Das Weihnachtslied „Ihr Kinderlein kommet“ hat eine lange Tradition und ist weltweit bekannt. Weniger bekannt hingegen ist sein Verfasser, der gebürtige Dinkelsbühler Christoph von Schmid (1768–1854). Beate und Winrich Scheffbuch stellen den talentierten katholischen Priester und Erfolgsautor vor.
Christoph von Schmid ist eine beeindruckende Persönlichkeit: Er hatte nicht nur ein großes Sprachtalent und war ein anerkannter Verfasser theologischer Schriften, sondern er genoss es auch, mit jungen Menschen zu arbeiten und ihnen in kindgemäßer Sprache die Bedeutung Jesu nahezubringen. Heute ist es nur schwer vorstellbar, aber er gehörte mit seiner großen Schaffenskraft zu den erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren des 19. Jahrhunderts. Der 1837 vom bayerischen König Ludwig I. geadelte Schmid war das älteste von neun Kindern einer Beamtenfamilie, die im Dienst des Deutschen Ordens stand. Nach der Schulzeit nahm er eine Stelle als Hauslehrer an und entwickelte dort schon sein erzählerisches und pädagogisches Talent.
An der bischöflichen Universität in Dillingen, wo Schmid seit 1785 Philosophie und Theologie studierte, traf er auf den Bischof von Regensburg, Professor Johann Michael Sailer. Dieser setzte sich mit ganzer Kraft für eine geistliche Erneuerung ein. Die enge persönliche Freundschaft beeinflusste den Studenten stark. Bischof Sailer war ein Mann des Gebets. Er forderte von seinen Studenten tägliche Bibellese, „damit wir etwas Großes, Heiliges, Göttliches zur Erwägung und zur Erinnerung in unserem Gemüt haben“. Obwohl Katholik, empfahl er die evangelischen Schriften von Johann Caspar Lavater, Matthias Claudius, Johann Heinrich Jung-Stilling und sogar Nikolaus Ludwig von Zinzendorf sowie andere evangelische Erbauungsbücher. Bischof Sailer nannte Schmid „die Krone meiner Bemühungen“. Sowohl bei der Glaubensunterweisung wie auch in der Liebe zu Jesus waren sie tief verbunden.
Im Jahr 1791 wurde Schmid zum Priester geweiht und begann als Pfarrvikar seinen Dienst im Mindelheimer Stadtteil Nassenbeuren. Von dort kam er als Pfarrer nach Seeg im Allgäu. Mit 28 Jahren wurde er Schuldirektor im schwäbischen Thannhausen bei Günzburg. Hier entstand das Lied als ursprünglich achtstrophiges Weihnachtsgedicht Die Kinder bey der Krippe.
Angeregt durch das Wort Jesu „Lasst die Kinder zu mir kommen und wehrt ihnen nicht“ wollte Schmid gerade Kindern den Zugang zum Glauben an den Gottessohn weisen. Er sprach deshalb in dem Gedicht auch von Armut und Not, die Jesus für unsere Sünde erleidet, bis hin zum bitteren Tod am Kreuz. Und was können wir dem Gotteskind als Gabe schenken? Nur das Opfer des Herzens mit fröhlichem Sinn. Leider fehlen gerade diese Verse in der auf vier Strophen gekürzten Volksliedversion. Gedruckt erschien das Gedicht erstmals 1811. 21 Jahre vergingen, bis es größere Bekanntheit erzielte –durch die eingängige Melodie des Lüneburger Komponisten Johann Abraham Peter Schulz, dem früheren Hofkapellmeister am dänischen Königshof in Kopenhagen.
Im Sommer 1799 wurde Schmid von der katholischen Inquisitionsbehörde verhört, weil man ihn als Freund der Allgäuer Erweckungsbewegung in Memmingen „falscher Lehre“ verdächtigte. Tatsächlich stand er in engem Kontakt zu mehreren Kaplänen aus dieser Bewegung, die das reformatorische „Christus für uns und Christus in uns“ entdeckt hatten.
