Wilhelm Busch
Leben aus Gott
1. Auflage 1979
Inhaltsverzeichnis
Kennzeichen
eines Lebens aus Gott
Kennzeichen
eines Lebens aus Gott!
Wie
Gott Menschen zu Jesus zieht
Wie
Gott Menschen zu Jesus zieht
Wie
zieht Gott Menschen zu Jesus?
Wie
zieht Gott Menschen zu Jesus?
Wir haben in dem Bändchen „Die Sternstunde Europas" die
Geschichte besprochen, wie Paulus zum ersten Mal mit dem Evangelium nach Europa
kommt und vor ein paar Frauen redet. Dabei kam die Purpurkrämerin Lydia zum
Glauben.
In Apostelgeschichte 16, 15 heißt es: „Als sie aber samt
ihrem Hause getauft worden war, bat sie und sprach: Wenn ihr davon überzeugt
seid, dass ich an den Herrn gläubig bin, so kommet in mein Haus und bleibet
daselbst! Und sie nötigte uns."
In der letzten Woche hatte ich eine Evangelisationswoche im
Schwarzwald, das war schön. Leute aus der Gegend von Freudenstadt bis
Baden-Baden kamen in der großen Stadthalle zusammen.
Da wurde ich auch gebeten, in einer Fabrik zu sprechen. Es
war eine Fabrik, in der Pappe hergestellt wird. Ich war ganz entsetzt darüber,
was die Welt mit soviel Pappe anfängt!
Es war ein bisschen anstrengend, weil da in der Fabrik
riesige Ofen waren, in denen die Pappe getrocknet wird. Diese Öfen müssen Tag
und Nacht brennen, die kann man nicht abstellen. Deshalb musste ich während
meiner Rede vor den Angehörigen des Betriebes das Getöse der Maschinen und Ofen
überbrüllen. Da kann man natürlich keine schwierigen Dinge vortragen. Aber es
war doch eine schöne Sache, dass der ganze Betrieb – vom Unternehmer bis zum
letzten kleinen Lehrling – zusammenkam, um in diesem Krachlokal das Evangelium
zu hören. Ich sollte über das Thema reden: Der Christ am Arbeitsplatz!
Der Unternehmer hielt erst eine kleine Begrüßungsansprache.
Die warf mich beinahe um!
Er sagte: „Der Pfarrer Busch ist auf meine Einladung hin hier
hergekommen, um über das Thema: Der Christ am Arbeitsplatz! zu sprechen. Nun,
einen Arbeitsplatz haben wir alle – und Christen sind wir auch alle! Und da
wollen wir mal sehen, was ein Christ so zu tun hat!"
Da standen sie nun! Scharen von Arbeitern – Freidenker,
gottlose Typen, junge Burschen, die in allen Sünden leben! Dazu auch
selbstgerechte Leute! Und die kriegen hier glatt mitgeteilt: „Christen sind wir
alle!" Ich habe selten mit solcher Deutlichkeit wie hier gehört, dass wir
uns in Westdeutschland ganz selbstverständlich als Christen ansehen!
Es wurde sogar begründet: Christen sind wir alle, denn wir
sind ja alle mehr oder weniger anständige Leute! Das heißt, wer ein anständiger
Mensch ist, ist ein Christ! Wo sind wir hingekommen? Darf ich Ihnen etwas
sagen? Im Wort Gottes steht es anders!
Der Mann, der in der Nacht zu Jesus kam, war bestimmt ein
anständiger Mensch! Und doch kam er zu Jesus! Das kann ich von vielen von Ihnen
nicht behaupten, dass sie schon ernsthaft zu Jesus kamen! Jesus sagt zu ihm:
„Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, so kann er das Reich Gottes
nicht sehen!"
Liebe Freunde – wir sind nicht alle Christen! Christen sind
nur solche Leute, die durch das Wort und den Geist Gottes von neuem geboren
wurden. Das ist ein großes Geheimnis und hängt mit dem Kreuz und der
Auferstehung Jesu zusammen.
Ein Geheimnis, das ich nicht erklären kann! Aber Jesus, der
bestimmt Bescheid weiß, sagt: Das ist die Voraussetzung, um ein Kind Gottes zu
sein!
Billiger geht es nicht! Verstehen Sie – wir beschwindeln uns
selbst, wenn wir behaupten: Wir sind alle Christen! Wenn ich dann frage: „Ja,
wieso denn?", dann heißt es: „Ich habe christliche Eltern", oder
auch: „Ich hatte eine christliche Großmutter!"
Darauf pflegte Billy Graham zu sagen: „Wenn einer in einer
Garage geboren wird, ist er noch lange kein Auto! Und wer in einer christlichen
Familie geboren wurde, ist noch lange kein Christ!"
Die Ägypter haben ihre Leichen so wunderbar einbalsamieren
können, dass sie bis zum heutigen Tage nicht verwest sind. Man hat solche
Mumien in den Pyramiden gefunden, in den Gräbern. Dabei ist folgendes interessant:
Ehe die Ägypter ihre Leichen in die Särge legten, putzten sie sie heraus, so dass
sie ganz lebensecht aussahen. Sie kriegten bei den Leichen mit Lippenstift und
allen möglichen Farben ein richtig lebendiges Aussehen hin.
Sie wurden also ganz lebensecht angemalt – doch sie waren
und blieben Leichen. Ich habe den Eindruck, dass es von solchen Typen in der
Christenheit nur so wimmelt!
Es sind Leute, die christlich aufgeputzt sind, aber sie
wissen nichts von einem Leben aus Gott, wo das
„Ich" in den Tod gegeben ist! Paulus sagt: „Ich bin mit Christus
gekreuzigt!" Man ist auferstanden und wird vom Geist Gottes regiert!
Ich möchte in aller Deutlichkeit sagen: Das ist einfach
falsch, wenn man sagt: „Wir sind alle Christen!" Nein, man muss darauf
bestehen: Es sei denn, dass jemand von neuem geboren werde, sonst kann er das
Reich Gottes nicht sehen!
Haben wir solches Leben aus Gott?
In Johannes 1 wird davon gesprochen, dass es sich dabei um
Leute handelt, die nicht vom Geblüt des Fleisches, sondern aus Gott geboren
sind! Prüfen wir uns einmal! Haben wir das schon? Kennen wir Leben aus Gott?
Ich bitte Sie eindringlich: Prüfen Sie das – nehmen Sie es nicht leicht! Denn
es geht ja schließlich darum, dass Sie selig werden!
Es ist doch furchtbar, wenn sich ein Mensch selbst betrügt.
Er redet sich ein, er sei ein Kind Gottes, und es ist alles gar nicht wahr! Er
ist noch unter dem Zorn!
Diese kleine, asiatische Purpurkrämerin Lydia, die aus
Thyatira nach Europa gekommen war, um in Philippi, dieser großen, römischen
Festung, ihren Purpurstoff zu verkaufen, ist die erste Person in Europa, die
durch Gottes Wort und Gottes Geist wiedergeboren wurde.
Ihr sind viele gefolgt – eine große Schar! Ich wünsche uns
allen, dass wir auf den Spuren dieser Purpurkrämerin Lydia auf den Weg zum
ewigen Leben kommen! Damit sind wir Leute, die etwas von Wiedergeburt und vom
Leben aus Gott wissen!
