Noch nie gab es - weltweit betrachtet - so viele
christliche Märtyrer wie heute. Noch nie haben so viele Christen für ihren Glauben
mit ihrem Leben bezahlt. Noch nie gab es so eine weltweite, zunehmende
Christenverfolgung. In dieser Hinsicht leben wir in Deutschland wie auf einer
Insel der Seligen.
Noch wird bei uns keiner, der sich als Christ bekennt, an
die Wand gestellt. Noch praktizieren wir ungestört unsere christliche
Aufkleberkultur. Noch ist der Fisch am Autoheck unser geheimes Erkennungszeichen
und nicht der staatlich verordnete Aufnäher zur
Kennzeichnung ausgegrenzter Christen wie seinerzeit der gelbe Davidsstern für
die Juden. Noch ist alles still.
Die Situation kommt mir bekannt vor. Zur DDR-Zeit, als es unterirdisch überall brodelte, sang Wolf Biermann ein Lied, in dem er den äußeren Anblick der DDR beschrieb. Und dann, plötzlich, schrie er unter Aufbietung aller stimmlichen Kräfte mit ohrenbetäubender, schriller Lautstärke den Satz: „Das Land ist STILL!"
Ja Freunde, noch tanzen wir auf unseren christlichen House-Parties, während der Leib von Christus in anderen
Ländern aus tausend Wunden blutet. Noch verkaufen wir das Christentum unter
dem billigen Slogan „Christsein ist cool". Aber was machen wir, wenn eines
Tages Christsein nicht mehr cool ist, sondern eine heiße Angelegenheit wird?
Ich frage mich, wie lange wir uns dieses läppische Jesus-Getändel und dieses
traumtänzerische Christentum noch leisten können, leisten wollen.
Während in anderen Ländern christliche Frauen versklavt
und vergewaltigt werden, spreizen bei uns die Mädels auf der Bühne (der
Gemeinde, Anmerkung der Redaktion) ihre Beine und präsentieren uns ihren gepiercten Bauchnabel, alles „für den Herrn", ich weiß
schon. Ich weiß aber auch, was die Herren in den ersten Reihen von diesem
Anblick halten. Während woanders Christen unter der Folter schreien, leiern wir
im Dreivierteltakt bis zum Umfallen (im wahrsten Sinne des Wortes) diese
nichts sagenden Chorusse, in denen wir uns, sicher im Gemeindesaal sitzend,
auffordern, auf den Straßen zu tanzen. Wer kann von dieser seichten Kost leben,
wenn er nicht mehr im Gemeindesaal, sondern in einer gemeinen Gefängniszelle
sitzt? Wenn nicht mehr fröhlich getanzt, sondern fies gefoltert wird? Wie
sollen die jungen Christen, die wir mit coolen Kurzpredigten unterfordern und unterernähren, sich einmal bewähren, wenn es hart auf hart
kommt?
Oder denken wir etwa, die weltweite
Christenverfolgungswelle wird ausgerechnet um das liebe „old Germany",
die Insel der Seligen, einen Bogen machen? Wir haben wohl vergessen, was Paulus
(aus dem Gefängnis!) geschrieben hat: „Alle,
die gottesfürchtig leben wollen in Jesus Christus, müssen Verfolgung
leiden" (2. Timotheus 3,12).
Ich genieße es voll Dankbarkeit, dass ich
nach den DDR-Jahren in einem freien, demokratischen Land leben darf, in dem ich
wegen meines Glaubens an Jesus weder diskriminiert noch verfolgt werde. Aber
ich sehe das als eine Atempause an, die Gott uns gönnt, zum Luftholen. Denn
dass das alles immer so friedlich bleiben wird, wird mir angesichts der
Entwicklung in der Welt immer unwahrscheinlicher. Wir sollten die Atempause
benutzen, um uns auf die Zeiten vorzubereiten, in denen Christsein nicht mehr
„geil", sondern gefährlich ist. Was wir brauchen, sind bibelfeste,
feuerfeste, KZ-fähige Christen.