Es gibt einen Ausweg
Winrich Scheffbuch
Jesaja 43, 14-25
Ich möchte heute über Jesaja 43 predigen, von Vers 14
bis Vers 25. Ihnen ist dies Kapitel ja bekannt, weil da eine der
eindrücklichsten Zusagen Gottes drin steht: Wenn du durchs Wasser gehst, will ich
bei dir sein. Das Wort, das Sie sicher auch schon in den Tiefen des Lebens
erquickt hat. Und das passt zum Bußtag. Von Vers 14 bis Vers 25. Sie müssen das
zusammensehen, dies. Es war ja ursprünglich in der Bibel keine Verseinteilung,
keine Kapiteleinteilung wie das Einreden Gottes ist zu uns, wo er uns
übermächtig seine Liebe groß macht.
„So spricht der HERR, euer Erlöser, der Heilige
Israels: Um euretwillen habe ich nach Babel geschickt und habe die Riegel eures
Gefängnisses zerbrochen, und zur Klage wird er Jubel der Chaldäer. Ich bin der
HERR, euer Heiliger, der ich Israel geschaffen habe, euer König. So spricht der
HERR , der im Meer einen Weg und in starken Wassern Bahn macht, der ausziehen
lässt Wagen und Rosse, Heer und Macht, dass sie auf einem Haufen daliegen und
nicht aufstehen, dass sie verlöschen, wie ein Docht verlischt; Gedenkt nicht an
das Frühere und achtet nicht auf das Vorige! Denn siehe, ich will ein Neues
schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Ich mache einen Weg in
der Wüste und Wasserströme in der Einöde. Das Wild des Feldes preist mich, die
Schakale und Strauße; denn ich will in der Wüste Wasser und in der Einöde
Ströme geben, zu tränken mein Volk, meine Auserwählten; das Volk, das ich mir
bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen. Nicht, dass du mich gerufen
hättest, Jakob, oder dass du dich um mich gemüht hättest, Israel. Mir hast du
nicht Schafe deines Brandopfers gebracht noch mich geehrt mit deinen
Schlachtopfern. Ich habe dir nicht Arbeit gemacht mit Opfergaben, habe dich
auch nicht bemüht mit Weihrauch. Mir hast du nicht für Geld köstliches Gewürz
gekauft, mich hast du mit dem Fett deiner Opfer nicht gelabt. Aber mir hast du Arbeit gemacht mit deinen
Sünden und hast mir Mühe gemacht mit deinen Missetaten. Ich, ich tilge deine
Übertretungen um meinetwillen und gedenke deiner Sünden nicht.“
Herr, öffne uns das Verständnis für dein Wort. Amen.
Ganz ehrlich gesagt: Ich liebe Kommandos nicht. Ich
weiß nicht, ob Sie anders veranlagt sind. Aber so automatisch, da blockiert schon
etwas in mir, wenn einer schreit: Tut Buße! Und dann noch Buße! Ein
anrüchigeres Wort kann man sich ja kaum denken. Wenn einem die hübschen
Zahlkarten überreicht werden oder an Windschutzscheiben unter dem Scheibenwischer klemmen, dann denkt man schon
immer, dass eine so nette und charmante Frau so etwas Hässliches überhaupt
ausfüllen kann! Das passt doch zu uns gar nicht. Und dann das mit den Kommandos. Wenn man das schon
hört: Vorsicht, bissiger Hund! Keine heiße Asche einfüllen! Nicht auf den Boden
spucken! Das sind so die Kommandos und passt das nicht hinein, das mit dem
Bußtag: Durchgang verboten? Vielleicht ist das auch noch so im Empfinden von
uns allen drin, da ja schließlich der Staat es war, der uns das Glück dieses
freien Tages beschert hat, einen Bußtag. Na büßt mal schön! Jetzt sind die
Untertanen dran. Jetzt sollen sie mal stramm stehen. Es waren auch genug
Lumpereien an den Höfen immer wieder vorgekommen und dann sollten die Leute
unten wenigstens dafür büßen. Alle möglichen verzerrten Bilder, die sich mit
dem Wort Buße verbinden mögen, die schwirren in unserem Kopf herum. Und dann
ist es nötig, dass wir wieder hören, was die Bibel sagt. In der Bibel hat das
Wort Buße einen vollständig anderen Klang, einen entgegen gesetzten Klang. Sie
glauben es nicht: einen lieblichen Klang, einen ganz zarten Klang. Das war gar
nicht ein Wort, das Jesus sprach mit Feuer und Schwert, das war das Wort mit
dem ich Sie heute gegrüßt habe, die Einladung an Leute, die ihm Leben nicht
mehr weiterkamen: Komm doch her zu mir! Der Lastträger Jesus, der sich unter
diese Last stemmt, die Menschen zusammendrückt: Ich trag’ sie dir doch! Kann
man denn Buße anders verstehen als sie Jesus in dem unvergleichlichen Bild uns
erzählt hat von dem Sohn, der von seinem Vater wegläuft. Und da steht das
Vaterherz ihm offen, Tag für Tag und Nacht für Nacht: Du darfst heim!