Auch Johannes Evangelista Gossner – später Pastor in Petersburg sowie an der Bethlehemskapelle in Berlin und Gründer einer großen Mission in Indien – war Schmids enger Freund. Die geistlichen Impulse dieser Erweckungsbewegung wirkten weit über Deutschland hinaus bis auf die Krim, nach Finnland, Afrika, Nordamerika und Indien. Es gab enge Kontakte mit dem Pfarrer und Erweckungsprediger Ludwig Hofacker in Württemberg, aber auch mit dem einst katholischen Pfarrer Aloys Henhöfer in Baden und mit Vertretern der Erweckungsbewegung im Siegerland. Überraschend rehabilitierte der Augsburger Generalvikar Anton Cölestin Nigg Schmid vollständig. Damit nicht genug: Der bayerische König Ludwig I. erhob ihn 1837 als Ritter des Verdienstordens der Bayerischen Krone in den persönlichen Adelsstand und die Universität Prag verlieh ihm im 80. Lebensjahr die Würde eines Doktors der Theologie. Am 3. September 1854 starb Christoph von Schmid 86-jährig an den Folgen der in Augsburg wütenden Choleraepidemie – sein Weihnachtslied war da schon weithin bekannt.
– ein Mediengenie im 19. Jahrhundert.
Weithin vergessen ist heute der Verfasser dieses in 24 Sprachen übersetzten Weihnachtsliedes. Dabei war der Kinderfreund ein herausragendes Mediengenie seiner Zeit. Morgens in aller Frühe saß er zu jeder Jahreszeit an seinem Schreibtisch. „Nur die Zeit von morgens 4 bis 8 Uhr gehört vom Tage mir, darum muss ich sie benützen“, pflegte er zu sagen. Viele Auflagen erzielten seine 50 kleinen Erzählungen. Er verstand es, in einem für Kinder verständlichen Stil durch eindrucksvolle Beispielgeschichten erzieherische Werte und Herzensbildung zu vermitteln. In der Pariser Nationalbibliothek zählte man 2.666 verschiedene Christoph-Schmid-Ausgaben, darunter unzählige Raubdrucke. Seine sechs Bändchen „Biblische Geschichte für Kinder“ kam in vielen Volksschulen Deutschlands zum Einsatz. Mit großer Einfühlungsgabe hat Schmid auch Erwachsene erreicht, „die ja in vielem Kindern ähnlich seien“, wie er in seiner liebenswerten Güte urteilte.
1. Ihr Kinderlein, kommet, o kommet doch all!
Zur Krippe her kommet in Bethlehems Stall.
Und seht was in dieser Hochheiligen Nacht
der Vater im Himmel für Freude uns macht.
2. O seht in der Krippe im nächtlichen Stall,
seht hier bei des Lichtes hellglänzendem Strahl,
den lieblichen Knaben, das himmlische Kind,
viel schöner und holder, als Engelein sind.
3. Da liegt es, das Kindlein, auf Heu und auf Stroh,
Maria und Josef betrachten es froh;
die redlichen Hirten knien betend davor,
hoch oben schwebt jubelnd der Engelein Chor.
4. Manch Hirtenkind trägt wohl mit freudigem Sinn
Milch, Butter und Honig nach Betlehem hin;
ein Körblein voll Früchte, das purpurrot glänzt,
ein schneeweisses Lämmchen mit Blumen bekränzt.
5. O betet: du liebes, du göttliches Kind,
was leidest du alles für unsere Sünd!
Ach hier in der Krippe schon Armut und Not,
am Kreuze dort gar noch den bitteren Tod.
6. O beugt, wie die Hirten, anbetend die Knie,
erhebet die Hände und danket wie sie!
Stimmt freudig, ihr Kinder –
wer wollt sich nicht freun?
Stimmt freudig zum Jubel der Engel mit ein!
7. Was geben wir Kinder, was schenken wir dir,
als Bestes und Liebstes der Kinder dafür?
Nichts willst du von Schätzen und Reichtum der Welt,
ein Herz nur voll Unschuld allein dir gefällt.
8. So nimm unsre Herzen zum Opfer denn hin;
wir geben sie gerne mit fröhlichem Sinn.
Ach, mache sie heilig und selig wie deins
und mach sie auf ewig mit deinem nur eins!