Leben - wofür eigentlich?

Winrich Scheffbuch

Gehalten am 16.08.1992 in der Ludwig-Hofacker Gemeinde Stuttgart

Philipper 3, 7-14

 

Wir haben heute als Predigttext den Philipperbrief dieser fröhliche Brief aus der Gefängniszelle, an diese erste europäische Gemeinde im damaligen Mazedonien, genannt nach dem Vater des Alexander, des Herrschers von Griechenland Philipp.

Philipper drei Vers 7-14: Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Schaden erachtet; ja, ich erachte es noch alles für Schaden gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne, und in ihm erfunden werde, dass ich nicht habe meine Gerechtigkeit, die aus dem Gesetz kommt, sondern die durch den Glauben an Christus kommt, nämlich die Gerechtigkeit, die von Gott dem Glauben zugerechnet wird. Ihn, Christus möchte ich erkennen, und die Kraft seiner Auferstehung, ja, das Geheimnis, dass Jesus das kann, Tote lebendig machen, und die Gemeinschaft seiner Leiden, und so seinem Tode gleich gestaltet werden, damit ich gelange zur Auferstehung von den Toten. Nicht, dass ich sie schon ergriffen habe, oder vollkommen sei, ich jage ihm aber nach, ob ich's wohl ergreifen könnte, weil ich von Christus Jesus ergriffen bin. Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht so ein, das ich es ergriffen habe, eins aber sage ich: ich vergesse, was da hinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist. Und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus.

Ich muss es immer und immer wieder sagen, wie ich diesen Sommer genieße, obwohl ich weiß, dass manche von Ihnen mit Kreislauf- und Herzproblemen zu kämpfen haben. Das ist ja ein solch schöner Sommer, wie man ihn wahrscheinlich nur einmal in einer ganzen Lebenszeit erlebt. Wie ich das im Juni in der Freude an der Sonne damals sagte, da war unter uns ein Statistiker vom Wetteramt, der sagte, stimmt noch gar nicht, die Statistik ist noch nicht so, inzwischen hat die Statistik auch noch aufgeholt es ist ein wunderbarer Sommer! Man kann sich freuen. Und wenn sie durch die Wälder gehen, und durch die Gärten, und wenn sie das alles genießen,... Ich denke auch ihr Urlaub hoffentlich, der zurückliegt, oder der noch vor ihnen liegt, eine Freude ohnegleichen. Und an so einem Sonntagmorgen wollen wir ein Thema behandeln, Leben, wozu eigentlich? Wozu eigentlich? Spaß an der Freud wollen wir haben, wir wollen genießen. Und jetzt wieder, wenn Sie eintauchen in Ihre Berufsaufgaben... Vor Ihnen liegen ja viele wichtige Termine, Besprechungen, Geschäfte, die Sie zu erledigen haben, auch wenn das ein Druck ist, der auf Ihnen lastet, aber es ist auch schön, wenn man wirken kann. Gut ist, dass so viele mithören auch bei unseren Gottesdiensten, die