Heimatklänge im Wort Buße! Und Sie müssen sich immer wieder freischwimmen, weil
all diese Worte heute vom Teufel besetzt werden. Die Worte, die für unser Leben
so wichtig sind. Ein anderer sagt, ich kann das Wort Bekehrung nicht mehr
hören. Da sehe ich meine pietistische Großmutter vor mir. Das macht der Teufel
so, damit uns der Weg zum Leben verbaut wird. Und Sie müssen auf die biblische
Urbedeutung wieder achten und das herauskriegen, was uns Jesus anbietet mit der
Sache, von der er spricht. Zuerst: Es erinnert an ein Liebesverhältnis. Das
haben Sie ja schon lange gemerkt und ist Ihnen oft schon aufgefallen Sie haben
sich verwundert die Augen gerieben, warum eigentlich Gott auf all die Bosheiten
der Welt so geduldig reagiert. Das sollte Sie doch stutzig machen, dass Gott
gar nicht kommt wie der Rächer. Gott hätte ja Grund, mit der Faust auf den
Tisch zu schlagen! Gott hätte längst Grund in unserem Leben noch viel härter
dreinzuschlagen. Da diskutieren wir manchmal, ob wir den Leuten Angst machen
vor Gott. Das ist ja albern. Die Realität ist grausam, dass eine Welt ins
Gericht Gottes geht und überhaupt das nicht zur Kenntnis nehmen will. Die Bibel
und auch die Botschaft Jesu hat den Menschen nie Angst gemacht. Es ist
eigentlich bloß so am Rande der Verkündigung immer nur wie zur Abklärung noch
gesagt worden: Es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, danach aber das
Gericht. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Wenn ein Mensch etwas
weiß von Lebensverantwortung muss er wissen, dass wir vor Gott Verantwortung
tragen und die können wir nicht ablegen. Die hat Hitler vielleicht abgelegt und
die mag ein Mafia-Boss ablegen und
sagen: Mit dem Tod ist alles für mich aus. Aber ein Mensch, der ein Gewissen
hat, weiß, dass er vor Gott vor Gott Rechenschaft ablegt. Aber die Bibel bläst
das nicht auf zum Schreckgespenst für die Menschen. In unserer lässigen Zeit
heute mag das manchmal so empfunden sein und manche, die befreien sich von
ihrer christlichen Tradition und sagen: Ich will doch nichts mehr damit zu tun
haben. Ich lebe mein Leben frei ohne irgendeine Autorität vor der ich
Rechenschaft ablegen muss. Gott hat sich nicht daran beteiligt, den Menschen Angst
einzuheizen vor dem Gericht. Ich meine gar nicht, dass er es nötig hat, weil
die Wirklichkeit dieser Welt und dieses Lebens für sich selbst spricht. Sondern
Jesus hat mit einer unvergleichlichen Geduld und Liebe gewartet. Jetzt weiß ich
nicht wie Sie Ihre Kinder erziehen. Aber so würden Sie die Kinder nicht
erziehen wie der Vater in dem Gleichnis vom verlorenen Sohn. Also wäre es schon
längst fällig gewesen, dass er den einmal herbestellt und sagt: Mein Sohn,
entweder du spurst oder du spurst nicht. Und dann sind wir geschiedene Leute.