Ich kann Ihnen das Geheimnis einer Wiedergeburt nicht erklären, aber ich kann Ihnen die Kennzeichen zeigen. Einige dieser Kennzeichen eines solchen neuen Lebens aus Gott werden uns hier an der Lydia gezeigt! Das möchte ich als Überschrift über diesen Abschnitt stellen:
Das erste ist: Die Lydia ist ihres Heils gewiss geworden!
Sie weiß, dass sie in eine neue Existenz hinein wiedergeboren ist! Sie sagt zu
Paulus und seinen Begleitern: „So ihr mich nun achtet – so ihr es anerkennt –, dass
ich gläubig geworden bin," – ist das nicht schön?
Da sagt diese Frau also: "Jetzt bin ich gläubig
geworden! Es ist etwas Neues da!"
Das war unter der Predigt des Paulus geschehen. Weil ich ja
auch Prediger bin, kann ich mir vorstellen, welch eine Freude das für den
Paulus war, zu sehen, dass ein Menschenkind vom Tode zum Leben durchgedrungen
ist!
Vierzig Jahre habe ich in Essen gepredigt. Da fragte ich
mich manchmal in schlaflosen Nächten, ob wohl ein Mensch, ein einziger Mensch
wirklich gläubig geworden ist? Durchgebrochen zu einem neuen Leben?
Es tröstet mich, das kann kein Prediger bewirken, auch der
Paulus konnte es nicht, sondern es heißt: „Während Paulus redete, tat der Herr
der Lydia das Herz auf!"
Und da war es geschehen! Nun kann sie sagen: „Ich bin
gläubig geworden an den Herrn! Ich gehöre ihm jetzt!" Meine Freunde, es
geht in der Christenheit – ganz offiziell – eine Lüge um! Eine ganz große Lüge!
Nämlich die Lüge, dass man nicht so sprechen könnte: „Ich bin jetzt gläubig
geworden an den Herrn!"
Es ist eine Lüge, wenn man sagt: Das ist eine falsche
Sicherheit – wenn einer so redet! Das ist Pharisäismus! Du kannst nicht sagen:
„Ich habe es! Ich bin gläubig geworden!" Sondern das muss man jeden Tag
neu ergreifen! Das ist im Grunde die allgemeine Meinung.
Wenn ich jetzt jeden einzeln fragen würde: „Sind Sie gläubig
geworden?", dann würden die meisten unter ihnen sagen: „Ja, ich hoffe, ich
ergreife es immer neu. Ich gehe sonntags zum Gottesdienst, um mich wieder ein bisschen
voll tanken zu lassen. Aber ein neuer Zustand – davon weiß ich nichts!"
Es ist kein Wunder, dass diese Lüge – man könne es nicht
wissen, ob man errettet sei – überall Fuß fasst! Zu sagen, man könne es nicht
wissen, dass man ein Kind Gottes sei, ist etwas Furchtbares.
Die Lydia hat gesagt: „Ich bin jetzt gläubig geworden! Da
ist ein Schnitt in meinem Leben. Da ist ein Einst und
ein Jetzt – ich bin jetzt Gottes Kind!"
„Es gab einmal eine Zeit, wo ich es nicht war, wo ich mich
sehnte und wo ich suchte. Jetzt bin ich's, jetzt habe ich's – ich bin errettet –
ich bin gläubig geworden an den Herrn!"
Wenn das heute einer sagt, dann bekommen wir es von allen
Seiten gesagt: „Mensch, das ist Pharisäismus! Die wollen wohl mehr sein als
wir!"
Ich muss es der Gemeinde ganz deutlich und unmissverständlich
sagen, damit Sie wissen, wie Sie antworten sollen.
Meine Freunde, was ist Pharisäismus? Die Pharisäer waren
Leute, die sagten: „Wir sind so gut, dass wir vor Gott bestehen können!"
Ein Pharisäer ist ein Mensch, der vor Gott mit seinen eigenen Werken bestehen
will, – mit seinen Tugenden – das ist Pharisäismus!
Aber was die Lydia hier erlebt hat und was alle wahren
Gläubigen erleben, das ist etwas völlig anderes! Das ist Heilsgewissheit!
Da will man gerade vor Gott nicht mehr mit seinen guten
Werken bestehen, da ist man im Lichte Gottes an einen Punkt gekommen, wo man an
sich selbst verzweifelt ist: An mir und meinem Leben ist nichts auf dieser Erd!
Ich habe nichts als Zorn verdienet! Und dann wurde Jesus vor mich gestellt, wie
er am Kreuz hängt, und ich glaube an den, der das Gericht für mich getragen
hat!
Ich glaube, er hat mich erkauft, und ich nehme es an! Er hat
mich erkauft! Ich erfahre es – er hat mich wirklich angenommen!
Das lehrt die Bibel: Dass der Mensch, der an sich selbst
völlig verzweifelt, bei dem gekreuzigten Heiland Vergebung, Heil und Frieden
mit Gott findet! Wenn er es annimmt und sich Jesus ausliefert, dann erfährt er
auch: Er hat mich angenommen!
Dann erst kann man sagen: „Ich bin gläubig geworden an den
Herrn!" Das hat mit Pharisäismus nichts zu tun – sondern damit, dass ich
Gnade erfahren habe – wirklich erfahren habe! Mir ist Erbarmung widerfahren – Erbarmung,
deren ich nicht wert!
Die Bibel bezeugt das überall, und ich will Ihnen ein paar
Stellen sagen: David sagt in einem seiner Psalmen: „Er wird mich erretten von
der Hölle Gewalt, denn er hat mich angenommen!"
David sagt nicht: „Ich ergreife das jeden Tag!" Nein,
er sagt: „Er hat mich angenommen!" Oder – ich sage Worte der Apostel – „Wir
wissen, dass wir vom Tode zum Leben durchgebrochen sind, denn wir lieben die
Brüder!"
Oder: „Gott hat uns errettet von der Obrigkeit der
Finsternis und versetzt in das Reich seines lieben Sohnes!" Jesus sagt:
„Meine Schafe hören meine Stimme, und sie folgen mir, und niemand kann sie aus
meiner Hand reißen!"
Der Apostel Paulus sagt: „Der Heilige Geist gibt Zeugnis
unserem Geist, dass wir Gottes Kinder sind!" Nicht werden können,
versuchen können, es zu werden, sondern es geworden sind!
Liebe Freunde, bitte beruhigen Sie sich nicht bei einem
Christenstand, der immer sucht und sucht und die Hände ausstreckt! Das ist noch
keine Errettung!
Wenn ich einen einsamen Sumpf durchwandere, ein Moor –, im
Schwarzwald gibt es Hochmoore – und ich mir vorstelle, ich würde vom Weg
abkommen und im Moor versinken, das wäre furchtbar. Dann, dann würde ich
versinken, erst bis zur Brust, dann bis zum Hals, und würde schreien und
zappeln und rufen und die Hände ausstrecken, aber damit bin ich nicht errettet!
Ich bin auch dann noch nicht errettet, wenn einer kommt und fragt: „Wie bist du
da hineingeraten?" Ich bin auch noch nicht errettet, wenn er mir die Hand
gibt. Nein, ich bin erst dann errettet, wenn er mich herausgezogen hat und ich
wieder auf festem Grunde stehe. Dann erst bin ich errettet!
