Wilhelm Busch

Die Suchaktion Gottes

Kurzgeschichten der Bibel

 

Erweckte Herzen auf dem Wege des Todes

 

2. Timotheus 4, 14-15: „Alexander, der Schmied, hat mir viel Böses bewiesen; der Herr bezahle ihm nach seinen Werken. Vor dem hüte du dich auch; denn er hat unsern Worten sehr widerstanden.“'

 

Vor einiger Zeit hatte ich eine Evangelisation in einer württembergischen Kleinstadt. Viel Volk kam zusammen. Omnibusse brachten Menschen aus der Umgebung. Auch aus dem Hotel, in dem ich wohnte, machten sich Kurgäste auf.

Da lud ich eines Tages den Hotelier ein. Mit einer großen Höflichkeit und unsagbaren Gleichgültigkeit lehnte er ab: „Ich habe keine Zeit.“ In ihm begegnete mir der eigentliche Mensch unserer Zeit. Der hat keine Feindschaft gegen das Evangelium. Es ist ihm nur unaussprechlich gleichgültig.

Nun, das war eigentlich schon immer so, dass der unerweckte Mensch alles andere interessanter findet als die Offenbarung Gottes. Das hat Paulus schon erlebt. In Philippi hörten ihm nur ein paar Frauen zu. In Athen lachte man ihn aus.

Umso auffälliger ist es, wenn wir hier erfahren, dass Paulus auf einen Menschen traf, der mit Leidenschaft seine Botschaft ablehnte, der ihm Steine in den Weg warf. „Alexander hat mir viel Böses erwiesen. Er hat unsern Worten sehr widerstanden.“

Was sind das für seltsame Leute, die in einer Zeit allgemeiner Gleichgültigkeit das Evangelium und seine Boten hassen können? Es sind die, die einmal von Gottes Geist erweckt waren, dann aber wieder auf den Weg des Todes gerieten. So steht dieser Alexander in der Bibel als eine Warnung für alle die unter uns, die etwas wissen von dem Wirken Gottes an ihren Herzen.

 

1) Man kann nicht mehr glauben

 

Wir lernen diesen Schmied Alexander näher kennen aus dem ersten Timotheus-Brief. Da schreibt Paulus von ihm: „Er hat am Glauben Schiffbruch erlitten.“ Er hatte es also einmal gehört, dass der lebendige Gott in Jesus zu uns gekommen ist und dass dieser Sohn Gottes ihn am Kreuz erkauft hat. Ja, er hatte Vertrauen zu Jesus bekommen. Er hatte es gewagt, sein Schifflein loszubinden und im Vertrauen auf Jesus zu leben.

Aber diese gute Fahrt hatte nur kurz gedauert. Da war sein Glaubensschiff gescheitert. Furchtbar, so ein Schiffbruch: wenn ein Schiff auf die Klippe aufläuft, wenn die wilden Wellen Stück um Stück des Schiffes zerschlagen und hinabreißen. So war es dem Alexander mit seinem Christenglauben ergangen.

Wie war das möglich? Wir hören da eine seltsame Erklärung im ersten Timotheus-Brief: „Er hat das gute Gewissen von sich gestoßen.“ Es kommt alles darauf an, dass wir dies Verstehen.

Seht, der unerleuchtete Weltmensch lebt dauernd gegen sein Gewissen und macht sich nichts draus. Das Evangelium aber erweckt unser Gewissen. Da entdeckt man, wie sehr schuldig man vor Gott geworden ist. Man hält es nicht mehr aus, bringt seine Schuld unter Jesu Kreuz und empfängt Vergebung. Aber nun hat man ein erwecktes Gewissen. Der Heilige Geist hält es wach. So lernt man meiden und hassen, was Gott nicht gefällt. Luther sagte: „Es ist nicht gut noch geraten, etwas wider das Gewissen zu tun.“

Ich will hier gleich erklären: Jesus-Jünger erleben wohl tiefe Niederlagen. Aber eines können sie nicht: Sie können mit dem, was sie als Sünde erkannt haben, nicht Frieden schließen. Man kann nicht auf die Dauer betrügen, im Ehebruch leben, den Sonntag entheiligen, im Streit leben – und zugleich ein Gotteskind sein wollen.

Alexander hat dies versucht: Er hat das gute Gewissen von sich gestoßen. Aber da erlitt sein Glaube Schiffbruch.

Der große Bibelausleger A. Bengel weist darauf hin, wie es wohl bei Alexander gewesen ist. Er kommt nämlich noch einmal in der Bibel vor, in der Apostelgeschichte. Da wird berichtet von der großen Erweckung in Ephesus, bei der wohl dieser Kupferschmied erfasst wurde. In Ephesus aber war ein berühmter Heidentempel der Diana. Und nun lebte ein ganzes Gewerbe davon, dass man kleine Nachbildungen dieses Tempels an die heidnischen Pilger verkaufte. Als nun die Erweckung viele Herzen erfasste, ging das Gewerbe zurück. Daraufhin machten diese Gold-, Silber- und Erzschmiede einen tollen Tumult, bei dem Alexander eine undurchsichtige Rolle spielte. Und da sagt A. Bengel: Er war Jesus-Jünger geworden, aber er lebte vom Heidentum, indem er auch diese Götzentempelchen herstellte. Er fuhr zweigleisig. So erlitt er im Glauben Schiffbruch und wurde eine düstere, tragische Gestalt wie – Judas.