Wäre es nicht besser, Gott würde einmal in dieser lässigen Christenheit uns
alle übers Knie legen und sagen: Freund, so oder so, aber nicht dazwischen
rumgewurstelt. Du musst dich entscheiden. Verführt das nicht immer wieder die
Gnade dazu, dass wir sagen: Nun ja, das ist alles so etwas Billiges und
Läppriges, das kann man über jede christliche Versammlung noch drübergießen,
das nimmt man gleichsam als ein christliches Gewäsch. Und das führt dazu, dass
Christen kein Profil mehr zeigen in dieser Welt der Sünde. Und dass sie sich
nicht mehr absetzen vom Ungehorsam und von der Ungerechtigkeit. Das verführt
doch dazu, weil Gott so geduldig ist, weil er so liebend uns nachgeht, wenn er
den Feigenbaum noch ein Jahr stehen lässt. Er weiß doch, dass da nichts mehr
rauskommt. Warum wartet er denn noch ein Jahr? Verführt das nicht die Geduld
Gottes? Das verführt doch zum Sündigen! Hand aufs Herz: Wie oft haben wir mit
der Sünde nur deshalb gespielt, weil uns das harte Wort eines Freundes gefehlt
hat, der uns am Schlawittig genommen hat und gesagt hat: Freund, das tust du
nicht! So kommst du in die Hölle! Ich weiß, dass viele auch der Seelsorge nur
deshalb davongerannt sind, weil sie gewusst haben, dass jetzt ein hartes Wort
fällig wäre. Wäre das jetzt nicht an der Zeit, dass uns jetzt einmal heute am
Bußtag das so klar kommt: Du musst umkehren! Das ist doch die Wirklichkeit. Das
stimmt doch! Ich will es Ihnen an einem Beispiel erklären. Tatsächlich hat ja
Jesus in dem Beispiel vom verlorenen Sohn das Entscheidende doch abgezeichnet.
Es gibt ja merkwürdigerweise in der Liebe zwischen Eltern und Kinder das, dass
unverdiente Barmherzigkeit und Geduld geübt wird. Dass Eltern ihre Kinder auch
dann noch in Liebe tragen, auch wenn sie sich von den Eltern losgesagt haben
und wenn sie sich vielfach an ihren Eltern versündigt haben. Und Gott ist noch
ein ganz anderer Vater als diese menschlichen Vaterfiguren. Und wenn Jesus von
der Buße redet, dann kommt er nicht und bockelt mit dem Besenstiel, dann haut
er nicht auf den Tisch, sondern er erinnert an seine Liebe. Und in der Tat ist
das so wie in unseren Familien, dass da so ein junger Halbstarker, der da lacht
über die Liebe seines Vaters, dem das nur etwas ist, dass er recht lange
ausnützen will und strapazieren will, der die Liebe gar nicht versteht. Oder
vielleicht darf ich ein ganz privates Beispiel hier gebrauchen in der
Vertrautheit auch einer solchen Predigtversammlung. Ist das nicht das Geheimnis
meiner Ehe? Dass eine Frau auch in Krisenaugenblicken nicht den Strich gezogen
hat und nicht gesagt hat: Wenn du so zu mir bist und keine Geduld mit mir hast,
dann will ich von dir nichts mehr wissen – sondern sie hat mich dennoch
geliebt. Ich weiß nicht ob Sie wissen, was das Geheimnis der Liebe ist. Auch
wenn ich mich an ihr versündigt habe. Und dann schenkt’s ja Gott manchmal, dass
selbst ein verhärtetes Herz eines bösen Mannes über solch einer Liebe erweicht
wird, dass er sagt: Ich bin dich gar nicht wert. Und genau das will Jesus bei
uns. Eine solche Buße. Dass uns die Tränen aus den Augen rauslaufen und wir
sagen: Nicht weil du uns drohst und weil du uns Angst machst, obwohl das
stimmt, sondern wir deine unverdiente Güte nicht begreifen. Wir haben so oft
