu den verwirrendsten Abschnitten des Jakobusbriefes und von daher passt das: Wir haben nicht nur ein Lied mit einer verwirrenden Melodie gesungen, sondern wir wollen nun auch noch einen auf den ersten Blick verwirrenden Text miteinander studieren. Da sind Sie ja also gerade so richtig eingestimmt worden. Aber gerade in diesem Text behandelt Jakobus nun die für uns so wichtige Unterscheidung zwischen totem und lebendigem Glauben. Und er steigt gleich ein mit Vers 14 ohne jegliche Vorwarnung. Davor hat Jakobus über das praktische Zusammen­leben in der Gemeinde gesprochen, dass kein Ansehen der Personen gelte, dass jeder in gleicher Weise liebevoll versorgt und aufgenommen werden sollte, dass Barmherzigkeit ein wichtiges Kennzeichen der Christen im Umgang miteinander sei und dann kommt er so brachial in Kapitel 2 Vers 14 auf diese grundsätzliche Frage zu sprechen, an der kein Christ vorbei kommt, und er markiert diesen Einschnitt – wie er das häufiger tut – mit dieser Anrede 'meine Brüder'. Also Leute, jetzt kommt en neuer Abschnitt, ne neue Frage.  

Was hilft es, meine Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? Kann ihn denn dieser Glaube retten?

Kann ein Glaube ohne Werke echt sein? Und damit erinnert Jakobus an etwas, das schon sein Halbbruder Jesus gesagt hatte: Glaube ist nicht Glaube. Denken wir an Johannes 2 die Situation, als sich einige Leute mal kurzfristig dem Herrn Jesus zuwenden und dann schreibt Johannes folgende Bewertung unseres Herrn über den Glauben dieser Leute. Johannes 2, 23 da heißt es: 

23 Als er aber am Passahfest in Jerusalem war, glaubten viele an seinen Namen, weil sie seine Zeichen sahen, die er tat. 24 Jesus selbst aber vertraute sich ihnen nicht an, weil er alle kannte, 25 und weil er es nicht nötig hatte, dass jemand von dem Menschen Zeugnis gab; denn er wusste selbst, was im Menschen war.

Das heißt, Jesus wusste selbst sehr genau, dass der Glaube dieser Leute gar kein echter Glaube war. Und es kommt drauf an, dass unser Glaube rettet, sagt Jakobus. Es kommt darauf an (Vers 17), dass unser Glaube lebendig ist und nicht tot. Und Sie merken schon, es geht jetzt nicht um eine theologische Spitzfindigkeit, die wir klären müssen, sondern bei dieser Frage geht’s drum, ob einer in den Himmel kommt oder in die Hölle kommt. Und Jakobus legt den Finger gnadenlos hinein in diese Wunde (in Vers 14). Er fragt: Kann 'dieser' Glaube, also dieser sogenannte Glaube, der ohne Werke ist – das 'dieser' ist auch im Griechischen ganz deutlich hervorgehoben – kann 'dieser' Glaube, bei dem keinerlei Praxis zu finden ist, keinerlei Frucht zu erkennen ist, kann 'dieser' Glaube retten? Und alles, was er dann schreibt, von Vers 14 bis Vers 26 dient der Klärung dieser einen Frage: Kann 'dieser' Glaube retten, ja oder nein? Und jetzt muss er Butter bei die Fische tun und die Sache direkt angehen. Und wir wollen das lesen im Zusammenhang diesen Text die Verse 14 – 26. Und – wie gesagt – lassen Sie sich nicht verwirren, es ist ein sehr spannender Text und meine Hoffnung und mein Gebet ist, dass wir bis zum Ende des Abends den wirklich alle gut verstehen und erklären können.  

14 Was hilft's, liebe Brüder, wenn jemand sagt, er habe Glauben, und hat doch keine Werke? Kann denn der Glaube ihn selig machen? 15 Wenn  ein Bruder oder eine Schwester Mangel hätte an Kleidung und an der täglichen Nahrung, 16 und jemand unter euch spräche zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebet ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat, was könnte ihnen das helfen? [wörtlich steht da: was könnte das helfen] 17 So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber. 18 Aber jetzt könnte jemand sagen: »Du hast Glauben, ich habe Werke. Zeige mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus meinen Werken!« 19 Du glaubst, dass nur einer Gott ist? Du tust recht daran! Die Teufel glauben's auch — und zittern! 20 Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist? 21 Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerechtfertigt geworden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? 22 Da siehst du, dass der Glaube zusammengewirkt hat mit seinen Werken, und durch die Werke ist der Glaube vollkommen geworden [oder vollendet worden]. 23 So ist die Schrift erfüllt, die da spricht : »Abraham hat Gott geglaubt und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden«, und er wurde 'ein Freund Gottes' genannt. 24 So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerecht wird, nicht durch Glauben allein. 25 Desgleichen die Hure Rahab: Ist sie nicht durch Werke gerecht geworden, als sie die Boten aufnahm und ließ sie auf einem andern Weg hinaus? 26 Denn wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot.

Herr Jesus, und jetzt bitten wir dich, dass du uns hilfst am Ende dieses langen Tages nochmal alle Konzentration auch zusammenzunehmen, dass wir wirklich erkennen und verstehen, was du uns hier sagen willst durch deinen Boten Jakobus. Amen.

 

Dreimal steht hier der Ausdruck 'toter Glaube' (Vers 17, 20, 26). Und in Vers 14 sehen wir, dass dieser tote Glaube zunächst recht lebendig auftreten kann und sich oftmals auch durchaus für lebendig hält. Das sehen wir ja an diesem selbstbewussten Ton in Vers 14, dass jemand sagt: Ich habe Glauben, ne. Wenn jemand behauptet, er habe Glauben und hat doch keine Werke, der sagt: Ich hab doch Glauben, ist doch alles in Ordnung. Und wir wollen heute Abend nur zwei Fragen stellen. Die erste Frage heißt schlichtweg: Was ist toter Glaube? Und jetzt ist nicht schwer zu ahnen, wie die zweite Überschrift lauten wird, nämlich: Was ist lebendiger Glaube? Also fragen wir erst:

 

1.   Was ist toter Glaube?     
Und dazu gucken wir uns die Verse 15 – 17 an:
15 Wenn ein Bruder oder eine Schwester Mangel hätte an Kleidung und an der täglichen Nahrung, 16 und jemand unter euch spräche zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch!, ihr gebt ihnen aber nicht, was der Leib nötig hat, was könnte ihnen das helfen? 17 So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber.

