Ausweg aus der Glaubenskrise
Psalm 77, 1-21
Einleitende Gedanken
Das Leben bringt viele schöne Erlebnisse und Erfahrungen mit sich. Besondere Momente erscheinen uns, wie wenn der Himmel auf die Erde gekommen wäre. Es gibt aber auch die andere Seite im Leben, denn plötzlich kann uns ein Schicksal treffen, das sich wie ein Schatten über unser Leben legt. Einige Beispiele:
Ein junger Mann, der eben Vater wurde und auf bestem Weg war, seinen Traumberuf zu verwirklichen, wurde durch einen tragischen Unfall aus dem Leben gerissen. Zurück bleibt eine Witwe mit einem wenige Monate altem Kind.
Eine Missionsgesellschaft baut in einer vernachlässigten und abgelegenen Gegend eine Klinik auf. Grosse Anstrengungen wurden unternommen und die Klinik wurde erfolgreich fertig gestellt. Kurze Zeit später wurde diese neu errichtete Klinik durch einen starken Sturm zerstört. Zurück bleiben verwirrte Missionare und eine verwirrte Missionsleitung.
Noch ein letztes Beispiel: Ein engagiertes Pastorenpaar besuchte für zwei Tage eine Konferenz. Während dieser Zeit bekamen sie den vermutlich schlimmsten Anruf ihres Lebens. Ihnen wurde mitgeteilt, dass ein Mann, den sie seelsorgerlich begleiteten, ihre Tochter ermordete. Unbeschreibliche Schmerzen erschütterte diese Familie.
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Man könnte hier Beispiel an Beispiel reihen. Hilflos stehen
wir vor solchen Schicksalsschlägen. Fragen beginnen in uns zu nagen: Gott, wo warst
du? Warum hast du das nicht verhindert? Ein Wort von dir würde genügen! Jedenfalls
ist es nicht erstaunlich, wenn wir von einem harten Schicksalsschlag betroffen sind,
eine Glaubenskrise ausgelöst wird. Asaph schrieb einen Psalm, der uns in eine tiefe
Glaubenskrise hineinführt. Alles schien ihm aussichtslos und er war verzweifelt.
Faszinierend und hilfreich ist jedoch zu sehen, wie er aus dieser Glaubenskrise
herausgefunden hatte. Das entdecken wir im Psalm 77, den ich jetzt vorlesen werde.
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Mit lauter Stimme rufe ich zu Gott, ja, ich schreie zu ihm!
Mit lauter Stimme rufe ich, damit er mir ein offenes Ohr schenkt. Psalm 77, 2.
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In meiner Not suche ich den HERRN; nachts strecke ich im
Gebet meine Hände zu ihm aus und lasse sie nicht sinken. Doch im tiefsten Herzen
finde ich keinen Trost. Psalm 77, 3.
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Denke ich an Gott, dann seufze ich. Grüble ich über alles
nach, so verlässt mich der Mut. Du lässt mich die ganze Nacht keinen Schlaf finden.
Ich bin so aufgewühlt, dass mir die Worte fehlen. Psalm 77, 4-5.
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So denke ich nach über vergangene Zeiten, über Jahre, die
schon ewig lange zurückliegen. Ich erinnere mich an mein Saitenspiel in der Nacht.
Tief in meinem Herzen sinne ich nach, ich versuche eine Antwort auf meine Fragen
zu finden: Psalm 77, 6-7.
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Wird der Herr sein Volk für immer verstossen? Will er uns
in Zukunft keine Gnade mehr erweisen? Ist es denn mit seiner Güte für immer und
ewig vorbei? Finden seine Zusagen keine Erfüllung mehr in künftigen Generationen?
Psalm 77, 8-9.
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Hat Gott denn vergessen, barmherzig und gnädig zu sein?
Hat er uns im Zorn sein Erbarmen entzogen? Ja, das ist es, was mich so sehr quält:
dass der Höchste nicht mehr so eingreift wie früher. Psalm 77, 10-11.
