Theo Lehmann – Jugendgottesdienst Nr. 184
Abschrift der Predigt vom 13. September 1998 über Lukas 4, 14 (Jesus predigt in seiner Heimatstadt Nazareth und erfährt die Ablehnung der Menschen).
Liebe Freunde,
Anweisungen an einen Unterteufel, so heißt ein Buch von C.S. Lewis. Da bringt ein Oberteufel einem Unterteufel bei, wie man am besten verhindern kann, dass Menschen zum Glauben an Gott kommen. Eine wichtige Methode dabei ist folgendes: nämlich die Menschen auf die Vergangenheit oder auf die Zukunft zu orientieren und sie auf diese Art und Weise von der Gegenwart abzulenken. Weil die Gegenwart ja die einzige Zeit ist, in der man mit Gott in Berührung kommen kann.
Nur die Gegenwart zählt.
Wenn du schon Christ bist und mit Jesus schon gute Erfahrungen gemacht hast, ist das ja schön und gut. Und wenn du vorhast, auch für den Rest deines Lebens mit Jesus zu leben, ist das noch besser. Aber deine guten Erfahrungen von früher und deine guten Absichten für später bedeuten ja nicht allzu viel für heute.
Ich hab mal in einer alten Mühle so einen Müllerspruch gelesen. Da stand: die Mühle dreht sich nicht mit dem Wind von gestern. Die Frage ist: wie stehst du jetzt zu Gott? Was hast du heute mit ihm zu tun? Welche Rolle spielt Jesus heute in deinem Leben?
Das wäre nicht das erste Mal, dass jemand in den Gottesdienst geht und sich ein Kissen unter den Hintern schiebt und mit der Freundin kuschelt und sagt: nun wollen wir mal sehen, welche von den alten Geschichten er nun heute wieder einmal auspackt. Und auf einmal springt dich ein Wort aus der Bibel an wie die Katze aus dem Sack und du begreifst: Mensch hier geht's nicht um eine alte Geschichte, hier geht's um mich! Es geht um mein Leben heute.
Ein Gottesdienst mit unerwarteter Wendung.
Ich erzähle euch heute von einem Gottesdienst, der sich ganz gemächlich so abspulte wie eine alte Schallplatte, bis plötzlich an einer Stelle die ganze Gemeinde hochflitzte wie von der Tarantel gestochen. Der Bericht darüber steht im Lukasevangelium, Kapitel 4.
Der Gottesdienst fand Stadt in Nazareth. Das ist die Stadt, in der Jesus aufgewachsen ist. Und ihr wisst ja, wie das ist, in so einem kleinen Nest, jeder kennt jeden, also jeder kannte auch Jesus, den Sohn vom Zimmermann. Jahrelang hatten sie den alle gesehen, wie er in kurzen Hosen barfuß auf dem Marktplatz herumgehüpft ist, mit der übrigen Dorfjugend Räuber und Gendarm gespielt hat. Vielleicht gab es auch irgendeine Stelle draußen an der Synagoge, wo er irgendwelche Männchen in die Mauer hinein geritzt hat, so wie ich das gemacht habe bei uns am Schweinestall.
Ich bin so halb auf dem Dorf aufgewachsen in Dresden, und mein Schulweg führte mich durch das sogenannte Stinkegässel. Da waren links und rechts Schweineställe, und die quiekten immer so. Und an die Wand von dem Schweinestall hab ich als unholder Junge manchmal so üble Bemerkungen über manchen mir unsympathischen Zeitgenossen hinein gekratzt. Ich bin viele Jahre später, als erwachsener Mann, wieder einmal durch das Stinkegässel gegangen, und hab nicht ohne Rührung einige Reste meiner frühkindlichen Wandmalereien festgestellt. So ist das, wenn man nach einer gewissen Zeit wieder an die Stätte seiner Jugend kommt.
Jesus war von zu Hause weggegangen und ist jetzt wieder einmal zurückgekommen nach Nazareth. Er ist wieder einmal zu Hause bei Muttern, es gab es sein Lieblingsessen - Kartoffelpuffer mit Apfelmus oder so, wie üblich - und am Feiertag gab es Gottesdienst wie üblich, und Jesus trabt mit. Setzt sich auf den Platz, auf dem er als Jugendlicher immer gesessen hat, also dorthin, wo noch unter dem Platz sein Kaugummi aus der Konfirmandenzeit klebt.