a)   Dieser Glaube, den Jakobus hier schildert, was ist das für ein Glaube? Das ist ein Nur-Wort-Glaube. Ein Nur-Wort-Glaube. Jakobus zeichnet eine ganz praktische Alltagssituation, in der sich der Glaube bewähren müsste. Diese Verse 15 und 16, die lesen sich wie eine kleine Parabel, fast, wie ein kleines Gleichnis. Ist auch im Konjunktiv formuliert, also: Angenommen … - hypothetisch, angenommen, folgender Fall … Vielleicht haben einige sich an einen konkreten Vorgang erinnert, der gar nicht so lange zurück lag. Wir wissen's nicht. Wir wissen, dass in der Jerusalemer Gemeinde Armut durchaus bekannt war. Und nun sagt Jakobus Vers 15: Stellt euch vor: ein Bruder oder Schwester hat Mangel und diese Notsituation ist offensichtlich, nämlich es ist ein doppelter Mangel: an Kleidung und an Nahrung. Also auf Deutsch: der friert und schiebt Kohldampf oder schweren Hunger. So, und das ist ein Mitchrist, Bruder oder Schwester. Gesteigerte Verantwortung. Tut Gutes jedermann – sagt ja Paulus – allermeist aber an des Glaubens Genossen (Galater 6, 10). Und jetzt die Reaktion. Einer von euch, also einer aus der Gemeinde, einer von denen, die offiziell zu den Christen dazu gehören, was macht er? Immerhin findet er ein paar fromme Worte, denn er sagt: Geht hin in Frieden, wärmt euch und sättigt euch. Bow. Also, sein Wunsch zeigt ja, dass er die konkrete Not sieht. Er sieht die Kälte und den Hunger. Er sagt: Wärmt euch und sättigt euch. Er weiß also, dass die das brauchen. Und die Formulierung im Griechischen kann zweierlei bedeuten. Einmal kann man das übersetzen mit: Helft euch selbst. Oder mit: Lasst euch helfen. Lasst euch von irgend jemandem helfen. Also: Helft euch selbst oder lasst euch von jemandem helfen, aber bitte nicht von mir. Und Jakobus sagt: Leute, jetzt seht hin. Leute, seht euch bitte diesen Glauben an. Denn es handelt sich ja um einen offiziellen Mitchristen, also offiziell um jemanden, der sagt, er sei gläubig und der auch allgemein als gläubig gilt. Und er ist nicht mal bereit, sich die Finger für den Notleidenden, vor Kälte bibbernden und vor Hunger mit lautem Magen knurrenden Christen, sich für den die Hände schmutzig zu machen. Und die Formulierung zeigt ganz deutlich: Er könnte, wenn er nur wollte. Aber er will nicht. Und dann – sehen Sie sich diesen krassen Gegensatz an – diese krasse Diskrepanz zwischen dem frommen Segenswort und der kaltschnäuzigen Abweisung, die sich weigert, dem anderen praktisch zu helfen. Und dann stellt Jakobus die Frage in Vers 16: Was würde das helfen? Einige übersetzen da: Was würde das dem helfen? So kann man das etwas freier übersetzen. Es heißt aber eigentlich wörtlich: Was würde das helfen dem, der da die Frage stellt, aber auch dem, der ihn abweist? Und die Antwort steht in Vers 17: tot. So ist der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber. Und jetzt kommt eine hochspannende Konsequenz. Und das müssen wir sehr genau verstehen. Jakobus zieht eine Verbindungslinie von Vers 16 zu Vers 17 und er sagt: Leute, passt auf, so ist auch der Glaube. Er sagt, was das Beispiel über diesen einen Mann zeigt, das wenden wir jetzt grundsätzlich an auf den Glauben ohne Werke. Und hier kommt es auf jedes Wort an. Er sagt: So ist der Glaube an und für sich tot. D.h., der Glaube im Blick auf sich selbst, der Glaube in seinem Kern ist tot. Das gilt nicht nur für die Außenseite. Versteht ihr. Jakobus sagt hier nicht: Ja, der Glaube ist eigentlich da, aber er hat keine Wirkung. Sondern er betont in diesem Vers: Dieser vermeintliche Glaube, der keine Wirkung hat, ist tot in sich selber. Es ist nicht so, da ist ein Glaube, aber leider keine Wirkung. Verpufft irgendwo auf halbem Wege, kommt das nicht raus. Sondern der Glaube in sich selber – sagt er – ist tot. Dass dieser Glaube nichts bewirkt, das ist kein Wunder, denn er ist in sich leblos. Was ist das für eine Situation? Da ist ein Mensch, der hat eine äußere Form von Glauben, aber dieser äußeren Form fehlt die innere Füllung. Man könnte vielleicht etwas flapsig sagen: Er ist wie ein Anzug ohne Inhalt. Die äußere Form ist da, aber da steckt nichts drin. Wie ein Anzug ohne Inhalt. Ja, der Betreffende hält diese Form ja selber für Glauben. Und viele andere halten diese Form, die er ihnen da vorlebt, auch für Glauben. Aber in Wirklichkeit – sagt Gott – (Vers 17) tot, tot in sich selber, an sich selber, in seinem, in seinem Kern. Und das finden wir nicht nur bei Jakobus, diese Diagnose. Der Herr Jesus hat das ganz ähnlich gesagt. In Johannes 15, 5 da sagt er: Wer in mir bleibt und ich in ihm [also wer in einer echten lebendigen persönlichen Beziehung zu mir lebt] der bringt viel Frucht. Oder Galater 5, 6, da sagt Paulus: In Christus Jesus gilt der Glaube, der durch die Liebe tätig ist. Viele von Ihnen haben kleine Babys oder haben kleine Babys gehabt. Und wenn ein Baby lebt, dann ist das Atmen keine zusätzliche Leistung, die das Baby erbringen muss. Ja. Das ist nicht so ein 'Add on'. Das ist nicht irgend so ne Zusatzleistung, die das Baby erbringt: Nun lebt's schon, nun soll es nun wenigstens auch en bisschen atmen. Ja. Damit's en paar rote Bäckchen kriegt. Sondern, wenn ein Baby lebt, dann ist eben atmen eine völlig normale selbstverständliche unvermeidbare unwillkürliche Auswirkung der Tatsache, dass es lebt. Und so ist das bei diesem Typen, den Jakobus hier beschreibt, gerade nicht. Denn bei dem finden wir einen Nur-Wort-Glauben. Und der Nur-Wort-Glaube – sagt Jakobus – ist ein toter Glaube.

b)   Und dann fügt er ein zweites Beispiel für toten Glauben gleich hinterher und das ist der Nur-Wissen-Glaube. Der Nur-Wissen-Glaube. Und das sind die Verse 18 – 20. Und Sie sehen, wir arbeiten uns fleißig voran. Also 18 – 20 jetzt kommt der Nur-Wissen-Glaube: 
18 Aber es könnte jemand sagen: [also Jakobus steigt wieder in die Diskussion ein] Du hast Glauben, und ich habe Werke. [Also das es auseinander gerissen wird. Und jetzt kann man gewissermaßen ein Pausenzeichen machen. Und dann kommt die Antwort.] Zeige du mir deinen Glauben ohne die Werke, so will ich dir meinen Glauben zeigen aus den Werken.  
Also Vers 18 bringt diesen Einwand: Also weißt du Jakobus, Glaube und Werke gehören nicht zwingend zusammen. Und so haben wir das zigfach auch von irgendwelchen Bischöfen und Kirchenleitern gehört, wenn es um die Diskussion ging, dass bestimmte Leute meinten, sie könnten Christen sein, ohne Bibel zu lesen und ohne zu Jesus zu beten. Und dann wurde das öfter so gesagt: Na gut, der eine hat eben den Glauben – das seid ihr Evangelikalen – und der andere hat die Werke – der macht eben im Sinne der Bergpredigt Politik. Ist auch schon die Frage, ob man im Sinne der Bergpredigt Politik machen kann. Ja, aber beide sind echte Christen, die einen engagieren sich sozial, die andern reden von Jesus. Der eine hat eben den Glauben und der andere die Werke. Das ist eine typische Argumentation für die liberale Volkskirche. Und hier wird diese Argumentation aber gegen Jakobus gerichtet. Dass man ihm sagt: Lieber Jakobus, dein Bestehen auf den Werken, das ist übertrieben. Jakobus, es gibt auch lebendigen Glauben ohne Werke. Das muss nicht unbedingt zusammengehen. Und Jakobus sagt: OK. Ab Vers 18 b: Zeige du mir deinen Glauben ohne die Werke und ich zeig dir meinen Glauben aus den Werken. Nun kann man sich fragen: Wie will er dem den Glauben ohne die Werke zeigen? In einigen Übersetzungen steht hier auch: Zeige du mir deinen Glauben aus deinen Werken. Aber das ist nicht so entscheidend, ob man das so oder anders übersetzt, entscheidend ist die Frage, dass gesagt wird: Es muss nicht unbedingt zusammengehören, es gibt auch echten Glauben ohne echte Werke. Und Jakobus sagt: Das zeig mir mal. Und dann bringt Jakobus ab Vers 19 einen schlagenden Beweis, warum der Nur-Wissen-Glaube nicht rettet. Er sagt: Du glaubst, dass nur einer Gott ist. Und was heißt hier 'glauben' in Vers 19? Da bedeutet 'glauben': Du hälst das für wahr. Du anerkennst das als Realität. Du gestehst das zu. Du bestreitest das nicht. Dann sagt er: OK. Diese Wahrheiten werden auch vom Teufel nicht bestritten, im Gegenteil. Diese Wahrheiten werden vom Teufel gerade deswegen bekämpft, weil er sie für wahr hält. Der Teufel bekämpft den Herrn Jesus und seine Jünger, weil er weiß, dass das der Sohn Gottes ist und weil er weiß, dass das der einzige Retter für alle Men­schen ist. Wir können das z.B. in Markus 5 ganz deutlich sehen – in Vers 1 – 10 –, dass der Teufel sehr genau weiß, wer Jesus ist, dass er sehr genau die richtigen Informationen hat, dass er das auch nicht bestreitet, dass er das durchaus für wahr hält. Also nehmen wir mal Markus 5. Wir können jetzt nicht den ganzen Text lesen, aber das ist die Heilung eines Besessenen und da sehen Sie, wie aus diesem Mann, der Satan bzw. die Dämonen mit lauter Stimme sprechen: Jesus, du Sohn Gottes des Höchsten, was habe ich mit dir zu tun? Jesus, du Sohn Gottes des Höchsten, das ist ein ganz klares lehrmäßig eindeutiges Bekenntnis zur Gottheit des Herrn Jesus. Da könnte sich mancher eine Scheibe davon abschneiden. Aber, sagt Jakobus, dieser Nur-Wissen-Glaube, der rettet auch nicht. Beim Teufel führt das richtige Wissen wozu? Zum Zittern. Weil er weiß, ich komme gegen den nicht an. Also das heißt, bestimmte Wahrheiten als wahr zu akzeptieren, bedeutet für sich genommen noch nicht, dass einer Christ ist. Der Teufel ist der Beweis dafür, dass der Nur-Wissen-Glaube noch kein rettender Glaube ist. Aber Vorsicht liebe Leute. Wir müssen jetzt aufpassen, dass wir das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Denn es ist ganz typisch zu sagen, ja Glaube hat nichts mit Wissen und Fakten zu tun, sondern nur mit der persönlichen Beziehung zu Jesus. Glaube hat doch nichts mit Wissen und Fakten zu tun, dieser Intellektualismus, das passt doch nicht zur Bibel. Entschuldigung, aber das ist genauso Unsinn. Nein, das ist nicht nur Unsinn, das ist falsch. Es ist irreführend. Denn natürlich gehört das richtige Wissen zum Glauben dazu, ist doch klar. Ohne Wissen, ohne Fakten, ohne bestimmte Setzungen, die Gott uns gegeben hat und die dem Glauben vorangehen, gibt’s auch keinen lebendigen Glauben, ist doch logisch. Ohne Wissen kann ich nicht Irrtümer korrigieren. Ernst Moritz Arndt hat dieses berühmte Lied geschrieben und er wusste, was er da schrieb als Historiker: Ich weiß, woran ich glaube, ich weiß, was fest besteht, wenn alles hier im Staube wie Sand und Staub verweht. Ich weiß es. Ich verlasse mich auf die Fakten. Ich glaube dem, was die Bibel uns als propositionale Wahrheit, d.h. als feststehende, ganz klar sachlich richtige Wahrheit über Jesus sagt, das glaube ich. Und man könnte es so formulieren: Richtiges Wissen ist keine hinreichende Bedingung für den Glauben, aber eine notwendige. Keine hinreichende, aber eine notwendige. Ich muss wissen, dass Jesus Gottes Sohn ist. Ich muss wissen, dass er am Kreuz für mich starb. Ich muss wissen, dass er der auferstandene Herr ist. Ich muss wissen, dass ich ein Sünder bin und Vergebung brauche. Wenn ich all das nicht weiß, kann ich mich nicht bekehren, ist doch logisch. D.h., ihr lieben Leute, wir müssen aufpassen, dass das nicht gegeneinander ausgespielt wird. Beim biblischen Glauben gehört immer beides zusammen: das Wissen und die persönliche Beziehung zu Jesus, dass ich bestimmte Wahrheiten akzeptiere, auch für wahr halte, auch als wahr anerkenne und dann entsprechend persönlich reagiere. dass ich Jesus wirklich so anerkenne, wie die Bibel ihn mir offenbart und dass ich mein Leben persönlich ihm anvertraue und zu ihm als meinem Herrn und Erlöser bete. Das ist lebendiger Glaube: Von Jesus wissen, das was Gott in der Bibel über Jesus offenbart, akzeptieren, ihm abnehmen und mich dann an Jesus hängen. Das ist wahrer normaler Glaube, das ist auch nicht strittig. Da kann nicht irgendjemand herkommen und sagen: Nö, der wahre Glaube kann eigentlich noch ganz anders sein. Nein, kann er nicht. Kann er definitiv nicht. Und dieser Glaube, der kann dann gar nicht anders – sagt Jakobus – als bestimmte Werke hervorzubringen. Und dann zeigt Vers 20, wie leidenschaftlich der Jakobus um die Leute ringt, dass die ihm das abnehmen. Ja. Er formuliert jetzt sehr zugespitzt. Er sagt in Vers 19: Du glaubst, dass nur einer Gott ist. Du tust recht daran, die Teufel Glaubens auch und zittern. Und dann in Vers 20: Willst du nun einsehen, du törichter Mensch, dass der Glaube ohne Werke nutzlos ist. Man hat den Eindruck, er will sein Gegenüber so richtig schütteln und sagen: „Mensch, nun kapier's doch! Es ist doch so klar! Lüg dir doch nicht weiter in die Tasche! Kapier's doch endlich!     
Ein lebendiger Christ – kann man sagen – ist vergleichbar mit einem Motor. Ja. Der Motor produziert Energie, weil er vom Strom durchpulst ist. Und genauso kann man sagen: Der Christ produziert Werke, weil er vom Glauben durchpulst ist. Und sowie der Strom aus der Steckdose lebt, so lebt der Glaube aus der Verbindung mit Jesus. Und dann produziert der Christ Werke, weil er vom Glauben durchpulst ist. Das ist die Logik von Jakobus.       
Und jetzt im zweiten Schritt macht Jakobus deutlich: Leute, das ist nicht nur eine Theorie, sondern das ist die Wirklichkeit der Kinder Gottes. Das ist die wirkliche Erfahrung der Kinder Gottes. Und damit kommen wir zum zweiten und schon letzten Punkt für heute Abend, das ist doch ein Trost:      