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Doch ich will mir die Taten des Herrn in Erinnerung rufen.
Ja, ich will an deine Wunder aus längst vergangener Zeit denken. Ich sinne über
all dein Wirken nach, dein Handeln erfüllt meine Gedanken. Psalm 77, 12-13.
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Gott, heilig ist alles, was du tust. Wer sonst ist ein so
grosser Gott wie du? Du bist der Gott, der Wunder vollbringt! Den Völkern hast du
deine Macht gezeigt. Dein Volk hast du mit starker Hand erlöst, die Nachkommen Jakobs
und Josefs. Psalm 77, 14-16.
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Die Wasser des Meeres sahen dich, Gott; die Wassermassen
sahen dich und kamen in Bewegung. Auch die Meerestiefen erbebten. Die Wolken gossen
Regenfluten aus, sie liessen Donnerschläge hören, und wie Brandpfeile schossen Blitze
hin und her. Psalm 77, 17-18.
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Laut erschallte dein Donner im Wirbelwind, Blitze erleuchteten
den Erdkreis, die Erde zitterte und bebte. Dein Weg führte mitten durch das Meer,
deine Pfade verliefen durch die Wassermassen. Doch Fussspuren von dir sah man nicht.
Psalm 77, 19-20.
Du hast dein Volk geleitet wie ein Hirte seine Herde unter der Führung von Mose und Aaron. Psalm 77, 21.
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Asaph beschreibt ein schweres Schicksal, das ihn und sein Volk Israel betraf. Leider wissen wir nicht, um welche Schwierigkeiten es sich handelte. Eines ist klar: Die Situation musste aussichtslos scheinen, und Asaph tat das einzig Richtige:
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„Mit lauter Stimme rufe ich zu Gott, ja, ich schreie
zu ihm! Mit lauter Stimme rufe ich, damit er mir ein offenes Ohr schenkt.“ Psalm
77, 2.
Er schrie heraus, was ihn umgetrieben hatte. Er bewegte seine Not nicht in einem stillen Gebet oder sogar in seinen Gedanken. So laut wie er konnte, schrie er zu Gott, damit er die Klage nicht überhören kann. Wir würden Asaph vielleicht besänftigen wollen: «Asaph, du musst nicht so laut schreien, Gott hört dich auch, wenn du leiser sprichst und er kann sogar deine Gedanken lesen. Es ist schon etwas extrem, wie du betest.» Aber ich bin überzeugt, dass es Gott liebt, wenn wir nicht so abgeklärt wirken, sondern wenn wir unseren Gefühlen und Empfindungen freien Lauf lassen.
Asaph versuchte mit allen Mitteln, die Aufmerksamkeit Gottes zu gewinnen, um von ihm auf seine quälenden Fragen Antworten zu bekommen.
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„In meiner Not suche ich den HERRN; nachts strecke ich im
Gebet meine Hände zu ihm aus und lasse sie nicht sinken. Doch im tiefsten Herzen
finde ich keinen Trost.“ Psalm 77, 3.
Er schlug sich die Nächte um die Ohren, streckte Gott seine Hände entgegen – was sehr anstrengend ist –, aber er bekam keine Antwort, die ihn hätte trösten können. Diese quälende Not liess ihn nicht zur Ruhe kommen. Und wie reagierte Gott auf diese intensiven Gebete? Gott reagierte nicht! Es gab keinen Trost und Gott gab keine Antwort, die Asaph hätte verstehen können. Deshalb klagte Asaph:
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„Denke ich an Gott, dann seufze ich. Grüble ich über
alles nach, so verlässt mich der Mut.“ Psalm 77, 4.