In der letzten Zeit war Jesus in den Nachbardörfern herum gewandert, hat dort gewaltig gepredigt, und großen Eindruck auf die Leute gemacht. Aber hier in Nazareth, da ist er kein Fremder, der Aufsehen erregt, da ist er keine Attraktion, kein Star, hier ist er ein schlichter Mitbürger, weiter gar nichts.
Und es ist auch nichts weiter Besonderes da dran, dass er im Gottesdienst die Rolle des Lektors übernimmt, also einen Abschnitt aus der Bibel vorliest. Dieses Recht hatte damals jedes Gemeindemitglied und der Bürger Jesus hat dieses Recht eben für sich in Anspruch genommen.
Bis dahin ist eigentlich überhaupt nichts Auffälliges. Aber ab jetzt geht es Schlag auf Schlag. Jesus verlangt, dass man ihm zum Vorlesen das Buch Jesaja gibt. Das ist schon mal ungewöhnlich, denn normalerweise wurde am Sabbat aus der Tora vorgelesen, und nicht aus den Propheten. Was Jesus macht, ist also gegen die liturgische Ordnung. Es entspricht nicht dem vorgeschriebenen Predigtplan, und schon werden die Leute stutzig. "Was geht denn jetzt los? Was will denn der jetzt?"
Jesus klappt das Prophetenbuch auf beim Kapitel 61 und liest: der Geist des Herrn ist bei mir, darum weil er mich gesalbt hat zu verkündigen das Evangelium den Armen. Er hat mich gesandt zu predigen das Evangelium den Gefangenen, dass sie los sein sollen, den Blinden, dass sie sehend werden, und den Zerschlagenen, dass sie frei und ledig sein sollen, zu verkünden das Gnadenjahr des Herrn.[1]
Jesus klappt das Buch zu, übergibt es wieder dem Kirchendiener und setzt sich hin. Hinsetzen bedeutet: Jetzt will er reden, lehren, die Schrift auslegen. Und jetzt machen seine Klassenkameraden, seine Freunde, und die Frau Meier von nebenan, und die Kollegen vom Bau – jetzt machen die alle Stielaugen. Vers 20: Alle Augen in der Synagoge waren auf ihn gerichtet.
Und jetzt fällt ihnen ein, dass Jesus in letzter Zeit in den Nachbardörfern als Redner aufgetreten ist. Und jetzt erwarten sie, dass er ihnen auch einmal eine schöne Rede hält. Jetzt soll der Junge doch mal zeigen, was er drauf hat. Und es erfasst sie so etwas Stolz und Patriotismus, sie sagen: "Guck doch mal, was aus unserem Jesus geworden ist", so wie manche Dresdner sagen: "Na guck einmal, der kleine Theo, früher hat er die Kühe auf der Weide angebläkt, und nun bläkt er in der Kirche die Leute an.“
Der ungeheuerliche Schluss der Kurzpredigt.
Aber im Gegensatz zu mir, der ich hier eine halbe Stunde predige, hält Jesus nur eine Kurzpredigt. Zunächst einmal sagt er nur einen einzigen Satz. Aber der hat es in sich. Und als er den raushaut, da explodiert die ganze Versammlung. Nachdem Jesus die Verheißungen der Propheten vorgelesen hat: Der Geist des Herrn ist auf mir, ich bin gesandt, den Armen das Evangelium zu predigen, den Blinden, dass sie sehend werden, den Gefangenen, dass sie frei werden und so weiter. Und als die jetzt alle mit teetassengroßen Augen Jesus anstarren, da sagt er: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren[2].
Rumms, aus, basta, amen, das war's.
Ein paar Sekunden ist donnernde Stille, und dann bricht der Tumult los. Den guten Leuten von Nazareth fängt an zu dämmern, welche Ungeheuerlichkeit der Bürger Jesus da heute behauptet hat. Er hat gesagt, was der Prophet Jesaja angekündigt hat, worauf ihr seit Jahrhunderten gewartet habt, das ist jetzt vor euren Ohren erfüllt. Der Mann, von dem der Prophet Jesaja hier redet, der bin Ich.