 

2.   Was ist lebendiger Glaube?     
Und das ist schön, dass wir erst über den toten Glauben sprechen konnten und jetzt – in einem zweiten Schritt – über lebendigen Glauben. Und für den lebendigen Glauben bringt Jakobus jetzt zwei ganz farbige Kronzeugen. Also im ersten Fall hatte er zwei Modell gebracht: den Nur-Wort-Glaube und den Nur-Wissen-Glaube. Jetzt für den lebendigen Glauben bringt er zwei ganz farbige Typen, die jeder Leser des ATs kannte und der erste Kronzeuge wird besonders ausführlich behandelt, den zweiten können wir dann mit einigen wenigen Sätzen gewissermaßen hinterher schieben. Und der erste Kronzeuge, den Jakobus hier nennt, ist Abraham. Das ist besonders liebevoll gewählt, gerade im Hinblick auch auf die ersten Empfänger dieses Briefes, die größtenteils Juden waren. Es gab jedenfalls viele Juden in dieser frühen Gemeinde dort. Abraham. Und der zweite Kronzeuge, der steht menschlich betrachtet genau am anderen Ende der Skala. Und das ist die Hure Rahab. Was für ein krasser Gegensatz, ne. Hier der Jude, dort die Heidin. Hier der Gottesmann, dort die Prostituierte. Hier derjenige, von dem man sagt: Er war ein Freund Gottes. Und dort diese Frau, die zu den Feinden Israels, nämlich Kanaan letztlich, gehörte. Also menschlich gesehen, kann man sich keinen größeren Gegensatz vorstellen als den zwischen Rahab und Abraham. Und was war ihnen gemeinsam, sagt Jakobus: der rettende Glaube, der durch Werke bestätigt wurde. Und damit sagt Jakobus: Leute, dieses Grundprinzip gilt immer. Es gilt für einen Abraham genauso wie für eine Rahab. Es gilt unter allen Umständen. Es gilt ohne Ausnahme für lebendigen Glauben. Und jetzt gucken wir uns den Kronzeugen Abraham an. Und ich kann's Ihnen versprechen, wenn wir den geschafft haben, haben wir das Schlimmste von unserer Arbeit für heute geschafft. Aber es lohnt sich, denn das ist im Grunde genommen der Schlüssel für die kritischste Stelle dieses Textes   

a)   Also schauen wir uns den Abraham an. Was sagt Jakobus über Abraham? Und jetzt müssen wir genau hingucken. Er sagt Jakobus 2, 21 – 24:      
21 Ist nicht Abraham, unser Vater, durch Werke gerecht geworden, als er seinen Sohn Isaak auf dem Altar opferte? 22 Da siehst du, dass der Glaube zusammengewirkt hat mit seinen Werken und durch die Werke ist der Glaube vollendet worden. 23 So ist die Schrift erfüllt, die da spricht: „Abraham hat Gott geglaubt und das ist ihm zur Gerechtigkeit gerechnet worden“ und er wurde „ein Freund Gottes“ genannt. 24 So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerechtfertigt wird, nicht durch Glauben allein.        
Und es ist doch klar, dass dieser Vers erst mal Irritationen auslöst. Und wenn dieser Vers bei Ihnen keine Irritationen auslösen würde beim ersten Lesen, dann hätten Sie irgendwas anderes bei Paulus nicht richtig verstanden. Also, das hat sicher auch bei Luther erst mal Irritationen aus­gelöst, ist doch logisch. Hier steht: Abraham wurde durch Werke gerecht­fertigt und wir haben's doch im im Ohr von Paulus: Wir werden allein durch den Glauben gerechtfertigt. Sola fide – allein durch den Glauben. Sola gratia – allein durch die Gnade Gottes. Solus Christus – allein durch den Herrn Jesus. Ja, was denn nun? Also doch en Widerspruch zwischen Paulus und Jakobus? Kann sich die Römische Kirche am Ende doch noch auf Jakobus berufen? Was ist hier gemeint? Und wir kommen dem ganzen auf die Schliche, wenn wir kapieren, dass das Verb 'gerechtfertigt' im Griechischen mindestens zwei verschiedene Bedeutungen haben kann. Und welche Bedeutung es hat, entscheidet sich jeweils am Zusammenhang, am Kontext. Und das müssen wir hier einfach mal genau berücksichtigen und uns anschauen. Was meint Paulus, wenn er sagt ' gerechtfertigt durch Glauben' in Römer 3 z.B.? Und was meint Jakobus, wenn er sagt 'gerechtfertigt durch Werke'?      