Er konnte Gott nicht verstehen und er seufzte über sein Schweigen und seine scheinbare Tatenlosigkeit. Asaphs Gemütszustand verfinsterte sich zusehends. Er wurde mutlos und frustriert, weil er keine Antworten fand. Das raubte ihm den Schlaf und dafür machte er Gott verantwortlich. Er sagte ihm:
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„Du lässt mich die ganze Nacht keinen Schlaf finden.
Ich bin so aufgewühlt, dass mir die Worte fehlen.“ Psalm 77, 5.
Nun versuchte er auf eine andere Weise, einen Ausweg aus diesem Dilemma zu finden. Er wandte eine Methode an, die den meisten von uns bekannt ist. Er rief sich nämlich in Erinnerung, was er mit Gott in der Vergangenheit schon alles erlebt hatte.
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„So denke ich nach über vergangene Zeiten, über Jahre, die
schon ewig lange zurückliegen. Ich erinnere mich an mein Saitenspiel in der Nacht.“
Psalm 77, 6.
Damit versuchte er mit seinen guten Erfahrungen, die er mit Gott in der Vergangenheit machte, eine positive Verbindung zu ihm herzustellen. Vielleicht könnte er Gott so näherkommen und wieder eine emotionale Beziehung zu ihm herstellen, wie bei diesem Saitenspiel in der Nacht. Manchmal kann dieser Weg funktionieren, um aus einer Glaubenskrise herauszufinden, aber bei Asaph funktionierte das diesmal nicht.
Die nagenden und quälenden Fragen liessen sich nicht bändigen.
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„Wird der Herr sein Volk für immer verstossen?“ Psalm
77, 8.
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„Will er uns in Zukunft keine Gnade mehr erweisen?“ Psalm 77, 8.
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„Ist es denn mit seiner Güte für immer und ewig vorbei?“ Psalm 77, 9.
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„Finden seine Zusagen keine Erfüllung mehr in künftigen Generationen?“ Psalm 77, 9.
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„Hat Gott denn vergessen, barmherzig und gnädig zu sein?“ Psalm 77, 10.
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„Hat er uns im Zorn sein Erbarmen entzogen?“ Psalm 77, 10.
Quälende Fragen! Fragen, die wir in dieser Deutlichkeit kaum auszusprechen wagen.
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Es scheint so, wie wenn die Gebete Asaphs an der Decke abprallen
würden und nicht zu Gott durchdringen. Vielleicht ist es dir auch schon so ergangen.
Du betest und irgendwie wirst du den Eindruck nicht los, dass die Gebete wie Selbstgespräche
im Raum verhallen. Wir könnten mit Asaph schreien: Gott – wo bist du? Wie lange
schaust Du noch zu?
„Ja, das ist es, was mich so sehr quält: dass der Höchste nicht mehr so eingreift wie früher.“ Psalm 77, 11.
Herr, warum greifst du nicht ein? Ich kann dich gar nicht mehr erkennen. Du handelst nicht mehr so, wie ich das früher erfahren hatte. Herr, ich kann dich nicht verstehen! Ich weiss nicht, wie ich über diese Not und über dich denken soll. Herr – wo bist du?
Asaph scheint an dieser Not zu zerbrechen. Er war irritiert. Die schwarzen Wolken über seinem Leben verdichteten sich.