sich daran nicht mehr freuen können. Die Krankheit stellt alle unsere Lebensziele in Frage. Leben, wozu eigentlich? Und dann, wenn ich krank bin? Wenn keine Besserung kommt, wozu eigentlich lebe ich noch? Die alten Fragen zum Pflegeheim, die seelisch Kranken fragen so, und die, die gescheitert sind im Beruf, ohne Schuld, die Misserfolg hatten, die ihre Prüfung nicht bestanden haben, was ist denn meines Lebens Sinn? Es ist gut, wenn das alles einmal überdacht wird, das kann doch nicht meines Lebens Sinn sein, die Arbeit, so sehr wir sie gerne tun, den Urlaub, so sehr wir darin Freude finden. Im Jahre 1954, also schon fast 40 Jahre her, da fand in Leipzig ein Kirchentag statt. Das war die damalige DDR, die wenige Wochen vorher von der Sowjetunion die Souveränität bekommen hat, und die waren natürlich damals, diese Betonköpfe an der Spitze des Staates, wahnsinnig stolz auf ihrem neuen Staat. Und da fand von der damaligen Staatsleitung ein Empfang für die Vertreter der Kirchen statt. Und Heinrich Gießen, manche kennen ihn noch diesen originellen und fröhlichen späteren Leiter der Berliner Stadtmission, Heinrich Gießen war die Aufgabe zugefallen, die Vertreter der Kirche vorzustellen, und der Walter Ulbricht, hat noch so ein wenig spöttisch in seinem großen Stolz des Vertreters des materialistischen Sozialismus dann gesagt, nun, was sind denn das für Leute, die da kommen. Und Heinrich Gießen sagte nur einen Satz: er sagte: Herr, Vorsitzender, man kann es vielleicht am besten mit einem Satz sagen: das sind alles Leute, die gerne in den Himmel kommen. Und das auf dem Boden der DDR. Wenn man heute bei einem kirchlichen Empfang so einen Satz sagen würde, ich glaube, da würden die Theologen aufspringend sagen, Nein, nein, nicht aufs Jenseits schielen, wir wollen Staatsbürger sein, wir wollen die politische Probleme lösen, wir wollen Frieden schaffen, vielleicht würden sogar manche aussagen, wie wollen den Sozialismus auf der Welt aufrichten. Es gibt auch solche. Aber der Heinrich Gießen hat die biblische Linie getroffen! Bei allen Aufgaben, die wir in dieser Welt haben, ist das die Bestimmung, die Gott mir gegeben hat, dass ich einmal in der himmlischen Herrlichkeit vor seinem Throne bin. Und hoffentlich fehlt dann keiner von uns, hoffentlich ist dann keiner irgendwo auf der Strecke geblieben. Ob wir dieses Ziel erreichen, Paulus sagt, ich jage nach dem vor gesteckten Ziel, nach der himmlischen Berufung, die will ich erreichen, die ist mir so wichtig, und darüber will ich heute predigen als das Ziel meines Lebens, wozu lebe ich. Und die gilt für alle. Für die Kranken, und für die Gesunden, für die Starken und für die Schwachen, und für die Alten und für die Jungen.