    Schauen wir uns ganz kurz den Paulus an. Was meint Paulus mit der Rechtfertigung? Die Rechtfertigung – das macht Paulus überdeutlich im Römerbrief (Und wenn Sie sich da einarbeiten wollen, können Sie das auf der Homepage unserer Gemeinde ausführlich tun. Da finden Sie inzwischen glaube ich um die 40 Predigten zum Römerbrief, da wird das ganz genau erklärt.) – bei Paulus meint Rechtfertigung 'Gottes richterlicher Freispruch'. Er spricht mich gerecht, obwohl ich meterhoch in der Kreide stehe bei Gott. Mein Leben ist durch Schuld und Sünde verwirkt. Aber er spricht mich gerecht um Jesu willen, weil Christus meine Schuld getragen hat am Kreuz.  Er erklärt mich für gerecht. Er nimmt mich an als sein Kind. Und diesen Freispruch, wie bekomm ich den? Durch Werke? Nein. Allein durch den Glauben an den Herrn Jesus. Und Glauben meint, dass ich mich persönlich an ihn klammere und sage: „Herr Jesus, ich gebe zu, dass dein Urteil über mein Leben wahr ist. Ich bin ein verlorener Sünder ohne dich. Aber ich glaube dir, dass das, was du am Kreuz getan hast, für mich persönlich gilt. Dass du auch meine Schuld gesühnt hast. Dass du auch die Strafe für meine Verlorenheit getragen hast. Und ich bitte dich, lass das für mich gelten. Bitte vergib mir meine Schuld und sei du mein Herr und Retter.“ Das ist Glaube. Das ist lebendiger Glaube, der sich an Jesus klammert. Und diesem Glauben schenkt Gott den Freispruch und sagt: „Jawoll, das ist ein elender verlorener Sünder, aber mein Sohn ist für ihn gestorben und darum erkläre ich dich für frei. Für gerecht. Du stehst nicht mehr unter dem Verdammungsurteil. Du bist mein Kind. Du gehörst in den Himmel und niemand kann dich mehr aus meiner Hand reißen.“ Das meint Rechtfertigung im Römerbrief. Gottes richterlicher Freispruch. Gott erklärt mich für gerecht. Gott adoptiert mich zu seinem Kind. Da kann man die unterschiedlichsten Begriffe dafür verwenden. Und wie komme ich da ran? Wie erlange ich das? Allein durch den Glauben, der Jesus persönlich vertraut. Das ist das eine: Rechtfertigung im Römerbrief. Und das ist die Hauptbedeutung von 'Rechtfertigung'.    
Jetzt fragen wir: Wie kommt nun Jakobus dazu, plötzlich zu schreiben: 'gerechtfertigt durch Werke'? Vielleicht können wir das noch nachtragen, das Beispiel, das wir im Römerbrief bekommen für Abraham. Abraham als Beispiel für die Rechtfertigung allein durch Glauben ist die Bekehrung Abrahams in 1. Mose 15. Da geht’s drum, dass Abraham sagt: Ja, Gott, ich glaube dir. So, aber wie kommt nun Jakobus dazu, zu schreiben 'gerechtfertigt durch Werke'?  

    Und jetzt kommen wir zur zweiten Bedeutung des Begriffs 'Rechtfertigung'. 'Rechtfertigung' bedeutet nämlich nicht nur, dass ich jemanden im Gerichtssaal freispreche, dass ich jemanden für gerecht erkläre, sondern 'Rechtfertigung' bedeutet auch, dass ich jemanden danach – nachdem dieser Freispruch im Gerichtssaal erfolgt ist, als freigesprochen ausweise. Als freigesprochen erkläre. Also, dass ich ihm gewissermaßen danach eine Urkunde in die Hand drücke, die seinen Freispruch bestätigt. Die sagt: „Jawoll, der gilt jetzt als freigesprochen.“ Und in diesem zweiten Sinne verwendet Jakobus den Begriff. Ich nenne das einfach 'Rechtfertigung 2'. Das ist die nachträglich Bestätigung des Richterspruchs. 'Rechtfertigung 1' ist der Richterspruch selbst. Gott sagt: Das ist mein Kind. Der ist frei. Der kommt nicht mehr in die Hölle. Und 'Rechtfertigung 2' ist die nachträgliche Bestätigung, ist gewisser­maßen die Urkunde, die dem Freigesprochenen ausgehändigt wird: Du bist jetzt ein freier Mann. Das ist ne Beglaubigung. Im Nachhinein wird der Freispruch bestätigt. Ganz klar: Das Entscheidende geschieht im Gerichtssaal. Das Entscheidende ist 'Rechtfertigung 1', der Freispruch. Und der Freispruch gilt, egal, ob da ne Urkunde ist oder nicht. Ja. Aber genauso wie die Urkunde der sichtbare Beweis für den Freispruch ist, so sind die Werke – sagt Jakobus – der sichtbare Beleg für den Glauben. Den Freispruch selbst, den ergreife ich allein im Glauben. Ich nehme, nehme das Urteil an, dass Gott über mein Leben spricht und sage: „Ich brauche Jesus zu meiner Rettung.“ Aber später die Urkunde, die das Urteil dokumentiert, die es beglaubigt, die den Freispruch gewisser­maßen nachträglich bestätigt, die zeigt sich in den Werken. Und hier bedeutet 'Rechtfertigung': Der Glaubende, der gerechtfertigt worden ist, wird nun als gerecht bestätigt. Und das zeigt sich an den Werken. Wie sehe ich diese Bestätigung? Die Bestätigung erfolgt durch die Werke, die aus dem Glauben folgen. Und auch dafür gibt’s ein Beispiel aus dem Leben Abrahams, das Jakobus hier bringt. Und das ist nämlich die Opferung Isaaks. Dieser Gehorsam Abrahams – dadurch wird er nicht gerechtfertigt, dadurch wird er nicht von Gott angenommen, aber daran, dass er bereit ist, den Isaak zu opfern, zeigt sich, dass er wirklich glaubt. Das ist eine Folge, eine Frucht seiner vorher erfolgten Bekehrung.

