Gott wirkt überraschend
Micha 5, 1
Schriftlesung:
Matthäus 2, 1-12
I. Gott
wirkt dort, wo jeder hingehen kann
II. Gott
handelt dort, wo man es nicht erwartet
Einleitung
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Heute
beschäftigen wir uns mit der Aussage im Alten Testament, aufgrund der, die
jüdischen Priester und Schriftgelehrten wussten, wo der König der Juden, Jesus,
zur Welt kommen wird.
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Sie
fanden diesen Hinweis beim Propheten Micha. Er wirkte in der Zeit von ca.
740-710 v.Chr.. Regierungszeit Jotham,
Ahas und Hiskia
Folie (Könige
und Propheten in Israel)
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Er
war ein Zeitgenosse des Jesaja, der auch in Jerusalem weissagte und des Hosea,
der mehr für das Nordreich predigte.
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Er
gehörte zu den Propheten, die die Verschleppung der zehn Stämme Israels (722)
durch das assyrischen Reich miterlebten.
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Die
Menschen, die Micha anspricht, sahen mit eigenen Augen, wie Gott über ihrem
Brudervolk Gericht übte. Das führte offensichtlich nicht zur Veränderung der
Menschen, denn Micha beklagt die Verderbtheit der Priester, Propheten und der
Führungsschicht, und kündigt an, dass über Jerusalem ebenso, wie über das
Nordreich, ein Gericht hereinbrechen wird.
Zion wird euretwegen zum Acker, den man umpflügt, Jerusalem wird zu einem
Trümmerhaufen, der Tempelberg zur überwucherten Höhe. (Micha 3, 12)
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Erfreulicherweise
wird diese düstere Sicht der Zukunft nicht das Ende sein. Sein Blick geht
weiter über dieses Elend hinaus und er berichtet von einer zukünftigen Hoffnung
und Rettung, von einem kommenden Friedensreich.
Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus
ihren Lanzen. Man zieht nicht mehr das Schwert, Volk gegen Volk, und übt nicht
mehr für den Krieg. (Micha 4, 3)
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Und
schliesslich berichtet er uns wo dieses Friedensreich beginnt, nämlich in Bethlehem:
Folie
Aber du, Betlehem-Efrata, so klein unter den Orten Judas, aus dir wird
mir einer hervorgehen, der über Israel herrschen soll. Sein Ursprung liegt in
ferner Vorzeit, in längst vergangenen Tagen. (Micha 5, 1)
ð
An
einem kleinen unbedeutenden Ort beginnt dieses Friedensreich: in Bethlehem.
Einer kleinen unbedeutenden Stadt in Juda.
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Bethlehem
war zwar der Geburts- und Bürgerort des Königs Davids, aber es war eher in
Vergessenheit geraten.
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Es
liegt ca. 9 Km von Jerusalem, der Hauptstadt Judas entfernt. Ein unbedeutender
Flecken. David selbst mass seinem Geburtsort keine besondere Bedeutung zu. Wenn
man von der Stadt Davids sprach, dann meinte man nicht Bethlehem, sondern
Jerusalem. Denn nachdem David Jerusalem eroberte, gab er ihr den Namen: Stadt
Davids:
Darauf
machte David die Festung zu seiner Residenz und gab ihr den Namen
»Davidsstadt«. Er baute sie ringsherum aus, vom Millo stadteinwärts.
(2. Samuel 5, 9)
ð
Die
Könige wurden in der Regel in der Stadt Davids, in Jerusalem geboren. In der
Königsstadt, wo man dies auch erwartete.
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Nun
soll der, welcher über Israel herrschen sollte in diesem unbedeutenden
Bethlehem geboren werden.
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Eigentlich
warteten die Juden sehnlichst auf einen König, der sie von der schrecklichen
Herrschaft des Herodes und der römischen Oberherrschaft befreite.
ð
Der
König wird nun tatsächlich geboren, aber nicht im Machtzentrum in Jerusalem,
nicht in einem feinen und gediegenen Umfeld. Er wird im unbedeutenden Bethlehem
geboren und selbst in Bethlehem fand er kaum Platz.
ð
Bethlehem
steht für Gottes Art und Weise, wie er in dieser Welt wirkt. Der Geburtsort
seines Sohnes war ein deutlicher Hinweis, wie sich das Leben von Jesus entwickeln
wird. Was sein Ziel sein wird.
