Der Prozess gegen Gott
Lukas 23, 13-25
Schriftlesung: Lukas 23, 1-25
Gliederung
I. Die eindeutige Unschuld (13-16)
A. Eine haltlose Anklage
B. Die Untersuchung der
Anklage
C. Der Freispruch
II. Die haltlose Forderung (17-23)
A. Hoffnung für einen
Hoffnungslosen
B. Gescheiterte
Rettungsversuche
III. Das niedere Motiv (24-25)
A. Die endgültige Verurteilung
B. Ein Schuldiger wird frei
Einleitung
ð
In der
Erzählung: "Die wahre Liebe", schildert der Schriftsteher Albert
Reinecke das tragische Schicksal des Malers Ambrosius. Er hatte schon alles nur
Erdenkbare gemalt, nur eines wollte ihm nicht gelingen, das darzustellen, was
wahre Liebe ist. Als er sich verliebte, fand er die wahre Liebe und er malte
ein Bild seiner Braut. Sein Bild erhielt den ersten Preis. Leider erlebte er
mit seiner Braut bald eine grosse Enttäuschung. Er eilte zu seinem Bild der
wahren Lieben und zerriss es mit eigener Hand. Wie ein Wahnsinniger lief er
durch die Strassen, immerfort rufend: Ich suche die wahre Liebe! Lange hörte man
nichts mehr von dem Maler. Er wurde alt. Eines Tages fand man ihn in seinem
Atelier vor einem grossen Gemälde tot auf. Es stellte in eindrücklicher Weise die
Kreuzigung Christi dar. Mit letzter Kraft hatte der Maler unter das Bild
geschrieben: "Die wahre Liebe!"
ð
Was
wir eben hörten, was Jesus durchlitten hatte, das kann nur mit den Worten
„wahre Liebe“ beschrieben werden. Wie sonst könnte man erklären, dass Jesus
sich diesem Prozess gegen ihn aussetzte. Er hätte es doch gar nicht nötig
gehabt. Er hätte sich zurückziehen können, aber er wollte nicht, weil seine
Liebe zu uns so unbeschreiblich gross ist.
ð
Beschreibung
wie sie Jesus zu Pilatus brachten.
ð
Der
Prozess ist in vollem Gange. Die Anklage steht:
Wir haben
festgestellt, dass dieser Mann unser Volk aufwiegelt; er hält die Leute davon
ab, dem Kaiser Steuern zu zahlen, und behauptet, er sei der Messias und König.
Lukas 23, 2.
ð
Was
sich da der Hohe Rat ausdachte war ganz raffiniert, drei Punkte enthält die
Anklage, die genau auf die Römer zugeschnitten waren:
a) Jesus ist einer, der das Volk aufwiegelt. Die Römer hatten ungeheure Angst
vor Volksaufständen, denn sie bekamen sie selten richtig in den Griff.
b) Jesus lehne es ab, dem Kaiser Steuern zu zahlen. Das wäre ein Widerstand
gegen die römische Herrschaft.
c) Jesus behauptet König zu sein. Damit machten sie Jesus zum Staatsfeind. Später,
als sie auf Pilatus noch mehr Druck ausübten sagten sie:
Jeder, der sich
selbst zum König macht, stellt sich gegen den Kaiser. Johannes 19, 12.
ð
Also,
Jesus ist ein Feind und eine Gefahr für das römische Reich, deshalb soll
Pilatus ihn töten.
ð
Erstaunlich,
dass die Hohepriester und Oberen der Juden sich so plötzlich auf die Seite der
Römer stellten. Sie scheinen für das römische Reich zu denken. Das muss Pilatus
etwas suspekt gewesen sein.
ð
Die
Untersuchung beginnt. Pilatus findet bei Jesus keine Schuld.
ð
Die
Juden gaben aber nicht nach, sie wollten die Verurteilung von Jesus sofort.
Pilatus hatte nun eine rettende Idee, wie er sich aus der Verantwortung ziehen
konnte. Er fragte, ob Jesus nicht aus Galiläa käme (Lukas 23, 6).
ð
Ja,
jetzt konnte er ihn an den Herrscher des Gebiets Galiläa übergeben, denn Jesus
gehörte in seine Zuständigkeit und weil Passah war, befand sich Herodes in
Jerusalem.
ð
Aber
auch Herodes fand keinen vernünftigen Grund, Jesus zu Verurteilen. Er sandte
ihn wieder zu Pilatus zurück.
ð
Jetzt
rief Pilatus die Hohepriester und die Oberen und das Volk zusammen, um ihnen
sein Urteil bekannt zu machen.
ð
Er
sagt:
Ihr habt diesen
Mann vor mich gebracht, weil er angeblich das Volk aufwiegelt. Nun, ich habe
ihn in eurem Beisein verhört und habe ihn in keinem der Anklagepunkte, die ihr
gegen ihn erhebt, für schuldig befunden. Im Übrigen ist auch Herodes zu keinem
anderen Schluss gekommen, sonst hätte er ihn nicht zu uns zurückgeschickt. Ihr
seht also: Der Mann hat nichts getan, womit er den Tod verdient hätte. Darum
werde ich ihn auspeitschen lassen und dann freigeben. Lukas 23, 14-16.
ð
Das
Urteil ist eindeutig: Jesus ist in den Augen der Römer absolut unschuldig. Es gab
keine Beweise, dass Jesus das Volk aufgewiegelt hätte und die Menschen gegen
die römische Herrschaft aufhetzte. Hätte Jesus das getan, dann kann ich dafür garantieren,
dass Pilatus ihn sofort schuldig gesprochen hätte, das römische Reich war
diesbezüglich gar nicht zimperlich.
ð
Nun,
nach dem Urteil des Pilatus wäre der Fall abgeschlossen. Die Juden hätten den
Richterspruch akzeptieren müssen und das Fest hätte seinen weiteren Verlauf
genommen.
ð
Diese
Anklage ist ein Modellfall für die Anklagen die gegen Christen erhoben werden.
Jesus sagte zu seinen Jüngern:
Nehmt euch in
Acht vor den Menschen! Sie werden euch in ihre Synagogen vor Gericht stellen
und auspeitschen. Man wird euch um meinetwillen vor Machthaber und Könige
führen. Matthäus 10, 17-18.
ð
Dieses
Schicksal kann grundsätzlich jeden Christen treffen. Wir dürfen uns darüber
keine Illusionen machen und uns nicht in einer falschen Sicherheit wiegen.
ð
Das
Evangelium erregt Widerstand und nicht selten meinen Menschen, sie täten Gott
einen Gefallen, wenn sie Christen töten, Jesus sagte:
Es kommt eine
Zeit, wo jeder, der euch tötet, meint, Gott damit einen Dienst zu erweisen. Johannes
16, 2.
ð
Die
Anklage von Jesus ist also ein Modellfall für uns. Dieses Modell wiederholte
sich schon tausendfach und wird sich fortlaufend wiederholen.
ð
Wie
bei Jesus, werden Christen selten einfach wegen ihres Glaubens angeklagt. Die
Menschen werden andere Gründe finden. So wie z.B. Nero die Christen für den
Brand von Rom verantwortlich machte, obwohl er Rom in Brand steckte.
ð
Wir
werden uns damit abfinden müssen, dass wir ungerecht behandelt werden und uns
Dinge vorgeworfen werden, die nicht der Wahrheit entsprechen. Dann sollen wir
an Jesus denken, er teilt mit uns das gleiche Schicksal.
Richtet unseren
Blick auf Jesus, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorangegangen
ist. Weil Jesus wusste, welche Freude auf ihn wartete, nahm der den Tod am
Kreuz auf sich, und auch die Schande, die damit verbunden war, konnte ihn nicht
abschrecken. Hebräer 12, 2.
ð
Die
Juden gaben nicht auf. Sie wollten Jesus so schnell wie möglich tot sehen. Miteinander
schrieen sie vor Pilatus:
Weg mit ihm! Gib
uns Barabbas frei! Lukas 23, 19.
ð
Barabbas
wollten sie, wenn Pilatus einen Gefangenen freigibt, was zum Passah üblich war,
dann wollten sie Barabbas nicht Jesus.
ð
Wer war
dieser Barabbas? Barabbas tat genau das, was sie eigentlich Jesus vorwarfen. Er
war ein Aufwiegler. Er war nachweislich an einem Aufruhr in der Stadt Jerusalem
beteiligt. Er bekämpfte die römische Herrschaft und nicht nur das, er hatte
auch gemordet. Darum wurde er ins Gefängnis geworfen und zu recht verurteilt. Niemand
zweifelte an seiner Schuld.
ð
Nach
jüdischem und römischem Recht, wurden Mörder mit dem Tod bestraft. Das schien
das Volk mit ihren Führern überhaupt nicht zu stören. Sie wollten den Mörder
befreit haben und den Unschuldigen hinrichten.
ð
Eigenartig!
Bei Barabbas scheint es den Leuten egal zu sein, dass er das Volk aufgewiegelte
und sich gegen das römische Reich stellte. Er tat doch genau das, was sie Jesus
vorwarfen! Gerechtigkeit war für sie kein Thema. Sie wollten um jeden Preis
Jesus am Kreuz sterben sehen.
ð
Pilatus
wollte das nicht akzeptieren, er war entschlossen Jesus freizulassen.
Unmöglich! blind schrieen sie drauflos:
Kreuzige,
kreuzige ihn! Lukas 23, 21.
ð
Pilatus
gab nicht auf. Er versuchte ein drittes Mal zu intervenieren:
Was für ein
Verbrechen hat er denn begangen? Ich habe nichts an ihm gefunden, wofür er den
Tod verdient hätte. Darum werde ich ihn auspeitschen lassen und dann freigeben.
Lukas 23, 22.
ð
Auch
dieser dritte Versuch war erfolglos, sie verlangten kategorisch, dass Jesus
gekreuzigt wird. Dazu zogen sie alle möglichen Register, sie – das kann man im
Johannesevangelium nachlesen – bedrohten Pilatus:
Wenn du den
freilässt, bist du nicht mehr der Freund des Kaisers! Jeder, der sich selbst
zum König macht, stellt sich gegen den Kaiser. Johannes 19, 12.
ð
Das
furchtbare Geschrei nahm überhand.
ð
Pilatus
beugte sich diesem masslosen Druck. Er konnte sonst diesen Aufstand nicht unter
Kontrolle bringen.
ð
Das
Volk liess sich durch einige Leute, die Stimmung machten manipulieren. Viele,
die schrieen Pilatus soll Jesus kreuzigen, waren sich vermutlich gar nicht
bewusst, was sie taten, geschweige um was es ging. Gruppendruck kann uns zu
ganz schrecklichen Taten verleiten. Im AT finden wir eine Warnung, uns dem
Gruppendruck zu entziehen:
Schliess dich
nicht der Mehrheit an, wenn sie auf der Seite des Unrechts steht. Musst du in
einer Gerichtsverhandlung als Zeuge aussagen, so beuge dich nicht einer
Mehrheit, die das Recht verdreht. (2. Mose 23, 2)
ð
Das
geschieht bei uns oft schneller als wir das möchten. Da sagte irgendjemand
etwas gegen jemanden anderen und schon schreien alle mit, obwohl sie eigentlich
gar nichts Genaues wissen.
ð
Pastor
Modersohn erzählt aus einer kleinen Stadt in Westfalen folgendes Erlebnis. Eine
junge Frau wollte sich nicht auf die Freundschaft mit einem Mann einlassen, der
eher im schlechten Ruf stand. Dieser war so beleidigt, dass er sich rächte,
indem er ein falsches Gerücht über diese Frau in Umlauf brachte. Mit der Zeit
sprach man in der kleinen Stadt an allen Ecken über diese Frau, was sie tat und
man nie von ihr gedacht hätte. Niemand fragte sie, ob das wahr sei. Eines Tages
erfuhr diese junge Frau, was man über sie erzählte. Erschrocken dachte sie:
wenn die Leute so etwas von mir denken, kann ich mich ja gar nicht mehr sehen
lassen! Sie verliess kaum mehr ihr Zimmer und grübelte und grübelte, bis sie in
tiefe Depression viel und sich in diesem Zustand das Leben nahm. Wer hat sie
umgebracht? Der junge Mann, der die Verleumdung aufgebracht hat. Aber wer noch
mehr? All die achtbaren Männer und Frauen, Herren und Damen, die so eifrig
waren zu fragen: "Haben sie schon gehört, was sie gemacht hat?"
ð
Pilatus
verkündet nun sein Urteil. Er verurteilt Jesus nicht wirklich, sondern er
erfüllt die Bitte des Volkes. Er opferte Jesus ihrem Willen.
ð
Das
Urteil hatten die Juden getroffen. Das war auch die Überzeugung der Jünger. An
Pfingsten sagte Petrus:
Es steht also
unzweifelhaft fest, und ganz Israel soll es erkennen: Gott hat Jesus zum Herrn
und Messias gemacht – den Jesus, den ihr gekreuzigt habt. Apostelgeschichte 2, 36.
(Apostelgeschichte 7, 52)
ð
Die Bibel
lässt keinen Zweifel darüber offen, dass Jesus von seinem Volk verworfen wurde.
Die Juden benutzten die Römer lediglich zur Vollstreckung ihres Urteils.
ð
Diese
Tatsache berechtigt niemanden, die Juden zu verfolgen. Denn das war eines der
Argumente, mit dem sich Heidenchristen das Recht heraus nahmen, Juden zu
verfolgen und sie zu töten.
ð
Das
Motiv der religiösen Führer, Jesus anzuklagen und auszuschalten war ein ganz
niedriges Motiv: Neid. Pilatus hatte sie durchschaut, denn das Markusevangelium
berichtet:
Es war Pilatus
klar geworden, dass die führenden Priester Jesus nur aus Neid an ihn
ausgeliefert hatten. Markus 15, 10.
ð
Pilatus
liess den Mann frei, der wegen Aufruhr und Mord ins Gefängnis geworfen wurde
und der den Tod verdient hätte. Dafür wurde Jesus hingerichtet.
ð
Besser
hätte Gott wohl kaum zeigen können, was am Kreuz geschah!
ð
Barabbas
wurde freigelassen, dessen Schuld eindeutig und klar war.
ð
An
seiner Stelle wurde Jesus hingerichtet, dessen Unschuld mehrfach bezeugt ist.
ð
So
wie Jesus an Stelle des Barabbas starb, so starb Jesus an unserer Stelle für
unsere Schuld.
ð
Wir
sind die Barabbase. Unsere Schuld ist eindeutig. Wir hätten den Tod verdient.
Paulus schrieb:
Es ist hier kein
Unterschied: sie sind allesamt Sünder Römer 3, 22-23.
ð
Wir
sind wie Barabbas, unsere Strafe wurde uns erlassen, ein anderer hat dafür
bezahlt:
Ihm (Jesus) aber
hat der HERR unsere ganze Schuld aufgeladen. (Jesaja 53, 6)
ð
Ist
das nicht faszinierend, wie Gott das macht!? Klarer kann er nicht zeigen,
welche Bedeutung der Tod von Jesus hat.
Den
Schuldschein, der uns wegen der nicht befolgten Gesetzesvorschriften belastete,
hat er für ungültig erklärt. Er hat ihn ans Kreuz genagelt und damit für immer
beseitigt. (Kolosser 2, 14)
ð
In
der Offenbarung lesen wir sehr deutlich welch tiefe Bedeutung dieser Tod Jesu
hat:
Du hast dich als
Schlachtopfer töten lassen und hast mit deinem Blut Menschen aus allen Stämmen
und Völkern für Gott freigekauft, Menschen aller Sprachen und Kulturen. Offenbarung
5, 9.
ð
Zu
welchen Menschen gehörst du? Zu denen, die ihre Schuld selber tragen?
ð
Oder
bist Du ein Barabbas? d.h. bist du befreit worden wie Barabbas? Gehörst du zu
denen, die durch den Tod von Jesus befreit wurden.
ð
Diese
Befreiung erleben wir, wenn wir an Jesus glauben. Wenn wir darauf vertrauen,
dass er für uns die Schuld auf sich genommen hat. Darum sagt Paulus:
Ich rede aber
von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus
Christus zu allen, die glauben. ... / denn wir werden ohne Verdienst gerecht
aus seiner Gnade, durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist.
Römer 3, 22+24.
ð
Nur wer
an diesen Jesus glaubt, wer ihm von ganzem Herzen vertraut, wird erlöst.
ð
Willst
Du ihm nicht vertrauen?
Schlussgedanke
ð
Zusammenfassung
ð
So
schliesse ich mit den bekannten Worten des Paulus an die Philipper:
Er, der Gott in
allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu
seinem eigenen Vorteil aus. Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine
Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer
von uns – ein Mensch wie andere Menschen. Aber er erniedrigte sich noch mehr:
Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz
wie ein Verbrecher. Philipper 2, 6-8.
Amen