Wie man mit dem Leben fertig
wird
Winrich
Scheffbuch
1.
Mose 32, 1-33
28.02.1999
1 Mose 32: W. Scheffbuch
Wir fahren fort, wo wir am letzten
Sonntag aufgehört hatten bei der Jakobsgeschichte, Kapitel 32: Der erzürnte
Schwiegervater Laban war ihnen ja nachgereist. Jakob
hat ihn besänftigt, ihm auch tüchtig Vorhaltungen gemacht, aber er war froh,
wie diese schwierige Streitbegegnung dann doch gut ausging.
„Am Morgen aber stand Laban früh auf, küsste seine Enkel und Töchter und segnete
sie und zog hin und kam wieder an seinen Ort. Jakob aber zog seinen Weg. Und es
begegneten ihm die Engel Gottes. Und als er sie sah, sprach er: Hier ist Gottes
Heerlager, und nannte diese Stätte Mahanajim. Jakob
aber schickte Boten vor sich her zu seinem Bruder Esau ins Land Seïr, in das Gebiet von Edom –
das ist also noch jenseits des Jordan, das heutige Jordanien -, und befahl ihnen und sprach: So sprecht zu
Esau, meinem Herrn: Dein Knecht Jakob lässt dir sagen: Ich bin bisher bei Laban lange in der Fremde gewesen und habe Rinder und Esel,
Schafe, Knechte und Mägde ausgesandt, es dir, meinem Herrn anzusagen, damit ich
Gnade vor deinen Augen fände. Die Boten kamen zu Jakob zurück und sprachen: Wir
kamen zu deinem Bruder Esau, und er zieht dir auch entgegen mit vierhundert
Mann. Da fürchtete sich Jakob sehr, und ihm wurde bange. Und er teilte das
Volk, das bei ihm war, und die Schafe und die Rinder und die Kamele in zwei
Lager und sprach: Wenn Esau über das eine Lager kommt und macht es nieder, so
wird das andere entrinnen. Weiter sprach Jakob: Gott meines Vaters Abraham und
Gott meines Vaters Isaak, der du zu mir gesagt hast: Zieh wieder in dein Land
und zu deiner Verwandtschaft, ich will dir wohltunwohl tun -, Herr, ich bin
zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knechte getan
hast;
denn ich hatte nicht mehr als
diesen Stab, als ich hier über den Jordan ging, und nun sind auch mir zwei
Lager geworden. Errette mich von der Hand meines Bruders, von der Hand Esaus; denn ich fürchte mich vor ihm, dass er komme und
schlage mich, die Mütter samt den Kindern. Du hast gesagt: Ich will dir wohl
tun und deine Nachkommen machen wie den Sand am Meer, den man der Menge wegen
nicht zählen kann. Und er blieb die Nacht da und nahm von dem, was er erworben
hatte, ein Geschenk für seinen Bruder Esau: zweihundert Ziegen, zwanzig Böcke,
zweihundert Schafe, zwanzig Widder und dreißig säugende Kamele mit ihren
Füllen, vierzig Kühe und zehn junge Stiere, zwanzig Eselinnen und zehn Esel,
und tat sie unter die Hand seiner Knechte, je eine Herde besonders, und sprach
zu ihnen: Geht vor mir her und lasst Raum zwischen einer Herde und der andern.
Und er gebot dem ersten und sprach: Wenn dir mein Bruder Esau begegnet und dich
fragt: Wem gehörst du an und wo willst du hin und wessen Eigentum ist das, was
du vor dir hertreibst?, sollst du sagen: Es gehört
deinem Knechte Jakob, der sendet es als Geschenk seinem Herrn Esau und zieht
hinter uns her. Ebenso gebot er auch dem zweiten und dem dritten und allen die
den Herden nachgingen, und sprach: Wie ich euch gesagt habe, so saget zu Esau,
wenn ihr ihm begegnet, und saget ja auch: Siehe, dein Knecht Jakob kommt hinter
uns. Denn er dachte: Ich will Esau versöhnen mit dem Geschenk, das vor mir
hergeht. Danach will ich ihn sehen; vielleicht wird er mich annehmen. So ging
das Geschenk vor ihm her; er, Jakob, aber blieb diese Nacht im Lager.“
Dieser Jakob war so froh, als er
endlich diesen schwierigen Schwiegervater abgeschüttelt hatte. Er muss ja
richtig erleichtert gewesen sein, wie auch diese Klippe heil überstanden war.