ð
Hätte
Gott seinen Sohn in Jerusalem im Palast zur Welt kommen lassen, was in unseren
Augen angemessen gewesen wäre, hätten ihn nur ausgewählte Menschen besuchen
können. Jesus wäre von den Menschen ferngehalten worden. Die Hirten hätten
keine Chance gehabt Jesus in der Wiege zu bewundern.
ð
Oder
können Sie sich vorstellen, wenn sich im englischen Königshaus Nachwuchs
einstellt, Sie dort einen Besuch machen könnten?
ð
Jesus
kam eben nicht in die Welt für eine besonders auserlesene Schicht von Menschen.
Er kam für alle Menschen. Jeder soll zu ihm kommen können.
ð
Gott
wirkt dort, wo jeder hingehen kann. Er wirkt dort, wo ausgestossene der Gesellschaft
leben. Das zeichnete das ganze Leben von Jesus aus. Als sich die Pharisäer
darüber entrüsteten mit welchen Leuten Jesus verkehrte, sagte er ihnen:
Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Matthäus 9, 12.
ð
Man
brauchte nicht Rang und Namen, um mit Jesus in Kontakt zu kommen. Bethlehem ist
die unmissverständliche Einladung Gottes an jeden Menschen. Egal wer Du bist,
Du bist bei Jesus willkommen. Es gibt kein Hindernis, keinen Numerus Clausus.
ð
Jesus
sagte sogar einmal zu den Leuten, die sich für sehr wichtig hielten:
Die Zolleinnehmer und die Huren kommen eher ins Reich Gottes als ihr. Matthäus
21, 32.
ð
Warum
wohl kommen Zöllner und Huren eher ins Reich Gottes als die religiösen Führer
und Theologen jener Zeit? Waren Zöllner und Huren die besseren Menschen?
ð
Nein
– im Gegenteil – sie führten ein moralisch verwerfliches Leben. Aber sie fanden
es nicht unter ihrer Würde, sich vor Jesus zu beugen und ihre Schuld zu
bekennen.
ð
Drastisch
machte es der Waisenvater Zeller einmal den Kindern bei einer Weihnachtsfeier
deutlich, worum es geht. Auf die eine Seite stellte er ein feines Fräulein mit
einem gelben Köfferchen. Aus dem Köfferchen schauten viele schöne mit Gold- und
Silberpapier eingewickelte und mit bunten Bändern verschnürte Päckchen heraus. Auf
die andere Seite stellte er einen Bauernknecht mit einem alten Tragkorb auf dem
Rücken. Darin sah man Pakete mit zerrissenem Papier und alten Kordeln verpackt.
"Kinder", sagte er, "ihr seht jetzt vor euch das Fräulein mit
seinem Köfferchen und den Paketen darin, den Knecht mit seinem Korb und seinen
Paketen. Jedes von euch darf sich wählen, wo es sich etwas holen will."
Da laufen natürlich fast alle Kinder zu dem Fräulein und holen sich die schön
eingewickelten Päckchen. Nur eines ist unter den Kindern, das holt sich sein
Paket aus dem Korb des Knechtes. Und dann geht es ans Auspacken. Das erste Kind
wickelt sein Goldpapier auf. Aber was kommt zum Vorschein? Sand ist in der
Schachtel, nichts als Sand. Die zweite silberbeklebte Schachtel wird geöffnet. Was
ist das? Eine Wurst! Aber eine Wurst aus Holz. Die dritte enthält einen schön
rot bemalten Apfel aus Pappdeckel, innen hohl. Dann wird das andere Paket
aufgemacht, das mit dem alten Papier eingewickelt war und das sich das Kind aus
dem alten Tragkorb geholt hatte: Ein paar neue Schuhe! Nie haben die Kinder und
auch die Grossen, die dabei waren, vergessen, dass es nicht auf den Schein
ankommt, sondern auf das Wesen, nicht auf die Schale, sondern auf den Kern, und
dass in einem unscheinbaren Äußeren das Beste und Grösste verborgen sein kann -
wie in dem armen Kind von Bethlehem der ewige Sohn Gottes mit all seinem
Reichtum. Bsp. 91.
