J "7 W i O-ffiCJ'-'-.-. t.«r. f\ : HEINRICH GIESEN WENN MAN DICH FRAGT HERAUSGEGEBEN IM AUFTRAGE DES DEUTSCHEN EVANGELISCHEN KIRCHENTAGES Heinrich Giesen: Wenn »tan dich fragt nach Glauben und Leben, 2. Aufl. Stuttgart : Kreuz-Verl,, 195? NACH GLAUBEN UND LEBEN KREUZ-VERLAG • STUTTGART DIE MITARBEITER: MARTIN FISCHER FRIEDRICH KARRENBERG HEINRICH GIESEN HERBERT SCHMIDT KARL STEINBAUER ERICH THIER CLAUS WESTERMANN UND REINOLD VON THADDEN-TRI EGLAFF z. Auflage 1959 11.-21. Tausend (C) Kreuz-Verlag Stuttgart 1958 Printed in Germany SO IST ES GEMEINT Wenn man uns nach unserem Glauben fragt, muß die Antwort nicht darum unverständlich bleiben, weil man das zu Glaubende nicht sehen kann? Glauben ist eine Aktion, an der der ganze Mensch beteiligt ist: Geist, Seele und Leib, Wille, Gemüt und Intellekt. Denn wir dürfen ja an den, den wir nicht sehen, so glauben, als sähen wir ihn. Hier sind verständliche Antworten versucht. Man= eher wird anders antworten, auch andere Fragen fallen ihm ein. Zu Notizen und Ergänzungen laden alle Seiten ein. Wer weiß, ob nicht bald ein zweiter Band notwendig wird? Das beigefügte Inhaltsverzeichnis, auch das Stich» Wortverzeichnis und das Register biblischer Stellen wollen die Arbeit erleichtern. Wer über die Reihen= folge der Fragen nachdenkt, erkennt, wie Glaube und Leben sich nicht trennen lassen. Wer anfängt, wird weitermachen, damit er durch Kenntnisse die Erkenntnis gewinnt. Die Jünger haben Jesus nicht nur gekannt. Sie haben ihn erkannt. Als Vademecum, also als ein Buch, das überall mit= geht, ist es gedacht. Man sollte es zur Hand haben. Wie das Telefonbuch beim Telefon, so soll es beim Katechismus liegen, beim Gesangbuch und der Bibel, immer griffbereit. Damit die Eltern nicht mehr vor den Kindern in Verlegenheit geraten, wenn es um Glaubens» und Lebensfragen geht. Damit die Kinder den Eltern raten können, wenn sie danach fragen. Damit die Kollegen im Betrieb und die Kolleginnen im Büro nicht Unverständliches zu hören bekom» men, wenn es um den Glauben geht. Damit es in den Höheren Schulen und im Unter» rieht der Berufsschulen zur freien Diskussion kommt. Hier sind die Einstiege. Damit andere mit uns und wir mit andern vom Glauben reden, wenn es um das Leben geht. Denn es geht um das Leben. Wir haben zu antworten, wenn man uns fragt. H. G. INHALTSVERZEICHNIS Was geht uns Gott an?................................13 Was heißt: „an Gott glauben"? ... ... 14 Was tut Gott denn?...................................15 Warum hat Gott sich um uns Menschen gekümmert?............................. .... 16 Stimmt es, daß Gott den Menschen geschaffen hat? 17 Hat Gott das andere auch geschaffen, Steine, Tiere, Sterne und Atome?..........................18 Gibt es auch Menschen auf den Sternen? ... 19 Sind wirklich alle Menschentypen von Gott geschaffen? ............................ ... 20 Sind die Schöpfungsberichte der Bibel stichhaltig? . 21 Wann gab es den ersten Menschen?.....................22 Bringt die Naturwissenschaft den Glauben in Verlegenheit? ....................................23 Sind Atheisten auch glücklich?.......................24 Sind Nihilisten wirklich mit Gott fertig? ... 25 Was sind Materialisten?..............................26 Was sind Idealisten?....................... ... 27 Was ist Religion?....................................28 Was ist Offenbarung?.................................29 Woher weiß man, was Gott tut?........................30 Wie hat Gott mit den Menschen Kontakt auf= genommen?.........................................31 Was steht im Neuen Testament?........................32 Was ist die Botschaft des Neuen Testamentes? . . 33 Wie ist das Neue Testament entstanden? ... 34 Was steht im Alten Testament?........................35 Wie ist das Alte Testament entstanden? .... 36 Warum gehört das Alte Testament zur Bibel? . . 37 Wie ist es zu einem Kanon der biblischen Schriften gekommen?..................... ... 38 Ist dieser Kanon für uns unbedingt bindend? . . 39 Warum hat man sich mit der Bibel so viel Mühe gegeben?..........................................40 Was ist ßibelkritik?.................................41 Warum muß es Theologen geben?........................42 Hat die Bibel wirklich recht?...................43 Wie kann das Alte Testament zugleich in der Kirche und in der Synagoge liegen? .... 44 Sind die Juden heute noch das auserwählte Volk? . 45 Was hat man vom Bibellesen?.....................46 Wie liest man in der Bibel?.....................47 Was wissen wir von Jesus?........................48 Was geschah Weihnachten?.........................49 Was heißt: „geboren von der Jungfrau Maria"? . 50 Was geschah Karfreitag?..........................51 Warum mußte Christus leiden?.....................52 Warum läßt Gott das Böse zu?.....................53 Soll das ein Gott der Liebe sein?...............54 Was geschah Ostern?..............................55 Was nützt uns denn das leere Grab?...............56 Was geschah Himmelfahrt?.........................57 In welcher Höhenlage fängt der Himmel an? . . 58 Was heißt: „.. . daß ich in den Himmel komm"? . 59 Worauf kam es Jesus an?..........................60 Was geschah den Menschen, die Jesus begegneten? 61 Kann das auch in der Begegnung mit Sokrates, Goethe, Gandhi geschehen?.....................62 Woran leiden wir im Grunde?......................63 Woran sterben wir im Grunde?.....................64 Warum kann man sich nicht selbst vergeben? . . 65 Warum helfen in unserem Fall keine Drogen? . . 66 Wird in der Evangelischen Kirche gebeichtet? . . 67 Was ist Beichte? Was1 ist Psychotherapie? ... 68 Warum läßt Gott die Menschen krank werden? . 69 Hat Krankheit mehr mit Gott zu tun als Gesundheit?...................................70 Kann man die Sache mit Gott nicht aufschieben, bis man krank oder langsam alt wird? ... 71 Was soll in unserem Testament stehen? ... 72 Was hält beim Sterben ganz bestimmt? .... 73 Soll man den Pfarrer holen?......................74 Ist die Hölle nicht ein Kinderschreck?...........75 Gibt es Garantien, daß mit dem Tode nicht alles aus ist?......................................76 Gibt es Verbindung mit den Toten?................77 Was sollen wir denn tun?.........................78 Worauf müssen wir verzichten, wenn wir Christen werden?............................79 Warum werden wir persönlich zur Rechenschaft gezogen?....................................80 Fragt Gott nach unserer Arbeit?................81 Fragt Gott nach unserer Pause?.................82 Interessiert sich Gott dafür, womit wir unser Geld verdienen?.................... ... 83 Was ist ein Beruf?.............................84 Gibt es ein belangloses Leben?.................85 Muß der Glaube am Fließband kapitulieren? . . 86 Kann man mit uns nicht alles machen? ... -87 Ist der Staat um so christlicher, je mehr er Wohl= fahrtsstaat ist?............................88 Warum verdirbt uns noch das Geld, das wir nicht besitzen?.............................89 Wie ist das mit der Steuererklärung? ... 90 Dürfen Christen streiken?......................91 War Jesus Revolutionär?........................92 Sollen Christen konservativ sein?..............93 Ist jede Staatsführung von Gott eingesetzt? . . 94 Muß jeder seiner Obrigkeit blind gehorchen? . . 95 Kann man mit gutem Gewissen auf Menschen schießen?...................................96 Ist Gott mit den stärkeren Bataillonen? .... 97 Was hat der Glaube im Parlament zu suchen? . 98 Müssen Christen einer bestimmten Partei angehören?..................................99 Wie kann man in der Masse Mensch bleiben? . . 100 Wer ist heutzutage mein Nächster?..............101 Was sind die Jungen den Alten schuldig, was die Alten den Jungen?.......................102 Warum Ehe?.....................................103 Wie ist es mit dem Zusammensein vor der Ehe? . 104 Wann fängt eigentlich die Ehe an?..............105 Darf ich heiraten, wen ich will?...............106 Welche Rolle spielt verschiedener Glaube in der Ehe?........................................107 Was sollen Mann und Frau einander sein? . . 108 Warum kirchliche Trauung?......................109 Wieviel Kinder soll man haben?.................110 Was sollen die Ehelosen tun?.........................m Welchen Platz haben Witwer, Witwen und Waisen?.........................................112 Ist Gott auch gegen die Scheidung, wenn es wirklich nicht mehr geht?.......................113 Was soll man machen, wenn die Eltern so eng- stirnig sind?...................................114 Was soll man tun, wenn sich die Kinder aus den Eltern nichts mehr machen?......................115 Soll die Mutter mitverdienen?......................116 Ist es unchristlich, wenn wir unseren Lebens- Standard heben?....................................117 Was sagt die Kirche zum Glücksspiel? ... 118 Sollen Christen modern sein?.......................119 Hat die Kirche auf alles eine Antwort? .... 120 Muß man alles glauben, was die Kirche sagt? . . 121 Wie kommt man denn zum Glauben?....................122 Was heißt Nachfolge?...............................123 Was ist Pfingsten für uns geschehen?...............124 Worin liegt der Unterschied zwischen Menschengeist und Heiligem Geist?........................125 Ist der Heilige Geist für alle da oder nur für die Großen in der Kirche?...........................126 Warum betont die Evangelische Kirche das allgemeine Priestertum der Gläubigen? .... 127 Warum tauft man in unserer Kirche Säuglinge und wartet nicht, bis sich der Mensch selbst entscheidet?....................................128 Was hat man von der Taufe?.........................129 Warum hält die Kirche am Sonntag fest? .... 130 Was fängt man mit dem Sonntag an? .... 131 Was ist ein Gottesdienst?............ ... 132 Wozu ist die Rundfunkpredigt im Programm? . . 133 Welchen Einfluß haben Presse, Rundfunk und Fernsehen auf uns?..............................134 Wer dient wem im Gottesdienst?.....................135 Was macht eine Predigt zur Predigt?................136 Gibt es noch Prophetie?.............. ... 137 Warum bleibt die Kirche nicht still für sich? . . .138 Warum singen und beten wir im Gottesdienst gemeinsam?.......................................139 Was soll das Gesangbuch zu Hause?..............140 Wie betet man?.................................141 Warum genügt unser Beten in der Stille nicht? . . 142 Warum genügt unser Beten in der Kirche nicht? . 143 Worum darf man beten?............... ... 144 Warum das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst? 145 Was hat das Glaubensbekenntnis für die Kirche bedeutet?...............................146 Warum schließt der Gottesdienst mit dem Segen? . 147 Warum gibt die Kirche ihr Bekenntnis von Generation zu Generation weiter?...............148 Warum werden wir konfirmiert?.....................149 Kann man auch unsichtbar zur Kirche gehören? . 150 Soll man sich mit Heuchlern auf eine Kirchenbank setzen?........................................151 Muß man sich unbedingt versammeln, wenn man Gottes Stimme hören will?......................152 Ist das richtig mit der Kirchensteuer?............153 Was heißt das: Die Gemeinde hat eine Ordnung? . 154 Welche Ämter braucht die Gemeinde?................155 Welche Aufgabe hat eine Kirchenleitung? . . . 156 Warum hat die Evangelische Kirche Bischöfe, Präsides und Kirchenpräsidenten?...............157 Worauf wird der Pfarrer ordiniert?................158 Dürfen Laien auch predigen?.......................159 Was sind Missionare, was sind Propagandisten? . 160 Warum reden Christen von Gott?....................161 Warum hat Jesus das Abendmahl eingesetzt? . . 162 Was geschieht im Abendmahl?.......................163 Wie oft soll man zum Abendmahl gehen? . . 164 Wer ist würdig für das Abendmahl?.................165 Was heißt: „Vom Abendmahl ausgeschlossen"? . 166 Gibt es eine reine Kirche?........................167 Was hat die Bibel gegen die Sekten?...............168 Warum gibt es immer noch verschiedene Kirchen? . 169 Welche Rolle spielt die Bibel in den Kirchen? . . 170 Was hat die Bibel gegen die Römisch=Katholische Kirche?........................................171 Was hat die Bibel gegen die Evangelische Kirche? . 172 Was ist der Kirchentag?...........................173 Wie wächst die Einheit der Kirche?................174 Was heißt Ökumene?.............................175 Warum stirbt die Kirche nicht aus?.............176 Was bedeutet die Christenheit für die Zukunft der Welt?...................................177 Wie lange wird sich die Erde noch drehen? . . .178 Fällt der Weltuntergang mit Jesu Wiederkunft zusammen?...................................17 9 Was wird dann sein?.............................*8° Was sollen wir bis dahin tun?.............181 Wäre Gott für sich geblieben, ginge uns Gott nichts an. Er ist aber nicht für sich geblieben, sondern hat die Menschen für sich bestimmt: Ich gehöre zu euch, ihr gehört zu mir. Seit der Zeit müssen wir reagieren. Die Vorentschei= düng ist also über uns von Gott her gefallen. Gott will mit den Menschen sein. Aber der Mensch entzieht sich Gott. Denn er ist gegen diese Vorentscheidung Gottes für ihn. Schon auf den ersten Blättern der Bibel wehrt sich der Mensch da= gegen, so daß Gott hinter ihm herrufen muß: „Adam, wo bist du?" Gott ist dem Menschen nachgegangen. Das ist Tat= bestand. So sehr ist Gott nachgegangen, daß er seinen Sohn bis auf diese Erde sandte, damit der uns zu ihm ziehe. Wir müssen reagieren. Wir können nicht mehr fragen, was Gott uns denn angeht, es sei denn, wir hätten uns schon entschlossen, von Gott nichts mehr zu halten. Wer aber von Gott nichts hält, soll nicht mei= nen, er sei neutral. Denn es handelt sich bereits um eine glatte Absage mit harter Konsequenz: Wer Gott absagt, duldet seinen Bruder nicht mehr. So muß ja auch der, dem die notariell beglaubigte Nachricht übermittelt wird, ihm sei ein Erbe zugespro= chen, unbedingt reagieren, ob er will oder nicht. Das Erbe hängt an ihm. Er kann nicht mehr so tun, als ginge es ihn nichts an. Er muß entweder annehmen oder ablehnen. Er muß Stellung nehmen und ent= scheidet selbst, ob er klug ist oder töricht. Gott hängt an uns Menschen. Ein Erbe ist uns zuge= sprochen: seine Kindschaft. Wir müssen uns entscheiden. Schon bei der Geburt ist der Mensch in mancher Hinsicht vorherbestimmt: seine Eltern wählt er nicht, auch nicht seine Rasse, nicht sein Jahrhundert und nicht sein Milieu. Das alles findet er vor, wenn er in die Welt kommt. Aber mitten in diesen Vorbestimmungen ist der Gottesglaube ganz seine eigene Sache. Ob er Gott glaubt oder leugnet, ob er Gott wie Gott behandelt oder wie Luft, entscheidet er allein. Dafür ist er selber zuständig. Keiner kann ihn dabei vertreten. Gott wie Gott behandeln heißt zunächst, die Kenntnisse von ihm nicht in sich niederhalten. Die Welt enthält Spuren seiner Schöpfung. Diese Spuren sind auffindbar für jeden, man kann aus ihnen eine Gottesidee entwickeln. Aber es geht nicht um eine Gottesidee, sondern um Glauben. Glauben ist nicht Vermuten, sondern Vertrauen auf Gottes Willen und Handeln. Glauben entsteht da, wo Gott redet. Man glaubt ihm da, wo man Gott recht gibt. Gott redet nicht als Fremder. Das Geschöpf kennt die Stimme seines Herrn. Immer, wenn Gott redet, kommt es an den Tag, wer die Stimme Gottes in sich niederhält oder wer sie hören will. Wer die Stimme Gottes in sich niederhält, wird Gott trotzdem nicht los. Man hat ihn bei sich, auch wenn man ihn leugnet. Es gehört zu des Menschen Menschlichkeit, daß kein Mensch ohne Gott Mensch ist. Der Mensch ist ohne Gott gar nicht zu verstehen. Der Mensch kann sich selbst ohne Gott auch nicht verstehen. Er hat sein Geheimnis an Gott! Er verfehlt im Unglauben nicht nur Gott, sondern sich selbst. Wer aber glaubt, setzt alles auf Gott, hat ihn gern nötig und verhält sich zu ihm wie das Kind zum Vater. Gott arbeitet an Menschen. Zwar war seine Schöpfung abgeschlossen, als die Welt aus seinen Händen am Anfang kam. Dennoch geht sein Schaffen weiter. Die Weltzeit läuft nicht wie eine Uhr ab, die man am Anfang aufzog. Gott macht, daß es weitergeht, der die Bogen zerschlägt, Spieße zerbricht und Wagen mit Feuer verbrennt, wie die Bibel sagt. Gott bleibt der Herr über die Geschichte und sorgt, daß weder die Babylonier noch Napoleon den Turm hochbekommen, weder Amerika noch Rußland, auch nicht wir. Gott hält die Menschen in Schach. Aber die eigentliche Arbeit Gottes ist das Seligmachen von Menschen. Der Mensch macht Gott Arbeit mit seinen Sünden und Mühe mit seinen Missetaten. Aber Gott tilgt sie. Gott sorgt, daß Menschen dies glauben und Frieden erleben. Gott spricht. Gott schweigt nicht, wenn man das auch oft behauptet. Gottes Sprachrohr ist seine Kirche. Wer da nicht zuhört und Gott nicht gehorcht, wer also die Arbeit Gottes am Frieden mit den Menschen mißachtet, wer sogar als Volk sich Got= tes Arbeit entzieht, den kann Gott an den Abgrund bringen. Im persönlichen und im Völkerleben ist das so. Gott wird den Jüngsten Tag bestimmen. Dann wird sich die Zeit zum zweiten Mal erfüllt haben, nachdem beim ersten Mal sein Sohn die Erde besuchte. Der Tag kommt. Dann wird Gott sein alles in allem und wir bei Gott. Also hat Gott den Anfang und das Ende und was dazwischen liegt in seiner Hand. Wir sind auch mit drin. Es ist gut, das zu wissen. WARUM HAT GOTT SICH UM UNS MENSCHEN GEKÜMMERT? Weil wir Menschen ihm so nahestehen wie Kinder ihren Eltern. Wenn wir sagen: „Ich glaube, daß mich Gott geschaffen hat", dann sagen wir damit, daß wir als Menschen alle einer Herkunft sind. Wir kommen von einem her, der für uns da ist. Der Satz: „Ich glaube an Gott den Schöpfer" ist dar» um kein Satz des Denkens, sondern ein Satz des Ver= trauens. Wir können die Frage, warum sich Gott um uns Menschen kümmert, nicht so beantworten, daß wir dahinterkommen, warum er es tut. Dahinter kommt kein Mensch. Wenn einer sagt, Gott kümmere sich nicht um uns Menschen, dann können wir ihm nicht beweisen, daß er es doch tut. Aber Gott kümmert sich um uns, weil er Gott ist. Ein Gott, der sich nicht um uns kümmerte, wäre nicht Gott. Wenn wir sagen: „Gott kümmert sich um uns", so sagen wir damit mehr, als uns zunächst bewußt ist. Gottes Sichkümmern um uns geht wirklich bis zum Kummer, den er um uns leidet. Sein Kümmern läßt uns ahnen, wie ein tiefer Zusammenhang zwischen Gottes Vatersein und dem Leiden seines Sohnes für uns besteht. Wenn man es auch niemandem beweisen kann, so kann man es doch bezeugen und dafür einstehen, daß Gott sich um uns kümmert. Das Kreuz, an dem Jesus Chri= stus für uns gelitten hat, steht dafür als ein Zeichen auf unserer Erde und in der Mitte der Geschichte. STIMMT ES, DASS GOTT DEN MENSCHEN GESCHAFFEN HAT? Es stimmt, daß Gott den Menschen geschaffen hat. Die Entstehung des Menschen, ganz gleich, wie sie sich im einzelnen vollzog, wie weit sie von Menschen erforscht werden kann, ist auf eine Tat Gottes zurück* zuführen, die nicht mehr erforscht, sondern nur an* erkannt werden kann. Gott als den Schöpfer der Men* sehen kann aber nur der anerkennen, der von sich persönlich sagen kann, er glaube, daß ihn Gott ge* schaffen hat. Schon in der Bibel begegnen uns verschiedene Vor* Stellungen von der Entstehung des Menschen, die aus verschiedenen Zeiten stammen. Wenn die Bibel in der ältesten Quelle erzählt, Gott habe den Menschen aus Erde geformt, so wie ein Töpfer sein Gefäß aus Ton, so ist das nicht als wissenschaftliche Beschreibung gemeint und darf nicht so angesehen werden. Hier ist ein Vor* gang einfach und bildhaft beschrieben, von dem man auch damals schon wußte, daß er in