Vorwort des Übersetzers
Die Neue evangelistische Übersetzung (NeÜ) ist eine Übertragung der Bibel ins heutige Deutsch (bibel.heute). Sie wurde unter Zuhilfenahme deutsch- und englischsprachiger Übersetzungen und Kommentare und unter Beachtung des hebräischen, aramäischen und griechischen Grundtextes erarbeitet. Die Übersetzung versucht, Sinn und Struktur des Textes zu erfassen und auch für einen Leser aus nichtchristlichem Umfeld verständlich wiederzugeben. Dabei legt sie wesentlich größeren Wert auf die sprachliche Klarheit als auf eine wörtliche Wiedergabe.
Unsere Übersetzung verzichtet darauf, bestimmte Begriffe des Grundtextes immer gleich zu übersetzen, sondern passt sie dem jeweiligen Textzusammenhang und dem deutschen Sprachgefühl an. Bei den poetischen Stücken der Bibel haben wir versucht, die Texte in einem gewissen Sprachrhythmus wiederzugeben, den man beim lauten Lesen gut erkennt (im Satz mit Virgel [/] markiert). Überhaupt ist die NeÜ bibel.heute bewusst für hörbares Lesen konzipiert. Deshalb ist sie auch gut zum Vorlesen geeignet.
Die Übersetzung ist als Einführung in die Bibel gedacht, die ein großflächiges Lesen ermöglicht. Sie soll einen Eindruck von der lebendigen Kraft, aber auch von der Schönheit des Wortes Gottes vermitteln. In der Hauptsache aber soll sie – wie jede Bibelübersetzung – zum Glauben an Jesus Christus, den Messias Israels und Sohn Gottes, führen.
Die Anmerkungen in den Fußnoten erklären die Begriffe und Hintergründe, die nicht aus dem unmittelbaren Textzusammenhang heraus verständlich sind, sobald sie das erste Mal in einem biblischen Buch auftauchen.
Die Grundlage aller unserer Bibelausgaben bilden Handschriften, Abschriften von Abschriften der inspirierten Originale. Aus den Tausenden von erhaltenen Handschriften des Alten und Neuen Testaments können wir den Grundtext so gut rekonstruieren, dass wir praktisch vom Original ausgehen können. Es gibt nur wenige Textstellen, an denen die Quellen kein eindeutiges Bild vermitteln. Auf solche abweichenden Lesarten wird in den Anmerkungen verwiesen.
In dieser Übersetzung wird der alttestamentliche Gottesname, der im Hebräischen nur aus den vier Konsonanten JHWH besteht, mit Jahwe wiedergegeben. Er kommt im Alten Testament mehr als 6800-mal vor und wurde von den Israeliten mit Ehrfurcht, aber unbefangen, zur Bezeichnung und Anbetung Gottes gebraucht.
Im Neuen Testament kommt JHWH nicht vor. Dort ist uns der Name Jesus gegeben worden, mit dem wir Gott ansprechen und von ihm reden dürfen. Im Hebräischen wird Jesus übrigens als Jeschu‘ah ausgesprochen und bedeutet: Jahwe ist Rettung. So rufen wir auch durch den Namen Jesus den dreieinen Gott an.
Nach allem, was wir wissen, wurde der Gottesname im Alten Testament als Jâhwe ausgesprochen. Diese Aussprache kommt der Bedeutung des Namens nach 2. Mose 3,14 am nächsten. Doch seit der Zeit des Pharisäismus und Hellenismus, die etwa 150 Jahre vor Christus begann, wagten es die Juden nicht mehr, den Gottesnamen überhaupt in den Mund zu nehmen. Nach jüdischer Überlieferung war es nur dem Hohen Priester am großen Versöhnungstag erlaubt, diesen Namen auszusprechen.
Deshalb wurde JHWH auch beim Vorlesen der hebräischen Bibel in der Synagoge nicht mehr ausgesprochen, sondern durch Adonai (Herr) oder ha-schem (der Name) ersetzt. Nun wurde der gesamte hebräische Bibeltext aber bis ins achte Jahrhundert nach Christus immer nur als reiner Konsonantentext überliefert. Die Vokale wurden beim Lesen automatisch ergänzt. Weil dies aber zu Missverständnissen führen konnte und nach den vielen Jahrhunderten die richtige Aussprache auch bei den meisten Juden nicht mehr geläufig war, fügten jüdische Schriftgelehrte, die sogenannten Masoreten, etwa zwischen 800 und 1000 nach Christus, Vokalzeichen zum schriftlichen Text hinzu. Bei JHWH setzten sie aber nicht die „richtigen“ Vokale ein, sondern meist die von Adonai. Spätere mittelalterliche Gelehrte, die diesen Hintergrund nicht kannten, lasen dann Jehowah. So entstand der für Juden falsche Name Jehova.
