Ein Leben im Segen Gottes inmitten einer gottlosen Gesellschaft – Noah als Beispiel (1. Mose 6, 5-22)
Gliederung:
1. Der Fluch ohne ein Leben mit Gott
2. Der Segen des Lebens mit Gott
3. Der Segen des Gehorsams Gott gegenüber
Noah hat für uns nicht nur historische, sondern auch heilsgeschichtliche Bedeutung. Seit dem Sündenfall von Adam und Eva ist Gott dabei, das Heil der Menschen wiederherzustellen. Doch der Mensch weicht immer wieder davon ab. Und da Gott zur Zeit von Noah offenbar sah, dass es wenig Sinn machte, alle Menschen einfach so weitermachen zu lassen, griff er radikal ein, indem er nur Noah und seine Familie am Leben ließ. Spät geht Gott mit Abraham einen anderen Weg, indem er Abraham auserwählt, um mit seinen Nachkommen die heilsgeschichtliche Linie fortzusetzen (vgl. 1. Mose 12, 1ff.).
Das Heil kommt somit von Gott. Gleichzeitig erwartet Gott aber auch Gehorsam vom Menschen. Noah ist ein Beispiel dafür, dass es möglich ist, in einer völlig korrupten Gesellschaft zu leben und doch ganz nach dem Leben Gottes zu handeln. Doch woher hatte Noah die Kraft, so zu leben? Was unterschied ihn von der damaligen Gesellschaft, sodass er in Gottes Augen Gunst fand? Der Kontrast zwischen Noah und der damaligen Gesellschaft wird Text durch die wechselseitigen Bezug besonders hervor-gehoben, wobei der Licht, das Noah, besonders auf den Leuchter gestellt wird. Damit stellt sich auch uns die Frage, wie wir heute ein solches Licht in einer „krummen“ Gesellschaft sein können (vgl. Philipper 2, 14-16).
Auffallend ist, dass das Wort „verdorben“ im Text wiederholt betont wird. Es geht um „den Menschen“ bzw. die Menschheit (’adam), den Gott geschaffen hat. Gott sagt: „Ich will den Menschen, den ich geschaffen habe, von der Fläche des Erdbodens auslöschen, vom Menschen bis zum Vieh, bis zu den kriechenden Tieren und bis zu den Vögeln des Himmels; denn es reut mich, dass ich sie gemacht habe“ (1. Mose 6, 6). Gott hatte den Menschen in seinem Abbild gemacht (vgl. 1. Mose 1, 26f.), und zwar war der Mensch nach seiner Schöpfung „sehr gut“ (vgl. 1. Mose 1, 31). Weil der Mensch mit Gott, seinem Schöpfer, in einer harmonischen Gemeinschaft lebte, konnte er vor Gott bestehen. Doch die „Krone der Schöpfung“ wich von Gott ab, wurde ungehorsam und fiel unter die Herrschaft der Sünde.
Worin die Verdorbenheit der Menschheit zur Zeit von Noah bestand, wird nicht direkt gesagt. In 1. Mose 6, 12 lesen wir: „Alles Fleisch hatte seinen Weg auf Erden verdorben.“ Und in 1. Mose 6, 11 heißt es: „Die Erde aber war verdorben vor Gott, und die Erde war erfüllt mit Gewalttat.“ Entscheidend ist, dass das „vor Gott“ geschah. Auch der Mensch, der nicht mit Gott lebt, lebt doch „vor Gott“ und ist Gott, seinem Schöpfer, gegenüber verant-wortlich. Er kann sich dieser Verantwortung nicht entzie-hen.
Die Menschheit hat sich von Gott abgewandt, und darin besteht das schlimmste Verbrechen. Der Mensch hat seinen Schöpfer vergessen. Nach Lukas 17, 26-27 sagt Jesus: „Und wie es in den Tagen Noahs geschah, so wird es auch sein in den Tagen des Sohnes des Menschen: Sie aßen, sie tranken, sie heirateten, sie wurden verheiratet bis zu dem Tag, da Noah in die Arche ging und die Flut kam und alle umbrachte“ (vgl. Matthäus 24, 37-39). Eigentlich tun sie ja nichts Verkehrtes, denn Essen, Trinken und Heiraten gehören zur guten Schöpfung Gottes. Doch ohne Gott werden auch die guten Gaben Gottes Anlass zur Sünde und zum Verderben.
Immer wieder wird die Frage gestellt, warum Gott so viel Leid auf dieser Erde zulässt. Auch wenn wir letztlich nicht auf alle Fragen in diesem Zusammenhang eine Antwort haben, so ist doch darauf hinzuweisen, dass nicht Gott, sondern der Mensch für diese Situation verantwortlich ist. Der Mensch hat Gott, seinen Schöpfer, vergessen, und das führt zu einem Handeln gegen den Schöpfungswillen Gottes, der gut für den Menschen ist. Wir sollten also nicht Gott für das Leiden der Menschen verantwortlich machen. Vielmehr hat Gott sich von Anfang an dafür eingesetzt, dass der Mensch nach dem Fall wieder zum Heil zurückkehren kann.
In 1. Mose 6, 6 heißt es „wörtlich“, dass Gott (Jahwe) Erbarmen darüber hatte, dass er den Menschen geschaffen hatte, und dass er „Mühsal bis ins Herz hinein“ hatte. Die Sünde des Menschen verursacht nicht nur für den Menschen „Mühsal“ (vgl. 1. Mose 3, 16), sondern auch für Gott, seinen Schöpfer. Gott hat die Menschheit zur Zeit Noahs nicht einfach vernichtet, sondern viel Zeit gelassen, damit sie umkehren konnten. Das ist der Grund, warum Gott die verdorbene Menschheit nicht einfach gleich vernichtet. In 1. Petrus 3, 20 spricht Petrus von den Menschen, „die einst ungehorsam waren, als die Langmut Gottes in den Tagen Noahs abwartete, während die Arche gebaut wurde“. Gott ist nämlich langmütig „euch gegenüber, da er nicht will, dass irgendwelche verloren gehen, sondern dass alle umkehren [weg von ihren Sünden hin zu Gott]“ (2. Petrus 3, 9). Die Menschheit zur Zeit Noahs kehrte nicht um. Anders war das zur Zeit Jonas in Ninive. Die Leute kehrten ab von ihren bösen Werken und wandten sich Gott zu. In Jona 3, 10 lesen wir: „Und Gott sah ihre Taten, dass sie von ihrem bösen Weg umkehrten. Und Gott ließ sich das Unheil gereuen (Gott hatte Erbarmen in Bezug auf das Böse), das er ihnen zu tun angesagt hatte, und er tat es nicht.“
Dieses Erbarmen Gottes den verlorenen Menschen gegenüber führte schlussendlich Jesus Christus ans Kreuz und bis in die Gottverlassenheit (vgl. Matthäus 27, 46; Markus 15, 34). Jesus ist sozusagen das „letzte Angebot“ Gottes für die Menschheit, zu ihm umzukehren. Jesus Christus ist auch die einzige Chance für die Menschheit, zu Gott zurückzukehren – statt weiterhin Gott zu beschuldigen. Jesus sagt: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater [zu Gott] als nur durch mich“ (Johannes 14, 6). Es genügt nicht, „anständig“ zu sein und zu hoffen, dass das schon irgendwie vor Gott reichen wird. Lassen wir Gott doch endlich wieder Gott sein! Er ist unser Schöpfer, und er bietet uns in Jesus Christus die Erlösung, die Vergebung aller unserer Sünden und ewiges Leben an. Nehmen wir es an? Oder wollen wir unser Leben weiterhin selbst bestimmen? Dann verpassen wir den Segen, den Gott in Jesus Christus für uns bereit hat.
In 1. Mose 6, 9 lesen wir: „Dies ist die Geschlechterfolge (bzw. dies sind die Erzeugnisse) Noahs: Noah war ein gerechter Mann, untadelig war er unter seinen Zeitgenossen; Noah wandelte mit Gott.“ Diese wenigen Worte haben es in sich. Im hebräischen Text steht dabei der Name „Noah“ (= „Erholung“) ganz am Anfang und ganz am Schluss und „umrahmt“ die anderen acht Wörter. Damit wird der Zehnte von Adam mit zehn Worten beschrieben, wobei Noah in drei kurzen Sätzen beschrieben wird:
· Noah war gerecht.
· Noah war „tadellos“ (bzw. „vollkommen“).
· Noah wandelte mit Gott.
Das hat nichts mit menschlicher Selbstgerechtigkeit zu tun. Noah war in Gottes Augen gerecht, und das bedeutet nach der Bibel, dass er im Bund mit Gott lebte. Wie wir in Hebräer 11, 7 lesen, war die Grundlage Noahs sein Glaube an Gott. Durch diesen Glauben „verurteilte er die Welt und wurde Erbe der Gerechtigkeit, die nach dem Glauben ist“ (Hebräer 11, 7). Der Glaube stellt eine Beziehung zu Gott her, die Gott seinerseits bereits längst hergestellt hat, und so lebt der Gläubige in der Gemeinschaft und der Kraft Gottes, die ihn befähigt, Gottes Willen zu tun.
Das Wort „wandeln“ in 1. Mose 6, 9 bedeutet wörtlich soviel wie „hin und her gehen“. Man kann auch mit „spa-zieren“ übersetzen. Noah „spazierte“ mit Gott. Auch von Henoch, den Siebten von Adam, wird gesagt, dass er „mit Gott wandelte“ (1. Mose 5, 22.24). Weil er mit Gott wandelte und dabei Gott wohlgefiel, nahm Gott ihn bereits im „frühen“ Alter von 365 Jahren hinweg (vgl. auch Hebräer 11, 5). Dieser Wandel füllte des ganze Leben von Henoch und auch von Noah. Nur deshalb waren sie „gerecht“ und „tadellos“. Das führt nicht zur Selbstgerechtigkeit, sondern zur Demut und Bescheidenheit vor Gott. Es ist doch ein herrliches Zeugnis, das über dem Leben dieser zwei Menschen steht. Zusammenfassend können wir festhalten, dass die Beschreibung von Philipper 2, 14-16 gut für Noah passt:
„Tut alles ohne Murren und Zweifel, damit ihr tadellos und lauter seid, unbescholtene Kinder Gottes inmitten eines verdrehten und verkehrten Geschlechts, unter dem ihr leuchtet wie Himmelslichter in der Welt, indem ihr das Wort des Lebens festhaltet, mir als Grund zum Rühmen auf den Tag Christi, dass ich nicht vergeblich gelaufen bin, noch auch vergeblich gearbeitet habe.“
Was füllt unser Leben heute aus? Ist es die Beziehung zu Gott, die alle unsere Einstellungen und Handlungen prägt? Durch die Wiedergeburt auf Grund des Erlösungswerkes Jesu Christi ist das Leben in einer engen Beziehung zu Gott für uns heute nicht weniger möglich als für Noah. Und damit stellt sich auch die Frage, was einmal über unserem Leben als stehen wird. „Jacob lebte mit Gott“ usw.? Es geht nicht darum, dass wir unsere Frömmigkeit „leuchten“ lassen, sondern dass wir „in den guten Werken wandeln/spazieren gehen, die Gott vorher bereitet hat“, wie Paulus an die Gläubigen von Ephesus schreibt (Epheser 2, 10). Wichtig ist, Gott Gott sein zu lassen und seinem Wort gegenüber gehorsam zu sein, wie es Noah war.
Durch seinen Glaubensgehorsam „verurteilte“ Noah die Welt, lesen wir in Hebräer 11, 7. Warum? Noah hat ja nur gemacht, was Gott befohlen hatte. Das Bau der Arche führte dahin, dass Noah und seine Familie gerettet wurden (vgl. auch 1. Petrus 3, 20f.), während die restlichen Menschen durch die Wasserfluten umkamen. Ist das nicht der Grund, warum ungläubige Menschen uns manchmal angreifen, auch wenn wir ihnen gar nichts getan haben? Sie fühlen sich allein schon durch unser Leben mit Gott angegriffen, weil sie dadurch merken, dass sie selbst eben nicht mit Gott leben. Unsere Aufgabe ist es, mit Gott zu leben, und das Richten der Menschen können wir getrost Gott überlassen.
Fünfmal lesen wir in 1. Mose 6, 14-16 den Befehl Gottes an Noah, „zu machen“. Und in 1. Mose 6, 22 „Und Noah tat es; nach allem, was Gott ihm geboten hatte, so tat er.“ Im hebräischen Text stehen wiederum (wie in 1. Mose 6, 9) zehn Wörter. Während in 1. Mose 6, 9 mit zehn Wörtern das Leben des Noah in der Beziehung zu Gott beschrieben wird, wird in 1. Mose 6, 22 sein daraus folgender Gehorsam beschrieben. Dabei steht im hebräischen Text von 1. Mose 6, 22 als erstes und letztes Wort „er tat/ machte“. Noah lässt Gott Gott sein, indem er ihm gehorcht. Wenn Gott gebietet, fragt er nicht lange nach, sondern folgt gehorsam, obwohl es eigentlich ein „Unsinn“ war, ein so großes Schiff ohne das entsprechende Wasser zu bauen. Der Wille Gottes ist zu tun ohne „Wenn und Aber“.