Wie ist das wichtig für alle, die einen Anfang gemacht haben. Ich möchte sagen: Verzweifle nie, wenn du als Jesus-Jünger eine Niederlage erlebst! Stehe auf und hole dir bei Jesus Vergebung. Aber du bist verloren, wenn du die Sünde bei dir wohnen lässt. Tersteegen sagt: „Wer sich nicht ganz dem Herrn will geben, / der führt ein wahres Jammerleben. / Brich durch, es koste, was es will, / sonst wird dein armes Herz nicht still.“

So war das mit Alexander. Was noch zu sagen ist, folgt klar aus dem Bisherigen.

 

2) Man kann nicht mehr lieben

 

Es ist das Kennzeichen der Gemeinde Jesu, dass man hier Liebe findet. Im letzten Sommer hatte ich eine Freizeit mit 25 Schülern. Da lud uns ein Mann aus einem benachbarten Ort ein. Nie werden wir diesen wundervollen Tag vergessen. Am Dorfrand holten uns CVJMer ab. Der Mann hatte eine großartige Tafel in einem Obstgarten decken lassen. Alle seine Angestellten und Familienmitglieder waren bereit, uns zu bedienen. Und dann gab es ein fürstliches Mahl. Immer mehr Leute kamen, hörten zu, wie wir sangen. Ich hielt eine geistliche Rede. Kurz, es war herrlich! Ich glaube, es gab keinen von meinen Jungen, der nicht das Wunder empfand, dass hier völlig Unbekannte ihnen Liebe erweisen wollten. Das ist Gemeinde Jesu!

Ein Strom von Liebe geht aus dem Herzen Gottes. Er gibt seinen Sohn für uns hin. Aus dem Herzen des Gekreuzigten strömt diese Liebe in Menschenherzen, welche glauben können. Und nun geht sie zu den anderen, die im Glauben Brüder und Schwestern sind. Und von da geht die Liebe in die kalte, egoistische Welt. In diesen Strom war Alexander einmal hineingestellt. Aber nun? – Nun kann er nur noch hassen. Und zwar hasst er – das ist bezeichnend – die Jesus-Jünger. „Er hat mir viel Böses erwiesen“, sagt Paulus.

Als der König Saul im Alten Testament von Gott verworfen wurde, ging der Heilige Geist von ihm. Sofort nahm ein böser Geist von ihm Besitz und machte ihn unruhig. Und die erste Wirkung dieses bösen Geistes ist, dass Saul den Spieß wirft nach David, dem Freunde Gottes.

Arme Feinde der Gemeinde Jesu! Euer Zorn zeigt, dass ihr vom Leben wisst und den Tod im Herzen habt.

Das ist wichtig für uns: Wer einen Anfang im Glauben an Jesus macht, darf nicht zurückgehen. Er muss vorwärts bis zum seligen Ziel, zu dem uns Jesus berufen hat. Damit sind wir beim letzten:

 

3) Man kann nicht mehr hoffen

 

Ich muss euch auf etwas Seltsames aufmerksam machen. Gleich hinter unserm Text berichtet Paulus davon, wie ihn alle Christen in Rom im Stich ließen, als er vor dem Kaiser stand. Dazu sagt er: „Es sei ihnen nicht zugerechnet“, Und im Vers vorher sagt er von dem Schmied Alexander: „Der Herr bezahle ihm nach seinen Werken.“

Warum dieser Unterschied? Soll das heißen, dass der liebe Paulus vom Rachegeist überwältigt wurde, wenn er an den Alexander dachte? O nein!

Diese Christen, welche versagten, gehörten Jesus. Paulus wusste, dass sie traurig sind über ihr Versagen, dass sie es Jesus bekennen und Vergebung empfangen. Denn Jesus-Jünger leben täglich von der Gnade Jesu.

Alexander aber hat prinzipiell auf die Gnade verzichtet, die in Jesus erschienen ist. Nun bleibt ihm nur das Gericht, das schreckliche Gericht Gottes, der gerecht ist.

So steht es nun ganz klar: Entweder stehen wir bei Jesus und damit unter der Gnade, die täglich vergibt. Wenn das nicht der Fall ist, bleibt unsere Schuld behalten bis zum Tage des Gerichtes. Eine dritte Möglichkeit haben wir nicht, weil Gott lebt. Wer aber unter der Gnade steht, der hat Vergebung seiner Sünden und damit eine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens.