„Brich herein, süßer Schein
Sel'ger Ewigkeit;
Leucht’ in unser armes Leben,
Unsern Füßen Kraft zu geben,
Unsern Seelen Freud'!"
Wo sind wohl
Christenleute, die diesen Vers noch nicht gesungen haben? Und doch sieht man
so wenig davon, daß das Licht der Ewigkeit das arme Alltagsleben verklärt. Das
muß wohl an uns liegen. Wo es aber geschieht, da ist es etwas ganz Großes und
Wundersames.
Das mußte ich
denken, als ich vor einiger Zeit in einem Blättlein einen kurzen Bericht las.
Es ist ein Blatt, durch das die Betheler Diakone untereinander Verbindung
halten.
Die Geschichte
spielt in einem Durchgangslager für Flüchtlinge und Vertriebene aus dem Osten.
Welch ein Strom von Elend und Herzeleid passiert jeden Tag dies riesige Lager!
Und so ein Diakon, der hier Dienst tut, muß schon recht bei dem Herrn Jesus in
die Schule gehen, daß sein Herz nicht abstumpft dieser unendlichen Not
gegenüber und daß er den einzelnen Menschen noch sehen kann.
Solch einem
Betheler Diakon fiel ein altes Ehepaar auf, das eines Tages in das Lager kam.
Der Alte war ein sterbender Mann, und es wurde schnell deutlich, daß sein
irdischer Pilgerweg in diesem Lager an das Ziel kommen würde.
An seinem
Sterbelager saß seine treue Weggefährtin. Was sie sich zu sagen hatten, war ja
wohl im Laufe eines langen Lebens besprochen. Und das war gut. Denn die
Verständigung war schwierig, weil die alte Mutter ganz taub war. Und alles, was
ihr Mann ihr sagen wollte, schrieb er auf eine Schiefertafel, die sie bei ihrem
geringen Gepäck mitführten.
Eines Tages nun
ging der Diakon an den beiden vorbei und sah, daß der Alte mit letzter Kraft
etwas auf die Tafel schrieb. Er trat näher, um festzustellen, ob der Alte etwa
einen Wunsch hätte. Und da las er, was der alte Flüchtling geschrieben hatte:
„Jetzt gehe ich
nach Hause zum Heiland. Da werden wir nicht mehr vertrieben; da werden wir
nicht mehr ausgeplündert; da wird Gott abwischen alle Tränen von unsern
Augen."
So etwa schrieb der
Alte. Wie gesagt — ich kann es nur aus dem Gedächtnis und nicht einmal ganz
wörtlich zitieren. Ich glaube, er hat es sogar noch viel schöner
aufgeschrieben, als ich es nun zusammenkriege. Und mehr hat der Diakon nicht
berichtet.
Aber als ich diese
Notiz gelesen hatte, da sah ich im Geist die beiden Alten in dem grauenvollen
Flüchtlingslager sitzen. Ringsum furchtbare Not. Und vor ihnen die schwere Trennungsstunde.
Aber über ihnen hat
sich der Himmel aufgetan. Und das „Licht vom unerschöpften Lichte" ist in
ihr armes Leben hereingebrochen.
„Ewigkeit,
In die Zeit
Leuchte hell herein,
Daß uns werde klein das Kleine
Und das Große groß erscheine!
Sel'ge Ewigkeit!"