Und ich höre schon die Stimmen, die Asaph raten möchten: „Asaph, lobe den Herrn, das wird dir helfen, denn Loben zieht nach oben. Klagen bringt dich keinen Schritt weiter. Dieses Klagen wird dich nur tiefer in den Abgrund reissen.“
Wäre das ein guter Rat? Warum sollen wir einen Menschen, der von einem Schicksal betroffen ist, nicht einfach klagen lassen? Würde ich es schätzen, wenn mich jemand zum Lob motivieren möchte, wenn ich in einer solchen Krise drin bin? Würde mich dieser gut gemeinte Rat nicht noch tiefer in den Abgrund zerren? Ich weiss doch, dass ich Gott loben sollte, aber wenn das jetzt nicht geht, dann kommt noch ein Schuldgefühl gegenüber Gott zu meiner Krise hinzu. Und tief im Herzen weiss ich, dass ich Gott jetzt nicht loben kann. Es wäre nicht aufrichtig. Es würde sich für mich wie eine fromme Show anfühlen. Eine Methode, mit der ich mich selbst zu überlisten versuche. Ich meine, dass Gott solche «Übungen» nicht erwartet. Die Bibel lehrt uns nämlich nicht, dass wir in solchen Situationen die Not beiseiteschieben und Gott loben, wie wenn die Welt in Ordnung wäre. Jedenfalls schreibt Jakobus:
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«Macht jemand von euch Schweres durch? Dann bete er! Erlebt
jemand eine Zeit der Ermutigung? Dann singe er Loblieder!» Jakobus 5, 13.
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Das finde ich ein interessanter Rat von Jakobus! Gott erwartet
von uns nicht, dass wir ihn ununterbrochen loben und unsere Fragen und Nöte vor
ihm verstecken. Sogar Petrus fordert die Christen auf:
„Legt alle eure Sorgen bei ihm ab, denn er sorgt für euch.“ 1. Petrus 5, 7.
Dieses Ablegen unserer Sorgen kann durchaus so verstanden werden, wie wir das bei Asaph in diesem Psalm sehen. Auch Hiob, ein Vorbild des Glaubens, klagte am Tiefpunkt seines Lebens. Er sagte:
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„Es ekelt mich vor diesem ganzen Leben, drum halt ich meine
Klage nicht zurück; es muss heraus, was mich verzweifeln lässt!“ Hiob 10, 1.
Es ist ungesund, wenn wir unseren Frust, unsere Verzweiflung, unsere Not und unsere tiefsten Fragen verdrängen, weil wir meinen, das würde sich als guter Christ nicht gehören. Es muss raus, denn nur so werden wir zum echten Lob zurückfinden und freudig unseren Glauben leben können.
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Alles Klagen, Schreien und Flehen hatten offensichtlich nicht geholfen. Die schlaflosen und durchbeten Nächte veränderten die aussichtslose Lage nicht. Gott hatte weder eine Antwort gegeben, noch hatte sich die Situation verbessert. Es geschah kein Wunder. Es gab keinen Trost.
Doch – und das ist das Faszinierende in diesem Psalm – änderte Asaph plötzlich seine Blickrichtung. Er traf die Entscheidung, sich nicht mehr auf diese aktuelle Situation zu fixieren. Er akzeptierte auch, dass seine persönlichen und erfreulichen Erlebnisse aus früheren Zeiten, die er mit Gott machte, nicht hilfreich sind. Plötzlich, warum auch immer, beschäftigte er sich mit der frühen Geschichte Israels. Entschlossen sagte er:
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„Ich will mir die Taten des Herrn in Erinnerung rufen. Ja,
ich will an deine Wunder aus längst vergangener Zeit denken.“ Psalm 77, 12.
Er entschloss sich, sich mit der Geschichte Israels zu beschäftigen. Was ihn dazu brachte, ist ein Geheimnis. Aber eines können wir erkennen: Durch die Klage hindurch fand er zu dieser wichtigen Entscheidung. Die Klage vertrieb schlussendlich dieses finstere Wolkengebilde und darin können wir durchaus Gottes Wirken vermuten.
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Jedenfalls erinnerte sich Asaph daran, wie Gott das Volk
Israel aus der Knechtschaft in Ägypten befreite. Wie der Pharao nachgeben und das
Volk Israel ziehen lassen musste. Er erinnerte sich daran, wie Gott das Schilfmeer
teilte, damit Israel vor der ägyptischen Armee fliehen konnte. Asaph dachte nun
über all diese Wunder in der fernen Vergangenheit nach.
„Ich sinne über all dein Wirken nach, dein Handeln erfüllt meine Gedanken.“ Psalm 77, 13.