Zuerst möchte ich stehen bleiben bei dem Satz vom Paulus: Ich habe es noch nicht ergriffen. Sie haben sicher schon viel über den großen Apostel nachgedacht und viel von ihm gehört. Und Sie kennen ihn. Paulus ist uns ein Vorbild mit seinem großen missionarischen Eifer, mit all dem, was er wirken konnte! Gab es je noch einmal so einen Menschen wie er? Unermüdlich, lesen Sie mal seine Briefe, was steckt da drin an Glaubens-Erkenntnis, an theologischer Tiefe. Was war das für ein Mann, den Gott gefüllt hat mit dem Heiligen Geist. Der Paulus steht vor uns als ein ganz großer Mann, zu dem wir aufblicken. Der ist mit ein Vorbild. Und wenn wir nur daran denken, wie er mit den Niederlagen in seinem Lebens fertig wurde, mit Misserfolg, mit Feindschaft, mit Hass, mit Unrecht. Als sie ihn eingesperrt haben ins Gefängnis, er hat das weggesteckt im Glauben. Er sagte: denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen. So wollte ich mal sein wie Paulus. Das ist mir ein Vorbild! Und dieser große Mann sagt: ich habe es noch nicht ergriffen! Ja, jetzt habe ich gemeint, der wäre wenigstens ein richtiger Christ, der hätte es wenigstens, so ganz ergriffen. Paulus sagt, ich hab es auch noch nicht ergriffen. Ich bin noch nicht vollkommen. Das sagt er wörtlich: Ich bin noch nicht vollkommen. Da steckt ja immer wieder uns eine Versuchung drin, dass wir ein wenig mogeln, und so vor anderen Menschen so tun, als ob wir jetzt doch schon so ein Stück weit Himmelsgestalten wären. Ist ja eine Versuchung, dass wir so nach außen tun, und sagen: Wir wollen den Leuten doch mal zeigen, wie schön wir sind, und wie gut und wie lieb. Der Paulus sagt ganz offen: ich spüre auf Schritt und Tritt meine alte Menschenart! Tröstet Sie das nicht? Es muss Sie trösten! Er hatte also auch kämpfen und ringen müssen. Dann fiel ihm das auch nicht einfach in den Schoß, und gerade dann... Er war doch so krank, da beim das auch so hart und er hat gezittert: Herr, ob ich die Schmerzen durchhalten kann! Es fiel ihm nicht leicht. Und wenn die Menschen ihm so gemein zusetzten, da musste er auch schlucken. Er war nicht vollkommen, das hat ihn sehr tief berührt, und sehr hart angefochten. Und das ist gut, dass wir hier so ins Herz von diesem Paulus hinein gucken dürfen und er sagt jetzt noch nicht ergriffen. Aber ich will! ich will ich will weiter, ich will vorwärts. Ich möchte in meinem Leben nur viel mehr von Christus erleben, erfahren, das kann man von Paulus lernen. Er war ein dynamischer Christ. Er hat sich nie ausgeruht auf dem, was er bisher erreicht hat. – Bei uns gibt es so viele Leute, die sagen, ist doch gut, ich bin doch kirchlich, ich bin getauft, oder, ich bin doch jetzt in meinem Leben auch schon ganz weit gekommen, ich habe schon zweimal die Bibel gekommen, uns so... Wir ruhen immer so gern aus, auf dem was wir erreicht haben. Ich kann es Ihnen vielleicht am besten mit einem kleinen Bild sagen, was man nicht so schnell vergisst: Als echter Stuttgarter war ich mein Leben lang immer stolz auf den Stuttgarter Hauptbahnhof. Er hat mir schon als Kind Rieseneindruck gemacht. Damals waren noch die großen Dampfloks da, die Schnellzugloks. Wenn die ihren Dampf abgelassen haben, war immer ein Fest. Und dann wusste man noch: Dieser Bau von Paul Bonatz ist noch ein Architekturkleinod. Und meine ganze Freude und mein Stolz, Stuttgarter Stolz am Hauptbahnhof, die hat ein Onkel von mir völlig zerstört. Das war ein Preuße, natürlich ein Preuße. Und der kam eines Tages, und hat uns Kindern gesagt: das ist der größte Wahnsinn, den man sich denken kann. Ein Kopfbahnhof, ein Kopfbahnhof, da  fährt die Lok rein, und dann muss alles aussteigen, und dann muss die Lok umgekoppelt werden. Da verliert man Zeit, und das ist ein Milliardengrab, und so ein Unding, hat der geschimpft. Und so ein Unding, das ist so eine Dummheit, wie kann man nur einen Kopfbahnhof bauen, gesagt, ihr müsst mal nach Köln oder ihr müsst mal nach Hannover, da fährt der D-Zug rein, hält drei Minuten, und dann fährt er wieder weiter. Weiter! Ihr da in Stuttgart, ihr seid da beschränk! Da hört es bei euch auf. Weiter, weiter müsst Ihr! Hat er nicht recht gehabt? Vom Christenstand, wenn ich das Bild auf den Christenstand nehme, da gibt es nicht einen Sackbahnhof. Da sind Sie nie am Ende, solange Sie leben, und sagen: ich will weiter, ich will weiter. Ich will mehr von Christus entdecken, mehr von seiner Macht. Ich möchte mehr von seiner Liebe erfüllt sein, ich möchte treuer beten, zielsicherer hoffen, mehr mich einsetzen, mehr wagen, Ich habe es doch noch nicht ergriffen, ich bin doch noch nicht vollkommen, ich will immer mehr von ihm entdecken, und immer mehr von ihm bekommen. Aber jetzt sagt Paulus auch noch ein zweites:

Er hat mich ganz fest ergriffen. Er hat mich ganz fest ergriffen.

Also heute ist das fast kennzeichnend für eine christlichen Gemeinde, dass man unheimlich jammert, und klagt. Und dann redet man über die Zweifel, und sagt, ich bin eben in meinem Christenstand auch in Problemen behaftet. Das ist ein beliebtes Ding, dass man über Probleme spricht und Zweifel, und über Anfechtungen, und über Nöte. Dabei können Sie sich nie auf den Paulus berufen. Er sieht das sehr klar und realistisch, wie er in seinem Christenleben nicht vollkommen ist. Und auch den himmlischen Christenstand noch gar nicht erreicht hat. Aber dann sagt er ganz fröhlich, mit einer Stimme, die an Siegesjubel erinnert: Aber mich hat Christus ergriffen und darum die wankt bei ihm nichts. Das war nicht eine Stunde in seinem Leben auch irgendwo wacklig. Seit seiner Bekehrungsstunde war ihm klar: Nichts kann ich mir aus der Hand Jesu reißen. Ich bin geborgen in Zeit und Ewigkeit. – Doch nicht, weil ich vollkommen bin! Sondern, weil Christus mich ergriffen hat! Was ist denn eigentlich die Bekehrungsstunde? Jetzt ist gar nicht wichtig, sie bis auf die Minute festlegen zu können; oder ob Sie sagen, das ist mir erst im Verlauf einer gewissen Zeit so nach und nach aufgegangen. Aber das ist doch entscheidend wichtig, da sie einmal merken müssen: Ich kann mit einem Leben der Anstrengung, und der guten Tat, und des Wohltuns, und der Liebeswerke, kann ich nicht vor Gott recht werden. Gerecht sein. Ich bleibe vor Gott immer im Manko, wie ein Kaufmann, der seine Bilanz macht, und der merkt, ich kann meine Schulden nicht abdecken. Und die Bekehrungsstunde, wo sie auch liegen mag, die war bei Paulus so, dass er plötzlich entdeckte: Damals, als der Seelsorger Ananias mit ihm redete in Damaskus: Jesus hat alles, alles, bezahlt. Für dich. Die ganze Schuld hat er durchgestrichen. All das alte ist weg. Alles ist weg. Ich bin bei Gott angenommen, und adoptiert als sein Sohn und gehöre ganz Gott. Und da ist nicht ein Hauch mehr zwischen. Es ist alles unverdiente Gnade. Dieses, was er da erkannt hat, diese Erkenntnis Christi, die Vergebung Jesu am Kreuz, ihm zugesprochen, die war für ihn der Angelpunkt seines ganzen Denkens, und an dem hält er so fest. Und das war ihm so groß, er hat gesagt, darum ist doch in meinem Leben jetzt gar nicht mehr wichtig, ob ich da recht oder falsch gehandelt habe, ich will doch nicht ach mein wohlanständiges Leben ordnen, den Menschen will ich sagen, ich bin besser als du... Ich vergesse, was da hinten liegt. Ich will doch nicht mehr nach den Gesetzesordnungen meine eigene Rechtschaffenheit demonstrieren, ich lass das alles hinten liegen. Ich freue mich der großen Gnade, die ich bekomme, der wunderbaren Vergebung, die mir zugesprochen ist. Und das ist so groß, und so verlässlich, dass ich daran mich halten darf. – Nehmen Sie noch mal das Bild der Bilanz, diesen Kaufmann, Wo er Soll und Haben gegenüberstellt. Und Paulus sagt: Es gibt bloß ein Stück auf der Habenseite: Christus tritt für mich ein. So wird es sein am jüngsten Tag, dass Christus für mich eintritt und sagt: Für den bin ich gestorben. Der gehört mir. Den darf niemand verdammen, den darf niemand anklagen. Ich hab die ganze Rechnung bezahlt. Da brauchen Sie nichts mehr daneben stellen. Da brauchen Sie nicht mehr ihre eigenen Verdienste aufzählen. Und Paulus sagt: Es ist mir sogar in meinem Leben ein Hindernis geworden! Ich merke immer wieder, wie das in meinem Leben, dieses Rechnen, bin ich gut, oder schlecht wo habe ich Fortschritte gemacht,... Das hält mich auf, ich will immer mehr bloß bei der Gnade bleiben, und will nicht daran freuen. Jetzt erleben sie ja auch in ihrem Leben, dass immer wieder der Teufel, Sie müssen wissen, dass es der Teufel ist, der Ihnen Unruhe schafft, und sagt, du, besonders in den Krisenzeiten der seelischen Erkrankung, der körperlichen Erkrankung sagt er, du darfst dich gar nicht auf Jesus berufen, und dann kommt das plötzlich in der Nacht, Versäumnisse und Schuld wacht auf. Und dann sind Sie ganz gerädert, und sagen, stimmt ja, ich habe so eine schlimme Fantasie, und in meinem Leben sind so grausige Dinge passiert. Ob das wirklich mir gilt mit der Vergebung? Dann dürfen Sie dem Teufel die Maske vom Gesicht reißen und sagen: Geh weg, du hast doch nichts mehr zu sagen! Christus ist hier! Nichts, nichts kann mich verdammen, nichts nimmt mir meinen Mut, die Hölle und ihre Flammen löscht meines Heilands Blut. Kein Unheil mich erschrecken kann, kein Unheil mich betrügen, weil mich mit Flügeln decket mein Heiland, der mich liebt. Der hat mich ergriffen, dem gehöre ich, und ich bin sein Eigentum, und auch in den dunklen Stunden ist das mein einziger Trost. Lassen Sie doch den Unsinn, dass Sie sagen, ach, meine Mitmenschen, die loben mich oft auch, dass Sie ganz unsicher ihre Kinder fragen: Bin ich nicht doch recht? Nein, wir sind alle schuldige Leute. Aber wir freuen uns des großen Trostes, dass er mir vergeben hat. Und so dürfen Sie mutig, fröhlich, siegesgewiss in allen Anfechtungsstunden sagen: Geh weg Satan, du hast nichts mehr zu melden, du hast gar nichts mehr zu sagen. Das Christenleben ist ganz einfach. Festo Kivengere, der Bischof von Uganda hat dieses schöne Bild gesagt, dass ich immer und immer wieder in meinen Predigten gebrauchen will: Ich darf meine schwache, kleine, zitternde Hand in die starke, mächtige Hand Jesu legen. Selbst mein Glaube mag schwach sein, aber darum bin ich fest, weil er mich hält! Und weil er mich an der Hand hat. Da mag in unserem Leben so viel nach außen hin wüst und elend und schmutzig sein, und wir sagen, aber von mir gilt etwas ganz anderes, und das habe ich einmal ergriffen, und das steht fest. In meines Herzens Grunde / sein Kreuz und Nam' allein, funkelt allzeit und Stunde, des kann ich fröhlich sein. Das ist das, was in meinem Leben wie ein Eigentumsstempel eingebrannt ist: Ich gehöre ihm ganz. Das war der Grund, warum der Paulus so fröhlich war. Nicht weil er vollkommen war, das gibt es nicht. 20,19. Und nicht weil er gesagt hat so, jetzt bin ich in einem Stand, das habe ich erreicht, sondern weil er weiß, Christus hat mich ergriffen. Nun erst recht, mit dem will ich schließen.