Seht ihr, das ist der Moment, vor dem der Teufel solche Höllenangst hat. Der Moment, wenn es einem gelingt, das liturgische Schema zu durchbrechen, und schlagartig klar zu machen: das, was hier in diesem Buch steht, das gilt jetzt. Und warum die in der Hölle so einen Schiss haben, ist, weil sie befürchten, dass ein paar von euch das, was hier in der Bibel steht, glauben können, das gilt jetzt.
Wer sind die Armen, denen das Evangelium gepredigt werden soll.
Also, was steht hier: Jesus sagt: Gott hat mich auserwählt, das Evangelium den Armen zu verkündigen. Wenn man einmal im Alten Testament beim Propheten Jesaja, Kapitel 61 nachliest, da stellt man fest, dass dort für das Wort "Arme" "Elende" steht. Den Elenden wird eine gute Nachricht gesagt. Das Wort "Elend" bedeutet ursprünglich so viel wie "Ausland". Das ist also ursprünglich eine Ortsbezeichnung, und wurde erst später Bezeichnung für einen Zustand. Unsere Heimat ist bei Gott, im Vaterhaus. Ein Mensch, der die Verbindung zu Gott, zum Vaterhaus abgebrochen hat, das ist der Mensch im Ausland, im Elend. Der verlorene, der unglückliche, der sündige Mensch.
Auch das Wort Sünde war ursprünglich eine Ortsangabe. Der sündige Mensch ist von Gott abgesondert, getrennt. Im Ausweis des sündigen Menschen da steht unter der Rubrik "Familienstand" die Bezeichnung "geschieden".
Zwischen ihm und Gott ist der Ofen aus. Aber Jesus ist gekommen, um das Feuer wieder anzumachen. Er kam mitten in das Elend der Menschen, wurde selber ein Mensch und stellt jetzt die Menschen vor die Feststellung: wovon seit Jahrhunderten geredet worden ist, was seit Jahrhunderten erhofft worden ist, das geschieht jetzt.
Jesus proklamiert nicht ein Zukunftsprogramm, Er fordert nicht zu Aktionen auf, Er stellt keine Pläne auf, sondern Er stellt einfach fest, die Verheißung ist erfüllt! Die Heilszeit ist da.
Wenn du abhängig bist vom Alkohol und nicht mehr los kommst von der Droge und nicht mehr herunter kommst von der Nadel und nicht mehr heraus kommst aus deiner Krise: Jesus macht dich frei. Wenn du blind bist, das heißt wenn du kein Land mehr siehst, wenn du keinen Ausweg mehr für dich siehst: Jesus macht dich sehend, Er gibt dir seinen heiligen Geist, Er gibt dir eine neue Perspektive, trotz Arbeitslosigkeit und trotz Treulosigkeit deiner Freundin und trotz Unheilbarkeit deiner Krankheit. Und wenn du dich zerschlagen fühlst, weil du deine Arbeit nicht mehr schaffst, weil du dein Problem nicht mehr aushalten kannst, deine Einsamkeit, deine Sehnsucht nach dem anderen Geschlecht, deine Suche nach einem Sinn des Lebens – Jesus stillt den Durst deines Lebens.
Du hast es doch vorhin gerade mit dem letzten Lied der Band gesungen. Jesus stillt den Durst deines Lebens. Jesus! Vertrau dich Ihm doch an. Lass Ihn doch an dich ran. Rede Ihn doch an, nimm Ihn doch in Anspruch.
Eines der letzten Worte, das Jesus gesagt hat, in der Offenbarung, ganz am Schluss der Bibel, das heißt: Wen da dürstet, der komme und wer will, der nehme das Wasser des Lebens umsonst[3]. Mensch, Jesus kennt doch die Sehnsüchte, die in dir drin sind, Er ist doch dein Schöpfer und Herr. Und er weiß doch, was du in deinem Leben brauchst und wonach du dich sehnst. Er möchte nur, dass du dich nicht an der falschen Quelle befriedigst, sondern dass du zu ihm kommst, dem Herrn, dem Schöpfer des Lebens.