unser Beschreiben und Darstellen gar nicht zu fassen ist. Man fand ihn aus der Beobachtung, an der sich bis heute nichts geändert hat, daß das, was vom Menschen übrig* bleibt, zur Erde wird. Darum heißt es heute noch in der Beerdigungsliturgie: „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub." Wir können also heute genausowenig wie die Men* sehen vor 3000 Jahren sagen, wie es vor sich ging, als Gott den Menschen schuf. Der Satz, daß wir Gottes Geschöpfe sind, kann durch keinerlei Ergebnisse natur* wissenschaftlicher Forschung umgeworfen werden. Er kann aber auch keiner Erforschung der Anfänge des Menschengeschlechtes Konkurrenz machen. Er wider* spricht nicht der Erkenntnis, daß die menschliche Rasse eine jahrhunderttausendelange Entwicklung durch* machte. Gott hat mich geschaffen: das kann ein Mensch nur auf Grund einer Begegnung mit Gott sagen, mitten in der Geschichte, in der sich Gott als unser Vater zeigt, von dem wir alles haben, was wir sind. HAT GOTT DAS ANDERE AUCH GESCHAFFEN, STEINE, TIERE, STERNE UND ATOME? Das ist ein sehr gewagter Satz, den wir im Glaubens» bekenntnis mit den Worten formulieren: „Ich glaube an Gott, den Schöpfer Himmels und der Erden." Denn kein Mensch kann Himmel und Erde denken, keiner weiß, was es alles gibt. Aber das Vertrauen zu Gott als unserem Schöpfer schließt notwendig den ganzen Kreis ein, in dem wir Menschen leben. Wieviel wir von diesem unserem Lebenskreis bereits wissen, ist dabei nicht so wichtig. Wichtig aber ist, daß wir Gott, unse= rem Vater, Zutrauen, daß er unsere ganze Welt in seinen Händen hält. Denn sie kommt von ihm her wie wir auch. Wenn Gott etwas schafft, so weiß Gott, wozu er es gemacht hat. Es ist nicht nötig, den Sinn alles Ge= schaffenen, vom Kleinsten bis zum Größten, zu ver= stehen. Im Vertrauen zu Gott fangen wir an, hinter der Existenz der Berge, der Tiere, der Sterne und der Atome den Sinn zu sehen, den sie alle haben: Zeugen seiner Allmacht zu sein und den Menschen zu dienen. Wenn Gott alles geschaffen hat, dann haben die Werke der Menschen auch in den Grenzen der Menschen zu bleiben. Menschen können dann weder eine neue voll» kommene Weltordnung schaffen, noch können sie ohne Gottes ausdrücklichen Willen seine Schöpfung vernich» ten. Wenn Gott alles geschaffen hat, bleibt er auch der Herr der Atomkraft und aller Kräfte, die Menschen sich dienstbar machen. Er wird das letzte Wort über diese Welt sprechen, wie er das erste gesprochen hat. Es hieß: „Es werde." Wir wissen schon, wie sein letztes Wort heißt: „Kommt wieder, Menschenkinder." GIBT ES AUCH MENSCHEN AUF DEN STERNEN? Das weiß kein Mensch. Als man Amerika entdeckte, hat eine ähnliche Frage unsere Vorväter beschäftigt: Man betrat damals völlig fremde Teile der Erde und fragte nach deren möglichen Bewohnern. Die Männer des Volkes Gottes, die die Worte am An= fang der Bibel von der Erschaffung Himmels und der Erden und des Menschen zunächst gesprochen und ge= schrieben hatten, wußten noch wenig von der Größe der Erde und noch weniger von der Weite des Himmels und der Ausdehnung der Gestirne. Sie wußten nicht, wann und was Gott alles geschaffen hatte. Aber die Begrenzung ihres Wissens begrenzte nicht ihren Glau= ben an Gott, als den Schöpfer der ganzen Welt, der ganzen Menschheit, des ganzen Heeres der Gestirne: Gott schuf den Kosmos. Im Grunde ist es nicht anders mit unserem Glauben an den Schöpfer heute. Was Gott geschaffen hat, ist un= endlich viel größer als das, was wir heute von der Welt im kleinen und im großen übersehen. Sicherlich werden spätere Generationen über unser heutiges Welt= bild lächeln, wie wir es tun über das der Antike. Darum können wir auch nicht wissen, welche Möglichkeiten geschöpflicher Formen es im ungeheuren Raum der Welt auf anderen Weltkörpern gibt. Wir sollten hier vorsichtig sein mit einem zu schnellen Nein oder mit einem zu schnellen Ja, sondern sollten Gott auf jeden Fall mehr Zutrauen, als wir fassen können. Damit, daß sein Sohn in der Welt war und auf dieser Erde, ist jedenfalls hier der Ansatz zu suchen; nicht nur für eine globale, sondern für eine kosmische Erlösung. Es ist alles bezogen in seine Schöpfung, und nichts ist ausge= schlossen von seiner Versöhnung. SIND WIRKLICH ALLE MENSCHENTYPEN VON GOTT GESCHAFFEN? Sie kommen alle von Gott. Langsam wird es zur allge= meinen Überzeugung, was die Bibel immer wußte, daß tatsächlich alle Menschenrassen zu Gottes Schöpfung gehören und nur zusammen das Geschöpf Mensch aus= machen. Es gibt keine höheren und niedrigeren, keine besseren und schlechteren Rassen. Der Mensch ist von Gott in der Verschiedenheit der Rassen geschaffen, wie alle Lebewesen in ihren Arten geschaffen wurden. Wir können das Problem nicht leugnen, daß es in der gleichen Rasse, im gleichen Volk, im gleichen Raum Typen gibt, mit denen es schwer zu leben und auszu* kommen ist. Manche Typen fallen ihrer Umwelt mehr zur Last als zur Freude. Aber Gott hat auch sie ge= schaffen. Er hat uns Menschen so geschaffen, daß wir alle keine Engel und alle keine Teufel sind. Kein Mensch, und sei er noch so schlecht und richte er noch so viel Unheil an, darf von uns aus der Gemeinschaft der Geschöpfe ausgeschlossen werden. Viele bewegt die Frage, ob auch die von Anfang an mißgestalteten Menschen zu Gottes Geschöpfen ge= hören. Es hat Zeiten gegeben, in denen man sie und andere als lebensunwert beseitigt hat. Immer waren und bleiben sie Gottes Geschöpfe, auch wenn wir nicht begreifen können, warum Gott sich am Rande des Menschseins mancherlei Möglichkeiten vorbehält. Aber wir erkennen Gott den Schöpfer gerade dort in seinem rätselhaften Tun an, wo es am schwersten ist. Denn sie alle sind ja Christus seinen Tod wert gewesen. Wie könnten wir verwerfen, was er geliebt hat? SIND DIE SCHÖPFUNGSBERICHTE DER BIBEL STICHHALTIG? Sie sind nicht stichhaltig, wenn jemand eine exakte Darstellung der Weltentstehung im Sinne unserer heu= tigen wissenschaftlichen Forschung von ihnen erwartet. Wir müssen einfach zugeben, daß das Wissen von der Weltentstehung, wie es sich in den Schöpfungsberich= ten spiegelt, gering ist gegenüber dem, was die For= schung der Neuzeit über die Entstehung der Welt er= arbeitet hat, die von einem Zeitraum von 3 Milliarden fahren SDricht, in dem die Erde so wurde, wie sie jetzt ist. Man wird in fünfzig Jahren noch weiter sein als heute und manches korrigiert haben, von dem wir meinten, es sei endgültig erkannt. Wie die Bibel die Sprache ihrer Zeit spricht, so hat sie auch das Weltbild der damaligen Zeit. Die Schöpfungsberichte der Bibel sind aber stichhaltig in dem, was sie eigentlich sagen wollen: Sie wollen Gott als den Schöpfer der Welt loben und bejahen. Sie tun das, indem sie von verschiedenen Standorten aus alles, was man zu ihrer Zeit von den Anfängen der Welt wußte oder sich dachte, dem schöpferischen Tun Gottes einordnen und unterordnen. Die Verschieden beit der Schöpfungserzählungen weist schon selbst dar= auf hin, daß die menschliche Seite des Fragens nach der Weltentstehung wandelbar ist. Die Bibel verbindet diese verschiedenen Standorte in der freudigen, stau= nenden und ehrfürchtigen Bejahung Gottes als des Schöpfers. Das Wunder der Schöpfung und der Glaube an den Schöpfer können nur größer und tiefer werden, wenn wir das Fragen und Forschen des Menschengeistes nach den Anfängen in uns aufnehmen. WANN GAB ES DEN ERSTEN MENSCHEN? Die Zeit ist schwer zu bestimmen. In einer Höhle des Karmel=Gebirges in Palästina wurden Reste von Men= sehen einer sehr frühen Entwicklungsstufe, der des so= genannten homo palästinensis, gefunden. Er lebte dort etwa hundertfünfzigtausend Jahre vorher, bevor Abra= ham durch das Land nach Süden zog. Wir wissen schon lange, daß der in der Bibel erzählten Geschichte schon ein gewaltiger Zeitraum vorauslag, in dem es Menschen gab. Die Bibel des Alten Testaments übersah nur einen klei= nen Teil des Raumes, mit dem unser heutiges Weltbild rechnet. Entsprechend begrenzt war ihr Bild von der Zeit, die die Weltgeschichte bis dahin durchlaufen hatte. Dennoch ändern die Jahrtausende der Menschheitsge= schichte zwischen dem homo palästiniensis und Abra= ham nichts an den großen Linien der Geschichte Gottes mit der Menschheit, die uns die Bibel erschließt. Die Frage, wann es den ersten Menschen gab, ist we= sentlich eine Frage wissenschaftlicher Forschung. Das Bekenntnis zu Gott, dem Schöpfer des Menschenge= schlechts, gibt dieser Forschung freien Raum und hat von ihr nichts zu fürchten. Wahrscheinlich wird sie über den heutigen Stand der Wissenschaft von der Frühgeschichte der Menschheit noch erheblich hinaus= führen. Es verträgt sich dabei durchaus mit der Schöp= fungsaussage der Bibel, daß der Mensch in den frühen Stadien seines Werdens den übrigen Kreaturen der Tierwelt näher stand. Das Wunder der Menschwerdung kann dadurch nur größer werden. Adam und Eva, von denen die ersten Seiten der Bibel erzählen, sind wissen= schaftlich niemals zu ermitteln oder aus vorgeschicht= liehen Resten nachzuweisen. Aber der Bericht von den ersten Menschen bleibt wahr. So begann die Geschichte der Menschheit, daß Gott den Menschen zu seinem Ebenbild schuf, das heißt, daß er mit seinem Geschöpf so in Verbindung trat, daß er den Menschen anrief und der Mensch ihm antwortete. BRINGT NICHT DIE NATURWISSENSCHAFT DEN GLAUBEN IN VERLEGENHEIT? Sie kann den Glauben in tiefe Verlegenheit bringen. Wer an Gott den Schöpfer glaubt, aber vor neuen Er= gebnissen der Naturwissenschaft Angst hat, soll ruhig Angst bekommen. Das kann seinem Glauben nur heil= sam sein. Wir müssen wissen, daß der biblische Schöpfungsbe= rieht die wissenschaftlichen Erkenntnisse seiner Zeit bejaht und aufgenommen hat, so die Erkenntnis von der Entstehung des Lebendigen in Arten und die Er= kenntnis einer Entwicklung im Bereich des Lebendigen. Er hat diese Erkenntnis dankbar bejaht, und dadurch ist ihm Gott der Schöpfer nur größer geworden. Im 20. Jahrhundert sollte sich unser Glaube an Gott den Schöpfer über die Erforschung der Anfänge von Welt und Menschheit dankbarer freuen, als es bei Christen meist geschieht. Unser Gotteslob könnte durch die Er= gebnisse dieser Forschungen gewaltig vertieft und be= reichert werden. Die Frage ist doch nur, ob solche Erforschung der Anfänge in all ihren Zweigen die Forschenden und uns hochmütiger oder demütiger macht. Forschungen kön= nen der Erhöhung des Menschen, aber auch der Er= höhung Gottes dienen. Nur eine Naturwissenschaft, die sich selbst für unfehl= bar hält und sich ihrer Grenzen nicht mehr bewußt ist, wird von uns abgelehnt. Denn solche Wissenschaft hört bald auf, Wissenschaft zu sein, und wird Religion. SIND ATHEISTEN NICHT AUCH GLÜCKLICH? Wir müssen auf ihre These achten: Wenn aus Kandi= daten des Jenseits Studenten des Diesseits werden, be= ginnt erst die wirkliche Menschenliebe; wenn Gott tot ist, gewinnt der Mensch den Bogen und die Brücke zum Übermenschen; erst wenn die Kritik der Religion ab= geschlossen ist, kann der Mensch das höchste Wesen für den Menschen werden, sagen sie. Die Studenten des Diesseits haben ihre Lektion mit Ernst und Entschlossenheit gelernt. Sie leben wirklich, als ob es Gott nicht gäbe. Sie verwandeln ohne Gott die Erde; Kälte und Gleichgültigkeit breiten sich aus zwischen Mann und Frau, Eltern und Kindern, Kollegen und Nachbarn. Auf ihrer Brücke zum Übermenschen hockt der Wahnsinn. Wo der Übermensch, der Einzige, sich als unfehlbar feiern läßt, verfällt das Recht. Angst vor dem Menschen wird das Gesetz des Handelns. Man lebt, als ob es Gott nicht gäbe, aber glücklich ist kei= ner. Unglückliche machen andere immer unglücklich. Sie meinen, der Mensch lebe vom Brot allein. An die= sem Bibelwort zerschellt der Atheismus. Der Mensch lebt eben nicht vom Brot allein, nicht vom Fortschritt, von Zirkus und von Spielen. An der Beantwortung der Frage, wovon er sonst noch lebe, entscheidet sich der weitere Weg vom Atheismus zum Christen. Alle, die auf diesem Weg stecken bleiben, füllen ihn mit weiteren Stationen, auf dem teurer Ersatz angeboren wird. Es sind lauter Jsmen ohne Antwort. Erst wenn der Weg geradeaus ohne Aufenthalt genommen wird, ohne Ab= Stecher und Ersatzformen menschlicher Existenz, ist die Entdeckung gemacht, um die es geht, wenn das Leben sinnvoll sein soll für den Menschen und die, die neben ihm sind. Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, son= dem von dem, was Gott ihm sagt. Erst dann lebt der Mensch als Mensch und ist nicht sein eigener Ersatz; er lebt erst dann. Nein, weil Gott mit ihnen nicht fertig ist. Sie machen Ernst mit dem Wort, Gott sei tot. Sie wollen sich nicht betrügen lassen, auch nicht von Götzen, welche die Gottlosen aufrichten. Sie demaskieren überall, hinter allen Masken sehen sie nichts. Sie spüren die geheime Angst in jedem Behagen auf, in jedem Geschwätz, in aller Betriebsamkeit, auch in aller Frömmigkeit. Sie reißen allen Flitter ab und legen die Abgründe frei, zwischen denen wir leben. In allem Leben sehen sie den Tod, in allen menschlichen Plänen des Nichtige. Vor ihnen besteht kein Glaube, kein Gott, bestehen auch keine Götzen. Sie verlangen letzte Einsamkeit zwischen dem Ich und dem Du. Bis zum Schock reden sie von der Vergänglichkeit. Nihilisten können mit dem allem bis in eine gewisse Nähe von Golgatha führen. Aber dort werden Nihi= listen und Christen gefragt, ob sie die Stimme des sterbenden Christus: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" bis zur Erschütterung hören. Hier geht es nicht mehr um einen Schock sondern um die Erschütterung des Menschen. Denn damit, daß lener es ist, der vor dem Nichts steht, es sieht und beschreibt, ist uns das Angebot sondergleichen eröffnet. Wer dort erschrickt, ist in die Verwandlung hineinge= nommen. Denn dieser Christus durchsteht das Nichts, bleibt aber nicht im Tode. Er hat für die Übeltäter ge= betet und übergibt sie dem, der Tote lebendig macht und dem zuruft, das nicht ist, daß es sei — berichtet die Bibel. Weil dieser Christus nicht im Nichts blieb, sondern die Grenze des Todes zum Leben durchbrach, führt er die, die bei ihm aushalten, in eine Existenz des Lebens vor Gott. Denn er sagt dem, der sein eigenes Nichts entdeckte, zu: Ich lebe, ihr sollt auch leben, durch mich. Sie haben den Zusammenhang von Leib und Seele, die tiefe Bindung des Menschen an Triebe und Begehren aufgedeckt. Sie haben gezeigt, wie abhängig der Mensch ist von Nahrung, Werkzeug und der Solidarität der Arbeit, was viele Christen nicht wahrhaben wollten. Hätten die Christen die Bibel ernster genommen, wäre es wahrscheinlich in solch erschreckender Weise nicht zu der verhängnisvollen Lösung der Materialisten ge= kommen. Materialisten klagen den Menschen an, wie er in seiner Sucht nach Eigentum und Besitz seine Solidarität mit dem Menschen zerreißen kann, und legen bloß, wie Herrschaft, Knechtschaft und Ausbeu= tung des Menschen durch Menschen entsteht. Sie haben es klargemacht, wie abhängig der Mensch ist von der ganzen Wucht und Last des Stofflichen und Materiel= len in allen Bereichen des Wirklichen. Aber die Materialisten gingen nicht weit genug. Weil sie die Schuld des Menschen vor Gott nicht sehen woll= ten, blieb ihnen verdeckt, was Sünde ist. Darum haben sie, oberflächlich genug, das Stoffliche und Materielle als Letztes hingenommen und es zum Götzen gemacht, dessen Gesetze sie nicht sprengen können. Darum sind sie befangen in ihren Aussagen über das Wirkliche. Das Wirkliche darf für sie nicht stofflich, nur Bewe= gungsgesetz der Materie sein. Hier werden sie dog= matisch. Hier hören sie auf zu fragen. Darum scheitern sie gerade da, wo sie zu siegen vermeinen. Ihr Versuch, die Menschen von den „Verhältnissen" zu befreien, stürzt den Menschen immer wieder in die Verhältnisse hinein. Jenseits aller Barrikaden der Revolution tritt die Entfremdung des Menschen vom Menschen und die Ausbeutung wieder hervor. Erst vor dem Angesicht Gottes, wo Sünde nicht durch Menschen reparierbare, historische Fehlentwicklung, sondern Sünde bleibt, die vor Gott geschieht und darum allein durch ihn ver= geben werden kann, entsteht ein neuer Gehorsam. Wo der ist, ist Geist der Freiheit, der befreit und nie ver= sklavt. Sie beschwören den guten Willen. Wir sind doch Idea= listen! So harmlos und edel, so läppisch und bieder» männisch das Wort auch klingt: dahinter stehen mach» tige Schatten. Die Weisen sollten Könige werden, ver= langte der große Plato, weil sonst kein Ende sei des Übels in den Staaten. Den unbedingten guten Willen und das unerbittliche Sollen ließ Fichte allein als Maß» stab menschlicher Verantwortung gelten. Aber die Übel blieben, sie häuften sich. Das unerbittliche Sollen wurde zum Zwingherrn der Freiheit, und der gute Wille schei» terte bereits an einer zerbrochenen Ehe, einer verzank» ten Betriebsbelegschaft oder Dorfgemeinde. Idealisten sehen das Wirkliche im Geist. Der Mensch gewinnt Anteil an der Idee und dadurch seine Würde. Er erkennt gern auch in Schuld und Leid, Unglück und Verbrechen die List der Idee, die auch die unterirdischen Mächte in den Dienst des Geistes stellt So ist der Teufel selbst nur ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und doch das Gute schafft, sagt Goethe. Das scheint tiefe Demut zu sein. Nichts Menschliches bleibt hier fremd. Es ist zugleich die Steigerung des Menschen über sich hinaus, er denkt mit seinem Geist Gottes Gedanken voraus. Aber an dieser Stelle zerbricht das Hochgefühl des Idealismus. Die gedachte Einheit von Mensch und Gott zerreißt wieder alles. Man hat Gott nicht Gott sein lassen. Das 19. Jahrhundert erlebte bereits den Titanen» stürz. Der Materialismus war sein Erbe. Wir fangen wieder ganz neu an. Die Gnade des Nullpunktes wird als Gnade gesehen, — oder wir enden wieder in der Sackgasse. Religion ist der Versuch des Menschen, von sich aus die Gottesfrage zu lösen. Wir Menschen finden uns in dieser Welt vor wie in einem Haus, dessen Türen und Fenster vermauert sind. Daß dieses Haus Millionen von Lichtjahren lang, breit und hoch ist, macht es nicht heller. Es ändert daran nichts, daß der Mensch in dunk= ler Enge sitzt. „Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker", sagt die Bibel. Die Menschen ertragen solchen Zustand nicht. Sie wis-sen um Gott, ohne ihn zu kennen. Sie brauchen ihn und leben in aussichtsloser Ferne von ihm. Sie suchen und fliehen ihn, beides wieder in Schuld und Angst vor ihm. An dieser Frage plagen sich die Menschen, solange es Menschen gibt. Sie stellen ergreifende, oft auch befrem= dende und erschreckende, manchmal sogar grausige Versuche an, um mit Gott wieder in Verbindung zu kommen und Licht in das dunkle Haus ihres Daseins zu bringen. Der Niederschlag dieser Versuche sind die Religionen mit ihren oft imponierenden Rufen nach Erlösung. Gott trägt und erträgt alle diese Versuche des Suchens und Fliehens mit Geduld. Gott sucht den Menschen. Die Christusbotschaft ist kein religiöser Versuch, Gott zu suchen, sondern das ewige Licht geht da herein, kommt von draußen zu uns. Wenn viele zugeben, daß dieser Jesus der bedeutendste aller Religionsstifter sei, so ist damit nicht eine hohe Auszeichnung, sondern eine Degradierung ausgesprochen. Wir sitzen damit immer noch im Dunkeln. Denn Jesus ist der Christus, er ist das Licht der Welt selber. Wer sich ihm anschließt, wird das Licht des Lebens haben. Das ist ganz wahr. Offenbarung ist Enthüllung dessen, was geschehen ist, aber verhüllt war. Was keiner wußte, was keiner mit der kühnsten Phantasie sich vorstellen konnte, hat der enthüllt, der es selber tat. Es war die Enthüllung seines Liebeswillens, den Gott mit den Worten aussprach: „Ich bin der Herr, dein Gott." Das war Offenbarung. Auch die Tatsache, daß Jesus von Nazareth der Sohn Gottes ist, enthüllte Gott. Er sorgte für die Erkenntnis dessen, was dort geschah, so daß seine Begleiter sagen konnten: „Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, hat Gott bereitet denen, die ihn lieben." Das geschieht heute noch. Darum kön« nen Christen die Offenbarung nicht verschweigen. So ist Offenbarung das Gegenteil von Religion. Reli= gion ist die Bemühung des Menschen um Gott. Offen* barung ist die Bemühung Gottes um den Menschen. In der Religion bleibt der Mensch Ausgangspunkt seiner Bemühungen. In der Offenbarung hat Gott angefangen. Religion ist humanistisch, weil dort immer der Mensch das Maß der Erkenntnis und des Willens bestimmt. Religion bleibt Selbstbeschäftigung. Darum ist der Glaube schwerer als Religion, weil hier ein Wille auf uns zukommt, der uns bindet und befreit Offenbarung ist Beanspruchung. Gott ist gegen Religion und will religiöse Menschen nicht. Gott will Glaubende, die ja sagen zu dem, was er enthüllt: „Ich will dein Gott sein, du sollst mein Volk sein." WOHER WEISS MAN, WAS GOTT TUT? Wenn wir sagen: Gott tut, Gott macht, Gott handelt, so wenden wir Begriffe menschlichen Tuns an. Ehe wir also die Frage stellen können, woher wir wissen, was Gott tut, müßten wir fragen, ob Gott überhaupt etwas tut und ob wir tatsächlich in die kleinen Worte unserer menschlichen Geschäftigkeit so einfach Gott einspan= nen können, der doch der Schöpfer Himmels und der Erden ist und der Herr aller Herren. Wir können Gott nicht einspannen. Hätten wir nur die Möglichkeit, uns Gottes Tun und Handeln, sein Machen und sein Wirken nach unserem menschlichen Tun vor» zustellen, dann sollten wir von Gottes Tun lieber schweigen. Nur deswegen können wir von Gottes Tun reden, weil Gott in unserer menschlichen Sprache geredet hat. Gott hat über einen von uns unüberbrückbaren Abstand hinweg in unsere Sprache und in unser Denken hinein übersetzt, was er tut. Alles, was wir von Gottes Tun wissen, wissen wir von Gott selbst. Darum kann nur der Glaube von Gottes Tun reden. Es gibt nicht einen einzigen ernstzunehmenden Satz von Gottes Tun, der nicht bereits ein Satz des Glaubens wäre. Daß Gott in unsere menschliche Atmosphäre hin» eingesprochen hat, daß er sein unfaßbares und unzu» gängliches Tun in die Sprache der Menschen übersetzt hat, ist der einzige Grund dafür, daß wir von Gott und seinem Tun reden. Seitdem kann man erfahren, was Gott tut. Ja, seine Taten sind erfahrbar; nicht nur historisch als das, was Gott früher getan hat durch seine Schöpfung, die Propheten und Christus, sondern was er heute an einem selbst tut. WIE HAT GOTT MIT DEN MENSCHEN KONTAKT AUFGENOMMEN? Gott hat seine Schöpfung nie verlassen. Er selbst hat Grund zum Glauben gegeben. Das wollen viele nicht wahrhaben und halten dieses Wissen in sich nieder. Jeder weiß, daß Gott ist, aber keiner weiß, wer Gott ist. Über Gott kann nur Gott selbst Auskunft geben; wir müßten selber Gott sein, wenn wir es könnten. Gott hat gesagt, wie er es meint. Er kümmert sich um die Menschen durch geschichtliche Taten an einem Volk und über diesem Volk an aller Welt, durch seine Rede mit den Menschen durch die Propheten; schließlich auf wunderlichste Weise dadurch, daß ein Mensch unter uns war mit Namen Jesus. Der hat sehr schlichte, sehr verstehbare Dinge gesagt. Seine Worte konnte man in alle Sprachen übersetzen; so menschlich waren sie. Noch nie hat einer gewagt, so menschlich zu sein wie er. Noch nie hat es einen Men= sehen auf Erden gegeben, an dem sich so wie an ihm Gottes Herrschaft über Menschen und Mächte zu ent* scheiden hatte. Dem mußte auch sein Leiden und Sterben dienen. Mächtige Menschen sprachen selten für Jesus. Aber Gott sprach für ihn und tut es bis heute. Wir haben es bei ihm mit Gott selbst zu tun. Dies kann man nur hören, bedenken und prüfen. Wenn sich dabei heraus* stellen sollte — und es stellt sich heraus —, daß wir es hier mit Gott zu tun haben, dann wird es freilich für uns um Gott gefährlich ernst. Das Neue Testament ist eine Sammlung vieler ver-schiedener Schriften. Die erste Gruppe besteht aus den vier Evangelien mit der Apostelgeschichte. Jedes der Evangelien hat zunächst als eigenes Buch bestanden, mit eigener Entstehungsgeschichte und eigenem Le= bensraum. Sie haben alle als Ziel, den Bericht vom Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu zu geben. Davor fassen sie auf verschiedene Weise Jesu Worte und Taten, gerahmt in wenige Ereignisse seines Lebens, zu= sammen. Diese Form des Evangeliums gibt es sonst in der Literatur nicht wieder. Die Apostelgeschichte setzt das in den Evangelien be* richtete Geschehen mit dem Bericht vom Wirken des auferstandenen Herrn in seiner Gemeinde fort. Vom Pfingstereignis bis zu der Zeit, in der die Botschaft in die Hauptstädte des Römischen Reiches gelangte, zieht sich die Beschreibung der Boten, die in Bekenntnis, Verkündigung und Leiden an seiner Kirche bauen. Die zweite Gruppe sind die Apostelbriefe. Es sind wirkliche Briefe mit Absender und Adresse, mit Grüßen und Nachrichten. Die meisten richten sich an Ge= meinden, einige sind Briefe an Einzelpersonen. Der wesentliche Inhalt aller Briefe ist die Verwurzelung und Befestigung des Glaubens, die Tröstung und Mah= nung der Gemeinden, die von den Aposteln wieder allein gelassen werden mußten, weil sie zu anderen Städten unterwegs waren, damit die Botschaft von Christus weitergehe. Die dritte Gruppe, die Offenbarung des Johannes, ist die Erweiterung einer Gruppe von Briefen an sieben Gemeinden in Kleinasien. Sie zu trösten und wachzuhalten, entfaltet der Seher Johannes in apokalyptischen Bildern die Ereignisse der Wiederkunft des Herrn am Ende der Zeit. Als der Erfüller des Wartens und der Sehnsucht seines Volkes wurde Jesus von Nazareth von seinen Jüngern als der Christus bekannt. Er war der König, auf den Gottes Volk seit Jahrhunderten gewartet hatte. Mit ihm drang Gottes Reich in unsere Welt. Als König dieses Reiches zog er in die Stadt der Könige ein, daß er in Jerusalem erhöht werde. Der Thron war sein Kreuz. Jesus wußte sich in die Reihe der Prophe= ten gestellt, die die Geschichte seines Volkes bestimmt hatten. Was der letzte Prophet gesehen hatte, wird in ihm Wirklichkeit: Er ist der leidende Knecht Gottes. Ei erkauft mit seinem Leiden und Sterben die end= gültige Vergebung Gottes für die Welt. Er bricht eine Bresche in die Nacht des Todes. Damit ist Jesus der Herr über Sünde und Tod. An ihm entscheidet sich alles, gestern, heute und morgen. Er macht ein Leben möglich, das frei ist von der Todes= furcht, von der Angst vor der Macht aller Mächte und Systeme. Er schafft ein Leben, das frei wird von der Fessel des eigenen Ich und vom Anspruch, den der Teufel erhebt. Es ist ein Leben, das in dem ganz bestimmten Wissen geführt werden darf, daß wir nicht verloren sind, son= dem ewiges Leben haben. Es ist das Leben in der Rechtfertigung, wie das Neue Testament es formuliert; also ein Leben derer, die Gott passend gemacht hat, heilig, ihm entsprechend. Wir entsprechen ihm, wenn wir von der Vergebung leben, die Christus besorgte. Die Überlieferung des Jesus von Nazareth geschah nicht so, wie wir heute Ereignisse darstellen und für die Geschichte festhalten. Kein Wort Jesu ist stenografiert, protokolliert oder notiert worden. Kein Ereignis in seinem Leben ist durch Fotografie, Film und Aufnahme= gerät festgehalten. Seine Worte und die Ereignisse sind allein durch eine Gruppe von Augen= und Ohrenzeugen zu uns gekom= men. Darum haben wir nicht einen, sondern vier Be= richte in den Evangelien. Es gibt nach seinem Tode auch keine kirchenamtlichen Protokolle über den Weg der ersten Gemeinde, sondern verschiedene Darstellungen verschiedener Apostel, Jün= ger und Gemeinden, die oft voneinander abweichen und manchmal sogar einander widersprechen. Gerade in dieser Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit der Überlieferung des Jesus von Nazareth und der Urchristenheit liegt für die Wissenschaft einer der Gründe ihrer Echtheit. Das Alte Testament berichtet die Geschichte Gottes mit seinem Volk. Die Mitte dieser Geschichte ist der Be= rieht von der Rettung der aus Ägypten ausziehenden Schar, die durch dieses Ereignis und seine Folgen zu einem Volk wurde. Von dem Bekenntnis der Geret= teten her wird alles berichtet und erkannt Der Rettung am Anfang folgt die Geschichte des Got= tesvolkes in drei Stadien: Wüstenwanderung, Kampf um das verheißene Land, das israelitische und judäische Königreich. Dann wird berichtet von der Vernichtung der beiden Reiche und dem Exil in Babylon, von der Heimkehr aus der Gefangenschaft und der Zeit des Wartens bis kurz vor der Stunde der Erfüllung. Von dem wunderbaren Auszug aus Ägypten, durch den Gott die Freiheit besorgt, wird nach rückwärts die Vätergeschichte und die Urgeschichte erzählt. In ihr wird das Leben der Familie mit dem des Volkes ver= bunden. Der Rettung durch Gott tritt sein Segnen zur Seite. Die Urgeschichte zieht die Linie des Handelns Gottes bis an den Anfang alles Geschehenen und alles Ge= schaffenen aus: Gott ist der Schöpfer und Herr aller Geschichte. Weil das von Gott gerettete und gesegnete Volk, ob= wohl es für seinen Willen beschlagnahmt war, immer mit neuem Ungehorsam antwortet, tritt auf seinen Weg die Botschaft des Gerichts in Gestalt der Prophetie. Propheten begleiten den Weg der beiden Königreiche. Am Ende ihrer Reihe steht der unbekannte Prophet des Exils, der nach dem Eintreffen des Gerichts dem ge= schlagenen Volk wieder Trost predigen kann. Er sagt das stellvertretende Leiden des Gottesknechtes an. Man steht kurz vor seinem Erscheinen. Im dritten Teil des Alten Testaments sind die Psalmen Antwort auf Gottes Taten, Lob und Klage. Die Psalmen sind das Gesangbuch des Gottesvolkes. Es singt und betet mit ihm. Beim Alten Testament ging es wie beim Bau eines mächtigen Domes. Viele Generationen haben tausend Jahre lang daran gebaut. Die Keimzelle des Entstehens dieses Buches ist wie beim Neuen Testament ein Be» kenntnis: das Bekenntnis der am Roten Meer Gerette-ten, das zugleich Loblied und Erzählung ist. Die Ret-tung war Erfüllung einer Verheißung: Herausführung aus der Knechtschaft und Hineinführung in die Freiheit. Aus diesen Grundakkorden ist allmählich in vielen Stimmen das große Geschichtswerk erwachsen, das den Weg des Gottesvolkes bis vor das verheißene Land beschreibt, erweitert um die Vorgeschichte der Väter und die Urgeschichte. Zu diesem Bekenntnis tritt ein zweites in der Stunde des Zusammenbruches im babylonischen Exil: das Bekenntnis der Schuld, die Gottes Gericht zur Folge hatte. Viel später ist dann noch ein drittes, das Geschichts-werk der Chronik, hinzugekommen, in dessen Mitte die Erneuerung der Gemeinde um den neuen Tempel, das Gesetz und den Gottesdienst steht. Mit dieser Geschichte fest verknüpft ist die Botschaft der Propheten, die zum Teil schon von ihnen selbst aufgeschrieben wurde. Ihre Schüler besorgten auch die ersten Sammlungen von Prophetenworten, um sie den kommenden Geschlechtern zu erhalten. Ganz allmählich entstanden so aus kleineren Sammlungen Bücher. Begleitet war dieses Tun und Reden Gottes vom Anfang bis in die spätere Zeit vom Widerhall der Gebete und Lieder einzelner und des Volkes. Das ist im Buch der Psalmen zusammengefaßt, das aus dem Gottesdienst Israels erwuchs, aus kleinen Sammlungen vieler verschiedenartiger Gebete und Lieder als Gebetbuch der nachexilischen Gemeinde aufgeschrieben wurde und so auch noch das Buch der Lieder und Gebete für Christus und die erste Gemeinde war. Sie werden bis heute von uns gebetet. WARUM GEHÖRT DAS ALTE TESTAMENT ZUR BIBEL? Das Alte Testament beschreibt einen Weg, das Neue Testament das Ziel dieses Weges; das Alte Testament eine Strecke, das Neue Testament das Ende dieser Strecke. Man kann das Ziel nicht verstehen, wenn man den Weg nicht kennt. Der Weg des Alten Testamentes ist markiert durch Gottes Verheißungen an das Volk auf diesem Weg. Jesus sagt von sich, er sei gekommen, das Gesetz und die Propheten — das ist eine damals übliche Bezeich= nung des Alten Testaments — zu erfüllen. Die Erfül= lung ist nicht zu verstehen, wenn man nicht auf die Verheißung achtet. Das Alte Testament war die Bibel Jesu. Er las in ihr, er lebte und forschte in ihr, sie lag in den Synagogen aus. Die Botschaft bezog er auf sich selbst: „Heute ist diese Schrift erfüllt vor euren Augen." Das sagen auch die Apostel in ihren ersten Missionspredigten nach Pfingsten, in denen sie das Alte Testament auslegen. So wurde es die Bibel der ersten Christenheit, bevor es ein Neues Testament gab. Das Neue Testament wurde als Abschluß und Erfüllung des Alten Testaments mit ihm zusammen zur Bibel der Christenheit. Wir können das Alte Testament nur von der Botschaft des Neuen Testamentes her sehen und verstehen, wenn wir es als Christen in der christlichen Gemeinde lesen. Ebenso aber können wir das Neue Testament nur vom Alten her recht lesen und verstehen, wenn wir das Bekenntnis zu Jesus als dem Christus und das heißt als dem verheißenen König Israels bejahen. WIE IST ES ZU EINEM KANON DER BIBLISCHEN SCHRIFTEN GEKOMMEN? Kanon heißt Richtschnur. Diese Richtschnur brauchte die Kirche aus zwei Gründen: aus der Mitte der Ge= meinde standen Leute auf, die in den Überlieferungen, von denen die Gemeinde lebte, das Schwergewicht so sehr auf eine Seite legten, daß damit das Gleichgewicht schwer gefährdet wurde. Die größte Gefahr lag in dem Versuch, alles Alttestamentliche aus diesen Überlie» ferungen auszuschalten und die so „gereinigte" Bot= schaff von Christus zum Fundament der Gemeinde zu machen. Dies war der Anlaß, daß die junge Kirche einen Kanon der für sie gültigen Schriften festlegte. Dabei wurde über den größten Teil der Schriften, die jetzt zu unserem Neuen Testament gehören, bald Ein= stimmigkeit erzielt; bei der Aufnahme vor allem der Offenbarung des Johannes, des zweiten Petrusbriefes und des Jakobusbriefes hat die Kirche lange geschwankt. Der andere Grund war das Lehren innerhalb der Kirche. Die Missionspredigt der ersten Jahrzehnte brauchte keinen Kanon. Der wurde aber notwendig, als neben die Predigt immer stärker die Lehre, das Weitergeben des christlichen Glaubens von Generation zu Genera= tion trat. Dafür mußte man wissen, welche von den vielen in der Christenheit umlaufenden Schriften als apostolisch gelten konnten. Ein Kanon der Schriften des Alten Testamentes ist erst am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts in der jüdischen Gemeinde festgesetzt worden. Er wurde von der christlichen Kirche unverändert übernommen. Jesus und die erste Generation der Jünger kannten noch keinen festen Kanon, obwohl auch für sie die drei großen Teile des Alten Testaments schon feststanden. Der Kanon des Alten Testaments ist also nicht von der christlichen Gemeinde erst festgesetzt, sondern schon fertig übernommen worden. Mut dazu gewannen sie aus der Tatsache, daß das Alte Testament die Bibel Jesu gewesen war. Von ihr hatte der Herr gesagt: „Sie ist's, die von mir zeugt." IST DIESER KANON FÜR UNS UNBEDINGT BINDEND? Der Kanon ist ein lebendiger Bestandteil der Kirche. Seine Festlegung geschah in der Kraft glaubender Ge= nerationen. Er ist eine Gabe des erhöhten Herrn, der der Kirche mit dieser Richtschnur helfen wollte, ihren Weg durch die Geschichte zu finden. Als solche Gabe des erhöhten Herrn an seine Gemeinde ist der Kanon unbedingt bindend. Es ist der Kirche nicht erlaubt, der in der Bibel zusammengefügten Reihe von Schriften andere hinzuzufügen oder eine aus ihr auszuscheiden. Versteht man den Kanon als einen beengenden und be= lastenden Zwang, so hat man seinen eigentlichen Sinn bereits verloren. Der Kanon hält uns, die wir zu leicht gleiten, in der Mitte fest. Diese Bindung nimmt uns aber nicht die Freiheit des Wägens und Urteilens gegenüber den Schriften des Kanons und denen, die nicht im Kanon stehen. Es ist durchaus gesund, daß die Bücher des Neuen Testa= ments in ihrer Bedeutung für die Kirche zu verschie= denen Zeiten verschieden beurteilt werden. Es ist gut, wenn Schriften, die lange Zeit übermäßig betont wur= den, wieder zurücktreten und unbeachtete in helleres Licht kommen. Aber keine Schrift kann ohne die andere gelten. Tür den Kanon des Alten Testaments liegt es darum etwas anders, weil dieser von der christlichen Kirche nicht gebildet, sondern übernommen wurde. Niemals ist in der Geschichte der Kirche das ganze Alte Testa= ment so gleichmäßig gepredigt worden wie das Neue Testament. Das ist praktisch auch kaum möglich. Im= mer wurden Unterschiede gemacht in der Bedeutung einzelner Bücher des Alten Testamentes für das Leben der christlichen Gemeinde. Aber das Alte Testament wird viel zu wenig gelesen und zu selten aus ihm ge= predigt. Das macht die Predigt oft in ihrem Gehalt so schmal und unsere Kenntnisse darüber so gering, wie Gott sein Volk führte und heute noch zu führen im= stände ist. Die Bibel ist bis heute in 1109 Sprachen übersetzt worden. Auch in ein und derselben Sprache geht die Übersetzungarbeit an ihr immer weiter. Zur Über» setzung der Bibel kommt ihre Auslegung. Sie hat im Laufe von zwei Jahrtausenden eine Literatur hervor» gebracht, der sich an Ausdehnung und Intensität gei» stiger Arbeit in der ganzen Geschichte des menschlichen Geisteslebens nichts an die Seite stellen läßt. Der Grund aller Anstrengung und Arbeit kann kein anderer sein als der, daß seit Christus jede Generation der Christenheit von der Bibel den Zugang zu seinem Wort erwartet hat. Es ist das Wort, das uns Menschen von anderswoher einen Halt und einen Sinn gibt, den wir bei uns selbst nicht finden können. Es ging bei all dieser Arbeit immer um das Wort, das uns an keiner anderen Stelle gesagt wird. Darum lassen sich Christen durch keine Aufklärung, keinen Atheismus, keinen Spott, keine Gleichgültigkeit davon abhalten, in der Bibel zu forschen und sie immer wieder in die neue Gegenwart zu übersetzen. Diese nicht abreißende Mühe an der Bibel hat noch einen anderen Grund: Noch keiner von denen, die mit Mühe, mit Schmerzen und Hingabe am Verstehen und Übersetzen der Bibel gearbeitet haben, hat das ohne überwältigende Überraschungen getan. Er machte be= glückende Entdeckungen, ihn überfiel ehrfürchtiges Staunen, das einen Menschen erfaßt, der vor einer ge= waltigen, noch nie gesehenen Landschaft steht. Dies ist der Grund: Die Bibel ist unerschöpflich. Keine Ausle= gung eines biblischen Buches hat schon das Letzte ge= sagt; keine Übersetzung ist die endgültig richtige. Die Mühe um dieses Buch wird nicht nachlassen bis zum Jüngsten Tag. Dann wird es keiner Bibel mehr bedür= fen. Denn Gott spricht dann direkt mit uns und wir mit ihm. WAS IST BIBELKRITIK? Das dem Wort Kritik zugrunde liegende griechische Tätigkeitswort heißt urteilen, urteilend wahrnehmen. Es kann aber auch richten oder verurteilen bedeuten. Sofern sie sich von der letzteren Bedeutung ableitet, hat Kritik der Bibel gegenüber zu schweigen. Alle ge= sunde Bibelauslegung fängt damit an, daß der Aus= legende um ein gehorsames Herz bittet. Sofern das Wort Kritik in der Bedeutung des wägenden Urteilens verstanden wird, ist sie für das Auslegen der Bibel nicht nur erlaubt, sondern notwendig. Wenn Jesus in seinem Hören auf das Alte Testament Unterschiede macht, Abgrenzungen vornimmt und ein Schriftwort mit einem anderen beantwortet, so steht dahinter bereits ein kritisches und abwägendes Ver= stehen der Bibel. Er gebraucht selbst die Form des Streitgesprächs, das Kritik, kritisches Hören und kri= tisches Abwägen voraussetzt. Wenn innerhalb der Briefe des Neuen Testaments Paulus gegen Petrus etwas zu sagen hat und Jakobus etwas gegen