Ich stelle mir das so vor: Von einem Berg blickt er hinüber und sieht über den
Jordan endlich Heimatland. Wie hat er sich diesen Augenblick ersehnt! Jetzt
komme ich wider heim. Und seine Schritte sind so schwer. Er kann kaum laufen.
Er hat Angst. Denn erst in diesem Moment wird ihm bewusst, was auf ihn wartet.
Die ganzen zwanzig Jahre hat er verdrängt und vergessen, dass in seinem Leben
eine schwere Schuld war. Man kann das ja so leicht machen, dass man sagt: Ich
denke nimmer dran, das wird schon werden, die Zeit wird’s richten. Wie hat
seine Mutter gesagt? Der Zorn wird auch verfliegen. Der verflog aber nicht! Und
jetzt steht Jakob ganz allein da und muss diesen schweren Weg gehen, seinem
zornentbrannten Bruder entgegen. Ich weiß nicht, welchen schweren Weg Sie in
der nächsten Woche gehen müssen. Ich habe dieser Predigt überschrieben: Wie man
mit dem Leben fertig wird. Das ist für uns moderne Menschen am Ende des zweiten
Jahrtausends ja die Lebensfrage. Wir sagen immer wieder über Gott, das
interessiert uns gar nicht, mein Leben ist so problematisch, mein Chef, meine
Berufsschwierigkeiten, mein Arbeitslosigkeit, meine Geldprobleme, meine
wirtschaftlichen Fragen. Setzte ein, was du willst. Das von Jakob ist doch
erzählt, weil wir solche schwierigen Wege gehen, ganz allein. Das, was wir
meistern sollen übersteigt unsere Kraft, wir schaffen das nicht. In der Bibel
wird uns ja nicht von irgendwelchen großen Athleten erzählt, von irgendwelchen
großen, gewaltigen Schaffern, sondern von ganz, ganz schwachen Menschen wie
wir. Wenn es hier von Angst heißt, ist in der Bibel immer dieser Würgegriff am
Hals, wo man sagt: den letzten Schnapper noch an Luft: Ich komme um, ich komme
um. Ich krieg’ das nicht fertig. Und ich könnte es Ihnen jetzt durch die ganze
Bibel durchzeigen. Als die Israeliten am Schilfmeer standen und die Ägypter
ihnen nachjagten – vor ihnen das Wasser und links und rechts die Felswände: Es
gab kein Überleben mehr. Doch: Mose rief zum Herrn. Kennen Sie das? Da ist der
Herr da. Selbst der große Gotteszeuge Paulus, der von niemand zu stoppen war,
erzählt wie er in der Provinz Asien am Leben verzagt war. Depressionen sind
das. Wir dachten schon, wir kämen um. Das geschah aber, dass wir unser
Vertrauen auf den setzen, der Tote lebendig macht. In großen schweren
Lebenskrisen könne wir ganz neu die Macht unseres
großen Herrn entdecken. Dieser Jakob mit seinen Bleifüßen, mit der Angst, mit
seiner ganzen Not, der fühlt sich nicht anders als Sie, wenn man Sie auf dem
Karren in den OP hinein schiebt.
Verstehen Sie. Was soll ich jetzt noch machen können? So wie Sie hilflos oft
Menschen ausgeliefert sind. Und wie oft meinen Sie: Die Menschen meinen es
nicht gut mit mir. Sie wollen mich fertig machen. In dem Augenblick zeigt Gott
diesem Jakob die Engel. Er sieht etwas von der großen, gewaltigen Macht Gottes
und seiner Diener. Und Jakob nennt diese Stätte Mahanajim.