Was in diesem alten Buch drin steht, das gilt dir und das gilt dir jetzt. Ich sage nicht, das Jesus alle deine Probleme löst. Davon ist überhaupt nicht die Rede, im Gegenteil: Nachfolge bringt Nachteile. Und denke nicht, dass du den Teufel los bist, wenn du Jesus nachfolgst. Im Gegenteil, dann macht der Teufel ja erst recht gegen dich mobil. Kaum hat Jesus diesen Satz gesagt – heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren – was also bedeutet, was in der Bibel steht, das gilt jetzt, kaum hat er das gesagt, da geht schon der Teufel los.
Der Unglaube bricht los.
Alle, so steht hier, alle fingen an zu reden. Erst war allgemeine Begeisterung – begnadeter Redner und so – aber dann wird denen bewusst, was Jesus gesagt hat. Und da kippt die Stimmung in der Versammlung plötzlich um. Die Leute schubsen sich gegenseitig in die Seite und sagen: "Hast du das gehört, was der eben behauptet hat. Der will die Erfüllung der Bibel, der will der Messias sein! Den kennen wir doch! Wir wissen doch genau, wer das ist, das ist doch der Jesus, der Sohn vom Josef, vom Zimmermann. Bei dem wir in der Werkstatt immer die Sägespäne für unser Meerschweinchen geholt haben. Der sagt, er kann blinde sehen Sie machen?! Der denkt wohl, wir sind blind. Er kann doch mit seinen wir können doch mit unseren eigenen Augen sehen, dass da hinten seine Brüder stehen. Mit denen wir zusammen Fußball gespielt haben. Und seine Schwestern, mit denen wir im Flötenkreis Mozarts Kleine Nacht Musik spielen[4]. Und der spielt sich auf, als wäre er der Messias. Wir wissen genau, wo der wohnt, die Straße runter zweites Haus links. Das wär doch ein Wunder, wenn der der Messias wäre. Und wenn er der Messias wäre, dann soll er uns das doch einmal durch ein Wunder beweisen."
Aber Freunde, Jesus hat nicht gesagt, heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Augen, sondern Er hat gesagt heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren. Die Leute verlangen ein Wunder, aber Jesus verlangt von den Leuten Glauben. Deshalb geht Er auf ihre Forderung nach einem Schauwunder nicht ein. Aber auf ihre Zweifel, ihre Fragen und ihre Gedanken, darauf geht Jesus ein. Nun sagt er zu den Leuten: nun werdet ihr zu mir das Sprichwort sagen, Arzt hilft dir selber. Denn wie große Dinge haben wir gehört, die in Kapernaum geschehen sind, in der Nachbarstadt. Mach doch so etwas auch einmal in deiner Vaterstadt[5].
Jesus sagt aber: Ich sage euch, kein Prophet gilt etwas in seinem Vaterlande[6]. Und das ist eine Erfahrung, die viele von euch schon gemacht haben oder noch machen werden. Bei einer Rüstzeit in einer fremden Stadt in der Fußgängerzone im Chor so ein Lied mitsingen, das ist ja nicht das Problem. Wenn du so in einem frommen Pulk drin stehst, mitten in einer fremden Stadt, da kennt dich doch keiner. Aber zu Hause im Wohnzimmer, zwischen der Tagesschau und dem Programm, was dann kommt, ein einziges Wort von Gott einmal anzubringen, das ist unheimlich schwer.
Immerhin ist es ja einen Versuch wert, wenn du mal versuchen würdest, zu Hause als Missionar aufzutreten. Vielleicht bist du als junger Mensch der einzige, der seine Eltern noch zum Glauben führen kann.
Immerhin, Jesus war es einen Versuch wert, den Leuten aus seinem nächsten Umfeld das wichtigste von Gott zu sagen. Auch wenn er damit nicht landen konnte. Kein Prophet gilt etwas in seinem Vaterland.
Der Unglaube im eigenen Land und die Heidenmission.