Paulus, so zeigt das eindeutig, daß ein abwägendes Urteil, das zur Bejahung oder Verneinung kommen kann, schon zum theologischen Gespräch der ersten Christenheit gehörte. Wenn Luther über bestimmte Bücher der Bibel des Alten und des Neuen Testamentes gelegentlich recht freimütige Urteile fällt, so treibt er damit — wie übri= gens auch an vielen anderen Stellen — kräftig Bibel= kritik. Verdacht gegenüber der Bibelkritik ist immer berechtigt, wenn sich der Ausleger auf einen Standort außer-halb der Bibel und außerhalb der Kirche stellt und von dorther mit fremden Maßstäben an der Bibel Kritik übt. Aber einer Bibelkritik, die im Gehorsam gegen Gott und im Hören auf sein Wort nach dem eigentlichen Sinn der Schriften der Bibel fragt, sollte man die Freiheit geben, von den landläufigen und ausgetretenen Wegen auch einmal kräftig abzuweichen. Immer soll man so in der Schrift forschen, daß in ihr die Wahrheit und nichts als die Wahrheit gesucht wird. Weil Jesus ein Mensch gewesen ist, muß es Theologen geben. Er gehörte einem Volk in der Familie der Völker an und sprach die Sprache seines Volkes. Seine Worte reichten zunächst nur soweit, wie seine menschliche Stimme reichte und man seine Sprache verstand. Was die Jünger von ihm sagten, also die Predigt von Jesus, dem gestorbenen und auferstandenen Christus, mußte in der sprachlich so gemischten Ecke Palästinas über= setzt werden. Das Übersetzen in die damals geläufige griechische Weltsprache traf auf den griechischen Geist. Darum war mit dem Übersetzen von Anfang an eine geistige Arbeit verbunden, die wir Theologie nennen. Ein anderer Grund war das Bekenntnis, daß Jesus der verheißene und erwartete König Israels sei. Die Be* kennenden mußten sich mit den Gegnern auseinander* setzen. Da Paulus, bevor er zu Christus fand, jüdischer Theologe war, konnte er gar nicht anders, als seinen Glauben an Christus gegenüber den Heiden und Juden denkend zu entfalten. Beide Aufgaben sind der Kirche geblieben und immer neu gestellt. Immer geht es um das Übersetzen der Botschaft in neue Sprachen, neue Denkweisen, neue Lebensbedingungen; immer geht es um die Begegnung und Auseinandersetzung mit anderen Weltanschauun* gen und geistigen Bewegungen. Theologen, die sich selbst zu ernst nehmen, die um der Theologie willen Theologen sind und ihre Theologie zu einem Herrn der Kirche machen wollen, die ihr eigenes System bauen und nur in eigener Fachsprache verständlich bleiben wollen, muß es nicht geben. Aber es muß Theologen geben, die die Botschaft der Bibel in die Gegenwart übersetzen, die an der Auslegung der Schriften mit allen Mitteln arbeiten, um der Botschaft der Bibel Wege in das Denken, Arbeiten und Leiden der Zeit zu bahnen. Solche Theologen muß es geben, solange es die Kirche gibt. HAT DIE BIBEL WIRKLICH RECHT? Ja, die Bibel hat recht. Sie hat recht in dem, was sie von Gott sagt. Sie hat recht in ihrer Aussage über den Menschen. Sie hat recht in dem, was sie vom Anfang und vom Ende sagt. Wer die Frage aber falsch stellt, bekommt eine falsche Antwort. Wer die Bibel meint in der Aussage über das Alter der Erde, die Bewegung der Sonne, die Größe Asiens, die Stärke des babylonischen Heeres vor Jeru= salem, die Aufeinanderfolge der persischen Könige — wer meint, die Bibel habe unter den verschiedenen Meinungen über solche Punkte immer recht, ist im Irrtum. Folgendes Beispiel leuchtet jedem ein: In der Völkertafel 1. Mose 10, die eine für die damalige Zeit ganz erstaunlich umfassende Kenntnis zeigt, ist eine Darstellung aller damals bekannten Völker und Län= der gegeben. Der damalige Historiker war der Mei= nung, mit ihr alle Völker und Länder der bewohnten Erde aufgezählt zu haben. Wir wissen aber, daß es zu jener Zeit außerhalb des hier gezeichneten Horizontes auch noch andere Völker in anderen Ländern gegeben hat. Hierin hat also die Bibel nicht recht. Das ändert aber nichts an dem Wert und der Bedeu» tung der VölkertafeJ für die Bibel. Sie will nämlich sagen, daß Gott als der Schöpfer der ganzen Welt seine Absicht und sein Ziel an allen Völkern verwirklichen will. Für diese Aussage ist es gleichgültig, ob wirklich alle damals existierenden Völker genannt sind. Daß aber hier die Bibel in der Aufzählung nicht recht hat, ist nicht etwa ein Schönheitsfehler, sondern ge= hört zum Wesen der Bibel. Sie ist Gotteswort: in, mit und unter dem Menschenwort. Und die Menschen, deren Worte zu Teilen der Bibel wurden, waren fehl= same und in ihrem Wissen begrenzte Menschen. Hätte die Bibel nicht diese ganz menschliche Seite, die auch Fehler und Irrtum einschließt, dann wäre sie nicht das Buch, in dessen Mitte das Wort steht: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns." WIE KANN DAS ALTE TESTAMENT ZUGLEICH IN DER KIRCHE UND IN DER SYNAGOGE LIEGEN? Weil es das Buch der Erwartung ist. In der Synagoge von Kapernaum nahm Jesus die Rolle des Propheten Jesaja und las daraus vor. Es sind dieselben Worte, die wir in unserer Bibel finden. Es ist die gleiche Rolle, die man kürzlich unter den Schriften in einer Höhle am Toten Meer, in Tonkrügen versiegelt, entdeckte. Diese Jesaja=Rolle gehört zu der Thora, die heute in den Synagogen von Jerusalem, Berlin oder Chicago aus» liegt. Aus ihr wird heute wie damals vorgelesen. Das Alte Testament ist ein in die Zukunft hin offenes Buch. Sein Abschluß ist Erwartung. Die Erwartung des Kommenden ist aber nie so bestätigt worden, daß man mit unbedingter Sicherheit sagen könnte, hier oder da ist die Erwartung Wirklichkeit geworden. Daß Jesus von Nazareth der im Alten Testament erwartete Messias ist, haben die Jünger Jesu geglaubt und haben es verkündet, sie haben dafür gelebt und gelitten. Beweisen konnten sie es nicht. Jesus wollte es auch nicht beweisen. Er sucht Glauben. Die Frage muß bis heute bestehen bleiben. Denn Jesus tritt als machtloser König auf. Gott will das so. Gott sucht bis heute nur Glauben, nicht das Eingeständnis der von der Tatsache juristisch und wissenschaftlich überführten Menschen. Die Zeit wird noch kommen, wo jeder es erkennen muß und keiner mehr anders kann, als niederzufallen vor ihm. Darum heilte Jesus Kranke, aber er schaffte die Krankheit nicht ab; darum vergab Jesus Sünde, aber er machte die Menschen nicht sündlos; darum stillte er den Sturm, aber es geschehen weiter Katastrophen. Darum bleibt es möglich, zu leugnen, daß Jesus der Messias ist. Und darum liegt die Bibel Alten Testaments zugleich in der Kirche und in der Synagoge. Diese Tatsache ist ein deutliches Zeichen dafür, daß der Botschaft von Gottes Tat in Christus noch widersprochen werden kann. Gott wartet, daß Israel nicht mehr auf den Messias wartet, sondern erkennt: Er ist da, schon lange. SIND DIE JUDEN HEUTE NOCH DAS AUSERWÄHLTE VOLK? Ja, sie sind es und leiden daran. Denn die Erwählung ist kein Privileg, sondern eine Gabe, die zumutet; eine Aufgabe, die Hohes fordert und darum auch tief stür-zen lassen kann. Es war Gottes Wille, bei den Juden anzufangen. Es hätten auch die Germanen sein können. Oder die Slawen. Gott aber fing bei Abraham an. Da-mit war der Ausgangspunkt für die ganze Welt festgelegt. Oft wird im Neuen Testament die Gemeinde Jesu Christi das neue Gottesvolk genannt, ihr wird die Er= wählung zugesprochen. Sie ist das Volk des Eigentums. Also geht die Geschichte des von Gott erwählten Volkes in der christlichen Kirche weiter. Dieser Glaube der ersten Christenheit kommt vor allem darin zum Aus= druck, daß sie das Alte Testament al? einen Teil der Bibel übernommen hat. Was Gott angefangen hatte, als er Abraham rief, kam in Christus zu seinem Ziel. Auf diesem Fundament ist die Kirche gebaut, Gottes neues Volk, das Volk des neuen Bundes. Weil aber Gott ein historisches Volk, das jüdische Volk, einmal zu seinem Volk erwählt hat, darum läßt dieses Volk eine unvertilgbare Spur in der Weltge-schichte zurück. Auch der andere Teil des jüdischen Volkes, der Jesus nicht als den Messias anerkannte, ging seinen Weg durch die Geschichte weiter bis zum heutigen Tag. Christus kam aus Israel. Israel wird ihn nicht los. Die Tatsache, daß das jüdische Volk von allen vor Christus lebenden Völkern als einziges die Jahrtausende bis zur Gegenwart in der Zerstreuung überdauerte, ist nach den Gesetzen der Weltgeschichte nicht zu erklären. Schon seine Weiterexistenz ist ein Zeichen dafür, daß Gott der Herr der gesamten Weltgeschichte ist und mit diesem durch beispiellose Leiden hindurchgegangenen Volk noch seinen besonderen Plan hat. Man hat dabei mit Gott zu tun. Eine Braut wird auf die Frage, was sie davon habe, wenn sie den Brief des Geliebten lese, kaum antworten können. Denn der Geliebte ist da mit seinem Brief, er spricht zu ihr aus allen Zeilen. Der Brief selber macht die Liebe fest. Wer die Korrespondenz abbricht, bricht die Liebe ab. Das haben wir vom Bibellesen: wir bleiben der Korre« spondenz Gottes mit uns treu. In der Bibel redet Gott mit den Menschen, sehr lebendig, sehr persönlich. Wenn aber Gott zu uns spricht — wie ein Mann mit seinem Freunde redet, steht in der Bibel —, dann han* delt Gott zugleich an uns. Denn bei Gott fallen Wort und Tat immer zusammen. Darum ist die Bibel so verläßlich, daß darauf unser Glaube sich beziehen kann: Es steht geschrieben! Beim Lesen der Bibel gewinnen wir Kenntnisse über Gott und sein Tun. Wir erkennen Gott immer mehr, so daß es zu einem wachsenden Umgang mit ihm kommt. Wir dürfen Gott immer mehr verstehen in allen Lebenslagen und im großen Weltzusammenhang. Wir hängen dann so an seinem Wort, daß wir nicht mehr davon loskommen und die Bibel um jeden Preis bei uns haben wollen. Sie begleitet uns zu Hause und auf Reisen, im Frieden und im Krieg, in Freiheit und Gefängnis, im Leben und im Sterben. Wer die Bibel nicht mehr liest, weil er wegen Zeitbedrängnis nicht mehr dazu kam; wer sie nicht mehr liest, weil er als junger Mensch zwar noch den Zugang fand, sie aber nun immer fremder empfindet; wer sie aus anderen Gründen nicht mehr lesen will, — der muß bedenken, was er tut. Wer vom Ersatz lebt, stirbt bald an Mangelkrankheit. Er schafft sich tödliche Einsamkeit, er bleibt für sich, seine Liebe geht zu Ende, sein Glaube stirbt ab, und Gottes Antwort lautet: Jetzt kenne ich dich nicht mehr. WIE LIEST MAN IN DER BIBEL? Sehr persönlich. Wer die Bibel lesen will, sollte sie sich nicht leihen. Man muß seine Bibel besitzen. Denn je mehr man darin liest, um so intimer wird sie. Mit Bleistift sollte man die Bibel lesen, damit man Frage= Zeichen setzen kann, wo man nicht einverstanden ist, und unterstreichen kann, wo man seinen Fall ent= deckt. Man sollte zunächst bei der Apostelgesdiichte anfan= gen, dann das Markusevangelium lesen, dann die Ge= schichten in den ersten beiden Büchern des Mose, dann Jeremia und einen Brief der Apostel, den Philippen brief etwa. Ob wir langsam lesen oder schnell, entscheidend ist, daß wir von Seite zu Seite Erkenntnisse sammeln, nicht Sprüchlein, die man anderen ins Tagebuch schreibt. Man muß den Spuren Gottes in der biblischen Geschichte nachgehen und sich selbst in diesen Spuren entdecken. Dann ist man bald mit Gott in seiner Kirche unterwegs. Keiner soll enttäuscht die Bibel weglegen, weil er nicht sofort hinter ihren Reichtum kommt. Wir haben soviel anderes im Leben gelesen, daß wir Mut und Fleiß an= wenden müssen, wieder hinter ihren Sinn zu gelangen. Sie ist uns fremd geworden. Das kann man ändern. Die Hauptsache dabei ist, daß wir der Bibel nicht fremd sind. Das ist nicht der Fall. Wir kommen immer in ihr vor. Das merkt man bald und ist betroffen. WAS WISSEN WIR VON JESUS? Wir wissen, was er tat, redete und warum er starb. Er hat kein Reich gegründet, keine Revolution entfacht, keine Erfindung gemacht, kein Haus gebaut, kein Werk, wie wir es verstehen, geschaffen. Er hat aber auch keine Krankheit aus der Welt geschafft, die Lebensbedingungen nicht verbessert und keine soziale Gleichheit hergestellt, hat weder die Besatzungsmacht der Römer in seinem Land noch die Sklaverei beseitigt. Er hat geholfen. Und dieses Helfen war so, daß es tiefer ging und mehr bewirkte als irgendeines der in den Augen der Menschen großen Werke der Weltgeschichte. Er hat geholfen und mit seinem Helfen die Liebe Gottes zu unserer Welt gelebt und dargestellt: So liebt euch Gott! Er hat keine heilige Sprache geschaffen, er hat keine neue Religion gegründet, er hat kein philosophisches und kein theologisches System erdacht, er hat kein Buch geschrieben und kein Gesetz erlassen. Er hat den Menschen, die ihm begegneten, gesagt, daß Gott sie will, daß Gott sie liebt. Er hat ihnen mitgeteilt, daß man sein Leben gründen kann auf den Glauben daran; daß man mit ihm den Vater im Himmel hat. Mit seiner Rede und mit seinem Tun begann er das Reich Gottes. Er ist seitdem mitten unter uns. Wenn wir die Linien bis zu seinem Tod hin ausziehen, wissen wir, daß er für uns gelitten hat und für uns gestorben ist. Daß aber sein Tod nicht das Ende seines Wortes und Werkes war, können wir nicht nachweisen, wie zweimal zwei vier ist. Die Zeugen seines Leidens und Sterbens konnten es auch nicht. Es ging über das Wissen und Beweisen hinaus. Sie hatten geglaubt und erkannt, daß dieser Mensch Christus war. Wir glauben und wissen, daß sein Leiden und Sterben Zukunft hat, daß darin für uns der Weg durch die Macht der Sünde und die Macht des Todes durchgebrochen und das Ziel frei geworden ist. Es ist das Ziel unseres Lebens, das Ziel der Weltgeschichte, das Ziel des Kosmos: die Liebe des Vaters und seine Versöhnung mit uns. Weihnachten machte Gott mit dem Versprechen Ernst, daß er die Welt versöhnen werde mit sich selber. Darum wird sein Sohn in dieser Welt geboren, auf dieser Erde. Der Ort ist aufweisbar. Die Wege, die er beschritt, sind seitdem Tausende gegangen. Alles pas= sierte tatsächlich unter uns. Der Geburtsort hieß nicht Jerusalem, die Hauptstadt des Landes Die Stätte war nicht ein Palast; Böller= schüsse zeigten seine Geburt nicht an. Von Anfang bis Ende geht der Zug der Verborgenheit durch das Leben Jesu: Bethlehem in der Provinz, Golgatha draußen vor der Tür. Das geschah darum, weil es keinen Menschen geben soll, der ausgeschlossen wäre von dem, was Gott hier tut. Gott setzt den Hebel unten an. Gott hat die Weit also nicht nur angesprochen, sondern die Welt be= sucht. Seit Weihnachten sind wir nicht mehr unter uns. Seitdem ist es nicht mehr möglich, zu tun, als ob wir ohne ihn wären. Weil aber Weihnachten sein Sohn geboren wurde, kön= nen wir ermessen, wieviel wir Gott wert sind. Er wohnte unter uns. Wir sind abgeholt. Nur der von hohem Rang wird abgeholt. Gott hat uns würdig ge= macht. Gottfremde werden Gottes Kinder, Verlorene werden Gefundene, Todeskandidaten werden zur Frei» heit begnadigt. All das geschieht denen, die von Weihnachten soviel halten und von Herzen an dieser Krippe singen kön» nen: „Welt ging verloren, Christ ist geboren. Freue dich, o Christenheit." WAS HEISST: »GEBOREN VON DER JUNGFRAU MARIA" ? Die Jungfrauengeburt bleibt Gottes Geheimnis. Gott ging es nicht darum, mit dem Menschen nur oberflächlich Kontakt aufzunehmen, wie etwa ein Prinz sich entschließen mag, durch seine Besudle im Bergwerk Volksnähe zu gewinnen. Es ging Gott um Mensch= werdung mit allen Konsequenzen. Weil Gott ganz unten den Hebel ansetzen wollte, mußte es so sein. Nur so konnte die Versöhnung total sein. Diese Lösung konnte Gott durch Adoption eines heiligen Menschen nicht erreichen; es gab ihn nicht, es wird ihn nie geben. Weil Gott beim Menschen keine Voraussetzung des Heils finden konnte und bis heute nicht finden kann, aber der Erlöser Mensch werden mußte, konnte er den Sohn auch nicht von Eltern dieser Welt nehmen. Darum schloß Gott den Vater aus und erwählte eine Jungfrau als Gefäß dieses Wunders. Wenn die Kirche die Jungfrauengeburt trotz aller Bezweiflung bis zur Stunde bekennt, so tut sie es, weil sie erstaunt bleiben darf darüber, daß Gott, obwohl wir nicht zu ihm passen, den Weg zu uns fand: Gott fing mit sich selber an! Die Kirche bleibt in der Dankbarkeit, daß die Erlösung nicht oberflächlich gemeint war, sondern gründlich: Christus war ein Mensch wie wir, doch ohne Sünde. Die Kirche wiederholt das Dogma von der Jungfrauengeburt in der demütigen Erkenntnis, daß Gott keinen unter den Menschen finden konnte, der ihm dabei half: daran ermessen wir, wie schwer die Sünde wiegt, aber wie ganz seine Erlösung gilt. Darum gehört der Satz von der Jungfrauengeburt in den zweiten Glaubensartikel. Er handelt von der Christologie, also von der Lehre von Christus. Die Bibel kennt keine Lehre von Petrus oder Paulus, auch keine Lehre von Maria. Jesus ist der Mittelpunkt. Es dreht sich alles um ihn. Auf Golgatha ist nicht ein Mensch zum Märtyrer seiner Idee geworden. Golgatha hat nichts mit einer Idee zu tun, sondern mit der Sünde der Welt, mit der Sünde aller Menschen, der schon gestorbenen, der heute lebenden und der noch ungeborenen. Die damaligen Menschen konnten Jesus keine Sünde nachweisen. Die Pharisäer hätten es gern getan. Sie konnten es nicht. Auch der römische Statthalter Pilatus fand als Richter keine Schuld an ihm. Jesus stirbt wegen der Sünde anderer. Sünder können Sünde nicht aus der Welt schaffen, aber die Sünde mußte aus der Welt geschafft werden, sonst war die Welt verloren. Darum ist die Welt ohne Christus rettungslos sündig verseucht. Unsere Väter nannten das Erbsünde. Sünde ist also absolut unreparierbar und unaustilgbar. Jesus Christus ist der einzige, der negativ auf Sünde rea= giert. Den hat Gott für uns zur Sünde gemacht. Wer ihm seine Sünde sagt, dem gibt er seine Sündlosigkeit. Das ist Versöhnung, der große Austausch, den jeder Mensch staunend erleben kann. Seit Karfreitag ist das möglich. Wer beleidigt, muß die Beleidigung zurücknehmen. Das tut weh. Wer gestohlen hat, muß Strafe erdulden. Sie ist schwer. Früh war es dem Volke Gottes klar, daß die Glieder des Volkes nicht nur etwas gegen-einander hatten, wenn sie verleumdeten oder sich be» stahlen, sondern daß hier eine dritte Instanz, der Herr dieses Volkes, angegriffen war. Wie aber sollte man das Leid, das dieser dritten Instanz zugefügt war, beheben, wenn man auch das Leid, das der zweiten Instanz zugefügt war, nur zum Teil beheben konnte? Nur zum Teil, denn Beleidigungen bleiben haften, ge= stöhlen bleibt gestohlen, und wenn jemand getötet wird, weckt ihn keiner wieder auf. Darum war in diesem Volk von Urzeiten an der Gedanke lebendig, daß man Gott selber versöhnen mußte. Dazu aber war der Mensch nicht fähig. Im alten Bund gab es eine Fülle von Sühnehandlungen und Sühneopfern. Aber schon ihre ständige Steigerung zeigt, daß man ahnte: Wir können Gott mit unseren Mitteln nicht versöhnen. So wurde schon früh im Alten Testament eine gänzlich andere Versöhnung angekündigt: durch das stellvertretende Leiden eines einzelnen, der selber nicht schuldig war. Sie wurde wirklich in Jesus Christus. Es war ihm klar, die Seinen entdeckten es erst nach und nach, daß er den Weg des Leidens gehen mußte. Sein Leiden und Sterben brachte endgültig die Ver= söhnung, die Versöhnung mit der dritten Instanz. Blinde können keinen Blinden leiten. Er war der einzig Sehende. Sünder können nicht Sünde tilgen; er war der einzig Sündlose. Darum wurde er, der von keiner Sünde wußte, für uns zur Sünde gemacht. Die Strafe liegt auf ihm. Wir sind frei. Das ist eine von den schweren Fragen, die mit Worten nicht beantwortet werden können und die niemals zum Schweigen kommen, solange die Erde steht. Auch die Bibel beantwortet diese Frage nicht so klar und bündig, daß wir aus ihr die ein für allemal fertige Antwort entnehmen könnten. Denn das Böse ist das schlechthin Rätselhafte. Das Böse gehört zu unserem Menschsein