Es wäre schön, wenn wir auch solche Erinnerungstafeln anbringen, an Plätzen wo
wir verzagt und mutlos waren und dann plötzlich Gott uns erschien. Hadern Sie
darum, weil Sie keine Engel sehen. Ich denke, die Verheißungsworte sind noch
größer. Diese wunderbaren Zusagen der Schrift, wo Gott sich verbürgt oder was
noch wunderbarer ist, der Blick aufs Kreuz, wo Jesus
es Ihnen klarmacht: für dich habe ich alles hergegeben. Ich will mich in deinem
Leben verherrlichen. Und ich bin für sündige Menschen gestorben. Mutmachende
Blicke in trostlosen Augenblicken. In der hebräischen Sprache ist alles ein
wenig bildhaft. Ich kann das nur immer wieder betonen. Durch dieses Kapitel
zieht sich immer wieder das Wort vom Lager. Das ist Gottes Lager. Darum hat er
die Engel gesehen. Weil ja nachher das Lager, die Heerschar von dem Esau ihm
entgegen zieht. Und der pfiffige Jakob
macht schnell aus seiner großen Schar auch zwei Heere. Hat er’s begriffen, dass
die Heere Gottes ihn beschützen, dass der Trost und die Freude darin bestehen:
Du bist unsere Zuversicht. Ich will’s Ihnen heute Morgen einhämmern, dass Sie
jetzt in den Nöten und Ausweglosigkeiten Ihres Lebens und sagen: Wie werde ich
mit dem Leben fertig?, nur so, wie denn sonst. Sie schaffen’s doch nicht. Gott will ihn bergen, schützen und
bewahren und behüten. Er war schon – wie sagen wir – ein Cleverle,
der Jakob, pfiffig und er war schon gut, er war ein Steh-auf-Männchen,
er wurde mit allen Lagen fertig, hat sich immer durchlaviert, wie’s die frommen
Leute immer können. Dass er sagt – wie sagt man in der Fachsprache – man kann
sein Risiko minimalisieren, wenn man zwei Heere macht: 50% rettet man, wenn
man’s klug anstellt und der Abstand genügend groß ist, können die wenigstens
noch durchkommen. O Jakob, was sind deine Lösungen für dumme Auswege! Entweder
schützt dich Gott, dann bist du bewahrt und gerettet, oder Gott schützt dich
nicht, dann bist du verloren und kommst um. Und dann trichtert er seinen Boten,
seinen Mitarbeitern noch einen Spruch ein. Sie sollen, wenn sie dem Esau
begegnen mit seinem Zorn, ihm sagen. Mein Herr, dein Knecht. Der Jakob hat sich
weit gedemütigt vor seinem Bruder Esau. Und manchmal haben wir keine Scheu, uns
vor Menschen ganz tief zu beugen. Wissen Sie dass das nicht der Bibel Art ist?
Gott will, dass wir vor Menschen aufrecht stehen. Gott will, dass wir uns nicht
vor Menschen beugen. Vor Gott sollen wir uns beugen. Und es ist nicht nötig,
dass wir zu Menschen sagen: Ich bin dein Knecht, auch nicht zu Esau, auch nicht
um uns dadurch Freiheit zu erkaufen. Wir sollen uns nicht vor Menschen
heruntersetzen lassen. Wer wird nicht der Menschen Knechte?