Also da haben wir die beiden Begriffe von Rechtfertigung genau gegenüber gestellt. Ja. Bei Paulus bedeutet es der Freispruch: Gott erklärt mich für gerecht und das ergreife ich im Glauben. Und das Beispiel dafür ist Abrahams Bekehrung. Und dann der andere Begriff von 'gerechtfertigt', 'gerechtfertigt durch Werke' bei Jakobus, das ist die nachträgliche Bestätigung. Der Glaubende wird als gerecht bestätigt, beglaubigt, beurkundet, dokumentiert. Und das zeigt sich wie? Das zeigt sich an den Werken, die aus dem Glauben folgen. Und das Beispiel aus dem Leben Abrahams dafür ist der praktische Gehorsam in der Opferung des Isaaks. Das ist hier gemeint. Und ihr lieben Leute, ich will das nochmal ganz deutlich sagen: Die Urkunde trägt nicht zum Freispruch bei. Die Urkunde macht den Freispruch nicht besser als er ist. Der Freispruch ist schon perfekt. Die Urkunde bestätigt nur, dass der Freispruch einmal erfolgt ist, nicht mehr und nicht weniger. Und genauso, ihr Lieben, tragen die Werke nichts zu unserer Rettung bei, nichts zu unserer Adoption bei, dass wir von Gott als Kinder angenommen werden, nichts zu unserer Bewahrung für die Ewigkeit bei. Sie bestätigen nur, dass diese Rechtfertigung einmal erfolgt ist. Verstehen Sie, und in dem Sinne bringt Jakobus das Beispiel Abrahams. Man muss eben unterscheiden. Vers 21 schildert nicht das Mittel von Abrahams Errettung, sondern die Auswirkung. Und so müssen wir das immer gut unterscheiden: Der Glaube an Jesus ist das Mittel der Rechtfertigung und die Werke und der Dienst für Jesus sind die Folge der Rechtfertigung bzw. der Rettung.      
Und das zweite ist das, was Jakobus hier beschreibt: Abrahams Rettung wurde durch Werke beglaubigt, in dem Sinne durch Werke bestätigt, in dem Sinne durch Werke gerechtfertigt. Leute, an seinem praktischen Gehorsam könnt ihr sehen, dass er Gott wirklich vertraut hat. Und der Höhepunkt des praktischen Gehorsams war die Bereitschaft, seinen Sohn Isaak zu opfern. Und hier sehen wir, dass 'Rechtfertigung 1' und 'Rechtfertigung 2' sich nicht im Geringsten widersprechen, sondern sich – wenn man so will – komplementär ergänzen und zusammen gehören. Und das ist immer so. Wenn einer Christ wird, ist das, ist das immer so, dass dann als Folge dieser Rechtfertigung sich auch sein Leben in der einen oder anderen Weise ändert.       
Es muss nicht immer so drastisch sein wie bei Rosaria Butterfield. Rosaria Butterfield war vor ihrer Bekehrung eine bekennende Propagandistin der linken Szene und der Lesbenbewegung. Sie war Professorin für Englisch und Frauenforschung und hat sich sehr dafür eingesetzt, auch den ganzen Gedanken des Genderismus, über den wir ja morgen Nachmittag sprechen werden, zu verbreiten und war eine sehr kampfbereite Feministin andererseits auch. Damals hieß das noch nicht Genderismus in der Weise, aber viele der Gedanken schon hat sie auch propagiert. Und dann hat sie ein großes Buch geschrieben, in dem das besonders provokant ausgeführt wurde. Und sie war total glücklich. Sie wurde immer bekannter. Sie lebte mit einer lesbischen Partnerin eben zusammen. Und dann erschien eines Tages ein bedeutender Artikel von ihr in einer Lokalzeitung, in dem sie sich über eine christliche Organisation negativ äußerte und deren überholtes Menschenbild lächerlich machte oder zumindest scharf kritisierte. Und dann passierte es. Sie schreibt: „Es gab viele Leserbriefe als Reaktion auf meinen Artikel. Und zwar so viele, dass ich je einen Behälter auf beiden Seiten meines Schreibtisches anbrachte. Den einen Behälter für die Hassbriefe und den anderen für die Fanpost.“ Und dann kam ein Brief, den sie weder in den Hasskorb noch in den Fankorb werfen konnte. Sie schreibt: „Er kam von einem Pfarrer einer reformatorischen Kirche. Es war ein gütiger und zugleich ein herausfordernder Brief. Der Pfarrer ermutigte mich durch seine Art, wie er Fragen stellte. Und er bat mich, die Theorien, die ich verteidigte, doch zu hinterfragen und zu belegen.“ Und dann entsteht ein Kontakt zu diesem Pfarrer und zu dessen Frau. Und sie wird von denen eingeladen und lernt die näher kennen. Und irgendwie merkt sie, diese Leute meinen das, meinen das ehrlich mit ihrem Glauben. Und das Ehepaar hat sich dann mit dieser Frau ja – quasi – angefreundet. Sie haben sich öfter getroffen und haben ihr eben versucht zu erklären, warum sie ihre Ehe so leben und ihre Familie so aufbauen, wie sie das taten. Und   Rosaria Butterfield war bei weitem nicht überzeugt, aber sie fand die Leute nett und glaubwürdig. Und dann, dann hat sie angefangen, die Bibel zu lesen. Und sie beschreibt das so: „Ich fing an, die Bibel zu lesen. Ich las ungefähr so, wie ein Vielfraß frisst. Während dieses Jahres las ich sie einige Male in mehreren Übersetzungen. Bei einem Abendessen trieb mich meine geschlechtsumgewandelte Partnerin in die Enge. Sie sagte: 'Das Lesen in der Bibel scheint dich zunehmend zu verändern.' Und ich flüsterte: 'Aber was ist, wenn das wahr ist? Was ist, wenn das wahr ist? Wenn Jesus wirklich der auferstandene Herr wäre? Was ist, wenn wir alle in der Klemme sitzen?'“ Und sie schreibt, dass sie die ganze Zeit gegen die Idee angekämpft hat, dass die Bibel wahr sei und von Gott inspiriert. Aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Sie schreibt: „Aber die Bibel wurde immer größer in mir, bis sie meine ganze Welt überströmte. Ich kämpfte mit aller Kraft dagegen an. Und die Vorstellung, die mich wellenartig ergriff, war, dass ich und alle Menschen, die ich liebte, in der Hölle landen würden, brach in mein Bewusstsein hinein und ließ mich nicht mehr los. Ich kämpfte mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung standen.“ Aber schließlich wird sie doch von dem Wort Gottes überführt und sie schreibt: „An einem der folgenden Tage kam ich schließlich mit offenen Händen und offenem Herzen zu Jesus. In all diesen Auseinandersetzungen zwischen den krass verschiedenen Weltanschauungen standen mir Ken und Floy (das ist das Pfarrersehepaar) stets bei. Ebenso auch die Gemeinde, die seit Jahren für mich gebetet hatte. Jesus triumphierte. Und ich war zerbrochen. Mein Bekehrung glich einem Zugunglück. In all meiner Schwachheit glaubte ich aber, dass, wenn Jesus den Tod besiegen konnte, er auch mein Leben in Ordnung bringen würde.“ Und von da an änderte sich alles: Sie trennte sich von ihrer Lebenspartnerin. Sie erkannte Homosexualität als Sünde. Sie, sie fragt nun, wie sie Gott dienen könnte mit ihrem neuen Leben. Gott führte es so, dass sie en Pastor kennengelernt hatte und den dann lieben lernte und ihn heiratete und heute lebt sie in North Carolina und unterstützt den Gemeindedienst ihres Mannes und ist durch ihr Lebenszeugnis natürlich gerade in dieser Zeit, wo diese ethischen Fragen so umkämpft sind, eine starke Ermutigung für viele, viele Menschen. Und sie schreibt: „Heute genieße ich den inneren Frieden mit Gott und die Gemeinschaft mit meinem Ehemann. Aber ich vergesse das Blut nicht, das Jesus für mein Leben vergossen hat. Mein früheres Leben lauert aber immer noch in den Ecken meines Herzens.“ Also sie sagt, sie erinnert sich schon noch manchmal dran, was da war. Aber sie weiß, Jesus ist stärker und ihm gehört ihr Leben und ihm will sie jetzt dienen.        
Das ist – zugegeben – ein besonders dramatischer Fall, liebe Geschwister, aber das Prinzip gilt für jeden Christen, dass nämlich unser Leben bestimmt wird durch den Glauben, den Jesus uns geschenkt hat. Und das meint Jakobus mit 'gerechtfertigt durch Werke'. Und damit kommt die Bekehrung zum Ziel. So ist das nämlich gemeint in Vers 22. Nicht, dass da zur Bekehrung was dazu kommt: Da siehst du, dass der Glaube zusammengewirkt hat mit den Werken und durch die Werke ist der Glaube vollendet worden. D.h., in dem Werk von Vers 21 erfüllte sich, zeigte sich, entfaltete sich die Bekehrung von Vers 23. Das war nicht sozusagen das letzte i-Tüpfelchen, das die Bekehrung erst zur Bekehrung machte, sondern es war die Entfaltung dieser Tatsache, die mit der Bekehrung geschehen war. Und dann hat sich dieser Glaube dieses geretteten Menschen, der durch die Bekehrung untrennbar zu Jesus gehört, eben in diesem Sinne entfaltet, erfüllt, dass gehorsamer Dienst für Christus darin erkennbar war. Und damit will Jakobus sagen: Echter Glaube hat Wirkungen. Oder wie es einer der Reformatoren mal formuliert hat: „Glaube allein rettet. Aber dieser Glaube, der rettet, ist niemals allein.“ Glaube allein rettet. Aber dieser Glaube, der rettet, ist niemals allein. Und ihr Lieben, in diesem Sinne ist dann auch Vers 24 plötzlich ganz einfach zu verstehen, es löst sich dann alles wirklich in Wohlgefallen auf. Da sagt Jakobus in Vers 24: So seht ihr nun, dass der Mensch durch Werke gerechtfertigt wird, nicht durch Glauben allein. Ja klar 'durch Werke gerechtfertigt wird' in diesem Sinne von 'Rechtfertigung 2'. Die Werke bestätigen die Rettung. Die Werke beglaubigen die Rettung. Die Werke sind die Urkunde dafür, dass die Rettung stattgefunden hat.    