Jesus ist sich darüber im Klaren, dass Er hier in Nazareth, wo Ihn alle so gut kennen, keinen Glauben finden wird. Aber Er verlangt nun einmal Glauben. Und deswegen sagt er den Bürgern von Nazareth: wenn ihr hier in meiner Heimat Israel nicht glauben wollt, dann wird die messianische Zeit eben außerhalb von Israel unter den Heiden anbrechen. Und er beruft sich auf die Bibel, dass damals, zu Elias Zeiten, viele Aussätzige im Land waren, aber nur einer, nämlich ein Ausländer, ein Heide, der Syrer Naeman geheilt wurde. Und das es damals viele Witwen gab, aber am Ende eine Ausländerin geheilt wurde. Und wenn euch die frohe Botschaft nicht interessiert, so sagt Jesus, dann wird es eben die Heiden umso mehr interessieren.
Nebenbei bemerkt, das ist die erste Predigt, über die das Lukasevangelium ausführlich berichtet. Und gleich in dieser ersten Predigt redet Jesus von der Heidenmission. In den üblichen kirchlichen Predigten hört man von diesem Thema ja eher wenig. Für die deutschen Pfarrer sind die Ausländer nur dann erwähnenswert, wenn sie benachteiligt werden.
Dabei besteht die eigentliche Benachteiligung für Millionen von Ausländern in Deutschland und Milliarden von denen in der Welt darin, dass denen verschwiegen wird, dass es einen Heiland und Retter gibt, der sie von der Sünde befreien und in den Himmel bringen kann. Freunde, das oberste aller Menschenrechte ist, zu erfahren, dass es einen Retter und Heiland gibt, für jeden Menschen auf dieser Erde. Und von diesem wichtigsten Menschenrecht hat Jesus gleich in seiner ersten Predigt gesprochen und die Weltmission angekündigt. Aber in dem Augenblick als er sagt, dass es auch eine Rettung für Ausländer gibt, da ist es mit dem Predigen aus. Bei dem Thema Ausländermission, da packt die Leute so die Wut, dass sie Jesus packen und zur Stadt hinaus schmeißen. Wenn sie schon kein Wunder von ihm zu sehen kriegen, dann wollen sie wenigstens sein Blut zu sehen kriegen. Der Mann soll auf der Stelle gelyncht werden. Sie stoßen ihn vor sich her auf den Berg und wollen ihn hinunter stürzen. Das war so die Art, wie man früher die Leute beseitigt hat. Zum Berg runter, Steine drauf.
Hat sich jemand bekehrt, hat sich jemand beschwert?
Eine seltsame Reaktion auf eine biblische Predigt – oder nur eine seltene? Ich hab einmal gehört von einem Evangelisten, wenn dessen Schüler von der Straßenpredigt zurückkamen, da hat er immer gesagt: "Hat sich jemand bekehrt, hat sich jemand beschwert?" Und diese beiden Fragen sollte man nach jeder Predigt stellen. Wenn beide Fragen mit "Nein" beantwortet werden müssen, da muss wohl an der Predigt etwas nicht in Ordnung gewesen sein. "Hat sich jemand bekehrt, hat sich jemand beschwert?" Bekehrt hat sich in Nazareth kein einziger. Aber beschwert hat sich die ganze Gemeinde. Die fanden das beschwerlich, die fanden das unerträglich, die fanden das unzumutbar, dass so einer wie Jesus der Messias sein sollte. Sie fanden das unmöglich, dass Er sie zur Umkehr aufforderte, dass sie an Ihn Glauben sollten, dass sie Ihm nachfolgen sollten, dass Er der Retter sein sollte. Sie wollten ein bisschen Religion, aber sie wollten keinen Retter.
Und ich frage dich, was willst denn du eigentlich hier in diesem Gottesdienst? Ich höre heute immer wieder die These: Gottesdienst muss vor allem Spaß machen, muss ein Happening sein, muss eine Love-Party sein, in der Jesus gefeiert wird. Ich habe nichts dagegen, wenn Leute Jesus feiern – aber Freunde, wir sollen doch niemals vergessen, dass Jesus nie gesagt hat: "Kommt und feiert mich", sondern er hat gesagt: "Kommt, folgt mir nach, und nehmt euer Kreuz auf euch.[7]" Und das einzige Mal, wo Er uns zu einer Feier eingeladen hat, da ist das die Feier des Abendmahls, wo wir an seinen Tod denken sollen. Weil er nämlich am Kreuz gestorben ist, um die Menschheit zu erlösen. Weil Er dort die Sünde der Menschheit auf sich genommen hat, deine und meine, damit wir ewig leben können. In Nazareth, da wurde Jesus jedenfalls nicht gefeiert, da wurde Er gefeuert. Aber die Stunde seines Todes war noch nicht gekommen. Er wurde abgeschoben, an den äußersten Rand gedrängelt, an den Rand der Felsklippe, aber als die Ihn runter kippen wollen, da kippt die Stimmung noch mal um.