Es gilt, vor den Herren dieser Welt und vor den Obrigkeiten und vor den
Gewalten – Christen haben eine Würde – und glaubende Menschen, die vor Gott
knien können und ihren Kopf beugen können, die können vor Menschen aufrecht
stehen. Ach was ist das für eine erbärmliche Haltung, die der Jakob einnimmt,
bloß um sein Leben zu retten. Das kann doch nicht wahr sein. Eigentlich sind
die Lebenskrisen, so sehen wir’s in der Bibel immer, die großen Lebenskrisen
Sternstunden, Stunden, wo man plötzlich alles klar machen muss: hinüber oder
herüber. Irgendwo muss man Stellung beziehen. Und in vierzehn Tagen werden wir
noch einmal drankommen, wo Jakob nicht mehr ausweichen kann, wo’s einfach klar
werden muss, dafür oder dagegen. Hast du’s mit Gott oder bist du gegen ihn? Das
ist bis heute eine blamable Geschichte unter uns Christen, dass wir uns hier
immer so herumdrücken an der klaren Entscheidung für unseren Gott. Gehören wir
ihm ganz oder gehören wir ihm nicht ganz? Und diese Augenblicke der Furcht, die
machen erst deutlich: Wir können uns nicht auf selber verlassen: Wer sich auf
sich selbst verlässt, ist verlassen, das hat ja gar keinen Wert. Ich meine
immer wieder, dass Sie das auch mit Ihren Bekannten reden können, ganz
schlicht. Worauf verlässt du dich einmal im Sterben? Lassen Sie den andern nur pausbacken reden: Ja da wird schon alles recht werden.
Welcher Mensch spürt nicht selber, dass das frivole
Sätze sind, dass er sich sehnt nach einem andern, der an ihn denkt, der für ihn
eintreten kann. Denkt doch an mich, weil ich ins Krankenhaus muss. Denkt doch
an mich mit meinen Schwierigkeiten. So sagen wir doch immer wieder. Wir wollen
doch jemand haben, der uns trägt. Und in dem Augenblick ist plötzlich klar,
dass die große Not unseres Lebens die Schuld ist, die alte Schuld. Haben Sie’s
auch gehört, dass immer wieder von christlichen Verkündigern gesagt wird, das
sei nichts mehr für den Menschen von heute, das interessiere den modernen
Menschen nicht mehr. Sicher, die Menschen wollen Lust und Spaß haben. Aber ist
nicht die eigentliche Frage, die die Menschen umtreibt, die sie letztlich auch
am Glauben hindert, dass so viel im Leben an Schutt angehäuft daliegt und das
ist unbewältigt. Und man spürt, man kann ja gar nicht zu Gott zurück, weil die
alte Sache nicht bereinigt ist. Und das muss ja auch dieser Jakob gespürt
haben, wenn jetzt der Esau kommt, dass er so zürnt. Ich versteh’ ihn ja gut,
ich hätte ja auch so einen Zorn. Und er kann das nicht mehr ungeschehen machen,
wie er seinen Bruder betrogen hat. Und Jakob weiß, ich habe ja eigentlich Gott
betrogen und meinen Vater habe ich betrogen. Ich habe ja selbstsüchtig
gehandelt. In solchen Augenblicken ist das plötzlich die Frage und Sie kennen
das aus Ihrem Leben: Darf ich überhaupt zu Gott kommen? Der moderne Mensch weiß
etwas von Schuld auch wenn er nicht darüber spricht. Darum ist es so wichtig,
das wir’s anderen erzählen, wie lange wir uns darum gedrückt haben und wie
lange sich die Frauen und Männer der Bibel herumgedrückt haben, bis sie sich
endlich den Dorn aus der Wunde sich ziehen ließen und die Sache beim Namen
genannt haben. Der ganze Erfolg der letzten zwanzig Jahre, diese fruchtbaren
Viehherden der gefleckten Tiere, die Jakob mitbringt, all das kann doch nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die unbewältigte Schuld sein Leben belastet. Und
wie eine dunkle Gewitterwolke hängt das zwischen ihm und Gott. Jetzt verstehen
Sie erst, wie kühn das war und mutig als Jakob plötzlich betet. Darf er zu Gott
rufen, kann Gott in so einem Leben überhaupt noch wirken? Ist er nicht zu
schlecht, zu hinterhältig, zu listig? Jetzt beachten Sie einmal das Gebet des
Jakob. Wie betet er? Du hast doch mir gesagt. Er beruft sich auf das Wort des
Herrn. So machen’s Glaubende bis heute. Es ist doch nicht wichtig was ich
denke, sondern: Du hast mir gesagt in deinem Wort. Wer zu mir kommt, den werde
ich nicht hinaus stoßen. Darf ich wiederkommen? Mit
der alten Schuld. In dem Augenblick, wenn wir ins Licht Gottes treten, ist uns
manchmal so, dass uns die Schuld noch unheimlicher, noch scheußlicher wird und
blamabler. Und so ruft er zu Gott: Du hast doch gesagt: Ich will dir wohl tun.