Die meisten deutschen Bibelübersetzungen folgen deshalb seit Luther der spätjüdischen Praxis und ersetzen den Namen Gottes durch den Begriff „HERR“. Das führt im Alten Testament häufig zu der unschönen Konstruktion „Herr HERR“ wo im hebräischen Text Adonai Jahwe steht (281-mal). Die vorliegende Arbeit wollte jedoch den heiligen Gottesnamen Jahwe im Bibeltext erhalten, der von Petrus und Paulus (Apostelgeschichte 2,21; Römer 10,13) sogar direkt auf den Namen Jesus bezogen wird.
Der hebräische Begriff Messias bedeutet Gesalbter, griechisch Christos, was wir als Christus übernommen haben. In Israel wurden Könige und Hohe Priester durch eine feierliche Salbung in ihr Amt eingeführt. Gott hatte seinem Volk Israel nun einen Messiaskönig versprochen, der ein Nachkomme Davids und gleichzeitig Hoher Priester sein würde. Deshalb wird der Christus im Neuen Testament noch einige Male im Sinn des Messiaskönigs verwendet, tendiert in seinem Gebrauch aber mehr und mehr zum Eigennamen. Gemeint ist immer Jesus Christus der alle rettet, die an ihn glauben.
Durch ihre vielfältigen Zeitangaben (Lebensalter, Alter bei Geburt des ersten Sohnes, bei Herrschaftsantritt eines Königs, Regierungsjahre u.a.) ermöglicht es die Bibel, eine nahezu lückenlose Chronologie des Alten Testaments von der Geburt Abrahams bis zur Zeit Nehemias zu erstellen. Die Ereignisse werden dabei in Beziehung zueinander gesetzt, z.B. so:
Im fünften Regierungsjahr von Joram Ben-Ahab, dem König von Israel, trat Joram Ben-Joschafat, der bis dahin nur Mitregent war, die Herrschaft über Juda an. Er war damals 32 Jahre alt und regierte acht Jahre in Jerusalem. (2. Könige 8,16-17)
Auf diese Weise entsteht unter Berücksichtigung von Mitregentschaften, unterschiedlichen Datierungsarten, Zählweisen und Kalendersystemen eine chronologische Kette. Manchmal werden Ereignisse auch zu wesentlich früheren Zeiten in Beziehung gesetzt, wie der Beginn des Tempelbaus in Jerusalem 480 Jahre nach dem Auszug Israels aus Ägypten (1. Könige 6,1).
Für noch weiter zurückliegende Ereignisse können keine genauen Angaben gemacht werden, weil hierfür nur die Geschlechtsregister vorliegen, deren Strukturen (wie z.B. Matthäus 1,1-17) Lücken nicht generell ausschließen. Wenn hier dennoch Jahreszahlen für diesen Zeitraum angegeben werden, um die Ereignisse in eine chronologische Ordnung zu bringen, richten sich diese ausschließlich nach den biblischen Angaben.
Um die relative alttestamentliche Chronologie in eine absolute Chronologie umzuwandeln, benötigt man mindestens einen Fixpunkt, an dem die biblischen Angaben mit unabhängig überlieferten außerbiblischen Angaben zusammentreffen, deren Datum man genau angeben kann. Für das Alte Testament bietet die Schlacht von Karkar dieses Datum, das mit Hilfe assyrischer Aufzeichnungen und einer astronomisch datierbaren Sonnenfinsternis (15. Juni 763 v.Chr.) auf das Jahr 853 v.Chr. festgelegt werden kann, das Todesjahr des Königs Ahab von Israel.
Für das Neue Testament, das nur einen Zeitraum von etwa 100 Jahren umfasst, stehen als Fixpunkte der Chronologie das 15. Jahr des Kaisers Tiberius zur Verfügung, das ins Jahr 27 n.Chr. für den Beginn der Wirksamkeit Johannes des Täufers führt (Lukas 3,1) und der Aufenthalt Gallios als Prokonsul in Korinth, der unter anderem durch eine Inschrift bezeugt ist und auf den 1. Juli 51 bis 30. Juni 52 datiert werden kann. In dieser Zeit ist Paulus ihm dort begegnet (Apostelgeschichte 18,12-17).
Der hebräische Kalender kombinierte das Sonnen- mit dem Mondjahr: die Sonne bestimmte das Jahr in seinem landwirtschaftlichen Rhythmus, der jeweilige Neumond bestimmte die 12 Monate von abwechselnd 29 und 30 Tagen Länge. Dadurch musste dreimal in acht Jahren ein Schaltmonat von 30 Tagen eingefügt werden. Welche Jahre nun die Schaltjahre wurden, ist nicht mehr feststellbar.
Um dennoch die vielen konkreten biblischen Angaben verständlich und anschaulich zu übertragen, gehen wir von einem normalen Jahr aus und setzen den 1. des 1. Monats (Nisan) gleich dem 1. April, den 1. des 2. Monats (Ijjar) gleich dem 1. Mai usw. Damit können wir die biblischen Tageszählungen im Monat beibehalten und bleiben mit ausreichender Genauigkeit im erkennbaren Rahmen.