So sagt Gottes Wort. Denkt an das Lied des Mose – und auch:
„Er ist ein Fels! Er hat meine Füße", sagt David, „auf einen Fels
gestellt, dass ich gewiss treten kann!" Es gibt ein Wort, ein sehr
wichtiges Wort im ersten Johannesbrief, das möchte ich zitieren, es lautet:
„Wir sind nun Gottes Kinder, und es ist noch nicht erschienen, was wir sein
werden. Wir wissen aber, dass wir ihm gleich sein werden, wenn wir ihn
sehen." Wir sind noch sehr armselige Kinder, ein Baby ist noch kein sehr
dekoratives Kind!
Ein Weltmensch kann sehr höhnisch fragen: „Du willst ein
Christ sein, der errettet ist?"
An mir sind noch so viele Fehler, meine lieben Freunde! Sie
ahnen gar nicht, wie viele noch an mir hängen, von denen Sie gar nichts wissen.
Und doch sind wir angenommen – es ist noch nicht erschienen,
was wir sein werden –, und doch von Jesus angenommen!
Das möchte ich rühmen und preisen mit der Lydia, die es vor
zweitausend Jahren schon tat, dass Jesus nicht im Hintergrunde ein bisschen mit
der Errettung winkt, sondern sie wirklich schenkt! Dass man ihrer gewiss werden
kann.
Er hat uns errettet von der Obrigkeit der Finsternis und
versetzt in das Reich seines lieben Sohnes (Kolosser 1, 13)!
Ich habe nun den Grund gefunden, der meinen Anker ewig hält!
Ich bitte Sie: Lassen Sie sich vom Geist Gottes antreiben, geben Sie nicht
Ruhe, bis Sie wissen, dass Sie ein Kind Gottes geworden sind!
Das kann ein schwerer Kampf sein in Ihrem Leben, das kann ein schweres Ringen sein, geben Sie sich nicht so schnell mit ein bisschen Christentum zufrieden! Brechen Sie durch, bis Sie es ergriffen haben, oder vielmehr, bis Sie von Jesus Christus ergriffen worden sind!
Das erste Kennzeichen ist die Heilsgewissheit. Das zweite
ist: „Man bekommt einen" – ich habe keinen besseren Ausdruck gefunden als
den schwäbischen – „man bekommt einen Zug zu den Kindern Gottes!"
Bei uns ist ein Zug ein Eisenbahnzug oder auch Zugluft, eine
unangenehme Luftbewegung. In Württemberg nimmt man das Wort „Zug", wenn es
einen irgendwo hinzieht. So hat zum Beispiel ein verliebter junger Mann einen
Zug zu seiner Braut. So ist ein Kennzeichen der Wiedergeburt, dass es einem zu den
Kindern Gottes hinzieht. Man hat einen Zug zu Gleichgesinnten, zu anderen
Gotteskindern.
Sehen Sie sich diese Lydia an. Eine reiche Frau, großes
Geschäft, eigenes großes Haus mit vielen Gastzimmern. Sie sagt ganz demütig zu
Paulus, der so ganz ohne Portemonnaie reist, und der auch nichts von einem Bankguthaben
weiß: „So ihr mich achtet, dass ich gläubig geworden bin, so kehrt bei mir
ein!"
Sie legt Wert darauf, als gläubig geworden anerkannt zu
werden. Sie legt Wert darauf, dass sie von den Brüdern als Glied der Gemeinde
Jesu anerkannt wird.
Ich habe mir diese Lydia mit ihrem schönen Geschäft
vorzustellen versucht. Manche meinen, sie hätte einen Kosmetiksalon gehabt.
Jedenfalls war sie eine sehr moderne Dame, die in die Welt hineinpasste, in
diese römische Kultur.
Sie hat vorher auch Ehrgeiz gehabt, ganz bestimmt! Sie
stammte aus Kleinasien, hatte diese Firma in Philippi gegründet, und verkaufte
nun ihren Purpur.
Ich wies schon einmal darauf hin, dass die Römer sehr gern
Purpur tragen. Philippi war ja eine große römische Garnisonsstadt und damit
genau der richtige Ort, wo man Purpur verkaufen musste.
Bei Negern, die barfuss laufen, lohnt sich keine Schuhfirma.
Aber bei uns, wo jede Frau acht Paar Schuhe braucht, zu jedem Kleid passend, da
muss man Schuhfirmen haben.
So hatte sich die Lydia also genau die richtige Stelle
ausgesucht, um ihren Purpur zu verkaufen. Da hat sie ganz bestimmt auch, als
sie etwas geworden war, den Ehrgeiz gehabt, in der Gesellschaft etwas zu
gelten.
Diese Römer waren stolze Leute. Da Lydia aus Kleinasien kam,
war es ihres Herzens innigster Wunsch, von den römischen Offiziersfamilien
eingeladen zu werden und mit den römischen Offiziersfrauen zu verkehren. Wenn
man soweit gekommen war, gehörte man zur Gesellschaft.
Ganz bestimmt war das ihr Ziel. Und nun ist das alles auf
einmal weg. Sie hat nur einen Wunsch. Sie möchte von den verachteten Kindern
Gottes anerkannt werden!
Ich erinnere mich an die Zeit, in der ich, nach vielen
Kämpfen, endlich zum Licht durchgedrungen war. Da war ich einmal in
Württemberg, auf meiner geliebten, schwäbischen Alb, in einer
Gemeinschaftsstunde von Hahn'schen Brüdern. Dort kommen Laien zusammen und
forschen im Worte Gottes. Die Hahn'schen Brüder gehen auf einen Bauern, Michael
Hahn, zurück, sie graben bei ihrem Bibelstudium besonders tief. Eigentlich darf
da nur ein Mann reden, aber es werden oft auch verschiedene Brüder zum Reden
aufgefordert. Sie müssen wenigstens vierzig Jahre alt sein, vorher dürfen sie
nichts sagen. Ich weiß noch, wie mir beinahe das Herz stillstand, als auf
einmal der leitende Bruder sagte: „Bruder Busch, jetzt sagen Sie ein
Wort!" Ich war noch gar keine Vierzig!
Dann habe ich gesagt: „Tja", – ich stammelte so etwas
wie: „Das wäre wohl nicht ganz in Ordnung." Da antwortete er: „Sie sind
ein Bruder", und fügte dann das Wort hinzu, das der Kriegsknecht nach der
Verleugnung zu Petrus sagte: „Du gehörst zu Jesus, denn deine Sprache verrät
dich!"
Ich muss sagen, in diesem Augenblick überkam mich ein
Glücksgefühl. Diese bewährten Brüder! Diese Knechte Gottes – schlichte Bauern!
Die erkennen mich an!
Ich empfand, was damals auch die Lydia empfand. Es ging hier
darum, dass die, die dem Heiland gehören, einen anerkennen. Alles andere ist
gar nicht so wichtig! Das sind die Orden, nach denen die Wiedergeborenen sich
ausstrecken, dass die Brüder und Schwestern sagen: „Du gehörst zu uns!"
Die Lydia hatte also – seit sie wiedergeboren war – einen
starken Zug zu den Kindern Gottes.
Das ist ein Kennzeichen der Wiedergeburt!
Wer für sich allein Christentum privat haben kann, hat noch
keine Spur von Leben aus Gott, lassen Sie sich das von mir gesagt sein!
Diese Radiochristen, die sich in stiller Einsamkeit eine
Morgenpredigt – ich rede dabei nicht von den Kranken – anhören, schön und gut,
aber von Leben aus Gott ist da nicht viel!