Nun erst recht. Jetzt sagt er: ich jage ihm aber nach, ich jage ihm aber nach. Ich weiß nicht wie oft das gehört habe. Das höre ich dauernd, dass Leute sagen, man dürfe das nicht so sagen, weil das einen sicher mache und ruhe. Und da schlafe einer aus und benützt es als Ruhekissen. Das ist ein Unsinn, das stimmt ja gar nicht. Ein Christ braucht nicht die Mahnungen des Gesetzes. Manchmal kann man auch in der Christenheit nicht mehr ertragen, wie viel auch immer wieder: Jetzt musst du das tun, jetzt musst du das tun, und nochmal was. Dann musst du hier aktiv sein, und dort und hier und neue Pflichten und neue Verordnungen. Das ist ein ganz gequälter Christenstandpunkt. Paulus war ein dynamischer aktiver Christ, warum denn? Weil er Christus erlebt hat, und das macht einen Menschen aktiv, viel aktiver, als alles andere. Wri haben ja gerade die Olympiade hinter uns, wenn man da den Sportlern zugesehen hat, wie die ihre Runden gedreht haben, wie die Hindernisläufer über die Hindernisse hinweg sind, wie leichtfüßig, wenn die Stabhochspringer über den Stab sind, nicht, dass es so toll wie das gemacht haben. Wegen was denn? Wegen der Ehre, wegen ein bisschen Blech! Das war alles, um des Zieles willen. Und bei Paulus? War es in jeder Stunde seines Lebens: Ich möchte doch den Himmel gewinnen. Ich möchte doch meine Himmelsberufung nicht verlieren, wer auch läuft und läuft so schlecht, der verliert seinen Kronen-Recht, ich will doch mein Kronen-Recht nicht verlieren. Denken Sie mal darüber nach. Wenn die Versuchung der Sünde Sie betört. Und sagen, ach sieht doch niemand! Und ach, kann ich doch machen! Wollen Sie denn das vor den Augen Gottes tun und ihr Kronen-Recht verlieren? Und wollen Sie untreu sein? Ich jage ihm aber nach, und dann läuft und läuft er und er hat eine Leidenschaft und eine Liebe, um der Berufung Jesu willen, das hat sein Leben erfüllt. Ich will die Gerechtigkeit Jesu gewinnen, ich will das jetzt umsetzen, heute schon, natürlich. Und das will uns Mut machen, für die Aufgaben, in die Sie hinein gehen. Ich will immer mehr dort drin mitten in dieser Welt die Kraft der Auferstehung Jesu gewinnen. Und ich bin gespannt, was Jesus noch aus unserem müden Leib heraus wirken kann. Ahnen Sie, dass da die größten Erfahrungen noch bevorstehen? Sie können staunen, was er noch macht. Darum bin ich gespannt und Paulus war interessiert, vorwärts gewandt: Ich vergesse, was da hinten liegt, ich red nicht mehr von gestern, ich bin voll auf fröhlicher Erwartung auf die neuen Eindrücke, die neuen Erfahrungen, die ich mit ihm finden darf. Ich hab in den Urlaubstagen meiner Frau abends, während sie etwas gehäkelt oder gestrickt hat, gerne was vorgelesen von alten Biografien. Und da kam ich an einen Missionspionier, den ich überhaupt nicht kannte. Allen Gardiner. Der war zuerst nach Neuguinea gegangen im letzten Jahrhundert, dann war er ins Zulu-Land gegangen, und da hat er gemerkt, da ruft mich Gott nicht. Und dann hat er von einem Menschenstamm gehört, von dem Darwin sagte, das sei eine tierische Rasse, nicht der Veredelung fähig, das sind die Pesheräs, die in Feuerland leben. Einen Monat ist Frühling-Sommer-Herbst, von Dezember bis Januar, und dann bricht die Kälte wieder ein, und der Winter ist da. Und dann ist er dorthin gegangen und der war nur ein Jahr im Wirken, und dann ist er gestorben an Skorbut. Das Nachschubschiff kam nicht mehr hin. Und er hat Aufzeichnungen hinterlassen und da schrieb dieser Mann und sagt: Ich möchte es allen meinen Freunden sagen, wie fröhlich ich bin, seit fünf Tagen warte ich auf die Ankunft des Schiffes, wir haben nichts mehr zu essen und zu trinken, aber wir wissen, dass es der himmlischen Herrlichkeit entgegen geht, und mein Leben ist nicht vergeblich gewesen. Und nun sind Sie nicht berufen, nach Feuerland zu gehen, oder an den Südpol. Sie sind wahrscheinlich nur in sehr schwierige Lebensabschnitte berufen. Unsere Kranken, denen wird bang vor jedem Tag. Ihnen wird Angst wenn sie nur das Gesicht der Kollegen wieder sehen. Paulus sagt, ich habe eine Bitte, ich will den Leiden Christi gleich gestaltet werden. Da müssen Sie viel darüber nachdenken. Paulus bittet nicht, und sagt: Herr, ich möchte so mächtig sein wie du. Ich will überall Siege erleben. Du musst mir alle Hindernisse aus dem Weg räumen. Sondern er sagt: Herr ich will auch deine Leiden mittragen, Schwierigkeiten erdulden, den Hass der Menschen, dass mir die Kraft genommen wird, dass ich gehöhnt und verlacht werde, ich Niederlagen erlebe. Aber gerade da will ich dich, den Auferstandenen erfahren. Ich will deinen Leiden gleich gestaltet werden. Ich bin bereit, auch die Jahre, die vor mir liegen, auch mit Schwerem noch zu füllen, aber da soll das Loben und das Danken nicht aufhören. Und ich will fröhlich meine Straße gehen, weil ich es tue dir zu Ehren und zu deinem Lob, und weil ich deine Kraft der Auferstehung dann erfahren darf. Amen.