von Theo
Lehmann
“Wenn ihr
nicht umkehrt ...” (Lukas 13, 4-5)
Warum der Turm in Siloah - von dem Jesus berichtet - umfiel, wissen wir nicht.
Warum die Türme des Welthandelszentrums einstürzten, wissen wir. Es war der
Hass im Herzen des Menschen ohne Gott.
Das Furchtbare: In beiden Fällen traf es Unschuldige. Das Unlösbare: In beiden
Fällen wird die Frage nach dem Warum gestellt.
Damals hieß sie: Waren die Opfer schuldiger als andere?
Heute heißt sie: Warum hat Gott das zugelassen?
Niemand weiß es. Aber jeder weiß, dass es auf diese Frage keine Antwort gibt.
Für die Frage damals hatte Jesus eine klare Antwort: Die Opfer waren keine
größeren Sünder als andere. Damit entfällt die Deutung, das Unglück sei eine
besondere Strafaktion Gottes gegen besondere Sünder gewesen. Jesus enthält sich
überhaupt jeder Deutung.
Aber er benutzt das entsetzliche Unglück zu einer Mahnung: “Wenn ihr nicht
umkehrt, werdet ihr alle auch so umkommen.” “So” meint nicht: “Wenn ihr euch
nicht bekehrt, werdet ihr von einem umfallenden Turm erschlagen werden.”
Sondern “so” meint: unvorbereitet, ohne die Chance zur Umkehr. Diese Chance
hatten die Verunglückten von Siloah nicht. Der Tod traf sie plötzlich.
Jesus sagt nicht “sterben”, sondern “umkommen”. Darin schwingt sein Mitleid
mit. Die Opfer tun ihm leid. Aber so furchtbar es ist, durch ein Unglück den
Tod erleiden zu müssen - noch furchtbarer ist, unbekehrt zu sterben und den
ewigen Tod erleiden zu müssen, ohne im Frieden mit Gott zu sein.
Solche Menschen tun Jesus erst recht leid. Um sie zu retten, ist er gekommen.
Deshalb, aus Retterliebe, scheut er sich nicht, das Unglück zum Anlass für einen
Bekehrungsaufruf zu nehmen.
Für das, was in New York und Washington passiert ist, gibt es keine Worte, keine
Deutung. Aber die Mahnung von Jesus gilt auch hier: “Wenn ihr euch nicht
bekehrt, kommt ihr genauso um.” Wir haben die Chance zur Umkehr.
Theo Lehmann
Erschienen am: 18.02.2002 (idea spektrum)