hinzu. „Siehe, ich bin in sündigem Wesen geboren", sagt der Mensch in der Bibel. Und daß wir es tun, ist unsere Schuld. Das Böse ist so rätselhaft, daß es niemals und nirgends in der Wirklichkeit ganz zu fassen ist. Kein Mensch ist so böse, daß er die Verkörperung des Bösen darstellte. Kein Mensch ist so gut, daß er gegen das Böse gefeit wäre. Das Böse ist so rätselhaft, daß Böses und Gutes, daß Gut und Böse niemals in ein Gleichgewicht ge= bracht werden können, weder in der Theorie noch in der Praxis. Gut und Böse können nie ganz voneinander getrennt werden. Es ist typisch, daß wir beim Vater= unser beide Formen nennen: Erlöse uns von dem Übel, erlöse uns von dem Bösen. Immer steckt der Teufel dahinter. Die Frage, warum Gott das Böse zuläßt, ist im Grunde gleichbedeutend mit der Frage, warum Gott den Men* sehen aus der Gemeinschaft mit ihm fallen ließ. Die Bibel sagt uns wohl, wie es dazu kam, nicht aber war= um. Aber die Frage wird einmal beantwortet wer= den, wenn wir es aushalten, auf die Antwort zu warten. Das eine wissen wir schon jetzt ganz sicher: Gott ist selbst mit dieser Frage beschäftigt, die Beantwortung ist schon im Gang. Schon in der Geschichte von der ersten Sünde ist davon die Rede, dunkel und doch bestimmt. Die Lösung wird bereits erwähnt. Wir v/issen sie. Denn an einer Stelle in der Weltgeschichte setzte Gott selbst ein Gegengewicht gegen das Böse. Es ist der eine Mensch, an dem das Böse keinen Halt gefunden hat. Es ist Jesus Christus und seine Liebe. SOLL DAS EIN GOTT DER LIEBE SEIN? Gott läßt es zu, daß Kinder getötet werden, weil Hero« des seine Macht fürchtet. Gott läßt es zu, daß in man= chen Gegenden der Welt Menschen Jahr für Jahr hun-gern müssen, daß in einer kinderreichen Familie der Vater seinen Tod findet in dem Augenblick, in dem er selbst andere retten wollte. Soll das ein Gott der Liebe sein? Jeder kann Fälle aus seinem Leben anführen, die zu dieser Frage führen. Wenn uns solche Frage von einem anderen gestellt wird, ist ihm damit nicht gedient, daß wir mit einer Antwort schnell bei der Hand sind. Es ist eine Frage, die zunächst gar nicht beantwortet sein will, sondern gehört und respektiert werden muß. Es kommt darauf an, daß wir uns mit unter diese Frage stellen. Denn der sie stellt, muß jemand haben, der ihn mit seiner Frage versteht. Das ist wichtiger für ihn als eine schnelle Antwort. So richtig sie auch sein mag, ihm ist nicht damit geholfen. Kommt diese Frage aus unserem eigenen Herzen, dann sollen wir zunächst einmal wissen, daß Gott diese zweifelnde Frage versteht und sie erträgt. Ein ganzes Buch der Bibel handelt davon, daß einer, der an Gottes Güte zweifelte und verzweifelte und Gott anklagte und herausforderte, näher bei Gott war als seine Freunde, die die richtige Antwort wußten und sie gegen ihn verteidigten. Der Mann hieß Hiob Darüber hinaus aber können wir nur dorthin zeigen, wo diese uns so bedrängende Frage bis zu ihrer äußersten Möglichkeit nach vorn getrieben wird: Soll das ein Gott der Liebe sein, der seinen eigenen Sohn an das Kreuz gebracht hat und keinen anderen Weg hatte, die Welt zu erlösen? So hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen Sohn gab. So ist Gott ein Gott der Liebe. Früher hing das Bild von Rethel in vielen Zimmern: Der Turmwächter sitzt sterbend im Sessel, während der Knochenmann an seiner Stelle die Glocke läutet, und unter dem Bild stand der Titel: Tod als Freund. So erhofften sie ihn vor 50 Jahren. Heute wünscht man ihn sich auch als Freund, aber anders, möglichst plötz= lieh und unerwartet, schnell und schmerzlos. Und viele sagen schon im Blick auf die Atombombe, das Schönste an ihr sei, daß wir dann alle „weg" sind. Keiner merkt ihn, den Tod als Freund. Den Tod als Freund zu nehmen ist aber nur möglich, wenn man sich suggeriert, mit dem Tode sei alles aus. Wir müssen aber wissen, daß Gott sich den Menschen nicht durch den Tod aus der Hand reißen lassen will. Wir kommen aus seiner Hand, Gott will uns nicht aus» händigen. Weil Gott den Menschen nicht aushändigen will, hat Gott alles getan, um sich des Todes zu be= mächtigen. Ostern passierte der wunderliche Krieg auf Tod und Leben. Jesus, der Sohn Gottes, beendete die= sen Kampf mit dem Siege Gottes über den Tod. Es war ein Sieg, der nach allen greift, die vor Christus lebten und starben, und schließt auch die mit ein, die seitdem gestorben sind, in unseren Tagen sterben und sterben werden. Natürlich sterben wir noch; es ist über kurz oder lang zu Ende mit uns. Aber wir sterben als solche, die dar= um leben werden, weil nicht der Tod als Freund an der Schwelle steht, sondern Gott als Freund. Der Tod ist der Feind, das steht wörtlich in der Bibel. Und es hat Gott seinen Sohn gekostet, um ihn zu besiegen. Dar» um haben wir uns nicht mit dem Tod anzufreunden, sondern mit dem Freund anzufreunden. Er heißt Jesus Christus, und siehe: wir leben. WAS NÜTZT UNS DENN DAS LEERE GRAB ? Ob es wirklich leer war, fragen immer noch die Men= sehen. Ob es sich wirklich nicht um eine Konstruktion der allzu gläubigen Jünger handelte, die einfach den Tod ihres Meisters nicht glauben wollten: Er darf nicht sterben; er durfte nicht sterben; er ist gar nicht gestorben; und wenn schon, dann ist er wieder aus dem Grab hervorgegangen. Wer die Osterberichte in der Bibel aufmerksam liest, merkt, daß hier gerade nicht von gläubigen Jüngern die Rede ist. Der Auferstandene begegnet nur dem Unglauben. Keiner hat mit ihm gerechnet. Und die Landsknechte, die nach der Beerdigung Wache halten sollten, hatten den Auftrag, seinen Leichnam zu be= wachen, daß er nicht gestohlen wurde, weil die Auf» traggeber bereits einen Mythos befürchteten. Wer solch einen Mythos heute abwenden will, verbrennt den Leichnam und verstreut die Asche an unbekanntem Ort. Der Leichnam wurde nicht gestohlen. Das Grab war tatsächlich leer. Als Christus leibhaftig auferstand, war kein Jünger dabei. Sie waren verschwunden aus Angst. Alles war entsetzt. So sind die Ostergeschichten voller Mahnungen des Auferstandenen, nicht nur auf das Grab zu sehen, sondern auf ihn. Denn das Grab ist leer, er aber lebt. Das ist keine dogmatische Formel, sondern Gottes Hinweis, daß es ihm gelungen ist, den Tod als nicht endgültig zu erledigen. Gott behält das letzte Wort, nicht der Tod. Christus ist der erste, den der Tod nicht halten konnte. Der Glaube an diesen ersten, der auferstand, verschafft nun solche Gemeinschaft mit ihm, daß wir als die zweiten und dritten in die große Zahl derer hinein» genommen werden, die er mit in die Auferstehung reißt. Seitdem werden bei der Beerdigung Ostertexte gelesen und Osterlieder gesungen. Wer das begreift, hat viel begriffen. So vernagelt denken Christen wirklich nicht, wie es sich die materialistische Wissenschaftlichkeit vorstellt. Jesus ist am Himmelfahrtstag nicht aus dem Erdgeschoß der Welt ins Himmelsstockwerk des Weltalls aufgestiegen, um sich dort für unbestimmte Zeit in den Wartestand zurückzuziehen. Wenn auch die Himmelfahrt Tesu in den damaligen Vorstellungen überliefert wurde, so wußten die Jünger schon damals: Gott hat Raum, und Christus ist bei ihm für uns da. Das wußten schon vor mehr als 3000 Jahren diejenigen, die das Gebet des Psalmes mitbeteten: „Herr Gott, du bist unsere Zuflucht für und für, ehe denn die Berge wurden und die Erde und die Welt geschaffen wurden, bist du, Gott, von Ewigkeit zu Ewigkeit." Sie wußten, daß man Gott und seinem Angesicht nicht entfliehen kann, nicht in den Himmel und nicht in die Hölle, über= all würden wir auf Gott stoßen. Wer dieses Zeugnis lange überdenkt, wird entdecken, daß die Beter aller Zeiten von Ewigkeit wissen und sich selbst durch Millionen von Lichtjahren diese Ewig= keit nicht begrenzen lassen. Diese verkündigt die Bot* schaft von der Himmelfahrt Christi. Jesus sagt es selbst von sich, daß ihm alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben sei. Christen brauchen also bei aller Bedrängnis und Be= drückung in der Welt im Grunde genommen keine Angst zu haben, weder für Gott noch für die Gemeinde noch für sich selbst. Es gibt keinen denkbaren Raum irgendwo und keine Minute Zeit irgendwann, wo die Herrschaft des Auferstandenen nicht hinreichte. Denn das geschah Himmelfahrt: Christus tritt seine Herr* schaft nach jener punktuellen irdischen Existenz für die ganze Erde und die ganze Welt an. Er bleibt der Herr. IN WELCHER HÖHENLAGE FÄNGT DER HIMMEL AN? Für die antike Welt, nicht nur für das Volk Israel, war der Himmel eine Feste, ein Firmament, an dem Sonne und Mond ihre Bahn zogen, an dem die Sterne als Lichter befestigt waren, dessen Öffnungen den Regen hindurchließen. Damit, daß diese Vorstellung für uns aufgehört hat, ist der Himmel nicht etwa nur um einiges höher gerückt. Wir wissen, daß die Erde als Planet um die Sonne kreist. Wir wissen, daß das Sonnensystem als eines neben anderen in einem un-vorstellbar weiten Weltenraum besteht. Darum hat die Rede der Bibel von einem Raum über der Erde und einem Raum unter der Erde für uns ihre Selbstverständlichkeit verloren. Das Oben und Unten hat nur noch den aufrechten Gang des Menschen an der Oberfläche des Planeten Erde zum Maß; ein absolutes Oben und Unten gibt es nicht mehr. Der Himmel ist mit diesen Maßen nicht mehr festzulegen; er ist genauso über uns wie unter uns wie vor uns wie hinter uns. Darum läßt es sich auf keine Weise mehr festlegen, in welcher Höhenlage er beginnt. Wenn wir uns nun einen Ort, an dem Gott ist, an dem die sind, die Gott zu sich gezogen hat, von dem in der Christnacht die Engel gekommen sind, nicht mehr vorstellen können, wenn wir uns diesen Platz nicht mehr in meßbarer Entfernung von unserem Planeten Erde irgendwo in der Leere des Weltraums denken können, so wird damit nur ganz klar, daß der Him= mel wirklich die Welt Gottes, wirklich das Andere, Unerkennbare und Unvorstellbare ist. Es ist ja nicht wahr, daß die Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaft unserem Glauben irgend etwas nehmen müßten, so daß wir uns ängstlich vor ihnen zu hüten hätten. Sie können uns vielmehr Gott viel größer, sein Schöpferhandeln viel gewaltiger und den Himmel als Gottes andere Wirklichkeit viel wunderbarer machen. Und die Freude darauf wird noch größer. WAS HEISST: „...DASS ICH IN DEN HIMMEL KOMM"? Die Zeile stammt ans einem Kindergebet. Der Himmel Gottes ist das Ziel der Menschen nach dem Tode. Da ist der große Anfang, der kein Ende nimmt. Der Him= mel ist Gottes nahe Umgebung, die Versammlung derer, die Gott fromm gemacht und für die Ewigkeit bei ihm tauglich erklärt hat. Da gelten andere Gesetze als bei uns: kein Leid, kein Tod, kein Krieg, keine Trä= nen, kein Betrug und keine Sünde mehr. Es ist dann alles neu geworden. Aber der Mensch gilt! Obwohl wir dann gestorben, begraben und verwest sind, wie alles verwest, so daß hier nichts mehr von uns auffindbar ist, dort sind wir. Gott legt in seinem Wort an uns großen Wert darauf, daß er dem Menschen eine persönliche Erlösung zu= teilt, eine persönliche Auferstehung verspricht und ein persönliches Leben in seiner Umgebung ermöglicht. Darum heißt es im Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an die Auferstehung des Fleisches." Was man irrtümlicherweise mit der „Unsterblichkeit der Seele" bezeichnete, kann nur dies meinen: Nicht ^unsere Seele, nicht unsere so schwer beschreibbaren inneren Werte sind unsterblich, sondern wir sind nach dem Tode persönlich neu gemacht. Die Kontinuität ist nicht in unserer Seele gegeben. Also, was im Leben und im Sterben und in der Auferstehung durchhält, ist Gottes Ja zu uns persönlich. „Daß ich in den Him= mel komm", liegt also an Gott allein. Er macht uns fromm und fängt hier schon damit an, uns für den Himmel tauglich zu machen. Unbeschreiblich ist, was dann kommt. Wir werden Ihn sehen, wie Er ist. Daß Gottes Herrschaft Geltung bekam. Dazu aber kämpfte er nicht alle Gegner nieder. Er wollte ihr Todesurteil nicht. Um Feindschaft aufzuheben, um zu versöhnen, war er gekommen, Gott sein Eigentum zurückzugeben und Menschen aus falscher Macht zu befreien. Um das zu erreichen, hat er gelehrt und gelockt, dazu hat er denen Vergebung zugesprochen, die die Macht von Sünde, Tod und Teufel um seinetwillen satt hatten und sich suchen und finden ließen. Er konnte ver» geben, denn er war der Sohn. Er litt das Leiden Gottes so an der Welt, daß er sich selber hingab. Gerade damit macht er der Verfeindung ein Ende. Er gründete Gottes Reich auf Erden. Dazu war er als Sohn Gottes er» mächtigt. Dieses Reich ist nicht irgendwo, sondern überall, seit» dem die Menschen nicht mehr unter sich sind. Christus ist mitten unter ihnen. Und immer geht es, wo er unter ihnen ist, um Gottes Ehre und das Heil der Menschen, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Jesus kam es also darauf an, daß Menschen selig würden. Dieses ungebräuchliche Wort hat einmal alles ausgedrückt, was Menschen meinten sich wünschen zu können. Ein gänzlich unerwartetes Glück liegt für den Menschen darin, daß in Sachen Gottes die Feindschaft ein Ende gefunden hat. An der Feindschaft würden wir verkommen. Seit Jesus ist dies nicht mehr die letzte Lösung. Sie entschieden sich für oder gegen ihn. Es hatte noch nie ein Mensch gewagt, so menschlich zu sein wie er. Nie hat es einen Menschen gegeben, den man mit Gott zugleich nennen konnte. Jesu Sache war Gottes Sache, sein Wort war Gottes Wort, seine lat war Gottes Tat. Wenn er sprach, mußte man nicht erst auf Gottes Wort warten, es war mit ihm da. Wo er ging und stand, bekamen es die Menschen mit Gott zu tun. Er hatte die Menschen lieb. Er war ihnen gut. Aber das bedeutete nicht ein betuliches Mitleid; sondern den Menschen ging darüber aut, wie sie mit Gott dran waren. Um Jesu willen faßten sie eine verwegene Hoffnung, daß es Gott gut mit ihnen meine, daß er mit ihnen noch einmal antangen wolle, daß er noch einen Weg, noch einen Plan, noch eine Zukunft für sie habe. Deshalb demütigten sich die Menschen und gingen mit sich ins Gericht. Darum gaben sie nichts mehr aut sich, aber alles auf Gott. Darum wagten Menschen, noch einmal ehrlich Menschen zu sein, von neuem anzutangen, die Hände zu falten und Wort für Wort zu beten, zu arbeiten und das Fällige zu tun, Gottes Wort zu hören, einander gut zu sein und zu vergeben. Wer Jesus begegnete, wurde hineingezogen in alle Pläne Gottes mit der Welt. Über sein eigenes kleines Leben hinaus wurde er Jünger und stand Gott zur Verfügung. Die ganze Welt sah für ihn anders aus. Es waren mit ememmal nicht mehr die Reiche dieser Welt entscheidend, sondern das Reich Gottes. Es lohnte sich, zu leben. Aber auch das andere passierte um Jesus. Menschen wurden von seinem Wort so getroffen, daß sich ihre Züge verzerrten, daß sie sich ab wandten und sich Vornahmen, ihn umzubringen. Sie vergriffen sich an ihm und vergriffen sich damit an Gott. Heute ist es nicht anders. Es geschieht immer noch beides. KANN DAS AUCH IN DER BEGEGNUNG MIT SOKRATES, GOETHE UND GANDHI GESCHEHEN? Nein, weil wir Sokrates nicht begegnen, auch nicht Goethe und Gandhi, sondern ihren Schriften, Dichtun-gen und Werken. Selbst eine Mozart=Gemeinde begegnet Mozart nicht, sondern lauscht den Tönen und läßt sich hineinnehmen in eine Harmonie, die seinem Geist entsprang. Es kommt nicht zu einer Begegnung mit Mozart. Wer Christus begegnet, begegnet nicht seinem Werk, sondern ihm. Das heißt: Christus handelt an ihm, nicht durch sein Werk, sondern persönlich. Er spricht selber und schafft dem, der ihm begegnet, Gemeinschaft mit Gott und den Seinen. Das liegt an der Schöpferkraft, die Jesus als der Auferstandene durch die Verheißung an seine Kirche heute noch vollzieht. Diese Schöpferkraft hat Christus nicht aus der Hand gegeben, daß etwa die Kirche darüber entscheiden könnte, ob sie in Gang kommt oder nicht. Christus ist selbst seiner Kirche gegenüber frei geblieben, um sich nur ja nicht das Maß seiner Gnade durch Menschen begrenzen zu lassen. So ist der Satz, wer zur Kirche gehöre, gehöre damit selbstverständlich zu Christus, nicht wahr. Wohl aber: Wer zu Christus gehört, gehört zur Kirche. Denn Christus will durch die Kirche immer unmittelbar handeln. Er tut es durch seine Gegenwart im Wort und im Sakrament. In der Kirche lädt Christus an seinen Tisch zur Gemeinschaft mit ihm und den Seinen mit dem Satz am Altar: „Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist." Es geht immer um die Begegnung mit ihm. An Daseinsverfehlung. Ein Leben in Würde war uns zugedacht. Wir sollen nicht nur vegetieren. Wir haben etwas zu verantworten. Aber diese Veiantwortung scheuen wir und verfehlen darum unser Dasein. Wir haben es immer dann verfehlt, wenn wir Gott nicht für uns, sondern gegen uns haben. Gott hat man gegen sich, wenn man ihn nicht für sich hat. Diese Sache duldet keine Ungewißheit. Wir können uns nicht mit bloßem Dahinleben beruhigen. Wir sind beim Namen gerufen. Wen einmal diese Erkenntnis gepackt hat, der wird sie nie mehr los. Wen Gott einmal nach seinem Dasein gefragt hat, der kann sich nicht mehr drücken. Er leidet so lange an sich selber, bis ihm geholfen ist. Er muß mit Gott und mit sich selbst in Ordnung kommen, sonst glückt ihm im Grunde nichts mehr. In allem steckt der Wurm. Wem einmal die Frage nach dem lebendigen Gott aufgegangen ist, der ist wie ein weidwundes Tier. Dafür hat Gott genug Boten bereit, dafür gibt er genug Anlässe. Kein Wunder, daß Menschen es vermeiden wollen, so zu leiden. Aber damit machen sie sich ihr Leiden hoff» nungslos. Weil sie dem Glauben aus dem Weg gehen, fallen viele in Leichtsinn oder Trübsinn. Vor Gott flie= hen ist darum unser eigentliches Leiden. Es führt von Schuld zu Schuld. Es führt zu verfehltem, verlorenem Leben. Es muß dabei nicht bleiben. Es gibt allerlei Todesursachen. Man schreibt sie eines Tages in die entsprechende Rubrik beim Standesamt. Entscheidend ist schließlich nicht, woran wir sterben. Aber daß wir sterben, hat für Menschen, die in ihrem Leben zu Partnern des lebendigen Gottes berufen waren, Aufregendes genug. Bleibt es beim Leben vor Gott, oder scheiden wir einfach eines Tages aus? Woran sterben wir im Grunde? Wenn wir an Daseinsverfehlung leiden, dann sterben wir auch daran. „Der Tod ist der Sünde Sold", sagt die Bibel. Kein Mensch steht in einem wirklichen Leben, wenn er nicht ein Leben in Gott führte. Wer diese Frage aufgeschoben hat, hat sein Leben aufgeschoben. Er wird eines Tages verenden, wie alle Lebewesen ver* enden. Aber es ist eben nicht zu Ende. Denn dem Menschen war mehr zugedacht als bloßes Vegetieren. Und er hat dies gewußt, auch wenn er das Wissen in sich niedergehalten hat. Gott redet niemanden an, ohne ihn zum Leben zu locken. Er ist selber das Leben. Wer ihn verfehlt, ver= fehlt sein Leben. Das kleine Kapital seiner Lebenskraft, das ihm verliehen ist, ist bald vertan. Ist in dieser Zeit nicht Leben erworben, so lebt ein Mensch auf Ausverkauf. Das bringt die tiefe Schwermut in die Philosophien und Religionen hinein und läßt viele Menschen vor dem Nachdenken zutiefst erschrecken. Hoffnungslos wird freilich unsere Lage erst dann, wenn uns Gott zum Leben gerufen hat und wir ihm ins Gesicht hinein getrotzt haben. Sünde gegen den gnä= digen Gott ist unsere eigentliche Schuld. Daran gehen Menschen sinnlos zugrunde. Daß wir eine begrenzte Zeit leben, ist nicht entscheid dend. Sie reicht auf alle Fälle, auf Gott zu hören und an ihm ewiges Leben zu gewinnen. WARUM KANN MAN SICH NICHT SELBST VERGEBEN? Zum Vergeben gehören immer zwei. Man kann gegen seine eigenen Grundsätze verstoßen. Das findet man bedauerlich, man ärgert sich eine Zeitlang über sich selbst — aber weiter geht's. So hat man sich schnell selbst vergeben. Man leidet dann in