In der Bibel steht im ersten Johannesbrief: „Wir wissen, dass
wir vom Tode zum Leben gekommen sind, denn wir lieben die Brüder (1. Johannes
3, 14)!"
Es zieht uns zu denen hin, die mit uns denselben Weg zum
ewigen Leben gehen.
Wenn ich an meine Brüder auf der schwäbischen Alb denke,
fällt mir auch ein, dass es Gemeinschaften gibt, verschiedene Gruppen. Als ich
noch ein Junge war, ist mein Vater oft mit uns zu solchen
Gemeinschaftskonferenzen gewandert. Da hat es mir die Sprache verschlagen, wie
diese schlichten Leute oft fünfzehn Kilometer hin und fünfzehn Kilometer zurück
liefen, nur um an so einer Stunde mit den Brüdern teilzunehmen, die sich um
Gottes Wort versammelten.
Dann fragte ich manchmal: „Ist Euch das nicht zuviel, müsst
Ihr nicht in die Ernte?"
Dann erklärten sie mir: „Es zieht uns zu den Brüdern."
Sehen Sie, das sind Zeichen neuen Lebens aus Gott! Lassen Sie mich dazu ein
kleines Beispiel erzählen, das mir dies so deutlich zeigte. „O wie lieb ich,
Herr, die Deinen, die dich suchen, die dich meinen, o, wie köstlich sind sie
mir!"
Mein Bruder Johannes, den ja viele von Ihnen gekannt haben,
war während des Krieges bei einem Transportregiment in Russland Soldat. Er fuhr
kreuz und quer durch ganz Russland und kam bei diesen Transportfahrten öfter an
einem großen Holzlager vorbei.
Da hielt ihn eines Tages ein junger Mann an und sagte: „Das
ist ja der Bundeswart vom Westdeutschen Jungmännerbund. Ich komme aus dem CVJM
in Krefeld, Herr Pfarrer, ich gehöre auch dem Herrn Jesus." Von da ab,
sagte mein Bruder, habe ich jedes Mal, wenn ich vorbeifuhr, diesem CVJM-ler eine kleine Bibelstunde hinter dem Holzstoß
gehalten. Sie lasen dann ein Kapitel zusammen und haben gebetet. Mein Bruder
erzählte, das sei für ihn jedes Mal köstlich gewesen. In dem Schlamassel, dem
Dreck und Schmutz und Hass, dieses Viertelstündchen Gemeinschaft mit einem
Gleichgesinnten zu haben. Dann erzählte er weiter: „Eines Tages saßen wir
hinter dem Holzstoß, da hat der Posten, der Wache stand, etwas gemerkt. Er
schlich da immer so herum, und mein Bruder, er war Offizier, winkte erst einmal
so ein bisschen ab. – Aber dem Posten wurde es dann doch unheimlich. Was machen
die zwei hinter dem Holzstoß, den ich bewachen soll? Er hatte innerlich einen
Kampf auszufechten – wer Soldat war, kennt das –: einerseits ein Offizier,
andererseits Befehl von oben, hier aufzupassen! Also er kam nun doch näher, um
zu untersuchen, was machen die beiden denn da? Auf einmal macht er ganz große
Augen und sagt: „Ich glaube, Ihr lest das Neue Testament! Ich bin auch ein
Jünger Jesu! Warten Sie doch bitte noch zehn Minuten, dann werde ich abgelöst,
dann komme ich dazu!"
Er hat also ganz inständig gebeten: „Wartet doch noch zehn
Minuten, dann werde ich abgelöst und komme dazu!"
Nach zehn Minuten kam er freudestrahlend hinter den Holzstoß
gesaust, um an der kleinen Gebetsgemeinschaft teilzunehmen!
Ich erinnere mich, dass mein Bruder sagte: „Das können nur
wiedergeborene Leute verstehen, diese unaussprechliche Freude, als dieser
Soldat zwei Leute trifft, die dem gekreuzigten Heiland angehören!"
Wenn Sie diesen Zug zu den Brüdern nicht haben, seien Sie sehr misstrauisch gegen Ihren ganzen Christenstand!
Und nun noch ein Letztes, und das ist das dritte Kennzeichen
eines neuen Lebens aus Gott: Man ist seines Heils gewiss; man hat einen Zug zu
den Kindern Gottes; man muss Liebe erzeigen!
Lydia bittet den Apostel Paulus: „Nehmt mich an! Ich bin
gläubig geworden! Das müsst ihr anerkennen! Und nun kommt bitte in mein
Haus!"
Das war wirklich eine große Sache. Lydia war eine
Geschäftsfrau, sie leitete eine Firma, und ich glaube, so eine Frau kann scharf
rechnen! Da lädt sie nun vier stabile Männer in ihr Haus ein. Und das auf
unbegrenzte Zeit! Volle Pension. Was muss die für ein Haus gehabt haben?
Ich könnte in der Wohnung, die ich zurzeit bewohne, nicht
vier Männer unterbringen!
Vier Männer! Auf unbestimmte Zeit. Das war sicher nicht so
einfach! – Aber sie musste einfach so handeln, – sie nötigte uns! Plötzlich
rechnet sie nicht mehr wie bisher mit einem Rechenstift, sondern sie möchte
Liebe erzeigen.
Liebe Freunde, das ist ein Kennzeichen der Wiedergeburt! Man
möchte Liebe zeigen. Es gelingt nicht allen immer gleichmäßig gut. Mir gelingt
es meistens furchtbar schlecht, aber man möchte es doch gern, weil der Geist
Gottes uns dazu drängt!
In der Welt wird immer gepredigt: Humanismus und Liebe; aber
das hat doch keinen Sinn!
Liebe Freunde, ich kann dieses Pult anpredigen und ihm
sagen, es soll Früchte tragen, da kommt nichts heraus aus diesem trockenen
Holz.
Aber auf einem lebendigen Baum wächst etwas. Wenn ein Mensch
wiedergeboren ist, dann wächst in ihm der Wunsch: Ich muss Liebe erzeigen in
der Tat und in der Wahrheit!
Ich war einmal bei einer Beerdigung. Da sagte ein Weltmensch
über den, der da begraben wurde und der ein Jünger Jesu gewesen war, nur einen
Satz: „Er hat Liebe gesät!" Sonst nichts.
Da habe ich gedacht, was ist das für ein schönes Leben, für
ein reiches Leben gewesen. „Er hat Liebe gesät!"
Liebe säen kann man nur, wenn man unter Jesu Kreuz sein eigenes
„Ich", das ist die Achse, um die sich bei uns alles dreht, in den Tod
gibt.
Wenn das „Ich" unter dem Kreuz Jesu zerschlagen wird,
dann ist Freiheit da, um Liebe zu üben, dann muss man das einfach.
Ich möchte zum Schluss noch auf eine merkwürdige Sache
hinweisen. Sehen Sie, die Lydia war wiedergeboren. Es bleibt unsere alte Natur –
und doch ist sie verwandelt. Das ist das Merkwürdige. Man bleibt derselbe
Mensch, behält viele der alten Charakterzüge, und doch ist man verwandelt. Das
wird hier so merkwürdig deutlich. Da heißt es: „Sie nötigte uns."
Da spüren wir noch das Wesen der Chefin einer großen Firma!
Sie ist gewohnt, zu kommandieren und sagt: „Ich bin gläubig geworden, liebe
Brüder, jetzt wohnt ihr bei mir, ihr alle vier!" Und Paulus antwortet: „Aber,
liebe Frau ..."