dich weggestoßen, haben dein Wort missachtet, haben dir nicht gedient und du
gehst liebend mir nach, noch viel mehr als der Vater im Gleichnis seinem
Lumpensohn. Ich bin nicht wert, dass ich zu dir kommen kann. Das bewegt ein
Herz und das treibt es. Darum ist das hier in dem Bußwort des Jesaja so groß. Da
waren die Israeliten in die babylonische Gefangenschaft geführt. Es war doch
Zeit, dass Gott Ihnen noch einmal das vorhält und sagt: Wenn ihr Gott verlasst,
dann ist das die Quittung dafür! Stimmt doch auch. Und Gott sagt: Wo soll ich
denn noch hinschlagen? Es ist alles wund und krank, alles krank Ich kann bloß
noch trösten, trösten und trösten. Gott sieht das, wie das alles bei uns unter
dem Gericht Gottes in unserem Leben und unserer Gesellschaft schon voller Krise
ist. Und er bietet uns noch einmal an: Kommt doch her zu mir, aber wende dich
ganz zu mir. Aber lass vom Bösen. Und es soll dich reuen, all das, was dein
Leben doch nicht sättigen kann. Ich habe die Riegel des Gefängnisses zerbrochen
und ich habe den Spottjubel der Chaldäer zunichte gemacht. Gott ist ja schon
oft in unserem Leben mächtig eingetreten und wir sind bewegt, wie viel Güte
Gottes wir unverdient erfahren haben. Sollte uns das nicht zur Buße reizen?
„Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße
treibt?“ Das ist das Motiv der Bekehrung. Wenn Sie nochmals das in Ihrem
Leben Revue passieren lassen: Wie viel Gutes Ihnen Gott getan hat in einer
Fülle ohnegleichen. Alles unverdient. Das weckt Ihr hartes Herz und schafft
Bekehrung. Das war mein erster Punkt: Es geht um ein Liebesverhältnis.
Jetzt beim zweiten hatte ich Schwierigkeiten mit der
Formulierung. Ich möchte sagen: Er macht uns ein lebenslustiges Angebot.
Vielleicht hören Sie mit Lebenslust irgend bloß noch so Flitter- und
Flatterhaftes raus. Aber lebenslustig soll ja etwas sein, dass man sich freut
am Leben und dass man’s genießt und ausschöpfen kann. Hat das wirklich der
Teufel schon fertig gebracht in der Verblendung unserer Sinne, dass wir meinen:
Leben und Lust sei auch nur in einem Fall auf einem Weg der Sünde zu erreichen?
Glauben Sie, dass Sie mit einer Lüge, mit einem Unrecht, mit einer Unreinheit
nur einen Hauch von Lust in Ihr Leben hineinbringen? Nur Schmerz und nur
Leiden. Aber so ist es: Wir meinen Lebenslust, das kann doch nicht bei Gott
sein! Und das normale Empfinden ist, wenn uns Jesus zur Buße ruft, dann heißt
das: Jetzt, da kommt das Finstere,
jetzt kommt das Dunkle, kommt der Verzicht. Jetzt muss ich loslassen eigentlich
das was ich gerne täte. Wie falsch! Ein lebenslustiges Angebot macht er. Da
heißt es: So spricht der Herr, der im Meer einen Weg und in starken Wassern
Bahn macht, der ausziehen lässt Wagen und Rosse, Heer und Macht, dass sie auf
einem Haufen daliegen und nicht aufstehen, dass sie verlöschen wie ein Docht
verlischt. Sie können in Ihrem Leben erfahren, dass eigentlich erst vom Tag
Ihrer Bekehrung an das Leben richtig beginnt. Wenn Sie wissen: Jetzt ist der
starke Jesus bei mir und ich darf in jeder Berufsschwierigkeit mit ihm einfach
rechnen. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man eine Familie lebt ohne die
Gegenwart Jesu. Das ist doch in allem, doch nicht nur im Augenblick, wenn uns Gott
Kinder schenkt, sondern in allen Stunden