seiner Selbst= achtung, aber es waren ja nur eigene Grundsätze, gegen die man verstieß. Wenn wir aber an einem Mitmenschen schuldig gewor= den sind, trennt uns eine Welt von dieser Person, und wir sind schuld daran. Wenn wir an Gott schuldig geworden sind, trennt uns eine Welt von ihm, und wir sind schuld daran. Wie soll man sich da selbst vergeben können? Auf die verletzte Person und auf den lebendigen Gott macht es höchstens den Eindruck, daß auf uns kein Verlaß ist, daß wir unsere Ehre ver= loren haben. Bei einem anderen Menschen oder bei Gott keine Ehre mehr zu haben ist ein gefährliches Unternehmen. Es schließt aus der Gemeinschaft aus. Im Ernstfall kann sich dies niemand leisten. Wir sind also verloren, wenn der andere nicht vergibt. Darum gibt es unter der Sonne keine Botschaft, die wichtiger ist als die von der Vergebung der Sünden. Man kann zur Vergebung seiner Sünden nichts tun. Man ist darauf angewiesen, daß Gott vergibt. Hier gilt nur Annehmen, Geltenlassen, Danken. Man kann Vergebung nur hingewandt auf Gott ge= winnen, man muß Gott ansehen. Darum hat Vergebung immer mit Umkehr zu tun. Dann erst gewinnt man darin neues Leben, Mut zu neuen Taten, Kraft zu neuer Hoffnung und tatsächlich neue Gemeinschaft mit Gott und Menschen. WARUM HELFEN IN UNSEREM FALL KEINE DROGEN? Man geht mit Recht zum Apotheker, wenn man seine Leiden kurieren will. Man kauft dort auch seine Mit» tel, um auf Draht zu sein oder bei Schlaflosigkeit endlich in Schlaf zu kommen. Aber wir geben uns einer schweren Täuschung hin, wenn wir die Liedzeile „Ein ruhiges Gewissen gibt ein sanftes Ruhekissen" durch Arzneien aus unserer Lebenspraxis meinen streichen zu können. Mit Drogen ist in diesem Fall nichts zu machen. Sicher haben viele mit ihrem sogenannten ruhigen Gewissen Schindluder getrieben und es so trainiert, daß selbst Mörder und Despoten herrlich ohne Mittel schlafen. Ihr Gewissen konnte sich nicht mehr melden, sie wurden gewissenlos. Wer seine Antennen zerreißt, empfängt nicht mehr. Uber das Gewissen aber will Gott uns sein Sendezeichen bekanntgeben, damit wir auf ihn hören und horchen, wie Gott von uns denkt. Wer die Sendungen nicht will, schaltet ab, entweder durch selbstbesorgte Müdigkeit, also durch Erschöpfung bis zum Umfallen, oder durch Pillen und selbstbesorgte Drahtigkeit und Autosuggestion. Damit aber verschieben wir das Problem. Wir verdrängen die Auseinandersetzung, die kommen muß, ob wir wollen oder nicht. Das Evangelium ist keine Droge. Wehe dem Prediger, der mit der Predigt „Friede, Friede" sagt, wo kein Friede ist. Evangelium will Krise, weil es heilen will. Denn Gott ist im Spiel, nicht wir allein. Diese Auseinandersetzung mit Gott passiert entweder früh genug oder zu spät. Es gibt ein Zuspät so sicher, wie zweimal zwei vier ist. WIRD IN DER EVANGELISCHEN KIRCHE GEBEICHTET? Ja, es wird gebeichtet. Aber es gibt keinen Zwang zur Beichte. Den haben die Reformatoren im Gehorsam der Bibel verworfen. Aber sie haben die Beichte als ein gutes Angebot Gottes gerühmt, damit Menschen in der Beichte Sünde beim Namen nennen. Sie sollen aus dem Bannkreis der Schuld herausgerissen werden durch den Zuspruch von Gottes eigener Vergebung. Sünde ist keine Privatsache. Nach alter Ordnung wurde in der Kirche ein Sünder, der sich verfehlt hatte, ver= mahnt, zunächst unter vier Augen, dann vor Zeugen, notfalls vor der Gemeinde. Kehrte er um, war die Freude groß über den Zuspruch der Vergebung. Blieb er hart, so blieb auch seine Schuld in Geltung. Die Sünde wurde ihm behalten, auch vor Gott. Er hatte sich damit von der Gemeinde getrennt. In den angewachsenen großen Gemeinden und in den Fällen verborgener Verschuldung hält man Einzelbeichte und erteilt in ihr die Absolution. Luther lag viel daran, die Einzelbeichte zu erhalten, weil er sich den notwen= digen Kampf um rechten Gehorsam des Glaubens ohne diese Beichte nicht vorstellen konnte. Er beichtete selbst häufig und lebte vom Zuspruch der Vergebung. So entwarf er eine Ordnung für die Einzelbeichte. Sie ist im Kleinen Katechismus mit abgedruckt und soll ein Vorschlag sein, wie man sich den Sinn und Vorgang der Beichte denken darf. Gott bietet Gnade und Frei= heit an durch den Mund dessen, der uns in Jesu Namen vergibt. Die allgemeine Beichte, die heute meist in Gottesdienst und Abendmahlsfeier gehalten wird, hat denselben Sinn. Der Zuspruch der Gnade gilt für den, der mit der Gemeinde von Herzen beichtet und die Absolution als Gottes Wort hört und glaubt. WAS IST BEICHTE? WAS IST PSYCHOTHERAPIE? Bei beiden wird gesprochen, bei beiden wird gehört; beim Psychotherapeuten sogar öfter und länger als in der Beichte. Darum schon fühlen sich viele beim Arzt wohler. Er hört zu, er rät, er deckt auf, er erklärt, er gibt Anweisungen zum autogenen Training. Gut, daß es den Arzt gibt. Solange wir ihn fragen nach dem, was er geben kann, ist alles gut. Sobald wir ihn aber überfordern, unterschätzen wir unseren Fall. Dann wird es schlimm. Der Arzt will falsche Gedanken ordnen und Komplexe lösen und kann vom Trauma her unsere Situation erhellen. In der Psychotherapie geht es um das Wohl. In der Beichte aber geht es um das Heil. Beichten wir, geht es um Sünde. Sünde tut der Mensch vor Gott. Mögen falsche Gedanken beim Arzt geordnet werden, Komplexe gelöst sein und der Mensch befreit aufatmen können, vor Gott kann alles noch im argen sein. Denn dann ist das eigentliche Leiden immer noch nicht erkannt, viel weniger behoben. Erhellung unseres sündlichen Wesens, Aufdeckung des Tatbestandes vor Gott geschieht nur durch Gott selbst. Dazu hat Gott seine Gottesdienste und die dazu versammelte Ge= meinde bestellt, daß man dort erfahre, wie es um uns steht und wie uns geholfen werden kann. Darüber hinaus hat Gott auch in besonderen Fällen die persönliche Beichte angeordnet. Da darf der Spezialfall gesondert mit dem Pfarrer oder dem von Gott im Augenblick uns zum nahen Seelsorger bestellten Men= sehen ausgesprochen werden als in Gottes Ohr. Dort erfahren wir die Vergebung als aus Gottes Mund; die Vergebung, als hätte ich nie die Sünde getan und wäre selbst so gehorsam gewesen, wie Jesus Christus statt meiner gewesen ist. WARUM LÄSST GOTT DIE MENSCHEN KRANK WERDEN? Krankheit ist einer der Wege, auf dem Menschen klug werden können. Denn zu erfahren, daß es nicht nur mit anderen, sondern auch mit uns ein Ende haben muß, macht klug. Dennoch will Gott, daß der Mensch gesund sein will und alles tut, um es zu werden und zu bleiben. Deshalb sollen alle Menschen, nicht nur die Ärzte, Eltern, die Nachbarn und die Politiker, Lebens= Verhältnisse schaffen, in denen Menschen ein gesundes Leben führen und bejahen können. Wo Menschen un= glücklich und nach Freude krank sind, wo sie ungeliebt sind und Mangel leiden, wo sie in Verzweiflung ge= raten und keinen Willen mehr zum Leben haben, da werden ihnen Leben und Gesundheit durch böse Lebens= umstände zerstört. Gott ist Arzt solcher Krankheit. Er verlangt Fürsorge für Leib und Seele. Er erwartet, daß Menschen gesund sein wollen. Man kann nicht an Gott glauben und zugleich mit Krankheit kokettieren oder auch Krankheit leugnen und Krankheit unbekämpft lassen. Rechter Glaube und Wille zum gesunden Leben müßten sich auch da noch bewähren, wo geschwächte, kranke Menschen nur mit Mühe ihr menschliches Wesen be= haupten können. Ärztliche Kunst wird überfordert, wo Kranke keinen Willen zur Gesundheit mehr haben. Und Menschen sollen wir bleiben wollen auch in den tiefsten Notständen des Lebens. Krankheiten rufen als Vorboten des Todes zur Be= Währung menschlicher Werte auf. Mitten in Krankhei= ten kann an den Tag kommen, wo und wie Menschen wirklich gegründet sind. Gesunde, kranke und ster= bende Menschen werden geprüft, ob sie nur ungestört ihr Leben durchleben wollen oder ob sie in gesunden und in kranken Tagen das ewige Leben meinen, suchen und behalten. Denn wir bekommen nicht nur im Ge= schenk der Gesundheit, sondern auch in der Krankheit mit Gott zu tun. HAT KRANKHEIT MEHR MIT GOTT ZU TUN ALS GESUNDHEIT? Nein. Gesundheit und Krankheit sind nahe bei Gott. Wir sind mitten im Leben vom Tod umfangen. Es kommt an den Tag, mit wem wir es im Leben zu tun hatten. Gott ist unser Leben, auch noch im Tode. Gesundheit will uns auf Gott hinweisen, denn sie ist nie selbstverständlich. Krankheit will uns auf Gott hin-weisen, denn an ihr werden wir gewahr, wie begrenzt wir leben. Die Frage an Gesunde und Kranke ist die= selbe: Leben wir dem Herrn? Wenn wir dem Herrn leben, dann sterben wir auch dem Herrn. Aber Krankheiten sind Vorboten des Todes; sie können uns daran mahnen, daß wir davon müssen. Sie können dadurch für die Erkenntnis des Lebens und Todes entscheidend werden. Wir haben nicht das Recht, uns Krankheiten zu wünschen. Wir sollen gegen Krankheit Widerstand leisten. Aber wir haben die Pflicht, Krankheiten zu bestehen, so zu bestehen, daß wir in Krankheiten reif werden, dankbar, fröhlich, verantwortlich zu leben und die Zeit zu nutzen, die uns noch bleibt. Die Furcht des Herrn ist aller Weisheit Anfang. Wer in diesem Sinn weise geworden ist, erlebt auch in Krankheiten Entscheidendes. Hier haben Gebet und Glaube den Platz einzunehmen, der sonst besetzt wird von Angst und Verzweiflung oder Bitterkeit und Lästerung. Die verloren erscheinenden Zeiten können dann fruchtbare Zeiten sein. Und kranke Menschen können mitten in ihrem Leiden für ihre Umgebung ein Segen sein und selbst Segen erfahren. Man kann gerade im Anbruch des Todes zum Leben gerufen werden und ewiges Leben gewinnen. KANN MAN DIE SACHE MIT GOTT NICHT AUFSCHIEBEN, BIS MAN KRANK ODER LANGSAM ALT WIRD? Böse Zungen behaupten, die Kirche lebe von der To= desfurcht der alten Leute. Es ist eine uralte These, daß Religion aus Todesfurcht zu erklären sei. Andererseits gibt es junge Theologen, die ungern Krankenhauspfar= rer werden wollen, weil sie meinen, für ihi Amt nicht profitieren zu dürfen von der Schwäche der Kranken und Sterbenden. Sie wenden sich darum den Jugend= liehen und Altersgenossen zu, wo sich Wahrheit an denen bewähren kann, die sich wehren können. Das alles ist Unsinn. Denn es gibt alte und junge sterbende Menschen, denen das wirkliche Gewicht der Dinge gerade in der Todes= nähe aufgegangen ist und die deshalb zuhören, wie sie nie zugehört haben. Es gibt kranke Menschen, die sind gerade damit auf dem besten Wege zur Gesundheit, daß sie endlich über Gottes Weg mit ihnen nachden= ken und ihre Krankheit und Krise annehmen, bis sie durchgefunden haben. Oft genug kommt für sie dann die Entdeckung, daß sie ausgerechnet als gesunde Leute krank waren. Bis dahin hatten sie sich die Frage nach der Wahrheit und dem Sinn ihres Lebens, nach dem Gewicht ihrer Schuld vom Halse gehalten und sich selbst belogen und in Illusionen gewiegt Illusion ist doch krankhaft. Realismus ist das Zeichen der Gesun= den. Es ist nicht vorbildlich, wenn Gesunde leichtfertig wer= den und sich Gott nicht stellen wollen. Was man von Gott weiß, versteht sich nicht von selbst. Man muß es rechtzeitig erfahren, damit das Leben frühzeitig lebens= wert wird. Gott wartet schon in der Frühe unseres Lebens, mitten im gesunden Leben darauf, aus uns etwas zu machen. Sonst verrinnt die Zeit, und das Ent= scheidende ist nicht geschehen. WAS SOLL IN UNSEREM TESTAMENT STEHEN ? Wie die Möbel zu verteilen sind und die Wäsche, was mit dem Eigenheim geschehen soll und dem Geld; und auch welche Regeln zu beachten sind, den Rest der Schulden abzutragen. Auch soll der Vater der Mutter hinterlassen und die Mutter dem Vater, welchen Be= ruf nach ihrer Meinung die Kinder suchen sollten, wie sich die Kinder am besten um die nun Alleingeblie= benen bekümmern können. Dennoch ist das Entscheidende damit nicht aufgezeich= net. Was den Vätern der Bibel der Segen war, den sie den Kindern hinterließen, muß im Testament verzeich= net sein. Der Segen hat mit Gott zu tun. Das Wich= tigste von allem, was man den Kindern hinterlassen kann, ist der Wunsch, daß sie in der Nähe Gottes bleiben, der sie beschwörende Rat: Bleibt bei ihm! Auch sollte der Entwurf zur Todesanzeige vorliegen. Dabei soll man sich nicht von der Druckerei den Text angeben lassen und sich nicht von der Annoncenstelle der Zeitungen Vorschläge erbitten. Denn die Todes= anzeige ist die zweitletzte Möglichkeit, mit der der Gestorbene noch reden kann. Was er noch zu sagen hat, kann nur noch mit Gott Zusammenhängen. Wichtig ist also nicht, daß wieder ein treues Mutterherz aufgehört hat zu schlagen, auch nicht, daß nur Arbeit das Leben gewesen sei. Von Gott soll die Rede sein, nicht von uns; also von der Tatsache, daß die Vergebung durch Jesus Christus alles war, worauf wir uns verlassen im Leben und im Sterben, und nichts uns scheiden kann von der Liebe Gottes. Die letzte Möglichkeit, über unser Sterben hinaus noch zu reden, ist der Bibeltext, den wir auf unseren Grab= stein setzen. Vorher aber sollen alle in der Familie wissen, was man in der Sterbestunde zu beten hat: welchen Psalm, welches Lied. Wir dämmern nicht hinweg. Sterben wir, so sterben wir dem Herrn, darum, ob wir leben oder sterben, wir sind bestimmt des Herrn. WAS HÄLT BEIM STERBEN GANZ BESTIMMT? Es gibt keine automatische Unsterblichkeit der Seele, wie sie der griechische Philosoph Plato 400 Jahre vor Christi Geburt erdacht hat. Manche christlichen Theo= logen haben ihm dies zwar nachgesprochen, aber das war nur ein Versehen. Kein Mensch hat je den Eisernen Vorhang des Todes gehoben. Auch kein Christ. Keine Neugier wird hier beantwortet. Mit der Frage: Was hält? ist gemeint: Was hält mich? Was beim Sterben hält, hält ganz bestimmt im Leben. Es muß ein Halt sein, der mich hält. Er kann nicht in mir selbst sein. Das ist logisch. Trotzdem klammert sich der Mensch an sich selbst, an seine selbstgedachten und gelernten Weltanschauungen, an seine selbstge= wachsenen Empfindungen, an Elternliebe, Kindesliebe, Gattenliebe, Freundschaft, Kameradschaft, an seinen eigenen Willen zum Handeln und zum Vorwärtskom= men, zum Herrschen und zum Leben. Das hält eine Strecke weit. Aber sterben muß jeder allein. Einer nur hält uns, der selber keinen Halt braucht und den Willen hat, uns zu halten. Der hält auch schon im Leben. Wer das ausprobiert, wird sich um einen Halt im Sterben nicht mehr sorgen, sondern höchstens die Liedzeile der Väter beten: „Mein Gott, ich bitt durch Christi Blut, mach's nur mit meinem Ende gut." SOLL MAN DEN PFARRER HOLEN? Ja. Wenn wir schon am Anfang des Lebens in der Kirche getauft, dann konfirmiert und getraut wurden und unsere Kinder wieder zur Taufe bringen, dann ist es doch eine Selbstverständlichkeit, auch das Ende unseres Lebens „in der Kirche" zu verbringen. Sie ist unsere Heimat. Leben wir in der Kirche, dann sterben wir auch in der Kirche. Also sterben wir als Glieder der Kirche, in der uns Jesus Christus ein Leben lang begleitet hat. Darum sollten wir Evangelischen es wie= der begreifen, daß der Krankenhauspfarrer nicht ein Luxus der Kirche ist und daß der Krankenbesuch des Pfarrers nicht einen Besuch „statt Blumen" bedeutet. Wer krank ist, soll nicht so tun, als lebe er damit nicht dem Tode näher als der Gesunde. Weil wir im Tode nichts mehr zu reparieren haben, sondern nur noch als Lebende, darum haben wir die Stunden der Krankheit spätestens zu nutzen, noch einmal kräftig und deutlich Gottes Wort an uns zu vernehmen. Das Krankenabendmahl ist eine gemeinsame Abendmahlsfeier der nächsten Angehörigen mit dem Kranken und dem Pfarrer. Wir sind damit in der Kirche und in Jesu Nähe. Die Angst aber, in der wir davon absehen, in schwerer Stunde „nun auch noch den Pfarrer zu holen", ist im Grunde ein Betrug am Sterbenden. In unseren Krankenhäusern sollte es zur Dienstanweisung für Ärzte und Schwestern gehören, daß die Angehörigen auf diesen Tatbestand hinzuweisen sind. Christen wird damit nicht ein mannhaftes Sterben zugemutet, sondern ein Sterben mit Christus angeboten. Mit dem Abendmahl sind wir Teilhaber des Sterbens Christi, dann aber auch seiner Auferstehung. Wo anders als spätestens in Krankheit und Sterben ist endlich, aber auch wirklich endlich, Jesu Christi Dienst zu erbitten, damit wir sagen können: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen." IST DIE HÖLLE NICHT EIN KINDERSCHRECK? Nein. Denn viele von uns haben die Hölle persönlich mitgemacht. Sie sagen es, wenn sie von Bombennäch-ten und Trommelfeuer, Gefangenschaft und Flüchtlings= trecks erzählen. Ob es wirklich die Hölle war, oder nur ein Teil, ein Vorhof, eine Andeutung von ihr? Jeden= falls können die Betroffenen die beiden Worte Hölle und Kinderschreck nicht mehr in einem Atem nennen. Wenn dies auch noch kein letztgültiges Ergebnis ist, so stecken doch wichtige Ahnungen darin: Der Mensch lebt am Rande von Abgründen, am Rande des Furcht-baren und Zerstörenden. Die moderne Literatur spricht sehr offen davon. Die Lehre der Kirche bestätigt diesen Tatbestand. Es ist wahr. Es ist notwendig und heilsam, sich mit der Hölle auseinanderzusetzen. Allerdings ist die Hölle nicht so, wie Kinder sie sich ausmalen. Sie ist viel schlimmer. Gott gegen sich zu haben, das ist die Hölle. Wenn Gott in seinem Zorn darauf reagiert, daß die Menschen ihn links liegen lassen, dann ist das die Hölle. Gott zürnt über den satanischen Trieb in uns, zu leben aus uns selbst, ohne ihn. Es ist unser Uriaster, auf selbstgebauter Grund-läge zu existieren. Ist Gottes Stunde da, zieht er uns den eingebildeten Boden unter den Füßen weg, dann offenbart sich unter uns das Bodenlose. Dann schreien wir auf Wir greifen um uns nach einem Halt. Aber es gibt keinen Halt. Wir vergehen. Das ist die Hölle. Sie kann sich auftun mitten im Leben. Sie öffnet ihren Schlund im Sterben. Das Gegenteil der Hölle ist das ewige Leben. Gott ist das Leben und gibt es denen, die nach seiner Hand greifen. Er will jeden halten. Solange wir leben, fällt immer die Entscheidung zwischen Himmel und Hölle. Es kommt darauf an, an wen wir uns hier halten. GIBT ES GARANTIEN, DASS MIT DEM TODE NICHT ALLES AUS IST? Garantien gibt es nicht. Garantien braucht nur, wer die Ewigkeit zur Spekulation macht. Das tun viele. Sie sagen, das Leben sei kurz, die Ewigkeit aber lang. Darum wollen sie im Diesseits doch lieber einige Un= annehmlichkeiten in Kauf nehmen, um im Jenseits einen guten Platz zu bekommen. Wer so denkt, will Sicherheiten haben und seine Tugendhaftigkeit nicht für blauen Dunst investieren. Damit wir aber diesen verhängnisvollen Fehler nicht machen, hält Gott das Jenseits verschleiert. Es ist mit menschlichen Organen nicht festzustellen und mit menschlichen Mitteln nicht zu beweisen, ob es ein Jen= seits gibt. Wer darauf spekuliert, sorgt sich um seine Weiterexistenz mit Ewigkeitsselbstsucht. Sollten Christen etwa so denken, wären sie höchstens raffinierter als die Nichtchristen, die aus ihrer gott= fernen Lebensart keinen Hehl machen. Wenn auch sie es trotzdem wurmt, ob ihre Einstellung zum Leben am Ende nicht doch Folgen haben könnte, die sie nicht in der Hand haben: auch sie wollen Sicherheit haben, auch sie wollen ungeschoren bleiben. Aber auch ihnen tut die Bibel nicht den Gefallen einer Auskunft, die sie schwarz auf weiß nach Hause tragen können. Denn solange wir uns auf fromme oder weltliche Art um uns selbst sorgen und die Ewigkeit in die Hand bekommen möchten, läßt uns Gott ohne Antwort. Die Antwort kommt erst in der Begegnung mit Christus zustande. Nur mit ihm hat man das ewige Leben. Und wer Christus für sich hat, braucht keine Garantien. Er glaubt ihm. Nur was man glaubt, weiß man bestimmt. GIBT ES VERBINDUNG MIT DEN TOTEN? Gott hat Verbindung mit den Toten und wir mit Gott. Ist ein uns nahestehender Mensch gestorben, erken= nen