Aber da kommt plötzlich die Chefin wieder zum Vorschein.
„Und sie nötigte uns!"
Doch sie ist verändert! Sie sagt nicht: „Nehmt meine Befehle
entgegen", sondern: „Bitte nehmt jetzt meine Liebe entgegen!"
Wir spüren in diesem einen Wörtlein die charaktervolle
Persönlichkeit, die geblieben ist. Und doch ist sie umgewandelt vom Heiland und
in den Dienst seines Reiches und der Liebe gestellt.
Das ist eine großartige Sache!
Kennzeichen eines neuen Lebens.
Die Welt – die gottlose Welt – und wir alle, sind ein Null-acht-fünfzehn-Christentum
furchtbar leid, – geht es Ihnen nicht auch so?
Wir hungern bei den anderen und bei uns nach einem wirklich
gegründeten, lebendigen Christenstand. Gott schenke uns Wiedergeburt und
Früchte und Kennzeichen eines Lebens aus Gott!
Paulus ist nach Europa gekommen, nach Philippi, und
verkündigt dort die Botschaft: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er
seinen Sohn gab!" Das gibt einen furchtbaren Tumult, der damit endigt, dass
Paulus und Silas gegeißelt und ins Gefängnis geworfen werden.
Der Kerkermeister dort nimmt seinen Beruf sehr ernst. Er
wirft sie ins innerste Gefängnis und legt ihre Füße in den Stock.
Und nun hören wir den Text, den wir heute miteinander
besprechen wollen: „Schnell aber geschah ein großes Erdbeben" – ich muss
noch einfügen: „Vorher um Mitternacht beteten Paulus und Silas im Gefängnis und
lobten Gott – also dass sich bewegten die Grundfesten des Gefängnisses, und von
Stund an wurden alle Türen aufgerissen und die Gefangenen wurden aller Bande
los. Als aber der Kerkermeister aus dem Schlaf fuhr und sah die Türen des
Gefängnisses aufgerissen, zog er sein Schwert heraus und wollte sich hineinstürzen,
um sich selbst zu töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen.
Paulus aber rief laut und sprach: Tue dir nichts Übles – wir
sind alle hier! Der Kerkermeister forderte aber ein Licht, sprang hinein und
ward zitternd und fiel Paulus und Silas zu Füßen und sprach: Liebe Herren, was
soll ich tun, dass ich selig werde? Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus
Christus, so wirst du und dein Haus selig!"
Das ist eine verwirrende und unheimliche Geschichte. Ist
Ihnen klar geworden, dass alle diese Leute, die hier erwähnt werden, an der
Grenze des Todes entlanggehen? Da ist das Erdbeben, es fehlt nicht viel, und
Paulus mit all den Gefangenen wäre in dem Gefängnis verschüttet worden. Die
Grundfesten des Gefängnisses bewegten sich. Nur eine ganze Kleinigkeit – und
sie wären unter den Trümmern begraben worden. Da ist der Gefängnisdirektor, der
einen sehr handfesten, ernsthaften Selbstmordversuch unternimmt. Eine
unheimliche Geschichte.
Man könnte hier mal darüber nachdenken, dass das eigentlich
ja für uns alle gilt. Wissen Sie, ob Sie im nächsten Jahr noch am Leben sind?
Unser ganzes Leben geht eigentlich immer an der Grenze des Todes entlang.
Oder etwas anderes in dieser Geschichte! – Man muss schon
blind sein, wenn man nicht sieht, wie hintergründig diese Geschichte ist. Da
ist doch ganz offensichtlich der Teufel am Werk, den Jesus einen „Mörder von
Anbeginn" genannt hat!
Er will die Boten Jesu umbringen! Die Hölle hat Angst vor
dem Zeugnis von Jesus. Es soll verstummen, verschüttet werden. Als das nicht
gelingt, möchte er wenigstens den Kerkermeister ins Verderben reißen! Da ist
der Teufel am Werk!
Wie ist er heute am Werk? Wenn ich Leute treffe, die sagen:
„Ich glaube nicht, dass es einen Teufel gibt", sage ich: Na, doof bleibt
doof, da helfen keine Pillen. Verzeihen Sie, dass ich es so grob sage. Man muss
ja blind sein, wenn man das nicht sieht.
Liebe Freunde – der Teufel ist am Werk! Aber bei dieser
Geschichte, das spüren wir alle, hat der lebendige Gott die Hand noch viel
stärker im Spiel.
Unheimlich! Was für eine hintergründige Geschichte! Man hat
das Gefühl, man sähe nur die Statisten, die Leute im Vordergrund; aber hier
erringt Gott einen Sieg über das Reich der Finsternis!
Dies geschieht jedoch im Wesentlichen hinter den Kulissen.
Eine merkwürdig unheimliche und verwirrende Geschichte. Sie gibt uns Fragen
über Fragen auf.
Eine Frage: Die Füße des Paulus waren in den Stock
eingeschlossen. Wenn es geschieht, dass durch ein Erdbeben die Türen
aufgerissen werden, wie aber kommen dann die Füße des Paulus aus dem Stock? Ich
weiß es nicht!
Eine andere Frage: Wie gelingt es Paulus in der kurzen Zeit,
alle anderen Gefangenen zu überreden, dass sie nicht davonlaufen?
Ich war im Gefängnis. Ich habe Bombenangriffe auf dieses
Gefängnis miterlebt! Ich weiß noch genau, wie wir auf den Moment gewartet
haben, in dem das Gefängnis getroffen würde, und wir fragten nur, welche
Chancen zum Überleben wir hätten! Wie ist es Paulus gelungen, die Gefangenen zu
überreden, im Gefängnis zu bleiben?
Eine weitere Frage: Wie kommt der Kerkermeister auf die Idee
zu fragen: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?" Viele von Ihnen haben
sicher schon einen Schock erlebt, aber Ihre Reaktion war doch nicht, dass Sie
fragten: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?"
Fragen über Fragen!
Wie soll man mit einer solchen unheimlichen und verwirrenden
Geschichte fertig werden?
Nachdem ich sie immer wieder gelesen hatte, ging mir auf
einmal auf, dass sie nur von einem einzigen Thema handelt: nämlich, wie der
himmlische Vater, der lebendige Gott, einen Menschen – den Kerkermeister – zu
Jesus zieht!
Gerade das will die Bibel erzählen, alles andere lässt sie
offen. Sie lässt uns ganz ruhig mit unseren Fragen sitzen. Aber sie will uns
zeigen, wie Gott einen Menschen zu Jesus zieht! Jesus hat gesagt: „Es kann
niemand zu mir kommen, es ziehe ihn denn der Vater!"
Ich könnte predigen wie ein Engel vom Himmel, aber ich
könnte keinen Menschen zum Glauben bringen, wenn der Vater ihn nicht zieht.
Aber jedes Mal, wenn das geschieht, dass Gott durch sein Wirken einen Menschen
zu Jesus, zu seinem Heiland, zu seinem Erlöser, zu seinem Erretter zieht, dann
ist das ein Gnadenwunder – ein göttliches Gnadenwunder! Das Größte, was es
geben kann, etwas Größeres gibt es nicht!
An dem Kerkermeister in Philippi ist dieses göttliche Gnadenwunder geschehen! Für Sie alle, meine Lieben, habe ich den Wunsch, dass Sie das in Ihrem Leben erfahren!