b)   Und weil es so schön war, zeigt uns das ganze dann der Jakobus noch an einem zweiten Kronzeugen, an einer zweiten Kronzeugin dann in dem Falle, nämlich an der Rahab. Das können wir jetzt ganz kurz machen, Vers 25: Desgleichen die Hure Rahab, ist sie nicht durch Werke gerechtfertigt worden (im Sinne von 'Rechtfertigung2'), als sie die Boten aufnahm, und ließ sie auf einem anderen Weg wieder hinaus? Man könnte sagen: Die Rahab, das ist so eine Art Rosaria Butterfield. Ja, und Hebräer 11, 31 zeigt uns die biblische Bewertung von der Rahab. In Hebräer 11, 31 steht: Rahabs Verhalten war die Folge ihres echten Glaubens. Nämlich: Durch den Glauben kam die Hure Rahab nicht mit den Ungehorsamen um, weil sie die Kundschafter freundlich aufgenommen hatte. Worin bestand ihr Glaube? Klar, die Rahab kannte den Herrn Jesus noch nicht. Aber, aber wenn Sie das nachlesen in Josua 2, dann sehen Sie, dass die Rahab den Gott Israels ehrte und ihn für den, für den wahren Gott hielt. Sie sagt diesen wunderbaren Satz in Josua 2, 11, als die Kundschafter dann kommen. Josua 2, 11 da sagt sie diesen wunderbaren Satz: Und als wir dies hörten [dass ihr euch nähert], da wurde unser Herz verzagt, ... denn der HERR, euer Gott, ist Gott oben im Himmel und unten auf Erden! Das ist ein klares Gotteslob und Zeugnis und Bekenntnis der Rahab. Sie, sie glaubt diesem Gott. Josua 2, 11. Und sie vertraut seinen Boten. Das ist der Glaube. Und wie äußert sich dieser Glaube nun? Sie unterstützt die Boten Israels logistisch bei deren Flucht. Sie entlässt sie auf einem anderen Weg. Und sie kümmert sich dann später auch um die Rettung ihrer eigenen Familie. Sie sagt den Boten: „Passt auf, wenn ihr kommt, wenn ihr die Stadt einnehmt, ich weiß, ihr werdet gewinnen, ihr habt den einzig wahren Gott auf eurer Seite, aber bitte, bitte rettet auch meine Familie. Also, was sie tun kann mit ihren begrenzten Möglichkeiten, das tut sie. Warum? Weil sie dem lebendigen Gott glaubt. Was immer sie in ihrer begrenzten Situation erkennen konnte und tun konnte, das tat sie. Und damit will Jakobus zeigen: Leute, schaut euch die Rahab an. Leute schaut euch den Abraham an. Echter Glaube, lebendiger Glaube ist wirksamer Glaube. Und darum gehören Paulus und Jakobus aufs engste zusammen. Das hat jemand mal ganz wunderbar ausgedrückt. Er hat gesagt: „Jakobus und Paulus stehen nicht gegeneinander, sondern ihr müsst euch das so vorstellen, sie stehen gewissermaßen Rücken an Rücken. Sie stehen Rücken an Rücken und  verteidigen das eine Evangelium gegen jeweils andere Gegner.“ Paulus verteidigt den Glauben gegen die Vermischung mit Werken. Paulus verteidigt den Glauben gegen den römisch-katholischen Angriff, der sagt: „Ja, Glaube ist schön und gut und wichtig, aber Glaube allein reicht nicht, um in den Himmel zu kommen. Jesus allein genügt nicht. Du musst auch noch en bisschen selbst dafür tun.“ Dagegen verteidigt Paulus den Glauben, gegen die Vermischung mit den Werken. Und Jakobus, der Rücken an Rücken mit Paulus steht, der verteidigt den lebendigen Glauben gegen die Verkürzung auf ein allgemeines Lippenbekenntnis, das als Glaube schon gilt, wenn er sagt: „Ja, ich halte es für wahr, dass Jesus am Kreuz gestorben und auferstanden ist. Und dagegen, gegen den Glauben als ein allgemeines Lippenbekenntnis ohne persönliche Hingabe an Jesus, dagegen verteidigt Jakobus den Glauben. Und beide kämpfen für denselben Glauben, für das, für das sola fide. Und so kann Jakobus dann am Ende ein ganz klares Ergebnis formulieren in Vers 26. Er sagt: Denn, wie der Leib ohne Geist tot ist, so ist auch der Glaube ohne Werke tot. Und das kann man sich ganz gut vorstellen: ein Körper ohne Geist. Also man stelle sich vor: eine Leiche im Sarg, wo der Mensch ja schon nicht mehr da ist, sondern wirklich nur noch die sterbliche, die sterbliche Hülle. Das ist ein Körper ohne Geist. Er ist tot. Es ist nicht mehr der Mensch selbst. Er ist tot. Und Jakobus sagt: Guckt dir das an, guck dir so ne Leiche im Sarg an, genau das ist der Glaube ohne Werke. Tot. Ist kein Glaube. Und, und dieser Vergleich ist sehr passend, denn dieser 'Glaube', dieser tote 'Glaube' ist nur eine Form, ist nur wie ein, wie ein toter Körper ohne lebendige Füllung, wie ein Anzug ohne Inhalt. Und das hat Luther im Grunde ganz genauso gesagt. Also in der Sache hat Luther dem Jakobus überhaupt nicht widersprochen. Luther hat das wunderschön formuliert in seiner Vorrede zum Römerbrief ausgerechnet. Er sagte: Der echte Glaube ist ständig dabei, gute Werke zu tun. Na klar. Er schreibt das so: „Glaube ist ein göttliches Werk in uns, das uns wandelt und neu gebiert und den alten Adam tötet und aus uns ganz andere Menschen macht. O, es ist ein lebendig geschäftig, tätig Ding um den Glauben, dass es unmöglich ist, dass er nicht ohne Unterlass Gutes wirken sollte. Der Glaube fragt auch nicht, ob gute Werke zu tun sind, sondern, ehe man fragt, hat er sie getan und ist immer im tun. Wer aber nicht solche Werke tut, der ist ein glaubloser Mensch.“ Klare Worte. Luther sagt: lebendiger Glaube – in seiner Vorrede zum Römerbrief – kann gar nicht anders als in Bewegung zu sein im Dienst für Jesus. Klar weiß auch Luther, dass wir nicht immer gleich konsequent sind; weiß auch Luther, dass wir schwache Tage und schwache Stunden haben; wusste Luther besser als viele andere, dass auch der echte Christ noch in Sünde fallen kann. Aber trotzdem ist lebendiger Glaube letztlich getrieben von dieser, dieser Sehnsucht und dem innersten Wunsch, dem Herrn, dem Herrn zu dienen.       
Und eines müssen wir noch klären ihr Lieben, dass Glaube nicht ohne Werke ist darf uns nicht zu einem Umkehrschluss veranlassen. Das ist uns von der Bibel her untersagt. Also wenn man sagt: „Wo Glaube ist, da sind auch Werke. Ok. Dann gilt das umgekehrt genauso. Wo Werke sind, da muss auch Glaube sein.“ Aber das lehrt Jakobus definitiv nicht. Das ist nicht die Umkehrung. Also Sie wissen, Beispiel Triathlon, drei Disziplinen: Schwimmen, Radfahren,Langstreckenlauf. Jeder Triathlet muss schwimmen können. Klar. Aber die Umkehrung gilt nicht. Man kann nicht sagen: Jeder, der schwimmen kann, ist ein Triathlet. Also ich denke mal, dass viele von Ihnen schwimmen können und trotzdem keine Triathleten sind. Ich auch nicht, muss ich zugeben. Aber hier kann man nicht einfach die Umkehrung formulieren. Und genauso kann man nicht sagen: Wenn da, wo Glaube ist auch Werke sind, muss da, wo Werke sind auch Glaube sein. Njet. Das stimmt nicht. Auch Heiden können gute Werke tun. Auch Heiden können gute Werke tun, die von außen betrachtet den Werken der Christen sehr ähnlich sind. Auch Heiden können Einsame besuchen. Auch Heiden können arme Menschen unterstützen. Auch Heiden können in Krisengebiete reisen und ihr Leben riskieren, um Kinder ärztlich zu versorgen. Auch Heiden können traurigen Nachbarn geduldig zuhören. Auch Heiden können sich fürsorglich um die Erziehung ihrer Kinder kümmern. Um das zu tun, muss man grundsätzlich erst mal kein Christ sein. Man wird es als Christ sicher in einer bestimmten Weise