eigentlich das Größte, dass ich all das aus seiner Hand nehme. Wie können Sie
sich am Mittag zu Tisch setzen, ohne nicht bewegt die Hände zu falten und Gott
zu danken für die Gaben, die er Ihnen schenkt. Er ist doch die Mitte des
Lebens, aus der wir alles empfangen. Fahren Sie in den Urlaub. Wollen Sie das
erleben ohne ihn? Sind Sie eigentlich mit Gott im Kriegszustand, dass Sie
meinen, Sie müssen ihm etwas abluchsen gegen seinen Willen? Und Sie können ihm
ein Schnippchen schlagen und Sie würden dabei etwas gegen ihn herausholen, was
Sie befriedigen könnte? Da sagt Gott seinem Volk noch einmal: Ich will doch
deinen Weg bahnen. Ich habe dich in schwierige Situationen natürlich geraten
lassen, damit du meine Macht erfährst. Ich will doch Wunder über Wunder in
deinem Leben wirken, bewegende Wunder. Wir hatten ja gestern im kleinen Kreis
von der Evangelischen Allianz die Gelegenheit fast drei Stunden mit der
Bundesregierung, mit Staatssekretären und Ministern auch über die bewegenden
Fragen unseres Volkes zu reden. Und wir haben darüber nachgedacht über die
Fragen, ob unser Volk noch Wert des Lebens kennt. Wo das Leben nicht mehr gilt.
Und ich hatte anschließend noch ein Gespräch in einem anderen Ministerium und
das lief für mich sehr bedrückend. Da waren Schwierigkeiten aufgetreten von
einer Seite und wie ich dann in dem völlig überfüllten Zug nach Hause fuhr,
dachte ich: Ich habe keinen Mut mehr. Der Zug war so voll, man konnte nicht
einmal den Gang durchlaufen, von Sitzplatz keine Spur, das Gespräch war so
schwierig, so hoffnungslos, aussichtslos, obwohl das andere so ermutigend war,
auch für unsere Arbeit christliche Fachkräfte. Und schließlich gehe ich ganz
vor in den vordersten Wagen und da war ein Abteil, da waren die Vorhänge
zugezogen. Das ist immer der sicherste Beweis, dass noch Plätze frei sind. Da
ging ich rein und da lagen drei junge Kerle auf sechs Plätzen und ich sagte:
Wären Sie mal so nett und würden einen Platz frei machen und setze mich hin und
bereite mich für meine Predigt vor. Aber ich war irgendwo mutlos. Und wie ich
mit meinen Gedanken kreise: Der Herr macht Wege in der Wüste und in der Einöde,
da sehe ich, der liest ein Buch „Telos“. Was lesen Sie denn da? Dann war es
eine Kirchengeschichte vom Hänssler-Verlag. Was machen Sie? Ich studieren
Geschichte und bin ZDL usw. und der andere mischt sich ein. Und da sage ich:
Was machen Sie, wenn Sie mit dem ZDL fertig sind? Da sagt er: Ja, ich hab’ mich
jetzt beworben, da gibt’s so einen Entwicklungsdienst. Ja, wo ist denn der? In
Stuttgart.
Ich sage: Aha kenn ich, das ist bei uns in der Dobelstraße
Das war ein Bayer, 40 km südlich von München und da habe ich gedacht: Lieber
Gott, du kannst einem Ermutigungen schenken, Ermutigungen schenken, in einem
riesen Zug, wo so viele Leute sind, dass im Gang kein Platz mehr ist. Da führst
du mich zu zwei Typen, die Brüder sind. Und wir konnten miteinander beten, zwei
junge Mennoniten. Wissen Sie, dass Gott in Ihrem Leben so Geheimnisse hat. Ich
dachte, soll ich Ihnen die Geschichte erzählen. Aber sie ist vielleicht taufrisch. Sie können ganz
andere Erfahrungen machen im Dickicht Ihres Lebens. Die Wunder Gottes sind ja
immer wieder so überwältigend. Wo wir sagen: Ich meistere das Leben gar nicht.