Jetzt wurde es heller in seinem Leben. Jetzt, als die aktuelle Situation seine Gedanken nicht mehr beherrschte. Jetzt fand er wieder zu seinem Gott zurück, indem er sich daran erinnerte, was Gott viele hundert Jahre zuvor getan hatte. Er erinnerte sich an das, was er nicht mit eigenen Augen sah, denn damals lebte er noch gar nicht, sondern er erinnerte sich an das, was ihm über diese vergangenen Ereignisse erzählt wurde. Diese Ereignisse waren im jüdischen Leben tief verankert. In den Gedanken an diese vergangenen Ereignisse brach das Lob Gottes aus Asaph heraus.
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„Gott, heilig ist alles, was du tust. Wer sonst ist ein
so grosser Gott wie du? Du bist der Gott, der Wunder vollbringt! Den Völkern hast
du deine Macht gezeigt.“ Psalm 77, 14-15.
Es scheint als stünde ein anderer Mensch vor uns! Er war plötzlich wie verwandelt. Jetzt konnte er Gott von ganzem Herzen loben. Nicht das Loben hatte sein Gemüt erhellt, sondern die Erinnerung an die grossartigen vergangenen Taten Gottes weckten ihn ihm ein Lob, das von Herzen kam. Ihm wurde bewusst, wie Israel über 400 Jahre in Ägypten lebte und nach so langer Zeit Gott eingegriffen hatte. Gott – das war vermutlich seine Schlussfolgerung – wird seinem Volk wieder helfen, einfach nicht unbedingt jetzt. Und vermutlich wurde ihm auch bewusst, wenn Gott die Israeliten nicht aus Ägypten befreit hätte, würde es das Volk Israel nicht geben und er würde nicht leben. Diesen Gedankengang schloss er mit den Worten:
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„Du hast dein Volk geleitet wie ein Hirte seine Herde
unter der Führung von Mose und Aaron.“ Psalm 77, 21.
Damit ist klar, dass Asaph an die geschichtlichen Ereignisse des Volkes Israels dachte, die er mit eigenen Augen nicht gesehen hatte. Was damals in Ägypten geschah, wurde von Generation zu Generation weitererzählt und mit jährlichen Festen gefeiert.
Das Besondere ist, dass Asaph aus seiner Glaubenskrise herausfand, indem er sich Gottes Handeln in Erinnerung rief, das hunderte von Jahren zurücklag. An Ereignisse, die er nur vom Hörensagen kannte.
Für uns bedeutet das, dass wir aus unseren Glaubenskrisen herausfinden können, wenn wir daran denken, was Jesus für uns getan hatte. Unser Blick wendet sich nach der Klage auf das grosse Opfer, das Jesus am Kreuz für uns erbrachte. Wir rufen uns in Erinnerung, wenn Jesus das nicht getan hätte, wir verloren wären. Verloren zu sein ist schlimmer, als alles, was uns an Schicksalsschlägen in dieser Welt treffen könnte.
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Trost und Geborgenheit finden wir, indem wir darauf schauen,
was Jesus für uns getan hat. Das drückt Paulus mit den bekannten Worten aus:
„Gott ist für uns; wer kann uns da noch etwas anhaben?“ Römer 8, 31.
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„Er hat ja nicht einmal seinen eigenen Sohn verschont, sondern
hat ihn für uns alle hergegeben. Wird uns dann zusammen mit seinem Sohn nicht auch
alles andere geschenkt werden?“ Römer 8, 32.
Das ist prinzipiell derselbe Gedanke, den Asaph aufgerichtet und getröstet hatte! Wir erinnern uns daran, was uns Gott in Jesus geschenkt hat und merken, dass keine noch so schreckliche Situation in unserem Leben zerstören kann, was Gott uns in seinem Sohn schenkt. Und dann können wir mit Paulus bezeugen:
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„Ja, ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder
Engel noch unsichtbare Mächte, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch gottfeindliche
Kräfte, weder Hohes noch Tiefes, noch sonst irgendetwas in der ganzen Schöpfung
uns je von der Liebe Gottes trennen kann, die uns geschenkt ist in Jesus Christus,
unserem Herrn.“ Römer 8, 38-39.