Die im Neuen Testament vorkommenden Angaben für die Tageszeit wie 7. Stunde, 11. Stunde können nie mit einer exakten Uhrzeit wiedergegeben werden, etwa 13 oder 17 Uhr. Stunde meint immer eine ganze Zeitspanne, ein Zwölftel des hellen Tages oder ein Zwölftel der Nacht. Die Länge dieser Zeitspannen schwankte beträchtlich, nicht nur zwischen Tag und Nacht, sondern auch mit der Jahreszeit. Nur zweimal im Jahr, zur Tag-und-Nacht-Gleiche waren diese Zeitspannen gleich lang und entsprachen unserer 60-Minuten-Stunde. Nähere Erläuterungen sind unter www.derbibelvertrauen.de Suchwort: „Tageszeiten“ zu finden.
Wir haben deshalb in dieser Übersetzung die Stundenangaben so wiedergegeben, wie man es mit heutigen Begriffen ohne Kenntnis einer Uhr ausdrücken könnte, wie „kurz nach dem Mittag“ oder „am späten Nachmittag“. In den jeweiligen Fußnoten ist die wörtliche Stundenangabe vermerkt.
Nur wenige Grundeinheiten des Alten Testaments können archäologisch etwas genauer bestimmt werden: Zunächst die Elle zwischen 44 und 52 Zentimeter anhand von Inschriften und heutigen Messungen (z.B. am Siloa-Tunnel), dann der Schekel, der nach aufgefundenen Steingewichten zwischen 11 und 13 Gramm wog. Schekel war also immer ein Gewicht. Schekel-Münzen wurden in Israel erstmals im Jüdischen Krieg (66-70 n.Chr.) geprägt.
Auch die größte biblische Gewichts- und Geldeinheit Talent hat man versucht, aus den Zahlenangaben in 2Mo 38,25-26 als Gewicht von 3000 Schekel zu bestimmen. Das würde sich aus der Zahl von 603.550 Gemusterten ergeben, von denen jeder einen halben Schekel als Abgabe zahlen musste, was dann insgesamt 100 Talente und 1775 Schekel ergab. Aber hier bleiben grundsätzliche Fragen offen.
Denn gerade die Zahl von 603.550 Männer ergäbe hochgerechnet auf ganz Israel eine Bevölkerung von zweieinhalb bis drei Millionen Menschen. Diese riesige Zahl bereitet den Auslegern seit jeher eine Menge Probleme, sowohl innerbiblisch als auch logistisch und archäologisch. Man hat verschiedene Lösungen dafür vorgeschlagen. Die vielversprechendste geht davon aus, dass der hebräische Begriff Äläph nicht nur tausend, sondern auch Gruppe oder Einheit bedeuten kann. So zog Israel in Fünfziger-Einheiten (2Mo 13,18) aus Ägypten. Der Begriff Äläph darf aber nicht einfach durch Gruppe ersetzt werden, sondern ist oft eine Kombination beider Bedeutungen. So kann die Zahl von 603.550 Mann nach der Schreibweise im Grundtext von 4Mo 1,46 ursprünglich nicht in Zahlen, sondern in Worten geschrieben, so gelautet haben und verstanden werden: „580 Äläph (Einheiten) mit 23 Äläph (Tausend) und fünf hundert und fünfzig“. Das ergibt insgesamt 23.550 Mann. Ausführliche Begründungen siehe unten bei n_N (nach Neubewertung).
Die Maße sind im Text mit Begriffen wiedergegeben, die im deutschsprachigen Umfeld vorstellbar sind, oder sie werden in Fußnoten erklärt.
MT Masoretischer Text. Hebräischer Grundtext des Alten Testaments wie er uns heute noch vorliegt.
n_N nach Neubewertung der sehr großen Zahlen im Alten Testament. Einführung und ausführliche Begründungen sind unter https://grosse-zahlen-der-bibel.de zu finden.
o_N noch ohne Neubewertung der sehr großen Zahlen im Alten Testament.
n.Chr. nach Christus. Die Zählung wurde erst im Jahr 532 n.Chr. eingeführt und hat sich allgemein durchgesetzt, obwohl sie heute meist mit „u. Z.“ (unsere Zeitrechnung) wiedergegeben wird.
v.Chr. vor Christus. Man beachte, dass es ein Jahr Null nie gegeben hat. Dem Jahr 1 v.Chr. folgt in den Berechnungen unmittelbar das Jahr 1 n.Chr.
οϊ, ië Trema. Der horizontale Doppelpunkt über einem Vokal bedeutet, dass nebeneinanderstehende Vokale getrennt gesprochen werden, zum Beispiel Lo-ïs, Eli-ëser.
‹...› Durch kleine Klammern werden verdeutlichende Beifügungen kenntlich gemacht.
Der Übersetzer ist nach wie vor dankbar für alle Korrektur- und Verbesserungsvorschläge.
Karl-Heinz Vanheiden
www.derbibelvertrauen.de
[email protected]
Textstand: Januar 2024