Es wird mir zu schwer. Ich kann das nicht aushalten. Da hat Gott für Sie
Erquickungen bereit und Ermutigungen, weil er führt, weil er leitet. Und das,
was uns gestern auch wichtig war, auch Regierungsvertretern zu sagen: Schielen
Sie nicht nur nach Mehrheiten, sondern leben Sie vor Gott und rechnen Sie mit
seinen Wirkungen, wenn Ihre Entscheidungen vor ihm bestehen können. Das ist
wichtig. Wenn dann Gott sagt: Ich will meinen Ruhm in dein Leben hineinlegen.
Das Volk, das ich mir bereitet habe, soll meinen Ruhm verkündigen. Sie können
gar nicht groß genug denken von Ihrem irdischen Leben. Wenn Sie sich umkehren,
zu Jesus hinwenden – das meint ja Buße, ein Leben mit Jesus, ganz konsequent –
dann wird er die Ströme fließen lassen, die Erquickungen schenken: Ich will ein
Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht? Da sagt Gott,
das ist sogar noch viel viel größer als was Mose einst erlebt hat, als er mit
dem Volk durch die Wüste zog. Ihr könnt mit euerem Leben große Wunder
vollbringen und Entscheidendes wirken, wenn ihr mit Jesus rechnet. Doch nicht
aus euerer Kraft. Wie können wir nur so töricht sein, zu meinen, das könnten
wir ohne ihn. Und dann war es uns gestern auch in diesem Gespräch mit der
Regierung sicher beiden so klar, dass wir sagten: Das ist oft gar keine
Gesetzesfrage, wo sind eigentlich heute Menschen, einige wenige Menschen, die
in ihrem Umkreis wieder Familien gründen, Kinder erziehen, so dass die Nachbarn
und Bekannten etwas erleben, von dem was Gott schafft, in einer Gesellschaft,
die alles nur noch klagend sieht, bedauernd, bejammernd. Wir haben doch als
Christen etwas zu zeigen vom Leben, das uns Gott schenkt, ein lebenslustiges
Angebot. Wir sollten fröhlich dazu stehen. Und ich freue mich, auch an allen,
denen Gott Kinder schenkt und die fröhlich auch zur Zahl ihrer Kinder stehen in
einer Gesellschaft, die dem Leben keinen Raum mehr einräumt. Das sind Dinge,
die wir wieder erkennen, dass das mit dem Bußtag zusammenhängt: So spricht der
Herr, der im Meer einen Weg und in starken Wassern Bahn macht, der seine Wunder
schenkt hier und da. Es geht um ein lebenslustiges Angebot. Buße heißt nicht
Verzicht, nicht loslassen. Sicher, die Sünde loslassen. Aber sagen Sie: Wollen
Sie denn eine Unreinheit, eine Sünde, ein Unrecht behalten? Wir müssen uns
einmal klar werden, wir sollten uns in diesem Kreis auch einander in Zucht
nehmen und aufeinander Acht haben und sagen: Das kann doch nicht sein, dass wir
an ein paar lumpigen Dingen kleben und den ganzen Segen Gottes verspielen. Das
kann doch nicht sein, dass unser Christenleben so von dunklen Kompromissen
belastet ist, während auf der anderen Seite Gott uns die Fülle anbietet, dass
der Wüstenzug klein wird: Achtet nicht auf das Alte: Ich will Neues schaffen,
noch viel Größeres, ein Leben mit Jesus. – Ich hatte also davon gesprochen,
dass es um ein Liebesverhältnis geht, bei der Buße, dass es um ein
Lebensangebot geht, aber jetzt muss ich noch sagen: das alles völlig gratis, völlig
gratis.