ð
Gott
verwehrt niemandem den Zugang, jeder kann dorthin gehen, wo er wirkt. Aber das
sind meist keine Paläste, sondern armselige Orte, denen ein besonderer Reichtum
zuteil wird, weil Gott sich darin offenbart. Paulus schrieb einmal den
Korinthern:
Folie
Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan
hat: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich
zu machen. (2. Korinther 8, 9)
ð
Micha
schrieb diese Voraussage ca. 700 vor der Geburt Jesu auf. Wir können nur
staunen, dass Jesus tatsächlich in Bethlehem geboren wurde. Denn seine Eltern
lebten ca. 170 km Fussmarsch entfernten in Nazareth.
Folie
ð
Gott
setzte zu diesem Zweck ein Weltreich in Bewegung und liess Kaiser Augustus eine
Volkszählung durchführen. So mussten Joseph und Maria nach Bethlehem reisen.
ð
Und
dort gebar Maria ihren Sohn, wie auch der Zeitgenosse des Micha ankündigte:
Deshalb wird
der Herr euch von sich aus ein Zeichen geben: Die Jungfrau wird schwanger
werden und einen Sohn zur Welt bringen, den wird sie Immanuël (Gott steht uns bei) nennen.
(Jesaja 7, 14)
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Die jüdischen
Schriftgelehrten wussten genau, wo ihr Retter zur Welt kommen wird. Das hörten
wir in dem Bericht über die Weisen, die zu Herodes kamen, um zu erfahren, wo
der neugeborene König zu finden sei (sie suchten ihn – wohlgemerkt – in der
Königsstadt).
Sie antworteten: »In Betlehem in
Judäa. Denn so hat der Prophet geschrieben:(Mt 2,5) 'Du Betlehem im Land Juda!
Du bist keineswegs die unbedeutendste unter den führenden Städten in Juda, denn
aus dir wird der Herrscher kommen, der mein Volk Israel schützen und leiten
soll.'« (Matthäus 2, 6)
ð
Man
muss sich wirklich fragen, weshalb an der Krippe Hirten und Weise aus dem
Morgenland (Ausländer) standen, aber keine Priester, keine Hohenpriester, keine
Schriftgelehrte, keine Pharisäer.
ð
Alle
hätten aufhorchen müssen.
ð
Der
König Israels war gekommen. Der von Anfang und von Ewigkeit her gewesen ist. Gott
selbst besucht die Welt und keiner geht hin!
ð
Warum
rennen sie nicht? Warum suchen sie ihn nicht?
ð
Was
nützt ihnen die Kenntnis der Schrift, wenn sie nicht gehen?
ð
Vermutlich
war es für sie nicht spektakulär genug.
ð
Gott
wirkt so, wie man es oft nicht erwartet. Die Armseligkeit, in der Jesus geboren
wurde, liess nicht sofort erkennen, dass Gott hier am Wirken war.
ð
Gott
wählte die Niedrigkeit, um uns Menschen zu begegnen. Sozusagen neben der Welt
kommt Gott in die Welt. Er wird nicht wie ein König von den Grossen gefeiert
und bejubelt, nein – er wurde verachtet, verfolgt und hingerichtet.
ð
Gott
wirkt oft unscheinbar, so wie man das nicht erwartet. Was in den Augen von
Menschen belanglos oder sogar anstössig ist, ist in den Augen Gottes
grossartig. Jesus sagte einmal seinen Jüngern.
Es kommt eine Zeit, wo jeder, der euch tötet, meint, Gott damit einen
Dienst zu erweisen. Johannes 16, 2.
ð
So
verborgen ist Gottes Wirken in unserem Leben. Vieles geschieht unscheinbar und
wird verachtet, aber Gott ist am Werk. Das erstaunliche dabei ist, dass er uns
gewählt hat, um in und durch uns zu wirken.
ð
So
unbedeutend wir sind. Unser Leben ist ein Nichts, im Blick auf die
Menschheitsgeschichte, aber trotzdem wirkt Gott in uns, in Dir und in mir. Ein
anscheinend unwürdiger Ort, aber Gott macht uns würdigt.
ð
Gott
wirkt in uns meistens nicht so spektakulär, wie wir uns das vorstellen, aber er
verleiht unserem Leben Bedeutung.
ð
Manchmal
fragen wir uns doch, ob unser Leben mit Jesus wirklich Auswirkungen hat, ob uns
Gott tatsächlich gebrauchen kann.
ð
Plötzlich
kann sich eine grosse Enttäuschung über uns und über Gott breit machen. Dabei
kann uns vielleicht die Geschichte der drei Bäume etwas helfen.
Folienreihe
ð
Drei
Bäume standen nebeneinander und sprachen über Ihre Träume, was sie einmal
werden möchten.
ð
Der erste
Baum wollte eine Schatztruhe werden.
Der zweite Baum wollte ein Königsschiff werden.
Der dritte Baum wollte ein bedeutendes Denkmal werden.
ð
Aber
es kam ganz anders, als sie eines Tages gefällt wurden, erfüllten sich ihre
Träume nicht. So waren sie sehr enttäuscht. Das wollen wir uns jetzt anhören.
ð
Lied:
ich bin enttüscht…
ð
Vielleicht
kennst Du diese Enttäuschung. Je älter man wird, muss man sich damit abfinden,
dass das Leben nicht so gelaufen war, wie man es sich erhofft hatte. Sich
Träume nicht erfüllten, die man träumte. Gebete scheinbar an der Decke hängen
geblieben sind.
ð
Nun
das ist meist unsere Sicht des Lebens. Sehen wir, wie es mit den Bäumen weiterging.
ð
Der
Baum eine Schatztruhe werden wollte, wurde aber zur Futterkrippe verarbeitet.
ð
Der
Baum ein Königsschiff werden wollte, wurde ein Fischerboot.
ð
Der
dritte Baum wollte ein bedeutendes Denkmal werden, wurde aber ein Kreuz.
ð
Doch
sie hatten das wunderbare Vorrecht in ihrer Unscheinbarkeit eine wichtige
Aufgabe zu erfüllen.
ð
In
die Futterkrippe wurde Jesus gelegt, auf dem Fischerboot predigte Jesus und an
dem Kreuz vom dritten Baum wurde Jesus hingerichtet.
ð
So
hatten diese drei Bäume die vornehmste Aufgabe, die es überhaupt gibt.
ð
So
werden auch wir einmal staunen, was Gott durch unser Leben bewirken wollte und
bewirkt hat.
ð
Nehmen
wir einmal den Bücherstand von gestern am Helvetiaplatz. Da ist nicht besonders
viel gelaufen. Da und dort einmal ein Gespräch. Wir konnten vielleicht etwa 80
Zeitungen weitergeben. Ab und zu eine Schrift. Aber es könnte sehr wohl sein,
dass jemand von diesen Menschen durch unsere Anwesenheit einmal Gott begegnen
wird…
ð
Wir
machen uns im Moment besondere Gedanken über unsere Gemeinde, wollen wissen wie
weiter und was wir tun sollen. Wir sind nicht so gross, wie wir gerne sein
möchten. Wir sind nicht so stark wie wir es gerne hätten. Vielleicht wären wir
viel lieber in einer grossen und blühenden Gemeinde.
ð
Vielleicht
werden wir einmal staunen, was Gott durch uns bewirkt hat. Vielleicht müssen
wir wieder einmal Gott ganz klar sagen: Brauche Du mich dort wo Du es für
richtig hältst. Bewahre mich davor, dass ich mich verwirklichen will, sondern
hilf, dass Dein Name gross wird. Hilf mir Dir einfach treu zu sein.
Schluss
ð
Zusammenfassung
ð
Bethlehem,
der unscheinbare Ort, bekommt grosse Bedeutung, weil Gott dort in die Welt
kommt. Es ist ein grossartiges Geschenkt Gottes. Er schenkt uns seinen Sohn, so
dass jeder von uns, egal woher er kommt, Zugang zu ihm findet, denn Gott wirkt
dort wo jeder hingehen kann.
ð
Gott
wirkt dort, wo man es nicht erwartet, nämlich in uns. Bei ganz normalen und
unscheinbaren Menschen. Das ist die Botschaft von Weihnachten. Jesus brachte in
unser Leben einen unfassbaren Reichtum.
Denn ihr wisst, was Jesus Christus, unser Herr, in seiner Liebe getan
hat: Er, der reich war, wurde euretwegen arm, um euch durch seine Armut reich
zu machen. (2. Korinther 8, 9)
ð
Dieser
Reichtum wird eines Tages in seiner ganzen Fülle sichtbar werden. Freuen wir
uns doch jetzt schon darüber.
Amen