Der himmlische Vater zieht zu Jesus! Wie macht er das?
Erstes Mittel: Er nimmt alle Sicherheit weg! Ich will Ihnen
das an dem Kerkermeister deutlich machen.
Ich hole dazu ein bisschen aus. Sehen Sie, Paulus kommt mit
der gewaltigen Botschaft nach Europa, dass Gott den Himmel zerrissen und seinen
Sohn gegeben hat, dass dieser für uns gestorben ist, dass Sünde vergeben wird
und Friede mit Gott gefunden werden kann. Die Tür zum Leben ist aufgestoßen,
aber diese Botschaft führt zum Aufruhr! Es spricht nicht für die Kirchen, dass
heute so wenig Aufruhr durch das Evangelium entsteht. Hier gibt es einen
Volksaufstand! Es endet damit, dass ungerechte Richter Paulus und Silas auspeitschen
lassen und sie dem Kerkermeister übergeben.
Der bekannte Berner Münsterpfarrer Lüthi
hat eine wundervolle Schilderung von diesem Kerkermeister gegeben.
Da sieht man ihn so richtig leibhaftig vor sich. Ich bin
schon oft so einem Typ begegnet. Dieser Kerkermeister ist ein Gerechter! Er ist
unter allen Gefängniswärtern der Mann mit der weißen Weste, so wie Sie eine
weiße Weste anhaben, das meinen Sie doch wenigstens, oder irre ich da?
Dieser Kerkermeister ist sich – ich zitiere wörtlich Lüthi – seiner Gerechtigkeit bewusst! Das zeigt sich an der
Art, wie er die neu Eingelieferten behandelt.
Er lässt die blutigen Glieder der halbtot Geschlagenen in
den Block spannen. Wahrlich, er tut gründliche Arbeit. Wenn man ihm begegnete
und ihn genau ansähe, stände auf seinem Gesicht geschrieben: Jawohl, ich tue
meine Pflicht! Ich lass mich weder durch Mitleid noch durch Sentimentalität
bewegen, meine Pflicht nicht zu tun! Er ist der Gerechte!
Dann geht er in seine Wohnung und schläft den Schlaf des
Gerechten!
Meine Freunde, er ist ein selbstsicherer Mann, ein Mann in
einer sicheren Position, in einer gesicherten Welt. Er ist das Ideal des
westdeutschen Bürgers.
Ein selbstsicherer Mensch in einer sicheren Position in
einer gesicherten Welt – so ist das!
Dann wird er plötzlich geweckt. Die Erde bebt. Der Kalk
fällt von den Wänden, die Türen werden aufgesprengt – man bedenke: es waren
eiserne Türen!
Auf einmal ist die Welt gar nicht mehr sicher. Auf einmal,
ganz plötzlich ist alles unsicher geworden. Dieser Mann ahnt, dass sich jetzt
einer meldet, den er ganz vergessen hat. Von ihm heißt es im Psalm 104: „Gott
schaut auf die Erde, und sie bebt!"
Das ist schon eine Sache, wenn auf einmal ein Mensch merkt,
Gott ist ja auch noch da! Ein Blick von ihm genügt, und alle unsere
Sicherheiten krachen zusammen. Ich muss Ihnen dazu ein Erlebnis berichten:
Kurz nach dem Kriege hatte ich eine tolle Evangelisation in
der Tübinger Stiftskirche. Sie war sehr gut organisiert, vorbereitet von
Professoren, alles war vertreten: von Professor Karl Heim bis zur Heilsarmee.
Alle machten mit. Riesenversammlungen.
Wer die Tübinger Stiftskirche kennt, weiß, dass eine Menge
Menschen 'reingehen. Eines Abends fing ich meinen Vortrag so an: Heute ist mir
ein Mann begegnet, der hat mich auf der Straße angehalten und hat ganz patzig
zu mir gesagt: „Herr Pastor, mit Ihren religiösen Reden bewegen Sie sich in den
Wolken, Sie sollten mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben!"
Da habe ich den Mann gefragt: „Welchen Boden meinen Sie
eigentlich, auf dem ich bleiben soll? Haben Sie denn noch gar nicht gemerkt, dass
der Boden unter uns wackelt? Haben Sie noch gar nicht gemerkt, dass Gott den
Boden jeden Augenblick unter uns wegziehen kann?"
In diesem Augenblick – während meiner Ansprache – geschah
es, dass die Erde bebte. Das gibt es manchmal in Süddeutschland um den Bodensee
herum, einen Erdstoß! Manchmal sind solche Erdstöße stark genug, dass die
Lichtleitungen reißen und die Leute im Dunkeln sitzen.
Nun diese riesige Versammlung, Unruhe kommt auf! Wenn jetzt
ein paar Brocken aus dem Gestein der Decke fallen! Es war, als wollte Gott mein
Wort bekräftigen.
Das hat auf viele Menschen einen großen Eindruck gemacht,
weil sie in dem Augenblick auf einmal spürten, dass Gott wirklich den Boden
unter unseren Füßen wegziehen kann und dass wir ganz und gar in seine Hand
gegeben sind. Sie hatten auf einmal den Eindruck, dass unsere Art, mit Gott
umzugehen, ein wahnwitziges Unternehmen ist, dass wir
ja mit ihm spielen!
Wie wird das erst einmal sein, wenn das geschieht, was im
Propheten Jesaja steht, dass die Erde taumelt wie ein Betrunkener. Oder wie
eine Hängematte!
Wenn die Gräber sich öffnen und die Toten stehen auf, und er
schaut die Erde an, und sie vergeht!
Und die Toten stehen vor dem Thron.
Ich antworte immer, wenn mir jemand sagt: Das glaube ich
nicht! – warten wir es doch ab, ob Sie recht haben oder die Bibel. Man kann es
ja wirklich abwarten!
Wohl dem Menschen, der über die Tatsache, dass unter uns
auch einmal der Boden beben kann – auch bildlich –, nachdenkt. Jeder sollte
erkennen, dass es hier keine sichere Position in einer gesicherten Welt gibt.
Wohl dem, der von dieser Erkenntnis noch erschüttert werden kann!
Der Kerkermeister wurde davon erschüttert! Als er aus dem Schlaf auffuhr, wachte er nicht nur aus dem äußeren Schlaf auf, sondern auch aus seinem geistlichen Schlaf! Da spürte er zum ersten Mal die Realität und Wirklichkeit Gottes! Und damit fing es an, dass der Vater den Kerkermeister zu seinem Sohn zog – zu Jesus!
Zweites Mittel: Er führt sie in eine Sackgasse!
Sie wissen, was eine Sackgasse ist? Heute steht meistens ein
Schild davor, damit man es erkennt. Aber wie oft ist es mir schon passiert, dass
ich fröhlich in eine Straße oder einen Weg einbiege, und auf einmal ist er zu
Ende! Aus! Sackgasse!
Nun ja, man kann ja umkehren!
Ich las in den Berichten von der Sturmflut in Hamburg, wie
ein paar Leute vor dem steigenden Wasser flohen, und auf einmal waren sie in
eine Sackgasse geraten. Sie wollten umkehren, aber da war das Wasser inzwischen
so hoch gestiegen, dass sie nicht mehr zurück konnten!
Eine Sackgasse, aus der man nicht mehr zurück kann!