Zweimal beruft er sich darauf: Du hast gesagt und darauf wagt mein Herz es froh
und unverzagt und lässt sich gar nicht grauen. Schön, wenn uns solche
Bibelworte in einprägsamen Versen nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich darf
kommen! Und a ist ein Seil von Gott aus geworfen, da kann ich mich dran
hinhängen. Es ist ja merkwürdig, wie gnadenlos die Welt ist. Wenn’s um Schuld
geht. Es ist ja interessant, wenn Sie jetzt die Nachrichten hören. Bin ein
alter Mann und hab’ mein ganzes Leben immer nur gehört, es gäb’
keine richtigen Winter mehr. Jetzt gibt es mal einen richtigen Winter. Da rufen
alle Leute: Wer hat die Schuld. Da hätten die Straßen gesperrt gehört, da hätt’ nichts passieren dürfen. Irgend
jemand hätt’s ja wissen müssen, dass so
Lawinen niedergehen. Den Schuldigen sucht man. Einer muss ja schuld sein, wegen
der Versicherung. Einer muss zahlen am Ende, das man wenigstens noch Geld
herauskriegt. Den Schuldigen brauch’ ich, auf den man zeigen kann. Da könnte
man sagen, das war höhere Gewalt. Den Schuldigen – wir sind ja oft so gnadenlos
wie wir bei anderen alte Schuld vorrechnen. Es ist auch bei mir merkwürdig. Ich
vergesse das über Jahrzehnte nicht, wo Menschen mir Böses getan haben. Ich kann
es von meinen Lehrern aus der Schule noch, ich kann’s noch genau
aufzählen, wo mir Unrecht widerfahren ist. Und im Elternhaus. Was sind wir für
Kleinkrämer! Wo wir doch der großen Gnade Gottes bedürfen. Und wie dieser Jakob
betet: Herr, ich bin zu gering deiner Barmherzigkeit und Treue. Wenig vorher
hat er noch vor seinem Schwiegervater geprahlt und gesagt: Das habe ich alles
verdient. Ich habe geschafft wie ein Wilder. Und jetzt kommt’s raus: Kein Stück
habe ich verdient gehabt. Über meinem versäumten Leben, über der Schuld, die
mich vor Gott anklagt und dass mein Leben in diese Nöte oft hineingetaucht ist,
dass ist eine Folge meiner eigenen Schuld. Was so oft Gott zugerechnet wird:
Warum lässt Gott das zu? Es ist doch bloß, dass Gott uns das ernten lässt, was
wir gesät haben. Es ist erschütternd wie oberflächlich wir oft anderen das
Evangelium bezeugen. Wir müssen doch Menschen immer auf den Punkt ansprechen,
auf den entscheidenden Punkt, dass Gott das bereinigen will und dass wir ohne
dieses gar nie froh werden und im Glauben gewiss werden können und nie unseren
Weg gehen können. Es wächst eben kein Gras darüber. Es kommt die alte Schuld
immer wieder raus. Und das kann die Bibel so meisterhaft zeigen: bei all den
großen Gestalten, bei David und bei Petrus und wer das auch war, immer wieder
mit der alten Schuld. Und Gott will vergeben und ich wollte, dass Sie heute
nicht von dieser Stätte weggehen und dass Sie wissen: Meine Dinge sind
gereinigt und geklärt. Jesus hat mein Leben frei gemacht von der alten Schuld,
vergeben und vergessen, Und ich will in meinem Leben keine Schuld von anderen
mehr aufrechnen. Ich will mit der Güte Gottes erfüllt durchs Leben ziehen. Es
hat ja merkwürdigerweise den Jakob irgendwie nicht froh gemacht. Er wartet
immer noch auf die Antwort Gottes. Herr, ich bin zu gering aller
Barmherzigkeit, die du an mir erwiesen – na, wie sagt er? – an deinem Knecht