tun, aber um das prinzipiell zu tun, muss man kein Christ sein. Die Werke für sich genommen, lassen keinen zwingenden Rückschluss auf Glauben zu. Und christliche Werke aus Gehorsam zu Jesus und heidnische Wohltaten können sich manchmal – von außen betrachtet – bis zum Verwechseln ähnlich sehen. Das müssen wir ganz nüchtern zur Kenntnis nehmen. Aber umgekehrt gilt: Wenn echter Glaube da ist, dann werden die Werke unweigerlich folgen. Das kann nicht anders sein. Das heißt nicht, dass Christen immer konsequent sind, dass wir immer alles richtig machen. Aber es heißt, dass doch in der Regel unser Lebensstil insgesamt davon geprägt ist, dass wir Jesus gehören. Der Jakobusbrief lehrt keinen Perfektionismus, also dass unsere guten Werke immer und ständig und zweifelsfrei für jedermann sichtbar sind. Nein, das ist definitiv nicht so. Auch echte Christen können müde werden. Auch echte Christen können feige sein in bestimmten Situationen. Auch Christen können von der Krankheit der Faulheit angefallen werden. Das kann alles passieren, natürlich. Wir kennen uns doch. Und trotzdem ist es Christen ein, ein letztliches inneres Anliegen, dass unser Leben Frucht bringen möge für Jesus, dass der Herr sich über unser Leben freuen kann, dass wir ihm wirklich dienen. Und es kann nicht sein liebe Leute, dass einer behauptet: „Ich habe mich bekehrt.“, aber ansonsten fröhlich sein altes heidnisches Leben weiter lebt wie vorher, als sei nichts geschehen. Das kann nicht sein. Es kann nicht sein, dass einer behauptet: „Jesus ist mein Herr.“, aber ansonsten drehen sich seine Gedanken von Montag bis Freitag um Hund, Katze, Maus, Haus, Auto, Beruf, Familie. Das kann nicht sein. Warum? Weil derselbe Jesus, der die Vergebung schenkt, auch der Jesus ist, der die Veränderung wirkt. Und wenn du wirklich zu Jesus kommst, wenn du dich ihm wirklich anvertraut hast, dann ist seine Gnade in deinem Leben. Und dann, dann wirkt sein Heiliger Geist in deinem Leben. Und dann ist er nicht nur dein Retter, sondern dann ist er auch dein Herr. Du kannst Jesus nicht auseinander reißen. Dann wirkt er auch durch seinen Heiligen Geist in deinem Leben. Dann verändert er dich auch.       
Und so können wir zusammenfassen: Die Bibel unterscheidet ganz ausdrücklich zwischen lebendigem Glauben und totem Glauben. Und diese Wahrheit ist deshalb so brisant und deshalb so spannend, weil sie eine ganz dramatische Grenze markiert zwischen echtem Glauben – das ist der lebendige Glaube – und Scheinglauben – und das ist der tote Glaube. Und das wichtigste Kennzeichen des Scheinglaubens ist das, dass er keine bleibende Lebensveränderung bewirkt. Das ist das wichtigste Kennzeichen des Scheinglaubens. Und die Ursache dieser Not ist diese, dass kein echter Glaube da ist, dass der Glaube an sich, in sich tot ist. Und ein toter Zahn kann keine Schmerzen mehr haben. Und ein toter, toter Glaube kann keine Werke hervorbringen. Und wenn wir das hören, dann merken wir, dass Jakobus 2 an uns eine dringende Einladung ausspricht, uns selbst zu prüfen. Uns selbst zu prüfen. Und welche Reaktionen können durch so eine Selbstprüfung provoziert werden?     
Also eine Reaktion, die denkbar ist, das wäre Empörung. Ja. Dass jemand sagt: „So ne Anmaßung. So ne Anmaßung, was soll ich mein Leben daraufhin überprüfen. Nun, das könnte ein Symptom dafür sein, dass Sie Gottes Maßstab nicht anerkennen. Und dann würden Sie sich in der Tat in einer gefährlichen Situation befinden, denn dann wäre die Wahrscheinlichkeit groß, dass Sie noch kein Christ sind. Also wenn Sie das empört zurückweisen: „Was, mein Leben soll konform sein mit Gottes Maßstäben? Ist ja ne Frechheit, so was zu fordern!“       
Es kann aber auch sein, dass Sie erschrecken. Und dann befinden Sie sich definitiv in guter Gesellschaft. Denn die Bibel macht immer wieder deutlich, auch Christen kämpfen noch mit Sünde hier in diesem Leben. Das hat Paulus selbst geschrieben von sich selbst. Lesen Sie das mal in Römer 7, wo Paulus überdeutlich macht, dass oftmals das Gute, was er will, dass er das nicht tut, und das Böse, was er nicht will, dass er das tut. Wenn Sie erschrecken aufgrund dieser Aufforderung zur Prüfung, dann ist das ein gutes Zeichen. Und ihr Lieben, wir werden im Leben mit Jesus immer wieder, immer wieder an den Punkt kommen, den die holländische Christin Corrie ten Boom einmal so beschrieben hat. Sie kam an den Punkt, da hat sie zu Gott gesagt: „Herr, Herr, das schaff ich einfach nicht!“ Und sie schreibt, da war es ihr, als ob ihr Gott geantwortet hätte: „Das weiß ich, Corrie. Aber ich bin froh, dass du es jetzt endlich auch weißt.“ Das weiß ich, Corrie. Aber ich bin froh, dass du es jetzt endlich auch weißt. Natürlich schaffst du's nicht. Und der Apostel hätte diesen, diesen Seufzer von Corrie ten Boom dick unterstrichen. Und wenn, wenn Jakobus 2 das in unserem Leben bewirkt, dass wir wie Corrie ten Boom sagen: „Herr, ich schaff es nicht!“, dann ist schon ganz viel gewonnen. Und dann, dann wird uns das dazu treiben, dass wir den Herrn bitten, dass er unser Leben im weiter und immer mehr verändert. Und dass er, dass er uns durch seine Gnade wirklich immer stärker dahin bringt, dass wir ihm so dienen, wie es ihm Ehre macht. Und schließlich Empörung, Erschrecken.    
Vielleicht löst dieser Text auch bei jemandem Ernüchterung aus. Ernüchterung in dem Sinne, dass einer merkt: „Also OK, was ich bisher für meine Bekehrung gehalten habe, war offensichtlich nur ein Lippenbekenntnis. Was ich bisher für meine Bekehrung gehalten habe, war, dass ich mal bei einer Evangelisation nach vorne gegangen bin und einen bestimmten Text mitgesprochen habe, und weil ich diesen Text mitgesprochen habe, war ich hinterher davon ausgegangen, ich sei Christ. Und es hat sich nichts geändert in meinem Leben. Das wäre dann Ernüchterung. Dann kann ich Sie nur bitten, ziehen Sie dringend die Konsequenzen. Versuchen Sie nicht krampfhaft, ein besseres Leben zu führen, das schaffen Sie sowieso nicht. Das schafft keiner von uns. Sondern bitten Sie Jesus, dass er Ihnen echtes Leben schenkt, dass er Ihnen neues Leben schenkt. Beugen Sie sich vor Jesus. Vertrauen Sie ihr Leben Jesus an und sagen: „Herr, ich merke, dass mein Leben dir noch nicht gehört hat und dass ich nicht wirklich innerlich vor dir eingebrochen bin und dass ich nie wirklich zugegeben habe, dass ich dich und deine Vergebung brauche, um gerettet zu werden. Aber jetzt hab ich's kapiert und ich, ich bitt dich, dass du mir wirklich alles vergibst: meinen ganzen Unglauben, meine ganze Ignoranz, meine ganze Sucht danach, mein Leben letztlich selber wie mein eigener Gott zu bestimmen. Und ich danke dir, dass du für mich gestorben bist und bitte vergib mir alles und übernimm du so die Herrschaft in meinem Leben, wie es dir angemessen ist.“ Und dann, dann wird Jesus Ihr Leben unter seine Fittiche nehmen. Und dann wird Jesus Ihr Leben Schritt für Schritt nach seinem Willen verändern. Und dann werden Sie staunen, was alles geschehen wird und wie der Herr auch durch Sie seinen Plan in dieser Welt durchführen wird. 