Der Ausweg aus der Glaubenskrise kann durch diesen Blickwechsel kommen. Nachdem wir die Klage in ihrer ganzen Tiefe vorbringen, wird in uns plötzlich die Erinnerung wach, was Jesus für uns getan hat und wir können unseren Blick von der schrecklichen Not auf das Kreuz lenken. Wir schauen, wie Jesus sein Leben für uns opferte und uns dadurch ewiges Leben geschenkt hat. So wandelt sich die Klage in Freude über das grosse Wunder der Erlösung und Auferstehung.
Vielleicht kann man das mit der Situation vergleichen, wenn es jemandem auf dem Schiff schwindlig und schlecht wird. Die beste Möglichkeit ohne Medikamente dagegen anzukämpfen ist, wenn man einen Punkt am Ufer mit den Augen fixiert. So kann unser Körper wieder seinen Ausgleich finden.
Für uns ist dieser Orientierungspunkt im Strudel unserer Gefühle Jesus. Wir schauen auf Jesus, der für unsere Schuld starb und auferstand. Wir schauen auf den, der für uns den Sieg errungen hat. Das kann man in schweren Zeiten nicht einfach befehlen und tun. Oft geht der Weg dorthin über die Klage.
Plötzlich können wir wieder auf Jesus schauen und langsam ordnet sich unsere Gefühlswelt. Die Schmerzen mögen bleiben. Wunden heilen oft langsam – wenn überhaupt. Die quälenden Fragen bleiben unbeantwortet. Aber wir wissen, dass uns nichts von der Liebe Gottes trennen kann.
So finden wir durch die Klage aus unserer Dunkelheit heraus. Unser Orientierungspunkt, die Geschichte, an die wir uns erinnern können, ist die Zeit, als Jesus auf dieser Welt war und für unsere Schuld am Kreuz starb, damit wir uns mit Gott versöhnen können. Jesus sagte einmal:
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„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wird nicht
mehr in der Finsternis umherirren, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Johannes
8, 12
Jesus ist unser Orientierungspunkt. Nur wer an ihn glaubt wird die Kraft erleben, die im Glauben an Jesus liegt.
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Schlussgedanke
Unsere Klagen in sehr schweren Lebensabschnitten haben bei Gott einen wichtigen Platz. Gott freut sich, wenn wir mit unseren Nöten zu ihm kommen. Er freut sich, wenn wir ihm mitteilen, mit was wir im Glauben nicht zurechtkommen. Er freut sich selbst wenn wir schreien. Unsere Fragen und Nöte unterdrücken ist für unsere Seele und unseren Glauben ungesund. Das macht krank.
Früher oder später werden wir an den Punkt kommen, an dem wir uns entscheiden, unsere Blickrichtung zu ändern. Es ist der Moment, an dem wir durch die Klage zu einem ungeheuchelten Lob Gottes zurückfinden. In diesem Moment akzeptieren wir, dass wir nie alles begreifen werden, denn Gottes Gedanken sind höher als unsere Gedanken. Gott sagt:
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„Meine Gedanken sind nicht zu messen an euren Gedanken und
meine Möglichkeiten nicht an euren Möglichkeiten.“ Jesaja 55, 8.
Herr ich akzeptiere, dass ich nicht alles begreifen kann, aber ich freue mich über das, was ich verstanden habe! Das ist Grund genug dich zu loben.
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„Gott, heilig ist alles, was du tust. Wer sonst ist ein
so grosser Gott wie du? Du bist der Gott, der Wunder vollbringt! Den Völkern hast
du deine Macht gezeigt.“ Psalm 77, 14-15.