Wenn Sie mich fragen wollen, warum so wenige Leute
das Evangelium annehmen, das ist leicht zu beantworten: bestimmt nicht, weil
das Evangelium nicht attraktiv wäre. Das Haupthindernis ist, dass die Leute es
nicht gratis haben wollen. Und selbst wenn einer einmal eine Bekehrung bewusst
in seinem Leben erlebt hat und sagt: Ich habe eine Wende bei mir gemacht, ich
habe mich ganz für Jesus entschieden und bewusst mich ihm zugewandt, dann
werden Sie beobachten können, dass nach kurzer Zeit er einen Drang in sich
verspürt zu sagen: Ich möchte jetzt aber das aus eigener Kraft selber können. Ich
möchte Jesus gar nicht so oft strapazieren. Es ist doch schön, wenn man sein
Leben verbessert und dann müht man sich und strebt nach einer Verbesserung
seines Lebens und dann wird man der Gnade nicht mehr bedürftig. Das ist das
Haupthindernis. Wir haben das Bestreben, uns immer schöner zu machen vor Gott.
Ja natürlich, wir wollen ja von der Sünde los und wollen es schöner machen. Und
Jesus hat das Interesse, uns immer mehr zu entblößen. Der möchte mit seinem
Wort immer bei uns aufdecken, dass wir durch und durch voller Sünde sind. Und
wir sagen: Aber wir haben doch jetzt auch Fortschritte. Wir wollen immer wieder
emporsteigen und Jesus will uns runterschieben und uns die Augen öffnen und
dann fehlt das. Und dann können Sie in christliche Versammlungen kommen, wo man
Gottesdienste hält und kein Wort ist von dem
Schrei aus der Tiefe zu hören: Herr, erbarm dich meiner! Ich bin nicht
wert, dass du unter mein Dach gehst! Sondern das ist eine profitliche Versammlung,
die über Gott zu Gericht sitzt. Das hat sich im Christenleben oft so
eingebürgert, dass ist das nimmer da, was doch bis zu unserer Todesstunde der
einzige Grund ist, dass wir überhaupt noch leben, dass wir unverdiente Gnade
Gottes empfangen. Und darum bin ich so froh an diesem Wort, dass Gott das klar
stellt und spricht: Nicht dass du dich brüstest, nicht dass du dir was
einbildest. Jetzt müssen wir objektiv festhalten, sagt doch Gott etwas, was man
nicht begreift: Mir hast du keine Opfer gebracht. Die haben doch Gott Opfer
gebracht! Wie kann Gott einfach sagen, die hast du mir nicht gebracht? Die hast
du doch letztlich als Ausweis deiner guten Taten benützt, aber mir hast du sie
nicht gegeben. Du hast deine ganze Frömmigkeit nur gelebt, um dir so ein
schönes Kleid anzulegen, um dir so eine stolze Frömmigkeit zurechtzuzimmern.
Ja, wie war das überhaupt möglich, dass es zur Zeit Jesu einen ganzen
Berufsstand von treuen Bibellesern gab, die Pharisäer, die sich so gefielen in
ihrer Richtigkeit? Und die gar nicht mehr nach Gott schrieen nach dem Erbarmen
und nach der Barmherzigkeit? Das könnte sich ja bei uns auch breit machen und
das könnte unser Leben prägen. Wissen Sie, dass das schlimmste Gift ist im
Glauben, wenn Sie auf sich selbst sehen, das schlimmste Gift. Ob Sie sich
selbst gefallen und sagen: Ich bin doch ein ganz tüchtiger Mitarbeiter der
Jugend, ich mache meine Sache ganz gut und mein Glaubensleben ist ganz intakt.
Das ist doch nett. Ich bin doch einer, der sich relativ treu zur Gemeinde hält.