 

Ich schließe mit einem Beispiel, das der – damals noch Jugendpfarrer – Wilhelm Busch erlebt hat im Jahr 1938. Da beschreibt er, wie er, weil er ja zur Bekennenden Kirche gehörte, die sich mit dem Nazi-Irrsinn dann kritisch auseinander gesetzt hat und die das Evangelium gegen alle Verfälschungen zu verteidigen versucht hatte, wie er immer wieder mit der Geheimen Staatspolizei in Konflikt kam und auch inhaftiert wurde.        

Und er schreibt: Eine ganz große Dunkelheit kroch auf mich zu, innerlich und äußerlich, in diesem Gefängnis. Es wurde wieder Nacht. Das Licht in meiner Gefängniszelle war von außen abgedreht. Nun wartete wieder eine dieser schrecklichen schlaflosen Nächte auf mich. Ich war eingesperrt in einer Zelle des Polizeigefängnisses und saß dort in meinem engen Raum.

Plötzlich fuhr ich auf. Die Riegel wurden zurückgeschoben. Der Schlüssel klirrte und ich sah im Zwielicht einen Beamten, den ich nicht kannte. Mir wurde unheimlich zumute. Man erzählte sich hier die dunkelsten Geschichten von Misshandlungen. Und ich schob erst einmal instinktiv einen Stuhl zwischen mich und diesen Mann. Und dann trat er ganz dicht vor mich und fragte: „Kennen Sie Hömpel?“ Ich musste lachend auffahren, denn der Hömpel war natürlich einer meiner Helfer im Weigle-Haus, einer von den ganz Treuen, ein junger Mann. Ich sah ihn vor mir, diesen stabilen, immer lachenden, Kerl. Aber natürlich hieß er nicht Hömpel, aber das war so sein Spitzname. Aber woher kannte dieser Beamte den Hömpel? Ich wurde misstrauisch. „Ja, ich kenne ihn.“, sagte ich zögernd. Da deutete der Polizist auf sich und sagte: „Ich bin der Vater.“ „Ach, Sie sind der Vater.“, sagte ich. „Ja, und ich soll Ihnen einen Gruß bestellen vom Hömpel und von all den Leitern und Helfern im Weigle-Haus [das war ein christliches Jungendzentrum] und sie dächten immer an Sie und in jeder Gebetsstunde würde für Sie gebetet.“ Bow, da war ich schon mal erleichtert, sagt Wilhelm Busch, sie kamen also noch zusammen. Die Arbeit ging weiter. „O Gott, ich danke dir!“ Aber der Beamte war immer noch nicht fertig. „Und der Hömpel möchte Sie gern besuchen.“, sagte der Polizist. „Aber das geht doch nicht“, fiel ich ein, „ich darf doch nicht besucht werden.“ „Nun“, sagt er, „der Hömpel hat sich was überlegt und ich als sein Vater muss das ja schließlich wissen. Er hat einen Antrag gestellt [der Hömpel], dass er das Gras auf dem Gefängnishof für seine Kaninchen absicheln dürfte.“ Und Wilhelm Busch schreibt: Die merkwürdige büro­kratische Ordnung: Er hatte den Antrag durch eine Menge Instanzen laufen las­sen und dann kam er mit vielen Stempeln zurück: 'genehmigt'. Also Hömpel durfte auf dem Gefängnishof Gras sicheln für seine Kaninchen. Und nun erklärte der Vater von Hömpel dem Wilhelm Busch den Plan: „Passen Sie auf, Pfarrer Busch, morgen um 18.15 wird der Hömpel eingelassen. Da stellen Sie Ihren Tisch an die Lichtklappe und auf den Tisch stellen Sie den Schemel und dann können Sie durch den Seitenspalt hinaus sehen und dem Hömpel ein wenig winken.“ Nun wurde ich wieder misstrauisch. Das ganze war eine Falle. „Sie wissen doch genau“, sagte ich streng, „dass das verboten ist.“ „Ich bin doch der Vater“, er­widerte er. „Und ich werde vor der Tür aufpassen, dass niemand Sie stört.“ Nun musste ich doch wieder lachen, das war ja köstlich, die Polizei selbst wollte also mein ungesetzliches Tun bewachen. Da konnte ja nichts mehr schief gehen.

Und dann kam der nächste Tag langsam heran. Endlich war es 18 Uhr und wieder ein Schlag der Turmuhr: 18.15. An der Tür hörte ich ein leichtes Kratzen. Aha, mein Wächter hatte jetzt seinen Posten bezogen. Und ich schob den kleinen Tisch unter das Fenster, der Hocker wurde drauf gestellt. Und ich wundere mich heute noch, wie ich das schaffte. Dann stand ich auf dem schwankenden Bau und spähte hinaus und wirklich, dort kniete auf einem Rasenfleck der Hömpel und sichelte. Ab und zu schielte er zu meinem Zellenfenster hoch. Offensichtlich hatte ihm der Vater genau erklärt, dass es das dritte von rechts im zweiten Stock war. Und leise schob ich die Hand ein wenig hinaus. Wir mussten ja vorsichtig sein, denn man konnte von vielen Seiten eingesehen werden. Aber jetzt hatte Hömpel mich gesehen. Er verzog keine Miene. Er fing nur an, bei der Arbeit fröhlich zu pfeifen. Die Beamten, die aus vielen Fenstern in den Hof sehen konnten, kannten das Lied sicher nicht, aber ich kannte das Lied, das er pfiff. Bei Feierstunden hatten wir es oft gesungen. Es war unser Kampflied. Da heißt es: Steil und dornig ist der Pfad, der uns zur Vollendung leitet. Selig ist, wer ihn betrat und zur Ehre Jesu streitet. Und das pfiff er und die Tränen liefen mir über das Gesicht. Jetzt versteh ich die Predigt, die mein junger Bruder mir dort hält und leise sprech ich mit in meiner Zelle, was er dort unten pfeift: Auf denn Streitgenossen, geht mutig durch die kurze Wüste. Seht auf Jesum. Wacht und fleht, dass er selbst zum Kampf euch rüste, der in Schwachen mächtig ist, gibt uns Sieg durch Jesus Christ.

Und Wilhelm Busch schreibt: Dazwischen musste ich immer ein wenig lachen über Hömpel. Den kleinen Rasenfleck den könnte man in 3 Minuten abgesichelt haben, aber er will Zeit gewinnen und schneidet ganz vorsichtig Gräslein um Gräslein ab und legt es in den Sack. Aber schließlich ist er doch fertig, fertig mit seinem Lied und fertig mit seinem Gras. Er richtet sich auf, nimmt seine Tüte mit und dabei flötet er noch einmal und jubelnd klingt die Melodie durch den Gefängnishof: Gott ist die Liebe. Er liebt auch dich. Und dann fällt das Gefängnistor hinter Hömpel wieder zu. Ich schnell runter von meinem hohen Turm. Da krachen auch schon die Riegel. Hömpels Vater in Polizeiuniform schaut herein und brüllt mit barscher Stimme: „Alles in Ordnung in Zelle 34?“ „Jawoll, Herr Wachtmeister!“, brülle ich ebenso laut zurück und zwinkere ihm mit dem linken Auge zu. Und dann sitze ich wieder in meiner einsamen Zelle. Aber es ist auf einmal alles verändert. Der in Schwachen mächtig ist, gibt uns Sieg durch Jesus Christ. Und um dieses kleine Sätzchen kreisen meine Gedanken, unablässig. Das war die Predigt, die Hömpel mir gehalten hat. Ich bin gar nicht mehr verlassen. Meine Brüder denken an mich. Sie lassen es sich etwas kosten, mir das mitzuteilen. Und der Dienst im Weigle-Haus geht weiter und junge Menschen erfahren von der Rettung durch Jesus.

 

Und jetzt kommt die Anwendung, warum ich das vorlese.

 

In der Nacht liege ich lange wach, sagt er. Und eine Frage ist mir aufgetaucht: Wie kommt so ein rauer junger Schlosser wie der Hömpel zu so etwas Feinem Zartsinnigen, wie es dieser Besuch war? Und da wird mir wieder klar: Das hängt mit dem Kreuz Jesu zusammen. Wenn ein junger Mensch in den Bannkreis dieser Erlösung kommt, dann wird das Wort Gottes an ihm wahr: Ich will das steinerne Herz aus eurem Fleisch wegnehmen und euch ein fleischernes Herz geben.  

 

 

Und das genau ist die Botschaft, die Jakobus uns in diesen Versehen offenbart im Auftrag Gottes. Da, wo wir in den Bannkreis des Kreuzes Jesu geraten, da, wo unser Herz an dem Herrn hängt, der für uns gestorben und auferstanden ist, da kann es nicht anders sein, als das sich das auswirkt auf unser ganzes Leben. Dass es uns, dass es uns prägt, dass es uns verändert und dass es Menschen aus uns macht, die Jesus dienen, weil sie Jesus liebhaben.

 

 

Lasst uns beten:

Lieber Herr Jesus Christus, danke, dass du der Herr bist und dass dort, wo du einziehst in ein Leben, in ein Herz, dass du dort uns wirklich veränderst, Herr. Du vergibst uns unsere Schuld. Du machst unser Gewissen sensibler. Du zeigst uns Aufträge. Du gibst uns ein anderes Herz, auch für die Menschen um uns herum. Ja, Herr, du zeigst uns auch, was an Schuld noch da ist in unserem Leben, an alten Verhaltensweisen, an altem Groll. Du zeigst uns, wie wir immer wieder und tagtäglich deine Vergebung brauchen. Aber, aber du arbeitest wirklich an uns, weil du bei uns bist. Herr, und wir wollen dich von Herzen darum bitten, dass du, dass du weiter an uns arbeitest. Dass du unser Leben auch in diesem Neuen Jahr, das vor uns liegt, so unter deiner Führung hälst, Herr, dass wir, dass wir Briefe deiner Liebe sind und deines Erbarmens. Herr, und dass du uns ein immer sensibleres Herz schenkst und eine tiefe, tiefe Sehnsucht, dir mit unserem ganzen Leben zu dienen und zur Verfügung zu stehen. Und Herr, wir bitten dich, dass, wenn unter uns jemand sein sollte, dem heute Abend klar geworden ist, dass er, dass er noch nicht zu dir gehört, dass er sein Leben noch nicht wirklich dir anvertraut hat, dass er dich noch nicht wirklich als seinen Retter und König angerufen hat, Herr, dann schenke ihm oder ihr den Mut, dieses zu tun. Herr, danke, dass das eine Sache ist zwischen dir und jedem einzelnen Menschen und dass du voller Erbarmen bist und voller Geduld. Und danke, Herr, dass du treu bist. Und dich wollen wir ehren. Amen

 

 

 

 

AT = Altes Testament

NT = Neues Testament