Erst war die Stimmung umgekippt, als aus der brave sturen steifen Gemeinde ein blutrünstiger Mob wurde, und jetzt, als Jesus gerade davon geredet hat, dass Er den Zerschlagenen und Gefangenen die Freiheit bringt, da wird Er wehrlos von der wütenden Menge hoch geschoben, taumelt gebeutelt zwischen diesen Schreihälsen her. Er hat keine Bodyguards, er hat keine Helfer, er hat keine Verteidiger, er hat keine Chance.
In dieser heiklen Situation, da zieht er nicht einfach eine Tarnkappe aus der Tasche und verschwindet einfach, Er entwischt nicht im letzten Moment wie im Krimi der Agent 007, sondern es steht hier in der Bibel: Es bildete sich eine Gasse in der Masse und majestätisch geht er mitten durch sie mitten hinweg.
Es erhebt sich keine Faust und keine Stimme und in unantastbarer Hoheit geht Jesus seinen Weg. Die Erklärung für die Wirkung, die von Jesus ausgeht auf seine Gegner und die seine Gegner verstummen lässt, die lesen wir in Vers 14: durch die Kraft des Geistes.
Auch heute wird Jesus abgeschoben.
Bis zum heutigen Tage hat sich nichts daran geändert, dass die Leute immer wieder versuchen, Jesus abzuschieben und zu kippen. Bis zum heutigen Tage heißt es: Gott – na klar! Na, den brauchen wir irgendwie. Alle Parteien des Deutschen Bundestages, mit Ausnahme der PDS, sind dafür, dass der Name "Gott" in der deutschen Verfassung stehen bleibt. Auch wenn die gar nicht an Gott glauben. Das macht sich schon irgendwie gut. "Gott, den können wir schon irgendwie unterbringen. Aber Jesus, der eine Nase hat wie wir – der soll der Sohn Gottes sein? Das lehnen wir ab!" Oder man sagt: "Wahrheit – nun ja, sicher ist vieles wahr, was Jesus gesagt hat. Aber dass Er die Wahrheit ist, die einzige Wahrheit, das kann doch nicht wahr sein! Irgendwoher müssen doch die anderen, also der Allah und der Buddha und der Krishna auch irgendwo Recht haben." Oder man sagt: "Gebote, Moral – oder wie man heute sagt: Werte, die müssen doch irgendwie sein. Aber so übertrieben wie Jesus, also kein Geschlechtsverkehr außerhalb der Ehe, das kann man natürlich heute nicht mitmachen."
Und so wird Jesus von der Gesellschaft, von der allgemeinen Meinung, zum Teil von der Kirche, immer wieder abgeschoben und zu so einem harmlosen Bonsai-Jesus zurechtgestutzt, der keinem etwas zuleide tut. Jeder hat an Ihm etwas auszusetzen, jeder meckert an Ihm rum, und jeder bastelt an Ihm rum. Aber ich sage euch, es kommt der Tag, an dem Jesus wiederkommt als der Richter dieser Welt, und dann wird es so sein wie am Ende dieser Geschichte: dann werden, so sagt die Bibel, Himmel und Erde verschwinden, vor seinem Anblick fliehen! Und dann wird der Chor der Meckerer verstummen, und dann werden alle erkennen, und bekennen müssen, dass Jesus der Herr ist. Auch du, wenn du jetzt noch hier sitzt, und dich noch gegen Jesus wehrst oder Ihn bezweifelst.
Dann, wenn Jesus wiederkommt, dann gibt es keine Zweifel mehr. Sondern dann wird vor allen Augen klar werden, dass der Jesus von Nazareth der Messias der Welt ist. Und Er entscheidet dann über dein ewiges Schicksal. Und deswegen lade ich dich heute zu Ihm ein, dass du dich heute für Ihn entscheidest.
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