Ich bin doch kein Lump wie andere. Merken Sie, wie schnell das bei uns drin
ist? Das Gift auf sich selbst zu sehen, das lähmt Sie durch und durch. Wie wenn
Sie irgend ein Formaldehyd in sich hineinsaugen. Das zerstört Sie von innen
heraus. Deshalb sagt Gott: Nein, nicht du hast das gemacht. Du hast mir gar
nichts gemacht, bloß Arbeit. Liebe Schwestern und Brüder, wir sollten ein Leben
lang – und nicht nur am Bußtag – ein Leben lang das in einer Nüchternheit
sagen: An mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd. Wir haben mit uns
keinen Staat zu machen. Manche sagen, das soll man bei meiner Beerdigung sagen
aber dann auch noch zwanzig Minuten Nachruf. Entweder oder! Das muss unser
Leben prägen und wenn man einen Lebenslauf macht, dann muss das auch dort
sichtbar sein: An mir war nichts dran, nur Erbarmen, unverdiente Gnade. Denn
anders kann ich das nie ergreifen. Und darum bleibt das Kreuz Jesu, wo er
stirbt für die Sünden der Welt, das Blut, das dort fließt, für mich der einzige
Punkt, der mich hochhält, an dem ich mich trösten kann und an dem ich mich
freuen kann. Er hat für mich gelitten. Ich werde nicht verdammt, ich kann nicht
fallen in die Tiefen, ich komme nicht in die Hölle, weil Jesus für mich starb.
Das ist der einzige Grund, solange ich lebe. Kein Tag, wo ich nicht das
Erbarmen Jesu rühmen kann. Mit hast du Arbeit gemacht mit deinen Sünden! Und
wir wollen das als Ruhm haben, gratis krieg ich’s, unverdient. Und darum weiß
ich, dass es mir gilt. Das ist der Grund meiner Buße, meiner Umkehr. Darum reut
mich das andere so, dass ich ihm nicht gedient habe, ihn nicht über alle Dinge
liebe und ihm vertraue. Er hat mich so unheimlich geliebt. Er hat mir so viel
gegeben, obwohl ich gar nichts wert bin. Ist Ihnen das bewusst, dass Jesus mich
nicht erwählt hat, weil ich vielleicht ganz leidlich predigen kann, oder
vielleicht ein treues Herz habe und mich für ihn einsetze, sondern dass Jesus
mich erwählt hat, weil er Erbarmen gehabt hat mit meiner Verlorenheit und Sünde.
Und das bleibt solange wir Christen sind. Gott kennt uns viel besser als wir
selbst zugeben wollen und es wäre gut, wir würden das auch wieder sagen, dass
Sünde das Grundproblem des Menschen ist, dass er vor Gott ein Verlorener ist.
Aber dass er seinen Sohn Jesus geschickt hat und dass das die Freudenbotschaft
ist, dass er gearbeitet hat und geschafft hat bis er uns dort endlich hat an
dem Punkt, wo wir stehen und sagen: Vielen Dank für dein Erbarmen. Das will ich
rühmen, solange ich leben. Nichts anderes soll über meine Lippen kommen. Ich
will nie ein Stück weit Selbstgefälligkeit an mir haben. Das wäre Buße: Herr,
da tut mir leid, mein Ich, mein dickes Ich, dass sich immer wieder auch in der
Frömmigkeit dazwischen schiebt. Ich will nur dein eigen sein, ganz und völlig.
Da will ich Ihnen zum Schluss das zusagen: Da gilt Ihnen das: Ich tilge deine
Übertretungen, nicht weil du so christlich bist, nicht weil du es so ernst
meinst, auch nicht, weil du dich so tief beugst, auch nicht weil du so
tränenreich weinst, auch nicht, weil du dich so tief demütigst. Warum vergibt
Gott Sünden? Um meinetwillen, um des Opfers Jesu willen. Wir haben ja in
unserer Abendmahlsordnung diesen Brauch eingefügt, dass ich von Ihnen das sprechen
lasse: Das Blut Jesu Christi macht mich rein von aller Sünde. Nicht dass Sie
meinen, weil es der Priester da vorne sagt, habe ich Vergebung, sondern weil
Jesu Blut mich reinmacht. Das soll mein Bekenntnis sein. Darum heb’ ich den
Kopf in die Höhe. Darum darf ich im Frieden Gottes von hier weggehen. Darum ist
Buße eine fröhliche Sache, darum muss Buße ein Leben lang anhalten, weil es
völlig gratis geschenkt wird: Ich gedenke deiner Sünden nicht. Gott sagt: Und
wenn sie dir noch kommen, ich hab’ sie
längst ausgestrichen, weg! Weg, die kann niemand mehr hervorholen! Vergeben und
vergessen! Amen.