erwiesen hast. Das haben Sie bisher aus dem Mund Jakobs noch nie gehört. Der schönst Ehrentitel. Ich will Knecht Gottes sein. Ich will
nur noch Gott folgen, ihm dienen, auf sein Wort hin leben, mich von ihm leiten
lassen: dein Knecht, dein Leibeigener. Fast ist er durchgebrochen zur Freude
des Glaubens. Merken Sie, wie das Schritt um Schritt geht? Und dann probiert er
es doch wieder mit seiner listigen Pfiffigkeit. Noch einmal denkt er: ob er
seinen Bruder nicht doch versöhnen könnte und dann probiert er es mit
Geschenken. Sie wissen ja, wie nachher die Versöhnung geschah, wie sich Jakob
und Esau um den Hals fallen. Wir müssen kürzen, wir können nicht mehr darüber
predigen. Das müssen Sie dann lesen. Da ist kein Geschenk mehr nötig, wo Gott
die Herzen berührt und wo Menschen zu einander finden. Wissen Sie, was die
Klammer ist zwischen Christen, die sie verbindet? Wir können in allen
politischen Fragen, in allen gesellschaftlichen Fragen verschiedene Meinungen
haben, in vielen Erziehungsfragen. Die Klammer die verbindet: Halten wir
Versöhnung! Dass wir alle davon leben: Wir sind Begnadigte Gottes! Darum lieben
wir andere. Aber der Jakob probiert es zuerst noch mit Geschenken und deshalb
trichtert er es jetzt seinen Boten ein: sagt: Nimm dir von diesen Herden,
soviel du willst. Ach das hat doch gar keinen Wert! Kaum waren die Herden
abgezogen, bricht die Nacht an, jene Nacht, von der wir dann in vierzehn Tagen
noch einmal hören. Diese Nacht von Pniel. Jakob ist
ganz ganz allein. Alle anderen sind weg. Und er
spürt: das mit den Geschenken, das hat keinen Wert. Ich kann nicht mit
Geschenken die Schuld meines Lebens aufwiegen und mich freikaufen. Und deshalb
ist das auch die Frage, wenn wir manchmal sagen: Herr ich bin zu gering, ob das
nicht geheuchelte Demut ist – kennen Sie das? Die Frommen können ja so
heucheln. Wir machen das ja manchmal so, dass wir uns so runtersetzen: Ich bin
ein ganz Schlimmer und so. Nein wir haben die Gnade Gottes unverdient
empfangen. Jakob hast du’s nicht begriffen? Dass solche Leute mit der großen
Schuld die Vergebung empfangen, dass die Gott für wert hält, dass die Gott
erwählt hat: Du bist kein Geringer, Jakob! Du bist nicht ein Unbedeutender, du
bist nicht irgendein Schwacher! Sondern die Herrlichkeit des Herrn soll über
dir aufgehen! Du sollst ein Segensträger werden! – Ich habe vor ein paar Tagen
in Haidarabat Haiderabat?
in Indien Begegnung gehabt mit
indischen Christen, die in den Slums arbeiten. Mir hat einer erzählt, der mit
einem Team in Bombay arbeitet, Zahlen, die ich nicht mehr verstehe, ich dachte,
ich kenne die Not der dritten Welt. Bombay besteht heute aus 6.700 Slums. 86%
der Bevölkerung Bombays von 15 Millionen, wohnen in Slums. Die Kinder haben
kaum Schulmöglichkeiten. Es gibt kein sauberes Wasser. Und was sie überhaupt
zahlen können müssen sie den Landlords zahlen, die ihre Blechbaracken
aufgestellt haben. Und wie die überlegt haben: Was können wir überhaupt tun? Ich
vergesse nicht, eine Morgenandacht, wo einer sagte: er sei eigentlich froh,
dass im Neuen Testament nie das Wort Kirche vorkäme, wohl stehe von
Versammlungen drin und von Gemeinschaft und Gemeinden, aber ein Begriff sei im
Neuen Testament viel größer: Reich Gottes. Die Gottesherrschaft, die anbricht.