Sehen Sie, Gott führt Menschen in Sackgassen, aus denen sie
nicht mehr zurück können. Auf einmal sind die Menschen da am Ende ihrer Wege
angekommen! So ging es dem Kerkermeister. Sprechen wir erst einmal von ihm.
Als ein sicherer Mann in einer sicheren Position in einer
gesicherten Welt ging er zu Bett. Dann wacht er auf und sieht, alle
Gefängnistüren sind aufgerissen. Er kann ja gar nichts anderes denken, als dass
natürlich jeder Gefangene darauf ausgewiesen ist, der harten Behandlung zu
entfliehen. Die sind alle auf und davon!
Wissen Sie, im Römischen Reich hat man da nicht viel
Federlesens gemacht. Er war verantwortlich. Waren die Gefangenen wirklich
entflohen, gab es keine langen Untersuchungen, wieso und warum – er war
haftbar! Der Kerkermeister sieht sich plötzlich in einer furchtbaren Lage – er,
der sichere Mann –: Gericht, Henker und Schande warten auf ihn! Fertig! Kein
Ausweg mehr! Wie soll er die Gefangenen wieder zusammenkriegen? Die Türen sind
alle offen!
Er ist auf einmal in eine Sackgasse geraten, aus der er
nicht wieder zurück kann! Aber da sagt er sich: Es gibt doch einen Ausweg!
Selbstmord!
Das ist der letzte große Schwindel des Teufels, dass er dem
Menschen vorlügt, das wäre ein Ausweg! Es ist sehr interessant, dass fast alle
großen Leute des Dritten Reiches diesen Weg gewählt haben, als sie am Ende
waren. Sackgasse – sie konnten weder vor noch zurück. Wenn ich es so nicht
schon wüsste, dass es ein dämonisches Unternehmen war, dann würde ich es daran
merken, dass sich hier der Teufel mit diesem Ausweg anbietet! Nimm die
Giftkapsel! Stürz dich in dein Schwert!
Ich möchte hier in aller Deutlichkeit sagen, wenn Sie ganz
bestimmt in das Feuer des Gerichtes und des Zornes Gottes hineinlaufen wollen,
dann müssen Sie mit dem Selbstmord spielen!
Das ist der größte Schwindel, wenn der Teufel sagt: „Da ist
noch ein Ausweg! Es gibt noch einen Ausweg! Es gibt noch einen, glaube es doch!"
Jesus sagt: „Ich bin der Weg!"
Wenn Sie aber meinen, das sei für den Kerkermeister kein
Ausweg gewesen, dann sage ich: Gerade für den Kerkermeister war das der Weg!
Gerade diesen Weg wollte Gott ihn führen, damit er erkennen
sollte: Jesus, der Sohn Gottes, sagt: „Ich bin der Weg!" Dahin wollte Gott
ihn ziehen. Aber das sah er noch nicht.
Er war noch blind, wie viele von uns noch blind sind. Diese
armen Menschen sehen gar nicht, dass sie nicht ein bisschen Religion brauchen,
sondern dass ihnen die einzige Möglichkeit zum Leben überhaupt fehlt: der Weg,
der einzige Weg, Jesus.
Der Kerkermeister in der Sackgasse! Als ich ihn mir näher
angesehen habe, fiel mir auf einmal ein anderer Mann ein, ein gewöhnlicher
Schuhmachermeister, aus Herdecke. Aber er war wirklich ein Mann. Er lebte in
der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Durch ihn hat Gott eine große
geistliche Bewegung bewirkt! Die Spuren davon kann man heute noch sehen!
Dieser Schuhmachermeister war ein gottloser junger Mann
gewesen. Wenn seine fromme Braut ihm sagte, er möge sich zum Herrn Jesus
bekehren, dann sagte er: „Hör auf! Das ist etwas für Frauen. Ich weiß selbst,
was ich zu tun und zu lassen habe."
Das war seine feste Redewendung, seine Formel. Merkwürdig, dass
solche Formeln sich durch Jahrhunderte erhalten. Wie oft habe ich diesen Satz
gehört: „Ich weiß selbst, was ich zu tun und zu lassen habe!"
Trotz dieser Formel hatte er ein gutes Geschäft in Herdecke
und eine nette Familie. Aber dann kommt Gottes Eingreifen: Er schickt diesen
jungen Schuhmachermeister in eine Sackgasse.
Er geht eines Tages nach Hagen, um Leder zu kaufen.
Unterwegs fliegt ihm ein Staubkorn ins Auge. Nicht schlimm zuerst. Er reibt am
Auge, und da wird es schlimmer. Er hat rasende Schmerzen.
Ich will es ganz kurz machen. Er geht zu einem ganz
berühmten Augenarzt, und der sagt: „Die Augen sind verloren!"
Das Sandkorn sitzt ganz oben. Man kann es nicht mehr
herausholen! Jedenfalls mit den Mitteln der damaligen Zeit war es nicht
möglich! Er geht verzweifelt nach Hause. Er will arbeiten und kann nicht.
Jede Bewegung verursacht rasende Schmerzen. Er verzweifelt.
Er ist doch ein junger Mann, aber er kann nicht arbeiten. Damals gab es auch
keine soziale Hilfe.
Die Familie versank nach und nach in Armut. Es gab für sie
keinen Weg mehr – weder vorwärts noch zurück!
Ich weiß selbst, was ich zu tun und zu lassen habe! Er wusste
es auf einmal nicht mehr. Er saß in der Sackgasse! Er wusste nicht mehr, was er
zu tun und zu lassen hatte.
Wenn hier Leute sitzen, die diesen schönen Spruch für sich
geltend machen, kann ich nur sagen: „Warten Sie ab, bis Gott Sie in die Finger
kriegt!"
Dann geschieht es auf einmal, dass dieser Mann in die Hände
eines frommen Arztes kommt. Es ist Doktor Rauschenbach
in Wuppertal, der operiert ihm ein Auge heraus und rettet ihm damit das andere.
Er muss dann wochenlang mit seinem Verband in einem dunklen
Zimmer sitzen.
Diese Dunkelheit, das Alleinsein und die Gespräche mit dem
frommen Arzt bewirken allmählich, dass in ihm ein Licht aufgeht. Er sieht, wie
falsch und verloren sein Weg war und wie gottlos sein ganzes Wesen ist.
So zieht ihn der Vater zum Sohn. Er sieht das Kreuz Jesu vor
sich, an dem der Sohn Gottes ihn, den Sünder, mit Gott versöhnt!
Das Lamm Gottes trägt seine Schuld weg, es kauft ihn los.
Und nun glaubt er an den Sohn Gottes und wird von da an der gesegnete Mann.
Das ist Gottes Methode, dass er Menschen zum Sohn, zum
Heiland, zu Jesus zieht!
Er macht sie ohnmächtig! Führt sie innerlich oder äußerlich in solche Sackgassen wie diesen Kerkermeister! Ist jemand von Ihnen in solch einer Situation, dass er innerlich oder äußerlich nicht mehr weiter weiß?
Bitte hören Sie das dritte Mittel.
Ich sagte, Gott nimmt alle Sicherheit weg, er führt in eine
Sackgasse. Und jetzt kommt als Drittes das Wichtigste: Er lässt die Botschaft
von Jesus hören!
Es ist interessant! In diesem Augenblick hört der
Kerkermeister die Botschaft: Jesus ist kommen, Grund ewiger Freuden!
Bis zu dieser Stunde war der Kerkermeister überzeugt: Mit
den Ganoven, die ich da im Gefängnis habe, mit denen stimmt es natürlich nicht.
Was mögen das für Typen sein?
Aber bei mir, da stimmts! Wenn er
sich im Spiegel sah, freute er sich und dachte, wie hat mein Schöpfer mich so
gut geschaffen!
So geht es ja den allermeisten Leuten, besonders den Frauen,
sie denken alle: Mit mir ist alles so gut und nett!
Nun ist aber auf einmal durch das Eingreifen Gottes in dem
Leben des Kerkermeisters die große Wende gekommen.
Er weiß jetzt, mit mir stimmt es nicht. Nicht die Gefangenen,
ich bin der Mann, bei dem es nicht stimmt.
Hier möchte ich nun sagen, meine lieben Freunde, dass ich es
psychologisch nicht erklären kann, wie dieser Mann auf einmal dazu kam, den
lebendigen Gott zu fürchten! Er war ein Heide und bekam doch Angst vor dem
Gericht Gottes!
Gottes Wege mit der Seele sind etwas Wunderbares! Jedenfalls
hat dieser Mann auf einmal nur noch eine einzige Frage: „Was soll ich tun, dass
ich errettet werde?"
O meine Freunde, ich wünschte Ihnen, dass alle Fragen Ihres
Lebens abgeblendet würden von dieser einen Generalfrage: Was soll ich tun, dass
ich errettet werde von der Hölle, von dem Zorn Gottes, von seinem Gericht, das
jetzt über mich kommt? Was soll ich tun, dass ich selig werde? Ich möchte diese
Frage mit feurigen Buchstaben in Ihr Herz hineinschreiben: Was soll ich tun, dass
ich selig werde?
Was für dumme Fragen bewegen die Menschen oft. Sie lassen
ihr Leben verrinnen und haben nie die Frage gestellt: „Was soll ich eigentlich
tun, dass ich selig werde?" Es ist die Frage aller Fragen!
Diese Frage stellt der Kerkermeister! Wer beantwortet sie?
Da ahnt er auf einmal, dass Paulus hier eine Antwort geben
könnte. Auch hier weiß ich wieder nicht, wie er dazu kommt! Vielleicht, weil
der Paulus in der Nacht Gott gelobt und gepriesen hatte! Paulus weiß etwas vom
Seligsein!
Er hat auch Einfluss auf die Gefangenen! Er hat in dieser
Situation die Ruhe bewahrt, er ist nicht weggelaufen.
Ich kann es nicht erklären. Jedenfalls, auf einmal weiß der
Kerkermeister, dass Paulus auf diese Frage: Was soll ich tun, dass ich selig
werde, – antworten kann! Und Paulus antwortet ihm!
„Glaube an den Herrn Jesus Christus, so wirst du und dein
Haus selig." Dann heißt es da gleich in der Fortsetzung: „Und Paulus sagte
ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren!"
Meine Freunde, wir fragten: Wie zieht Gott einen Menschen zu
Jesus?
Ich antworte: Indem er ihm die Botschaft zukommen lässt:
Jesus starb für dich! Jesus ist für dich auferstanden! Jesus ist gekommen aus
der ewigen Welt und ist dein Heiland! In der Bibel steht: „Der Glaube kommt aus
der Predigt, die Predigt aber kommt aus dem Wort Gottes!" Lassen Sie mich
das in aller Deutlichkeit sagen! Der Glaube kommt aus der Predigt! Es ist nicht
ein frommes Hobby, wenn Sie sonntags in den Gottesdienst kommen, um Pastor
Busch auch einmal zu hören.
Der Glaube kommt nicht aus dem sonntäglichen
Morgenspaziergang! Der Glaube kommt nicht vom Ausschlafen am Sonntag, nein, der
Glaube kommt aus der Predigt!
Es hängt Leben oder Tod daran, ob Sie die Predigt des Wortes
Gottes hören! Ich möchte Ihnen auch in aller Deutlichkeit sagen: Keine zehn
Pferde brächten mich ein zweites Mal in einen Predigtgottesdienst, wo nicht im
Mittelpunkt der Predigt steht: Jesus, der Sohn Göttes, ist für uns am Kreuz
gestorben und auferstanden von den Toten.
Gott schenke Ihnen, dass Sie eine Predigt danach beurteilen
können, ob sie Speise oder Stein ist! Der Glaube kommt aus der Predigt!
Hier bekommt der Kerkermeister das Evangelium zu hören. – Da
war kein Talar und da war kein Altar und kein
Mikrofon, kein Posaunenchor, alles ging sehr primitiv in der Zelle zu, das
Äußere war völlig gleichgültig!
Das Entscheidende ist, ob diese wundervolle Botschaft
erklingt, die nicht nur fürs Ohr, sondern fürs Herz und Gewissen bestimmt ist!
Sie dürfen zum Heiland kommen und Gnade finden und die Tür
zum Leben! Ich muss Sie zumindest darauf hinweisen!
Wie typisch ist es doch, dass der Kerkermeister fragt: Was
soll ich tun?
So fragen wir oft: Was soll ich tun?
Jetzt frage ich Sie: Was wollen Sie tun, dass Sie selig
werden?
Welches Werk wäre wohl groß und ausreichend genug, dass Sie
ein Kind Gottes werden? Welches Werk wäre wohl groß genug, dass alle Ihre
Sünden vergeben werden? Was wollen Sie tun?
Es ist das Wahnsinnige, dass der Mensch so fragt: Was soll ich
tun? und meint, er könnte etwas tun! Wenn ich mein ganzes Leben für Gott in den
Tod gebe, würde es nicht ausreichen, dass nur eine Sünde vergeben würde und ich
ein Kind Gottes würde.
Welches Werk wäre dann groß genug? Es gibt nur ein Werk, das
mich selig machen kann. Das Werk, das der Sohn Gottes für mich getan hat, als
er am Kreuz starb! Das kann ich nur im Glauben annehmen, indem ich mich diesem
Heiland zu eigen gebe! Sie können sich nicht selbst in den Himmel bringen! Alle
Ihre Tugenden bringen Sie nur in die Hölle! Nur das, was Jesus für uns getan
hat, indem er unsere Sünden, unsere Schuld und Schmerzen am Kreuz auf sich
nahm, das bringt uns den Frieden mit Gott und ewiges Leben!
Es ist sein Werk! Sein Werk allein! Der Kerkermeister wurde
vom Vater zum Sohn, von Gott zu Jesus gezogen.
Ist das bei Ihnen schon geschehen? Wenn Sie nach Hause
gehen, müssen Sie sich fragen, ist das bei mir schon passiert?
Wer den Sohn Gottes hat, hat das Leben, wer den Sohn Gottes
nicht hat, hat das Leben nicht!
Ist das bei Ihnen schon geschehen? Oder widerstreben Sie
noch? Vielleicht widerstreben Sie diesem Ziehen Gottes?
Es gibt ein ganz wichtiges Gebet: „Zieh mich, o Vater, zu
dem Sohne, damit dein Sohn mich wieder zieh zu dir! Dein Geist in meinem Herzen
wohne und meine Sinne und Verstand regier, dass ich
den Frieden Gottes schmeck und fühl und dir darob im Herzen sing und
spiel!"
Ja, Herr, das wollen wir dich bitten: Zieh mich, o Vater, zu
dem Sohne. Amen!