Wilhelm Busch

Christus lebt!

Erlebnisse und Kurzgeschichten

 

Das können wir ja abwarten!

 

Die drei Männer schauen auf, als ich in das Zimmer trete.

Es ist das typische Krankenhaus-Zimmer: Weiß, hell, sauber. Einer der Männer liegt im Bett. Die beiden anderen sitzen in ihren gestreiften Krankenanzügen daneben. In ihren Händen halten sie Spielkarten.

„Guten Tag! Ich bin der Pfarrer und wollte Sie einmal begrüßen!“ Der im Bett lächelt verächtlich: „Nett von Ihnen! Aber wir interessieren uns nicht für religiöse Fragen.“ Und dann zu den andern: „Spielen wir weiter!“

Mit steigt das Blut zu Kopf: „Mann!“ fahre ich ihn nicht so großspurig! Wenn Sie sagen: Ich interessiere mich nicht für das Christentum! – gut, das lasse ich gelten. Aber wer gibt Ihnen das Recht, für die andern mitzusprechen? Mir ist eine Botschaft anvertraut, die so wichtig ist, dass ich ihr unter allen Umständen Gehör verschaffen muss.“

„Und was ist das für eine Botschaft?“

„Ich kann sie mit einem einzigen Satz sagen: ,Also hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an Ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben'.“

Eine kleine Weile ist es sehr still. Dann sagt der freche Geselle: „Und warum drängen Sie diese Botschaft auch den Leuten auf, die sich nicht dafür interessieren?“

„Das will ich Ihnen gern sagen: Weil in diesem Spruch das Wort ,verloren' vorkommt. Stellen Sie sich Folgendes vor: ich wache eines Nachts auf, rieche Brandgeruch und merke mit Schrecken, dass unser Haus brennt. Schleunigst bringe ich meine Familie in Sicherheit und fange an zu retten, was noch zu retten ist. Ganz oben wohnt eine alte schwerhörige Frau. Offenbar schläft sie tief. Ich lasse sie schlafen. Was geht mich die fremde Frau an! Mag sie umkommen!“

Der Kranke unterbricht mich: „Dann wären Sie ein Verbrecher!“ „Ganz recht! Und noch viel mehr wäre ich das, wenn ich Sie, mein Lieber, ungewarnt in das ewige Verderben laufen ließe. Ich will es Ihnen wenigstens gesagt haben: ,dass alle, die an Jesus glauben, nicht verloren werden… !' Hier ist die ewige Errettung!“

Der Kranke lacht höhnisch auf: „Na ja, das musste ja kommen! Jetzt wollen Sie uns Angst machen mit der Hölle. Ewiges Verderben! Unsinn! Gibt's ja gar nicht!“

Ich stehe auf und sage nur noch: „Das können wir ja nun abwarten. Die Zukunft wird's ausweisen, ob Gottes Wort stimmt. Wenn es recht hat – und es hat recht! – dann sind Sie verloren! Auf Wiedersehen!“

Damit gehe ich. An der Türe drehe ich mich noch mal um – und erschrecke. Mit aufgerissenen Augen schaut mir der Mann nach. Dann stammelt er in abgerissenen Worten: „Dann bin ich … verloren …! das können wir … abwarten … Warten Sie doch!“

Da kehre ich um. Und dann sitze ich am Bett. Und wir besprechen – ach, nicht „Religiöse Fragen“, sondern die „Frohe Botschaft“, dass Jesus Sünder selig macht.