Wie Schafe unter Wölfen
Matthäus 10, 16-26
Schriftlesung: Matthäus
10, 16-26
Gliederung
Seht, ich sende euch wie Schafe
mitten unter die Wölfe. Seid darum klug wie die Schlangen und doch ohne Falsch
wie die Tauben. Matthäus 10, 16.
Nehmt euch in Acht vor den Menschen! Sie werden euch in ihren Synagogen vor
Gericht stellen und auspeitschen. Matthäus 10, 17.
Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige führen, und ihr sollt
vor ihnen und vor allen Völkern meine Zeugen sein. Matthäus 10,1 8.
Wenn man euch vor Gericht stellt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr reden
und was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben, was
ihr sagen müsst. Matthäus 10, 19.
Nicht ihr seid es, die dann reden, sondern der Geist eures Vaters wird durch
euch reden. Matthäus 10, 20.
Menschen werden ihre nächsten Angehörigen dem Henker ausliefern: der Bruder den
Bruder und der Vater sein Kind; und auch Kinder werden sich gegen ihre Eltern
stellen und sie töten lassen. Matthäus 10, 21.
Um meines Namens willen werdet ihr von allen Menschen gehasst werden. Wer aber
bis ans Ende standhaft bleibt, wird gerettet. Matthäus 10, 22.
Wenn man euch in der einen Stadt verfolgt, dann flieht in eine andere! Ich sage
euch: Noch bevor ihr mit den Städten Israels zu Ende seid, wird der
Menschensohn kommen. Matthäus 10, 23.
Ein Jünger steht nicht über seinem Meister und ein Diener nicht über seinem
Herrn. Matthäus 10, 24.
Der Jünger muss zufrieden sein, wenn es ihm ergeht wie seinem Meister, und der
Diener, wenn es ihm ergeht wie seinem Herrn. Hat man schon den Hausherrn
Beelzebul genannt, dann wird man seine Leute erst recht so nennen.
Matthäus 10, 25.
Fürchtet euch also nicht vor den Menschen! Denn nichts, was verborgen ist, bleibt verborgen; alles wird offenbart
werden. Und nichts, was geheim ist, bleibt geheim; alles wird bekannt gemacht
werden. Matthäus 10, 26.
Einleitung
Der Bericht eines jungen Christen aus Eritrea:
Ich bin in einer christlichen Familie aufgewachsen und
entschied mich bereits in jungen Jahren Jesus nachzufolgen. Zusammen mit meiner
Familie besuchte ich die Full Gospel Gemeinde in Asmara und wirkte aktiv mit.
Im Mai 2002 veränderte sich meine Situation schlagartig. Die Kirche wurde
geschlossen und uns Gläubigen wurde verboten, uns zum Gebet zu treffen. Etliche
Mitglieder unserer Gemeinde wurden verhaftet und irgendwo eingesperrt. Trotz
Nachforschungen konnte ich keine Spur von ihnen finden. Ich bekam Angst und
entschloss mich zu fliehen. Es war eine lange, mühevolle Flucht, doch endlich
kam ich nach Deutschland und beantragte Asyl. Mein Antrag wurde abgelehnt und
ich wurde in mein Land ausgeschafft. Kurz nach meiner Ankunft musste ich in die
Armee eintreten. Es war eine schwere Zeit, besonders als Christ. Ich hatte es
geschafft, meine kleine Bibel in das Armeecamp zu schmuggeln. Das heimliche
Lesen darin gab mir täglich Kraft. Doch eines Morgens ertappte mich ein
Offizier, als ich gerade dabei war, mein kostbares Buch zu verstecken. Ich
wurde auf der Stelle verhaftet und ins Gefängnis abtransportiert. Ich wurde
verhört und man wollte mich zwingen, mich der Orthodoxen Kirche anzuschliessen.
Als ich ablehnte, wurden meine Füsse und Hände auf dem Rücken zusammen
gebunden. Sie fingen an, mich zu treten und zu schlagen. Als ich immer noch
nicht bereit war, meine Meinung zu ändern, wurde ich gefesselt über mehrere
Stunden in die pralle Sonne gelegt. Als sie merkten, dass ich nicht
kapitulieren wollte, liessen sie mich frei. Durch die Folter ist eine meiner
Hände verstümmelt, dass ich sie nicht mehr gebrauchen kann. Meine Liebe zu
Jesus jedoch und die Bereitschaft, ihm zu dienen, hat sich nicht geändert.
ð
Leider
ist diese Geschichte keine Ausnahmen. Viele Christen weltweit, müssen wegen
ihres Glaubens leiden und sterben.
ð
Letzten
Sonntag war der Sonntag der verfolgten Kirche. Es ist ein Tag, an dem wir als
Gemeinde aufgefordert sind, die Augen für die Situation von Geschwistern zu
öffnen, die um des Glaubens Willen leiden müssen. Wir sollen uns Gedanken über
unsere Situation als Christen in dieser Welt machen. Das wollen wir heute tun.
ð
Was
Jesus hier sagt, lässt einem den Atem stocken. Ein schlimmes Bild für die
Jünger, die gesendet werden.
Seht, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Matthäus 10, 16.
ð
Das
klingt gar nicht vernünftig, denn Schafe sollten Wolfsherden meiden. Jesus sagt
nicht einmal, dass er die Jünger als Herde sendet und sie müssten sich damit
abfinden, Wölfe würden um sie her sein. Es ist alles viel schlimmer: Jesus
sendet seine Jünger wie Schafe in eine Herde von Wölfen.
ð
Er
schickt sie in ein ausserordentlich gefährliches Gebiet. Am liebsten würden wir
Jesus sagen: Bitte, bitte tu das nicht. Du bist doch allmächtig. Du kannst mit
anderen Mitteln in diesen Wolfherden wirken. Bitte schick uns in ein Gebiet, wo
es nicht so viele Wölfe gibt, jedenfalls dorthin, wo die Schafe in der Überzahl
sind, damit haben wir immer noch genug Gefahren zu überstehen.
ð
Mit
diesem Bild von den Schafen, die in die Wolfsherden geschickt werden, zerstört
Jesus die Vorstellung eines friedlichen und bequemen Lebens. Wie das Leben
aussehen wird beschreibt er ziemlich konkret:
Sie werden euch in ihren Synagogen vor Gericht stellen und auspeitschen. Matthäus
10, 17.
Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige führen, und ihr
sollt vor ihnen und vor allen Völkern meine Zeugen sein. Matthäus 10, 18.
ð
Bis
hierher könnten wir noch denken, dass das, was Jesus sagt, einzig für die
Apostel gilt. Sie hatten das ja tatsächlich so erlebt. Paulus verbrachte viel
Zeit in Gefangenschaft. Doch Jesus entwickelt die Gedanken weiter und damit
wird auch deutlich, dass das, was er hier von den Schafen und Wölfen sagt für
jeden Christen Bedeutung hat.
Menschen werden ihre nächsten Angehörigen dem Henker ausliefern: der
Bruder den Bruder und der Vater sein Kind; und auch Kinder werden sich gegen
ihre Eltern stellen und sie töten lassen. Matthäus 10, 21.
ð
Wir
werden den Menschen nie gefallen können. Es wird immer so sein, dass wir
Anstoss erregen. Provokationen gibt es immer wieder in der
Menschheitsgeschichte. Menschen werden aufgefordert einen Gott zu verehren, den
sie nicht wollen, z.B. im Buch Daniel. So schrieb Paulus mit grösster
Selbstverständlichkeit:
Im Übrigen sind Verfolgungen etwas womit alle rechnen müssen, die zu
Jesus Christus gehören und entschlossen sind, so zu leben, dass Gott geehrt
wird. 2. Timotheus 3, 12.
ð
Für
uns ist es schon fast selbstverständlich, dass es uns gut geht. Es ist für uns
eine Selbstverständlichkeit die Achtung der Menschen für unseren Glauben
einzufordern. Wir haben schliesslich Glaubensfreiheit.
ð
Dabei
vergessen wir schnell, dass wir hier so frei unseren Glauben leben dürfen, ein
unverdientes Privileg ist, das wenige Christen – auf die ganze Christenheit
gesehen – haben.
ð
Jesus
machte über die Schwierigkeiten, die ein Leben mit ihm mit sich bringen, nie
ein Geheimnis. Er forderte sogar auf, die Sache gut zu überlegen, die Kosten zu
überschlagen, bevor man sich auf ein Leben mit ihm einlassen möchte. Er macht
das an einem Beispiel deutlich:
Nehmen wir an, ein König macht sich auf, um gegen einen anderen König in
den Krieg zu ziehen. Wird er sich da nicht zuerst hinsetzen und überlegen, ob
er in der Lage ist, sich mit seinem Heer von zehntausend Mann einem Feind
entgegenzustellen, der mit zwanzigtausend gegen ihn anrückt? / Wenn er sich
nicht für stark genug hält, wird er, solange der andere noch weit weg ist, eine
Abordnung zu ihm schicken, um Friedensbedingungen auszuhandeln. / Darum kann
auch keiner von euch mein Jünger sein, wenn er sich nicht von allem trennt, was
er hat. Lukas 14, 31-33.
ð
Wenn
wir ehrlich sind, merken wir, dass es tief in uns liegt, „zurückzuschlagen,
wenn wir ungerecht behandelt werden“ oder gar dem anderen von uns aus eine
reinwürgen. Von unserer menschlichen Natur aus sind wir eher Wölfe als Schafe. Jesus
sagt mit diesem Bild: Christen sind friedlich und betreiben Mission gewaltlos.
Sie werden aber immer auf auch gewaltsamen Widerstand stossen.
ð
Nun,
das Umfeld in dem wir Leben, ist bedrohlich. Wölfe verspeisen gerne Schafe.
Doch Jesus sagt nicht, wir sollen hingehen und uns den Wölfen zum Frass vorwerfen.
Er sagt, weil die Situation so gefährlich ist:
Seid darum klug wie die Schlangen und doch ohne Falsch wie die Tauben. Matthäus
10, 16.
ð
Diese
Kombination von Klugheit wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben,
lebte Jesus selber vor. Z.B. die Antwort beim Schriftgelehrten, der fragte wie
man das ewige Leben bekommt. Hätte er
den Pharisäern und Schriftgelehrten immer gleich offen alles ohne Umschweife
gesagt, dann hätte er nicht drei Jahre lang wirken können. Er wäre vermutlich
schon in den ersten Monaten gesteinigt worden.
ð
Keiner
muss sich heldenhaft der Verfolgung stellen. Wo immer es möglich ist, dürfen
wir der Verfolgung ausweichen, denn Jesus sagt:
Wenn man euch in der einen Stadt verfolgt, dann flieht in eine andere! Matthäus
10, 23.
ð
Das tat
Paulus. In Damaskus wollte man ihn töten. Man bewachte die Stadt, damit er
nicht entkommen konnte.
Da liessen ihn seine Anhänger eines Nachts in einem Korb die Stadtmauer
hinunter und verhalfen ihm so zur Flucht. Apostelgeschichte 9, 25.
ð
In
Ikonion merkten Paulus und Barnabas, dass sie gesteinigt werden sollten. Sie
blieben nun nicht still sitzen und warteten getrost auf die Steinigung.
Sie flohen nach Lykaonien. Apostelgeschichte 14, 6.
ð
Später,
als in Ephesus ein grosser Aufstand gegen die Christen entstand und Paulus als
Führer der Christen in Erscheinung treten wollte, verhinderten die Christen
dies:
Als Paulus von diesen Vorgängen erfuhr, wollte er persönlich vor die
Volksmenge treten, aber die Jünger liessen es nicht zu. / Und auch einige hohe
Beamte der Provinzverwaltung, die freundschaftlich mit ihm verbunden waren,
warnten ihn durch Boten davor, sich ins Theater zu begeben. Apostelgeschichte 19,
30-31.
ð
Vor
König Agrippa kämpfte Paulus sogar für eine gerechte Behandlung, er sagte:
Wäre ich im Unrecht und hätte etwas getan, worauf die Todesstrafe steht,
würde ich mich nicht weigern zu sterben. Doch wenn die Anklagen dieser Leute
aus der Luft gegriffen sind, hat niemand das Recht, mich an sie auszuliefern,
nur um ihnen einen Gefallen zu erweisen. Ich verlange, dass mein Fall vor den
Kaiser kommt! Apostelgeschichte 25, 11.
ð
Also,
wir sehen: Als Schafe unter Wölfen leben, heisst nicht uns vor sie hinzuwerfen.
Wo wir können, sollen wir uns retten. Doch sollen wir nie Jesus und sein
Rettungswerk verleugnen.
ð
Wir
dürfen auch nicht den Auftrag, den Missionsbefehl, den uns Jesus gegeben hat
vernachlässigen, um uns so zu schützen.
ð
Paulus
konnte nicht immer entrinnen. Oft sass er in Gefängnissen und wurde zum Schluss
hingerichtet.
ð
Noch
etwas wichtiges, eigentlich für uns das Wichtigste sagt Jesus deutlich:
Wenn man euch vor Gericht stellt, dann macht euch keine Sorgen, wie ihr
reden und was ihr sagen sollt. Denn wenn es so weit ist, wird euch eingegeben,
was ihr sagen müsst. Matthäus 10, 19.
ð
Wir
sind nie allein gelassen. Selbst in der grössten Stresssituation, nämlich vor
Gericht, wird uns eingegeben werden, was wir sagen sollen.
ð
Selbst
dann, wenn wir auf der Verliererseite stehen, ist Gott uns ganz nah. Wir werden
dann realisieren, dass das, was über unsere Lippen kommt nicht unsere Weisheit
ist, sondern Gottes Reden. Wir werden so, die Geborgenheit und Kraft Gottes
erleben! Dann, wenn wir es nötig haben, werden wir Kraft bekommen.
Schluss
ð
Zusammenfassung
ð
Etwas
ganz Grundlegendes sagt Jesus seinen Jüngern, dass uns sofort einleuchtet:
Ein Jünger steht nicht über seinem Meister und ein Diener nicht über
seinem Herrn. Matthäus 10, 24.
Der Jünger muss zufrieden sein, wenn es ihm ergeht wie seinem Meister,
und der Diener, wenn es ihm ergeht wie seinem Herrn. Hat man schon den
Hausherrn Beelzebul genannt, dann wird man seine Leute erst recht so nennen. Matthäus
10, 25.
ð
Das
ist unser Schicksal! Es ist aber auch unsere Rettung!
Um meines Namens willen werdet ihr von allen Menschen gehasst werden. Wer
aber bis ans Ende standhaft bleibt, wird gerettet. Matthäus 10, 22.
ð
Vielleicht
müssen wir unser Bekenntnis zu Jesus erneuern. Vielleicht müssen wir Ihm wieder
einmal sage: Ja, Jesus, ich folge Dir nach, egal wie hoch der Preis ist. Ich
folge Dir nach, wenn ich deswegen meine Arbeit verliere. Ich folge Dir nach,
wenn mich mein Nachbar hasst. Ich folge Dir nach, wenn meine Kinder mich
belächeln. Ich folge Dir nach, wenn meine Eltern mich deswegen verachten und
sich wegen mir schämen.
ð
Petrus
schrieb den leidenden Christen:
Ihr könnt euch glücklich preisen, wenn ihr beschimpft werdet, nur weil
ihr euch zu Christus bekennt; denn dann ist der Geist Gottes bei euch, in dem
Gottes Herrlichkeit gegenwärtig ist. (1. Petrus 4, 14)