Und da ist mir plötzlich klar geworden. Das habe ich selber empfangen und mich
daran gefreut, wenn das anbricht im Elend eines Slums oder in unserem satten
und überreichen Europa, dass Menschen die Gottesherrschaft in ihrem Leben
annehmen, also wenn es im Leben Jakobs passiert, dass der ewige Gott Menschen
benützt und sie werden Segensträger und sie dürfen anderen Liebe weitergeben.
Ich kann Ihnen gar keine praktischen Anleitungen mehr geben. Da müssen Sie selber
sehenwarten,
wie Gott Sie führt. Das ist das Aufregendste, dass in unserem Leben, im
schmutzigen Leben, im Leben der Sünde und der Listigkeit plötzlich Gottes
Herrlichkeit aufstrahlt in seiner Erbarmung,
in seiner Liebe. Wir sind ihm nicht zu gering, sondern wir sind für wert
geachtet. Und dann habe ich das erlebt, wie die Gesellschaft Indiens in eine
riesige Unruhe versetzt wird, die man sich hier kaum vorstellen kann. Die
Christen sind erregt, alle Konfessionen bis hin zu den Katholiken. Sie machen am
nächsten Sonntag zu Hunderttausenden in Haidearabat ?
große Gebetsversammlungen, weil plötzlich ein Hass der Welt gegen
sie aufbrandet, weil eine Hindugesellschaft sagt: „Das
dürft ihr den Outcasts, den Verlorenen in den Slums und den TribalPrivate Ppeople ?,
die nicht zum Kastensystem der Hindus gehören; d. ? Das
dürft ihr immer ihnen
nicht sagen ?,
dass sie von Gott angenommen sind“.
Ich habe mit Freunden von dem Graham Staines ?
gesprochen, der in seinem Auto mit seinen zwei Söhnen verbrannt
wurde auf grausamste Weise, weil er sich um Leprakranke mühte. Eine große
Erregung hat die Christen jetzt befallen: Was kommt auf uns zu? Ja, unsere Welt
kann das nicht fassen, dass die Verlorenen und die, die keine Hoffnung haben,
von Gott erwählt sind. Und wie noch nie zuvor ist eine Aufnahmebereitschaft in
den Slums und in diesen Reservaten, wo diese Ureinwohner Indiens leben, diese Hinausgestoßenen, die Herrlichkeit Gottes aufzunehmen. Und
mir ist daran deutlich geworden: Was könnte bei uns geschehen, wenn wir wieder
hineinversetzt wären in die Gottesherrschaft, wenn wir durchbrechen. Jakob
steht noch kurz davor. Nichts hab’ ich zu bringen, hat Dietmar Höhne ?
vorhin gespielt zum Gottesdienst. Alles, Herr bist du. Ich will doch nur dir
Raum geben. Du sollst in meinem Leben herrschen. Aber da müssen Sie eine klare
Übergabe machen, eine klare Hingabe. Auf dem Flughafen von Bombay saßen
plötzlich neben mir drei Schwaben und haben sich unterhalten. Und dann sprach
ich mit ihnen und da kam es plötzlich heraus, dass es Christen von den Fildern waren. Und der eine hat dann zu mir gesagt: Das
möchte ich Ihnen noch mitgeben: Ich war in Amerika, aber da hat man jeden
Sonntag gesagt: Wer heute sich bekehren will, der soll’s benützen. Ich werd’s nicht jeden
Sonntag machen. Aber ich will Ihnen sagen: Machen Sie’s doch. Machen Sie’s doch
fest! Gehen Sie nicht fort, wenn Sie noch mit jemandem beten. Machen Sie’s klar
für Ihr Leben. Ich möchte meinem Herrn ganz dienen, nicht mit meiner Listigkeit
mein Leben bewältigen, meine Lebenskrisen, sondern ich will mein Vertrauen ganz
auf den Herrn setzen, bei dem nichts unmöglich ist. Amen.