„Und Gott der Herr machte Adam und seinem Weibe
Röcke von Fellen und kleidete sie."
1. Mose 3, 21
Vor kurzem bekam
ich einen Brief aus Berlin. Darin schreibt ein mir unbekannter junger Mann:
„Seit Mitte November bin ich zurück aus russischer Gefangenschaft. In unser
Lager gelangte ein Exemplar Ihres Schriftchens ,Wie kann Gott das alles
zulassen?'. Wir haben diese Schrift eingehend besprochen. Und sie ging so lange
von Hand zu Hand, bis sie sich ganz auflöste. Jeder wollte sie lesen. Denn sie
warf eine Frage auf, die viele beschäftigte . .."
Was sagt denn die Bibel? Sie berichtet, dass die Welt sehr
gut war, als Gott sie schuf. Aber dann wurde alles anders durch den Sündenfall.
Der Mensch wählte seinen eigenen Weg. Deshalb verfluchte Gott den Acker der
Welt und trieb den Menschen aus dem Paradies. Nun leben wir in der gefallenen
Welt.
Aber als Gott den Menschen austrieb, geschah auf der
Schwelle des Paradieses etwas sehr Wichtiges. Das wollen wir betrachten.
1. Da zeigt sich unser Unvermögen
Es ist ein ergreifendes Bild: Adam und Eva stehen in
erbärmlicher Nacktheit, in Scham und Schande vor den heiligen Augen Gottes. Sie
haben sich selber helfen wollen, indem sie sich aus Blättern Schürzen flochten.
Aber diese kümmerliche Bekleidung war nur lächerlich und reichte in keiner
Weise aus.
Hier wird uns deutlich, was wir brauchen: eine Bedeckung,
ein Gewand. Wir müssen allerdings verstehen, dass es sich dabei um geistliche
Dinge handelt.
Das ist der erschreckendste Augenblick im Leben eines
Menschen, wenn er entdeckt, wie er vor Gottes Augen aussieht. Wir sind ungehorsame
Sünder — wie Adam und Eva. Und wir wissen ganz genau, dass wir eine Bedeckung
unserer Blöße und Schande brauchen. Da macht es der Mensch wie Adam: Er macht
sich selber eine armselige Schürze. Solche kümmerlichen Feigenblätter sind alle
Ausdrücke unserer Selbstgerechtigkeit. O wie kennen wir diese Blätter! „Ich
tue recht und scheue niemand!" Oder: „Mir kann doch keiner was nachsagen!"
Oder: „Ich habe immer meine Pflicht getan!" Oder: „So gut wie andere bin
ich bestimmt!"
Wollen wir wirklich mit dieser armseligen Bekleidung vor den
Flammenaugen Gottes bestehen? „Der im Himmel sitzt, lacht ihrer", das
gilt auch hier.
Wir brauchen notwendig ein Kleid der Gerechtigkeit, das Gott
selber uns anlegt und schenkt: Das ist die Gerechtigkeit Jesu Christi.
2. Was da geschieht, ist schrecklich und herrlich
Es ist mir in meiner Seelsorge immer wieder eine betrübliche
Erfahrung, wie wenig wir Menschen dafür Verständnis haben und wie wenig wir
ein Verlangen verspüren nach diesem Kleid der Gerechtigkeit, das Gott den
Sündern in ihrer Blöße schenken will. Wir wollen ganz andre Dinge von Gott.
Das ging mir am meisten auf bei meinen Besuchen im Krankenhaus. Wenn ich da ins
Zimmer trat, empfing mich bestimmt einer der Kranken mit den Worten: „Na, haben
Sie auch Zigaretten mitgebracht oder Schnaps?" So sind wir im Grunde alle.
Fragt euch doch einmal, was ihr von Gott wollt! Gesundheit oder Gelingen im
Alltagsgeschäft oder Geld oder Trost. Aber wenn vom „Kleid der
Gerechtigkeit" die Rede ist, dann haben wir gleich das Gefühl: Ach, das
sind so dogmatische Sachen, die nur ein Theologe versteht. Diese Prediger
sollten mehr praktisch predigen!
Wir sind wie
jener Junge, der sich zu Weihnachten ein Fahrrad wünschte. Die sehr armen
Eltern aber sahen seine zerrissenen Hosen an und schenkten ihm einen
Anzug. Nun war er sehr verdrießlich: „Ich will doch ein Fahrrad!" Die
Mutter wendete ein. „Aber du brauchst doch einen Anzug." Hartnäckig blieb
er dabei: „Ich will das Fahrrad."
Wollen wir nicht auf Gott hören, der uns sagt: „Du Sünder
brauchst nichts nötiger als eine Bedeckung, ein Kleid der Gerechtigkeit"?
Wie muss uns das erst wichtig werden, wenn wir sehen, wie kostbar dies Gewand
ist! Als Gott den Adam kleidete, da tötete Er fremdes Leben — dem Adam zugute.
Wie mag dem Gott, der das Leben und die Quelle alles Lebens ist, das Herz
geblutet haben, als Er töten musste! Zum ersten Male floss in der Schöpfung
Blut! Gott hat noch viel schrecklicher getötet, als Er uns Sündern ein Gewand
beschaffen wollte: Er hat Seinen eingeborenen Sohn getötet. So viel hat Gott es
sich kosten lassen, um uns ein Kleid der Gerechtigkeit zu verschaffen. So
gewaltig hat Gott die Welt geliebt, dass Er Seinen eingeborenen Sohn gab, auf
dass alle, die an den glauben, im Glauben in Gerechtigkeit gekleidet und Erben
des ewigen Lebens seien.
Blut wurde vergossen, kostbares Blut, damit geschrieben
werden kann: „Das Blut Jesu Christi, des Sohnes Gottes, macht uns rein von
aller Sünde." Das ist das Kleid der Gerechtigkeit.
3. Es soll sich in unserem Leben wiederholen
Sehen wir uns doch einmal Adam und Eva an! Da naht sich der
heilige Gott, der eben so hart über ihre Sünde gerichtet hat. Und in Seinen
erbarmenden Händen bringt Er die neuen Kleider. Wie reagieren die beiden
darauf? Es wird nicht viel gesagt. Aber ich glaube, es gingen ihnen die Augen
über; genau so wie jedem Sünder, der sich von Gott verurteilt und gerichtet
weiß, die Augen übergehen beim Anblick des gekreuzigten Sohnes Gottes. Und
dann haben Adam und Eva die Gewänder angelegt und haben gewiss dem barmherzigen
Vater gedankt. Einen anderen Weg weiß ich auch für uns nicht. Was sollen wir
tun?
Wir sollen uns dem verurteilenden Richtspruch Gottes über
unser Leben in Sünde und Gottlosigkeit stellen. Dann dürfen wir ohne langes
Zieren im Glauben das Gewand der Gerechtigkeit anlegen, das Jesus uns durch
Sein Sterben erworben hat. Und dann einfach danken! Annehmen und danken! Das
ist es!
Wie wünschte ich es, dass wir nicht länger solche wären, die
sich mit dem Christentum herumquälen! dass wir doch Leute würden, die mit
Jesaja jubelnd bekennen: „Ich freue mich im Herrn... denn er hat mich angezogen
mit Kleidern des Heils und mit dem Rock der Gerechtigkeit gekleidet."