Noah baut mitten im trockenen Land ein riesiges Schiff, weil Gott ihm den Auftrag gegeben hat, ohne zu widersprechen. Da sieht man mal wieder, wie dumm ein „frommer“ Mensch sein kann. So haben die Leute von damals möglicherweise gedacht. Doch Noah baut getrost weiter. Und dadurch wird er ein „Prediger der Gerechtigkeit“, weil er die Menschen dadurch auf das kommende Gericht Gottes hinweist (2. Petrus 2, 5).
Wir lesen von keinen „Bekehrungen“ – im Gegensatz zur Verkündigung des Jona später in Ninive. Jona, der eigentlich Gott davonfliegen wollte, hatte riesigen Erfolg in seiner Verkündigung. Noah, der Gott gehorsam folgte, blieb der „Erfolg“ aus. Daraus können wir folgern, dass Gott Gehorsam verlangt, dass der Erfolg jedoch in Gottes Hand liegt. Auf jeden Fall rettete Noah nicht nur sich und seine Frau, sondern auch seine drei Söhne und dessen Frauen. Das schließt sicher mit ein, dass sie alle wie Noah mit Gott lebten.
Leider gibt es auch in der Bibel Zeugnisse von Gottesmänner, deren Kinder nicht den Weg mit Gott gingen (z. B. Eli, Samuel und David). In Bezug auf Abraham sagt Gott, dass durch ihn (d. h. durch seine Nachkommenschaft) alle Nationen der Erde gesegnet werden sollen. Gott hat Abraham erkannt/erwählt, „damit er seinen Söhnen und seinem Haus nach ihm befehle, dass sie den Weg Jahwes bewahren, Gerechtigkeit und Recht zu üben, damit Jahwe auf Abraham kommen lasse, was er über ihn geredet hat“ (1. Mose 18, 18-19).
Damit sehen wir, dass es die erste Aufgabe gläubiger Eltern ist, ihre Kinder in die gleiche Beziehung zu Gott zu führen. Die Aufgabe beginnt ganz früh. Und wie viele Eltern haben kaum Zeit für ihre Kinder! Das ist tragisch. Eltern haben oft ganz andere Ideale für ihre Kinder. Die Kinder sollen „es gut haben“, eine gute Ausbildung genießen, viel Spaß im Urlaub haben usw. Das alles wird aber ohne Gott keinen Segen bringen. Wichtig ist, nicht nur „fromme“ Worte zu gebrauchen, sondern vor allem den Kindern ein Vorbild im Glaubensleben zu sein.
Wie groß der Segen solcher Eltern sein kann, sehen wir im Leben von Noah und seiner Familie. Obwohl Noah sozusagen Gott „blind“ folgte, hat er sicher genügend Zeit für seine Familie zu haben, um Gemeinschaft zu pflegen und seiner Familie ein Vorbild im Glaubensleben zu sein.
Was mich am meisten durch meine Eltern geprägt hat, ist die Tatsache, dass sie mit ihrem Leben bezeugten, dass Gott das Zentrum ihres Lebens ist. Wie viel Segen ich durch meine Eltern empfangen habe, ist mir erst dann richtig bewusst geworden, als mein Vater schon nicht mehr unter uns lebte, d. h. als er schon bei Gott im Himmel war.
Wenn unsere Eltern gläubig sind, vergessen wir doch nicht, Gott dafür zu danken, auch wenn sie trotzdem in unseren Augen nicht fehlerlos sind. Vielleicht sehen wir später besser, wie viel Segen wir durch sie empfangen haben. Und die Eltern – in Dankbarkeit – zu respektieren, ist ein Segen – ob die Eltern gläubig sind oder nicht (vgl. 2. Mose 20, 12; Epheser 6, 2f.). Dass wir, wenn unsere Eltern im Glauben leben, ihrem Glauben folgen, ist ein Ausdruck des Respektes, der ohne Zweifel viel Segen mit sich bringen wird.