wir, was das Wertvollste war: die Verbindung mit ihm. Manchmal kann es passieren, daß wir dies dann überhaupt erst merken. Dann entdecken wir,, wie falsch wir mit dem Entschlafenen umgegangen sind. Darum sollten wir die Frage nach der Verbindung mit den Toten früher stellen: Welche Verbindung gibt es mit den Lebenden? Verbindung mit den Lebenden ist mög= lieh, denn Gott hat Verbindung mit uns aufgenommen. Der Vater fragt nicht, ob sein verlorener Sohn eine gute Arbeitskraft für ihn sein könnte. Er will ihn bei sich haben. Alles andere ist zweitrangig. So denkt Liebe. Und Liebe schafft Verbindung, auch zwischen Menschen. Die Verbindung zwischen Mensch und Mensch geht über Gott. Der Ort der Verbindung ist die christliche Gemeinde. Eine im Leben nicht geschehene Verbindung macht der Tod endgültig unmöglich. Dann hilft auch der Okkul= tismus nicht. Gott lacht über unsere Zaubertricks und ist zornig darüber, daß unsere Reue zu spät kommt. Gott läßt sich von uns auch nicht in sein Gericht hin= einreden. Es gibt kein Fegefeuer, das Menschen ver= längern oder kürzen können. Eine Kirche, die für ihre Toten betet, muß sich von Gott die Frage gefallen lassen, warum sie die Heilsgewißheit nicht zubilligt, die Gott den Seinen schenkt, und warum sie sich in Gottes Willen einmischt, wenn sie eine Einwirkung auf die Toten verspricht. Daß wir unsere Toten auf Schritt und Tritt vermissen, versteht Gott. Wir dürfen Ver= bindung mit Gott haben. Gott hat Verbindung mit den Toten. Das ist genug. WAS SOLLEN WIR DENN TUN? Diese Frage stellen alle die, die mit Gott zu tun bekommen. Sie entdecken, daß nun alles irgendwie anders wird. Die Umwandlung ist aufweisbar, wenn jemand Christ geworden ist. Denn nun hat er einen neuen Herrn. Damit gewinnt er eine neue Dimension der Freiheit. Menschen also, die aus Furcht des Todes ein ganzes Leben hätten Knechte sein müssen, sind praktisch hin= einversetzt in einen anderen Befehlsbereich mit völlig neuen Chancen. Hier ist die herrliche Freiheit der Kinder Gottes gültig. Was wir nun tun sollen? Es kommt alles darauf an, daß der Kontakt mit Gott und den Seinen von uns gewollt und gepflegt wird: Der Gottesdienst findet nicht darum statt, weil Menschen ihn für zweckmäßig halten, sondern weil wir wissen, daß Gott sich im Gottesdienst an uns bindet und wir uns an ihn binden dürfen. Darum ist die Kirche für uns die Versammlung der gemeinsam zur Freiheit Berufenen. Darum lieben wir die Brüder, das Gebet, das Lied, das Wort und merken: Wir müssen dabei sein, wenn wir leben wollen. WORAUF MÜSSEN WIR VERZICHTEN, WENN WIR CHRISTEN WERDEN? Der Mensch muß sich entscheiden, wenn er mit Gott zu tun bekommt. Er kann nicht zwei Herren zugleich dienen. Also muß er auf einiges verzichten, wenn er Gott zum Herrn hat. Viele haben darum Angst, Christ zu werden, weil sie meinen, solchen Verzicht nicht ver= wirklichen zu können. Aber das Schreckgespenst des Verzichtenmüssens wird gewandelt, wenn man sich entschieden hat. Dann wird klar, daß Gott das Ver= zichten selbst übernimmt, Bindungen und Abhängig* keiten von Götzen, die doch nur die Luft abschnei* den, annulliert. Götzen üben Macht aus und schaffen, daß wir von ihnen abhängig werden. Wer den politischen Revers unterschreibt, ist nicht mehr frei; wer den Astrolo* gischen Kalender befragt, macht seine Zukunft abhän= gig vom Kalender; wer seinen Ehrgeiz gelten läßt, macht sich abhängig von der Maßlosigkeit seiner Ehre; wer sein Geld um jeden Preis mehren will, macht sich abhängig vom dauernd schwankenden Kapitalmarkt; wer bei allen Leuten um jeden Preis beliebt sein will, macht sich abhängig von Menschenmeinungen. Wir büßen immer die Freiheit ein. Wer aber Christ sein will, darf wissen, daß er nur von Gott abhängig ist und gerade Gott es ist, der das Maximum an Freiheit schenkt, das der Mensch auf der Erde überhaupt gewinnen kann. Denn Gott will sich ganz um uns bekümmern. Das tut er aber nicht, indem er uns herumhetzt. Seine Gebote sind nicht schwer. Gott hat unser ganzes Vertrauen verdient, wie sollte er uns mit seinem Sohn nicht alles schenken. Verzicht ist durch ihn höchster Gewinn. WARUM WERDEN WIR PERSÖNLICH ZUR RECHENSCHAFT GEZOGEN? Das macht den Menschen zum Menschen: er ist verant= wörtlich. Wer sich dagegen auflehnt, daß er zu ant= Worten hat, wehrt sich dagegen, daß er Mensch ist, und will etwas anderes sein. Entweder will er keinen über sich haben, der ihm etwas zu sagen hat, und will selbst Gott sein und tun, was er vor sich selbst verantworten kann. Wer jedoch so hoch hinaus will, geht in der Ur=Versuchung des Menschen unter. Das ist die eigentliche Sünde. Denn Sünde ist nicht so sehr das Zuwenigkönnen vor einem Sittern gesetz, sondern das Zuvielwollen vor Gott. Oder der Mensch will jede Lebensverantwortung über= haupt los sein. Dann aber wehrt er sich gegen sein Menschsein. Denn Gott hat Freiheit zugedacht dem, der entscheiden soll: dem Menschen. Will er das nicht, dann lebt er einfach nach seinen Regungen, Trieben und Instinkten und kümmert sich nicht darum, was daraus wird und wie es sich auf andere auswirkt. Dann ist er eine unverantwortliche Existenz. Heute bezeichnen wir uns oft als Rädchen im Getriebe, und viele finden sich mit ihrer Fremdgesteuertheit in Politik und Wirtschaft, im kulturellen und im persön» liehen Bereich ab. Die Ausflucht zu solchem tier= oder maschinenmäßigen Leben wird dann gern begründet mit dem Satz: „Wir können doch nichts dafür." Daran ist nur richtig, daß der Mensch oft nicht kann, wie er will. Aber er bleibt Mensch; er bleibt verantwortlich, gegen seinen Trotz und seine Resignation. Wir müssen in die Rechenschaft hinein. Der Prozeß fin= det statt. Wir kommen nicht daran vorbei. Aber weil der gekreuzigte Christus da ist, läuft der Prozeß anders aus, als wir erwarten müßten. Sein Ziel ist nicht die Verurteilung, sondern auch die Vergebung, neues, be= freites Leben und Kraft zu dauernder Verantwortung vor ihm und den Menschen. Ja. Gott fragt nach dem, was wir tun, ob wir unsere Arbeit unnützen oder schädlichen Dingen zuwenden. Er fragt danach, wie wir es tun, ob gewissenhaft, sorg= fähig, treu und ordentlich, oder liederlich und ohne Verlaß. Wir sind ja nicht Robinson, der nur für sich lebte. Jeder ist Mitmensch, ob er will oder nicht. Wir sind in unserer Arbeit mit anderen Menschen zusammen. Alles, was wir Schlechtes tun in unserer Arbeit, schadet an= deren, direkt oder indirekt. Gott interessiert sich für die Arbeit des Chefs und aller im Betrieb. Er interessiert sich für die Arbeit der Mei= ster und Vorarbeiter, ob sie ihre Untergebenen als Menschen behandeln. In jeder Wirtschaftsordnung gibt es Untergebene; darum interessiert sich Gott dafür, was der Mensch unternimmt, um dem Menschen die Empfindung zu nehmen, er sei nur Rädchen und Num= mer im Leben der Arbeit Gefragt sind nicht nur die paar Hauptverantwortlichen. Jeder trägt Verantwortung für seine Arbeit, Verant= wortung vor Gott und vor den Menschen. Ob z. B. das Betriebsklima in Ordnung ist, auch im Verhältnis von Männern und Frauen zueinander, das hängt von jedem einzelnen ab. Gott fragt jeden in der Behörde oder im Betrieb, in der Kirche oder auf dem Bahnsteig, im Krankenhaus oder auf dem Gericht. Es gibt für Gott keinen Zeitpunkt und keinen Ort, den er aussparte. „Ich weiß, was du tust", steht in der Bibel. Si Auch das! Gott will, daß wir fleißig sind. Aber er will nicht, daß wir pausenlos, besinnungslos tätig sind. Das will Gott zunächst darum nicht, weil das kein Mensch auf die Dauer aushält. Viele Krankheiten und frühe Todesfälle beweisen das. Zwar haben wir nach dem Totalverlust und vielen vergeblichen Neuanfängen nach zwei verlorenen Kriegen arm anfangen müssen. Wer aber die uns zudiktierten Verluste nur durch Härte gegen sich selbst und andere wettmachen will, hat im Grunde nicht begriffen, welche Lehre uns Gott erteilen wollte. Solche Leute haben es nicht begriffen, auch wenn sie noch so ehrenvoll auf die Todesanzeige set-zen: „Nur Arbeit war sein Leben." Wir haben dafür zu sorgen, daß andere und wir genügend kurze Pausen machen, weil jeder Tag Höhepunkte und Tiefpunkte menschlicher Leistungsfähigkeit kennt, die man auf die Dauer nicht ungestraft vernachlässigt. Es ist auch wichtig, daß jeder bei der starken Nervenbeanspruchung des modernen Arbeitsbetriebes zu genügend langen Pausen kommt. Viele haben endlich zu lernen, Arbeit abzugeben, statt sich überall für unentbehrlich zu halten. Wer zu viele Ämter hat, zeigt damit auch ein ziemliches Maß heimlicher Menschenverachtung. Wer pausenlos arbeitet und völlig aufgeht in seiner Arbeit, versündigt sich an seinen Nächsten, also an seiner Familie. Vor allem aber hat er keine Zeit mehr zur Besinnung, zum Nachdenken über das Ende allen Arbeitens, keine Zeit mehr für Gott. Wer vor Gott nicht Pause machen kann und nie fragt; „Herr, was willst Du von mir?", der wird zu der Ruhe nicht kommen, die Gott uns Menschen nach dem Tode vor seinem Angesicht gönnt. Diese Ruhe besorgt uns auch nicht die Zeile auf dem Grabstein: „Ruhe sanft!" Gott fragt nach unserer Pause. INTERESSIERT SICH GOTT DAFÜR, WOMIT WIR UNSER GELD VERDIENEN? Ganz gewiß! Es hat in der Reformationszeit Berufe gegeben, die ein Christ nicht ausüben durfte. Das mag im einzelnen auf zeitbedingten Vorstellungen beruht haben. Aber sind wir in dem Punkt heute nicht manch» mal arg großzügig? Mit Schmutz und Schund sollen wir gewiß kein Geld machen. Und mit vielen anderen wertlosen und schädlichen Dingen auch nicht. Es ist eben nicht damit gut, daß man eine Sache „an den Mann bringt". Im Grunde geht es überhaupt nicht darum, daß wir und wie wir möglichst viel Geld ver» dienen. Es gibt genug Beispiele dafür, daß für eine echte Lebenserfüllung nicht die Höhe des Verdienstes entscheidend ist, daß die Frage, wie wir zu Geld kommen, dafür sogar ein starkes Hindernis sein kann. Aber es ist leider so, daß gerade auch unter Christen solche Berufe am wenigsten geschätzt sind in denen es um den unmittelbaren Dienst am Menschen geht. Warum? Weil man es dabei selten zu besonderem Wohlstand bringt. In dem Punkt versagen viele Eltern bei der Berufswahl ihrer Kinder. Im Grunde betrügen sie ihre Kinder und Kindeskinder damit. Das sollte nicht sein. Die Bibel denkt jedenfalls nicht so. Aber wieweit sind wir in unseren Überlegungen von der Bibel weg, auch in der Frage, womit wir unser Geld verdienen! Es wird Zeit, daß wir alle ernster werden, bevor es ernst wird. WAS IST EIN BERUF? Beruf kommt von berufen. Eigentlich kann nur der seine Erwerbstätigkeit einen Beruf nennen, der dazu berufen ist. Von wem? Von einer inneren Stimme, sagen Künstler und andere. Das ist noch keine echte Berufung. Denn die innere Stimme ist ja auch ein Teil des Menschen. Berufung durch innere Stimme ist Selbst» berufung. Der Mensch braucht mehr. Der Christ weiß, daß Christus sein Leben ist, und nimmt darum sein ganzes Leben als Gabe und Aufgabe aus Gottes Hand. Auch sein Erwerbsleben. So ist der Beruf ein Beruf. Gott hat vielerlei Möglichkeiten, uns in einen bestimm» ten Arbeitszweig zu berufen. Ein Bauernsohn fühlt sich zum Arzt berufen; aber sein Bruder, der Hoferbe, stirbt, und er selbst muß Bauer werden. Das kann der Ruf Gottes sein. Er muß es nicht sein. Allgemeine Re» geln gibt es nicht, nur die persönliche Entscheidung vor Gott. Es gibt Lohnbeschäftigungen, die man kaum als gött= liehe Berufung zu bezeichnen wagt. Zum Beispiel die monotone Arbeit am Fließband. Beruf aber ist immer mehr als die Funktion, für die man bezahlt wird. Kleinen Kindern alle Jahre wieder das Einmaleins bei» zubringen, ist an sich auch monoton; erst der formende Umgang einer aus Gott lebenden Erzieherpersönlich» keit macht diese Tätigkeit zum wertvollen Beruf. So hat jede ehrliche Lohnbeschäftigung, auch das Fließ» band, eine oder mehrere Seiten, an denen der Mensch dem Menschen dienen kann. Der Christ am Fließband wird den Kollegen helfen, einander zu verstehen, zu» sommenzufinden und zusammenzuhalten. Dann be= kommt auch die Arbeit selbst ein anderes Gesicht, für ihn und die anderen. Gerade die atomisierte Fließband» arbeit kann zur Gemeinschaft führen. Abei nicht aus sich selbst. Am Anfang steht der Christ am Arbeitsplatz. Am Anfang steht der berufende Gott. GIBT ES EIN BELANGLOSES LEBEN? Vor Gott nie, und vor Menschen darf es keines geben. Viele leiden darunter, daß sie ihr Leben als belanglos empfinden. Und viele verursachen solch ein Leid; sie nehmen die anderen nicht für voll. Schon der Berg= mann mit früher Staublunge, vorzeitig Invalide ge= worden, kämpft nur noch um das Recht, Rente zu be= ziehen. Und viele sagen, er sei altes Eisen. Auf diesen Punkt allein konzentriert sich sein Leben und sein Hassen. Menschen, die jahraus, jahrein an den Kran= kenstuhl gefesselt sind, müssen spüren, wie belanglos ihr Leben für andere geworden ist. Ein schlimmes Reich wollte im großen damit fertig werden und be= zeichnete bestimmte Menschen und ihr Leben als lebensunwert. So redete bereits Hiobs Weib zu ihrem Mann, als er geplagt, verlassen und belanglos in der Asche saß: „Sage Gott ab und stirb!" Gott verbietet, das Leben eines anderen als belanglos zu bezeichnen. Gott verbietet, das eigene Leben als belanglos zu empfinden. Denn Gott will, daß jeder Mensch vor ihm und den Menschen als hochwertig gilt. Gott zeigt es dem, der einen Blick für die Würde des Menschen durch Gott selbst gewonnen hat, wie das innerste Gefüge und das Geheimnis des Lebens selbst in seiner offenbaren Belanglosigkeit noch höchsten Wert besitzt: mancher ging zu einem gelähmten Men= sehen, um zu trösten, verließ ihn aber selbst als Ge= trösteter; mancher sah selbst in einem irren Menschen noch die letzte Glut eines von Gott geschenkten Le= benswillens; mancher, der in der Nähe des von vielen als belanglos empfundenen Lebens aushielt, wurde be= schenkt als Pflegender, mehr als der Gepflegte. Gott fordert von uns Geduld, immer wieder unsere Geduld, auch wenn es sich für uns um den „praktisch unlös* baren Fall" handelt. Erst der Jüngste Tag wird die Dunkelheit erhellen und klarmachen, was Gott mit solchem Leben wollte, am Menschen selbst und an denen, die ihn begleiten durften und wollten und sollten. „Das habt ihr mir getan", sagt sein Sohn. MUSS DER GLAUBE AM FLIESSBAND KAPITULIEREN ? Der Glaube hat in den Konzentrationslagern und Ge= fängnissen nicht kapituliert. Sektierer und Nichtchri= sten haben um ihrer Weltanschauung willen, evange= lische und katholische Christen haben um ihres Glau= bens willen gekämpft. Warum sollte der Glaube vor dem Fließband kapitulieren? Als Christen sind wir doch Brüder, auch am Fließband. Gewiß, es läßt einem wenig Zeit. Man muß sehr auf= passen. Aber das müssen andere auch. Das gehört mit zur Arbeit. Arbeit bleibt Anspannung und Last bis zum Ende unserer Tage. Das Tempo war früher anders. Man kann heute nicht mehr wie in alten Zeiten unterbrechen, wann es einem paßt. Das können viele andere auch nicht. Offen bleibt aber die Frage, ob dieses Tempo in jedem Fall so ausgefuchst sein muß, wie das oft der Fall ist. Das ist eine Frage an den verantwortlichen Techniker, ob er nicht nur an die Leistung, sondern auch an den Menschen denkt. Was sich auch in diesem Punkt immer organisatorisch verbessern oder nicht verbessern läßt, wieviel Zeit einem auch immer am Fließband bleibt: der Mensch neben mir ist und bleibt mein Nächster, mit dem ich vor der Schicht und in den Pausen und nach der Schicht in Berührung komme. Er ist ein Mensch wie ich, ge= liebt wie ich, so gut und so schlecht ansprechbar wie ich. Unsere Frage ist, ob wir die Chancen wahrnehmen, die uns auch in der Welt perfektionierter Technik noch bleiben im Miterleiden und in der Mitfreude: Wo einer wird herrlich gehalten, freuen sich alle Glieder mit, wo einer in Trauer ist, leiden alle Glieder mit ihm. Das steht schon in der Bibel. Christen sind solidarisch. Sie sind der Erde treu, erst recht den Menschen. Denn es ist keiner ohne den andern an Gott. KANN MAN MIT UNS NICHT ALLES MACHEN ? Landauf und landab ist das zu vernehmen — zornig und erbittert oder resigniert und müde: „Die" können mit uns ja doch machen, was sie wollen! Die das kön= nen, sind „die andern"; die Parteien, die L?nternehmer= verbände, die Gewerkschaften, das bürokratische Amt, der Chef, die Manager. Immer ist diese Macht irgend= wie ungreifbar und anonym. Auch in der Kirche sind wir in der Gefahr, dem „man" ausgeliefert zu werden und in ihm zu versinken. Gott will das nicht. Er will es nicht in der Welt, und der Kirche verwehrt er es geradezu. Darum ruft er uns bei unserem Namen. Für ihn sind wir nicht anonym, nicht namenlos. jesus Christus hält jeden von uns für so wichtig, daß er ihn seinen Bruder nennt. Brüder gehören zusammen, sie sollen einträchtig beieinander sein, ln den Lagern und Gefängnissen des Dritten Reiches, des Weltkrieges und des kalten Krieges ist das erfahren worden und wird das gelebt, was in anderer Gestalt in einem Be= trieb, einem Verband, einer Organisation zu spüren ist: Wo Christen ihres Glaubens froh und getrost sind, fällt ihnen Verantwortung zu. Dann erst wird Unübersehbares wieder übersehbar. Dann weiß jeder, an wen er sich zu wenden hat. Dann gibt es Versöhnung in den Spannungen, die uns auf= erlegt sind. Spannungen sind gerade auch unserer Kirche auferlegt; sie droht darüber fast zu zerreißen. Aber sie muß sie stellvertretend durchstehen für namenloses Leid und wortloses Klagen. Nur so hilft sie und ruft mit Namen und löst und befreit zu persönlichem Leben vor Gott und Menschen. IST DER STAAT UM SO CHRISTLICHER, JE MEHR ER WOHLFAHRTSSTAAT IST? Der Begriff des Wohlfahrtsstaates ist nicht sonderlich klar. Daß der Staat für die Wohlfahrt seiner Bürger sorgt und sorgen soll, bezweifelt keiner. Strittig ist nur, wieweit der Staat in diesen Bemühungen gehen soll, ob er nicht oft des Guten zuviel tut, ob er die Eigeninitiative seiner Bürger zu sehr lähmt und eine Rentnergesinnung auf Kosten anderer Leute großzieht, die die Mittel dafür aufzubringen haben. Eine solche Entwicklung ist nicht gut, wir sollten sie als Christen nicht begrüßen und nicht fördern. Aber es gibt Menschen, es gab und gibt ganze Schich= ten, die das Lebensrisiko allein nicht tragen können: Arme, Kranke, Alte, Vertriebene, Währungsgeschä= digte, Ausgebombte, Versehrte, sie sind ohne indivi= duelle Schuld in diese Lage gekommen. Hier ist es gut und christlich, daß der Staat eine Hilfe leistet, daß er die Lasten anders, gerechter, gleichmäßiger verteilt. Der Staat muß immer einen Lastenausgleich fordern und erzwingen, da der Mensch ohne Gesetz auf den anderen nicht sieht. Indem er das tut, ist der Staat ein Wohlfahrtsstaat. Aber die andere Frage ist, wie weit solche staatlichen Unterstützungsmaßnahmen gehen sollten. Christen sollten helfen, hier das rechte Maß zu finden, für den Menschen und für den Staat selber. Denn ein Staat, der sich immer unentbehrlicher für das Leben der Men= sehen macht, schafft eine schlimme Möglichkeit, sobald der Staat in ungetreue Hände kommt. Menschen müssen Initiative behalten können. Sie müssen gelockt werden, Grundrechte wahrzunehmen, müssen erzogen werden, selbst Verantwortung zu übernehmen. Sonst entstehen unmündige Menschen, die im Ernstfall einem total ge= wordenen Staat schutzlos preisgegeben sind. Dann leben Menschen nicht mehr, sondern werden vom Staat gelebt. Das ist direkt gegen Gott gehandelt. WARUM VERDIRBT UNS NOCH DAS GELD, DAS WIR NICHT BESITZEN? Daß Geld nicht immer glücklich macht, weiß jeder. Wer im Lotto hoch gewann, kann davon ein Liedlein sin= gen, auch wenn alle Nichtgewinner meinen, sie werde Geld bestimmt glücklich machen, sie seien eine Aus= nähme. Wer nur darum spielt — er spielt ja nicht mehr, er spekuliert! —, ist bereits am Anfang des Verderbens oder auch schon mitten drin. Denn das Geld, das wir nicht besitzen, verdirbt uns. Die Soziologen sprechen von der Macht des „Sozial= Prestiges". Prestige nennen wir das Geltungsbedürfnis des einzelnen in seiner gesellschaftlichen Gruppe oder der gesellschaftlichen Gruppe im Vergleich zu den an= deren. Immer schaut einer auf den anderen: was der andere hat, wieviel Geld er hat, wie er eingerichtet ist, ob er schon einen Wagen hat und welchen er besitzt. Auf höhere Ebenen übertragen: Wie gut haben es andere Schichten, andere Länder, wieviel Reichtum, Macht und Ansehen! Das hat eine satanische Folge: Man ist immer unzu= frieden; man muß unbedingt immer noch mehr haben; mindestens soviel wie der andere, möglichst noch mehr. Dieser Blick macht neiderfüllt, habgierig, rastlos; man kann nie sein, was man ist; ist immer undankbar für das, was man selbst von Gott als Gabe und Begabung mitbekommen hat. Wer sagt, das sei eine Predigt für arme Leute, damit sie doch endlich zufrieden sein möchten, vergißt, daß dieser Blick auf den anderen durch alle Schichten geht. Darum verdirbt uns das Geld, das wir nicht besitzen, weil wir immer auf andere blicken statt auf Gott und das, was er uns Gutes getan hat. Genau darum! WIE IST DAS MIT DER STEUERERKLÄRUNG? Aus anderer Leute Leder ist gut Riemen schneiden, sagt man, wenn man von der Steuer spricht. Zwar weiß man, daß man Steuern zahlen muß, aber jeder über= legt sich, wie er auf die beste Art davonkommt. Der Grundton bleibt das Mißtrauen. Das ist verständlich. Denn jeder muß sein Geld schwer verdienen, um den Haushalt zu vervollständigen, die Kinder auszubilden, für Krankheiten einiges zurückzulegen, das Geschäft zu modernisieren und den Betrieb auszubauen. Die einen weisen auf die geradezu unmoralische Höhe der Steuern hin, die anderen beklagen sich über die fehlende Steuermoral. Dieser Ärger gegenseitiger Schuldzumessung ist nur zu lösen, wenn man von bei= den Seiten energisch das Richtige tut. Darum haben wir endlich zu begreifen und zu bejahen, daß es über= geordnete Aufgaben gibt, die der einzelne nicht be= wältigen kann. Es muß Staat geben. Man muß ihm die Mittel zur Verfügung stellen, damit er ordnungsgemäß und gerecht die ihm von Gott gestellten Aufgaben verwirklicht. Das schließt die Kritik an der Praxis des Steuerstaates ein. Es ist richtig, daß es Verbände gibt gegen die Auswüchse des Fiskalismus für ein gerechtes Steuersystem. Andererseits liegt der Beitrag der öffentlichen Hand bei der Lösung dieser Spannung in einer maßvollen Finanzpolitik; auch darin, daß er das Steuersystem übersichtlich macht, und vor allen Dingen in einer klaren Rechenschaftslegung. Letzteres gilt auch für die Kirchen und Kirchengemeinden! Der Staat hat Rechen* schaft zu geben über die Verwendung der eingehenden Mittel und hat das Vertrauen seiner Staatsbürger nicht zu strapazieren. Denn Gott will ein gewisses Vertrauen zwischen Staat und Bürgern haben. Er will nicht, daß jeder tut, was er will, aber er will auch nicht, daß der Staat den einzelnen erdrückt. Gott will Klarheit, Ge* rechtigkeit, Ordnung und Verantwortung aller, auch in diesen Dingen. Ja. Denn der Streik ist ein Mittel der sozialen Ausein* andersetzung. In diesen Auseinandersetzungen geht es darum, was im Arbeitsleben Recht sein soll. Das zu bestimmen ist überall dort, wo nicht einseitig diktiert und von oben herunter angeordnet wird, Sache der Nächstbeteiligten, also der Sozialpartner, ihrer „Auto= nomie". Es muß in diesen Verhandlungen nicht unbe= dingt zum Streik kommen; aber der Streik ist eine anerkannte Waffe in solchem Ringen. Es kann freilich nicht jeder für sich und auch nicht jede Gruppe streiken, wann es ihr paßt. Wilde Streiks sind unzulässig. Vor= her müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: anerkannte Organisationen und Einhaltung der Frie= denspflicht. Das hat gute Gründe, heute mehr als früher, weil die Verflechtung der Wirtschaft so eng ist, daß von Streikmaßnahmen weite Kreise betroffen wer= den können, die mit dem Anlaß des Streiks, also den unterschiedlichen Auffassungen der Beteiligten über Lohnhöhe, Arbeitszeit usw., nichts zu tun haben. Deshalb sollte ein Streik immer nur die allerletzte Maß= nähme sein und erst dann durchgeführt werden, wenn alle Möglichkeiten einer Verständigung redlich erwo= gen und ausgeschöpft sind. Die Autonomie ist kein Freibrief, sondern Ansporn der Sozialpartner zur Wahrung der Selbstverantwortung, immer auch im Blick auf das Ganze. Dies um so mehr, da Kampfmaßnahmen Haß und Verbitterung unter den Menschen erzeugen. Gott will das nicht. Auch Christen dürfen streiken. Aber Gott will, daß auch in den sozia* len Auseinandersetzungen, deren äußerstes Mittel der Streik ist, alles ordentlich und ehrbar zugehe. Dazu sollen Christen auch in den Verbänden helfen. Sie sollen hohe Verantwortung übernehmen, damit sie Einfluß gewinnen, der Ordnung zu dienen, der Ehrlich* keit und dem Recht. WAR JESUS REVOLUTIONÄR? Hinter den großen Revolutionen der Neuzeit — der „bürgerlichen" von 1789 und der „kommunistischen" von 1917 — stand die Erwartung, daß die Zerstörung und Aufhebung eines alten und brüchigen Gesell* schaftsgefüges die Menschen endlich frei, gleich und brüderlich machen würde und alle Ausbeutung des Menschen durch den Menschen aufhöre. Die Revolutio* näre wollten den Menschen erlösen von dem, was ihn entehrt und knechtet. Wollte das Jesus nicht auch? Gewiß, sagen die Revo* lutionäre und stellen sich ihn als Führer der Proletarier jener Zeit vor. Aber seine Revolution war unzulänglich: denn nach fast 2000 Jahren christlicher Geschichte blie= ben noch immer Sorge, Not, Ungerechtigkeit und Knechtschaft auf der Erde bestehen. — Wer den ge= heimen Zorn und Schmerz in solcher Rede nicht ver= nimmt, wird Männer wie Marx und Lenin nie ver* stehen. Noch in der Empörung gegen den in ihren Augen so ohnmächtigen Christus stehen sie in erbit* terter Konkurrenz mit ihm. Denn Jesus verweist den Menschen auf Gottes Hilfe. Aber gerade damit hört der Mensch auf, in eigener Verantwortung seine Er* lösung zu betreiben. So werden Revolutionäre die Feinde Jesu. Sie wollen es nicht wahrhaben, daß jen* seits der Barrieren der Revolution immer noch in neuen Formen Schuld und Not des Menschen wiederherge* stellt wurden. Um diesen Jammer nicht zu sehen, ver* treiben sie den, der ihnen die Augen öffnen könnte, als einen Herrn für Innerlichkeit in den Bezirk, der sie nicht berührt. Darum lassen sie den Himmel den Spat* zen und den Pfaffen. Welch eine Verkehrung des Tatbestandes! Welch eine Verkennung der Wirklichkeit! Sie sollen weder konservativ noch reformwütig sein. Sie haben alles, was sie erhalten oder ändern wollen, genau zu prüfen. Es gibt Dinge und liebgewordene Vorstellungen, die nicht wert sind, daß man sie ver= teidigt. Bestimmt haben gerade wir Christen in der Vergangenheit politischen oder sozialen Vorstellungen gehuldigt, als ob sie ewigen Wert haben müßten. Da= mit haben wir solche abgestoßen, die in diesen Dingen anders dachten, die Kirche als konservativ und reak= tionär empfanden und für befangen erklärten, da sie doch wußten, daß die Botschaft allen galt und Gott keinem die Buße erspart. Diese Erfahrung aber darf Christen nicht dazu verlei« ten, alles über Bord zu werfen vor lauter Sorge, immer noch als konservativ bezeichnet zu werden. Es geht ein Zug zur Geschichtslosigkeit durch unsere Zeit. Wer Geschichte machen will, ohne Geschichte zu ken= nen, endet bald und läßt andere verenden. Wer neue Geschichte zu machen vorgibt, ohne alte Geschichte kritisch zu bejahen als Versuch der Vorigen, das Leben zu bewältigen, kommt nicht weit. Wer bei Dürer nicht lernt, wird nie ein Picasso; wer die Väter ironisch bei= seiteschiebt, wird selbst ein schlechter Vater. Wir hal= ten nichts von verhinderten Reformern, die alsbald versagen, wenn sie Verantwortung übernehmen sollen und uns glauben machen wollen, sie würden alles rich= tig machen, wenn man ihnen die Chance des Großein= satzes gebe. Wir wollen das Gute behalten, aber hellwach sein für das Neue, prüfen, ob es heilsam ist, und immer neue Wege wagen. Die Väter vor uns haben das auch getan. IST JEDE STAATSFÜHRUNG VON GOTT EINGESETZT? Paulus sagt: Ja. Wer die Richtigkeit dieser eindeutigen Antwort bezweifelt, überlege sich: Wenn eine Staats= führung fehlt, herrscht Willkür und Chaos. Jeder könnte jeden totschlagen. Jeder könnte sich aneignen, was er will. Jeder könnte des anderen Familie zer= stören und mit der Frau durchgehen, nach der ihn im Augenblick verlangt. Von Zuständen solcher Art sind wir zu aller Zeit bedroht. Jedes Volk hat solche Augen= bliche erlebt, bei Revolutionen und totalen Zusam= menbrüchen. Aber es waren nur Augenblicke. Sofort war Obrigkeit da. Es ist Gottes Bewahrung, daß es Obrigkeit gibt. Solange eine Staatsführung an der Macht sein will, muß sie für Ordnung sorgen. Auch wer nur durch das Recht des Stärkeren ans Ruder gekommen ist, kann sich auf die Dauer nur behaupten, wenn er nicht die sogenannte zweite Tafel der Zehn Gebote umstößt und zerbricht. Obrigkeit muß Leben bewahren, Eigen= tum schützen, Ehe gelten lassen und Ehre verteidigen. Tut sie das nicht, ertrinkt sie selber mit im Chaos. So hat es Gott geordnet. So zwingt Gott dem Men= sehen einige Vernunft ab. Gott sei Dank! Wer Obrigkeit beseitigen will, sehe zu, was er an die Stelle su setzen hat. Wer nur wegfegen will, bringt großes Unglück. Es gibt keine Macht, die sich dem Gesetz Gottes auf die Dauer entziehen könnte. Chri» stus hat sich der Obrigkeit unterstellt, als sie ihn in seiner Unschuld hinrichtete; die Obrigkeit ging unter, er blieb Sieger. Obrigkeit muß sein. Und doch steht über aller Obrigkeit der Satz der Christen: Ihr geht, unser Herr kommt. Gott will nicht, daß wir ihr blind gehorchen. Gott will keinen Kadavergehorsam ihm gegenüber, viel weniger Menschen gegenüber. Gott geht ganz anders mit den Menschen um. Wenn er uns an die Obrigkeit bindet, macht er uns ihr gegenüber frei. Er bindet an nichts und niemanden so, daß er etwa selbst uns nun nichts mehr zu sagen hätte. Darum gab es oft genug Gelegen= heiten, in denen man Gott mehr gehorchen mußte als den Menschen. Wenn z. B. ein Sohn seinem Vater auf einen un= gerechten Befehl hin nicht gehorcht, bleibt er trotz-dem Sohn seines Vaters. Gott hat gleichsam dem Vater eine Amtskette umgehängt; die Autorität, die er damit gegeben hat, soll geehrt werden. So hat Gott auch der Obrigkeit Autorität gegeben. Wer nein sagen muß zu ihrem Befehl, respektiert gerade dann noch den Auftrag ihrer Staatsführung und will sie an ihr eigentliches Amt und ihre eigentliche Funktion erinnern. Wir werden nicht Anarchisten, wenn wir nicht gehorchen. Gott, der uns den Respekt vor der Obrigkeit beigebracht hat, macht uns durch seine Gebote ihr gegenüber verantwortlich und frei zugleich. Man würde die Staatsgewalt verachten, wenn man sie ohne Widerstand ließe und ihrer Selbstzerstörung tatenlos zusähe. Ein offenes, verantwortliches Wort kann unser Auftrag sein, auch wenn es Zurücksetzung oder Verfolgung einbringt. Der ist der eigentliche Feind der Obrigkeit, der das freie, verantwortliche Wort in seinem Beruf und Stand verschweigt. Wer wagt, zu reden und sich einzusetzen, der kann helfen. KANN EIN CHRIST MIT GUTEM GEWISSEN AUF MENSCHEN SCHIESSEN? Wer vor dieser Frage steht, muß vor allem dies be= denken: Sollen Waffen Frieden schaffen und Recht auf richten? Ist der Sache geholfen, wenn Gewalt un= terbleibt? Denn ich bin nicht damit gerechtfertigt, daß ich mich aus dem Konflikt heraushalte und das Feld den anderen überlasse. Christen müssen auch in die Drecklinie, wenn sie nicht versagen wollen. Die Macht als solche ist nicht böse, aber wir müssen wissen, wem sie dient und wie sie gezügelt bleibt. Machtlosigkeit kann Schuld sein. Dann wird es einem zu spät klar, daß man hätte helfen sollen, daß man sich aber nicht entschließen konnte; daß man nicht vorgesorgt hatte und zu schlapp war, zuzufassen. So kann man mitschuldig geworden sein am Sieg eines heillosen Menschen oder einer ungerechten Sache, die frühzeitig Macht genug hatten, sich durchzusetzen. Man hätte das Unglück vielleicht verhüten können. Vielleicht hätte ich helfen können, aber ich war nicht bereit, als Menschen in ihrer Angst nach mir riefen. Freilich kann Verantwortung im Gebrauch seiner Macht nur der tragen, der die Sache in der Hand behält und und Zerstörung begrenzen kann. Grenzenlose Ver= nichtung schließt Verantwortung aus. Es ist deshalb heute die Frage neu zu stellen, die Luther einmal gestellt hatte, ob Kriegsleute im „seligen Stande" sein könnten und ob man ihr Werk als Liebesdienst zur Erhaltung des Nächsten verstehen könne. Im seligen Stande kann nur der sein, der wirklich Verantwortung wahrnehmen kann. Niemand soll gegen das Gewissen handeln. Wer nicht vor Gott seiner Sache gewiß sein kann, soll die Hand von aller Gewalt lassen. IST GOTT MIT DEN STÄRKEREN BATAILLONEN ? Solange man Siege aus Gottes Hand und Niederlagen aus des Teufels Hand nehmen will, ist Gott immer mit den stärkeren Bataillonen. Aber es ist Unsinn, Gottes und des Teufels Gaben so billig aufzuteilen. Viele Sieger gehen am Sieg zugrunde, viele Verlierer aber siegen an der Niederlage. Meist stellt sich heraus, daß man den Kampf nicht mit Gott angefangen und geendet hat; Gott war nur Dekoration. Das Sprichwort ist falsch. Gott kann mit starken und mit schwachen Bataillonen sein. Es geht immer darum, mit Gott wirklich zu rechnen. Sobald man mit Gott rechnet, entdeckt man, daß seine Kraft in den Schwa= dien mächtig ist, wie die Bibel sagt. Es ist Gottes Lust und Freude, bei denen zu sein, die sich ganz auf ihn verlassen, ob sie nun die starken oder die schwachen Bataillone sind. Wer sich ganz auf Gott verläßt, resigniert nicht, wird nicht faul und unbesorgt, sondern höchst aktiv. Er wird ganz wach und setzt sich ein, als helfe kein Beten; aber er betet, als helfe kein Einsatz. Nur so gewinnt man Maß für seine Bataillone, Klug= heit in der Feindeinschätzung und im entscheidenden Augenblick Kraft. Denn man muß wissen, daß Gott die Sache in die Hand genommen hat, ob durch Sieg oder Niederlage, jedenfalls zu unserem Heil. Das gilt im großen und im kleinen Leben, im Examen und in der Politik, im beruflichen Leben und im diplomatischen Verkehr der Völker, im Verhör der Christen vor Ge= rieht und im Kriegsfall. WAS HAT DER GLAUBE IM PARLAMENT ZU SUCHEN? Mit der Entkonfessionalisierung des öffentlichen Le= bens hat man zu allen Zeiten nicht gemeint, die römiscn=katholischen und die evangelischen Gesichts» punkte seien so schwierig auseinanderzuhalten und darum lästig. Nein, man meinte den christlichen Glau» ben; der gehöre in die Kirche oder aufs Sterbebett, nicht aber ins öffentliche Leben, vor allen Dingen nicht in das Hohe Haus des Parlamentes. Die Erde gehört uns, den Himmel überlassen wir euch gern, sagen solche Parlamentarier. Falsch daran ist, daß Menschen damit unter sich sein wollen, daß sie Gott nicht dabei haben wollen. Solche Menschen meinen, Gott für die einzelne Seele wohl stundenweise nötig zu haben — jeder nach eigener Fasson —, aber daß die Dinge der Welt eigenmächtig von Menschen zu ordnen seien. Wir sind aber nicht Chef, höchstens Prokuristen. Wir spielen aber Chef, wenn wir uns im Parlament über die Zehn Gebote hinwegsetzen, wenn wir die Mahnung und Forderungen sachkundiger Christenmenschen und die Hinweise und Bedenken der Kirche mißachten. Wir schweigen Gott tot, wenn wir nicht einen poli» tischen Nachteil riskieren wollen, um Gott an eindeu» tiger Stelle ganz gehorsam zu sein. Gehorsam zu Gott war immer noch die klügste Politik. Um unseretwillen duldet Gott nicht, daß man so tut, als gäbe es ihn nicht, als machten wir es besser als er. Gott weiß, daß wir ohne ihn nur die Vernichtung des von ihm geschaffenen Lebens erreichen. Wir sind nahe genug daran. MÜSSEN CHRISTEN EINER BESTIMMTEN PARTEI ANGEHÖREN? Nein. Und wenn der Staat sagt, wir müßten es, dann erst recht nicht. Und wenn Kirchenführer es sagen, dann auch nicht. Denn Gott will nicht, daß wir uns in Parteien zwingen lassen, ganz abgesehen davon, daß eine Partei aufhört, Partei zu sein, wenn sie Men= sehen zu Mitgliedern zwingt. Aber Gott will, daß wir politisch entscheiden. Wer als Christ sagt, Politik mache schmutzige Hände, vergißt, daß er sie nicht nur mit der Politik beschmutzt. Er muß sie reinigen lassen, so oder so. Es gibt auch eine politische Askese, in der durch unpoli= tisches Existieren gerade höchste Politik ausgelöst wird. Denn es gibt Wahlen und Situationen in der Welt, in denen man durch Fernbleiben das Richtige gewählt hat. Wir wählen die, die das Vernünftige tun. Wer das Vernünftige tut, steht als Politiker vor Gott in hohem Rang und hat Gott nahe bei sich, um die Bitte des Königs Salomon zu wiederholen: „Schenke mir, Herr, ein gehorsames Herz." Menschen machen die Partei, nicht der Name. Tatsachen machen die Partei, nicht ihr Programm. Darum wählen wir, damit solche Partei die Politik entscheidet, deren Vertretern wir Zutrauen, daß sie das Beste nicht nur wollen, sondern auch im Gemenge der Interessen und Völker durchzusetzen verstehen. Macht gehört dazu. Macht muß mit Macht ausgehandelt werden. Wer poli= tisch wirken will, wer also politisch handeln will, muß Macht haben. Macht muß nicht böse machen. Aber sie ist ein gefährliches Instrument für die, die sie handhaben müssen. Darum können die Politiker keinesfalls auf das Gebet der Gemeinde verzichten. Gott will vor Mißbrauch der Macht bewahren. Wer aber Macht in der Politik nicht will, vergißt, daß wir noch nicht im Himmel sind. Wir haben zuerst die Bedingungen des Massendaseins auf ein Minimum zu reduzieren. Wenn es z. B. beim Zustrom der Menschen in den Westteil Deutschlands bleibt, hat man zu bauen und nochmals zu bauen, da= mit keiner länger in den Lagern bleiben muß. Wenn man aber baut, geht es um Wohnungen, in denen sich Familien entfalten können; also nicht um einen un= sozialen Wohnungsbau, der jeden dem Lärm und den Augen des andern aussetzt. Es geht um Schulen mit übersichtlichen Klassenfrequenzen. Es geht um Betriebe mit vorzüglichen Lehrwerkstätten, damit die Jungen allmählich und mit Übergängen aus Elternhaus und Schule in die Welt der Erwachsenen finden. Aber es gibt nicht nur räumliche Vermassung, die wir zu überwinden haben. Auch die geistige ist schwer zu beheben. Durch Fernsehen, Rundfunk Presse und Büchermarkt, durch Konfektion und Mode, durch Schlagwort und Propaganda, durch Massendemonstra= tion und Volkssuggestion wird der Einzelwille des Menschen gelähmt und die Einzelmeinung mattgesetzt. Aber Gott sei gedankt, er ruft auch die Masse. Gott läßt von unserem Zeitalter nicht ab. Hier aber geschieht die Wandlung: Der Mensch kann bei dem Ruf Gottes an die Masse diesen Ruf nur allein beantworten. Durch sein persönliches Reagieren wird er als Massenmensch Glied der Gemeinde und voll ernstgenommen, ohne vereinnahmt und nivelliert zu werden. Er gilt alles, weil Gott ihm alles gilt. Er darf seinen hohen Wert entdecken, weil Gott so hoch für ihn bezahlt. Nur so kann man in der Masse Mensch bleiben. loo WER IST HEUTZUTAGE MEIN NÄCHSTER? Die Zahl der Hilfsbedürftigen in unserem Blickfeld ist unübersehbar geworden. Da ist kein Anfang und kein Ende. Der Nächste kommt uns in der modernen Welt so nahe, daß mancher erst gar nicht mit seiner Liebe zu ihm anfängt. Er kann nicht allen helfen und hilft keinem. Der Stein bleibt heiß, ich kann den Tropfen sparen, sagt er. Sicherlich würde der einzelne sich an der Unmenge der Not um ihn her aufreiben, wenn er meint, er helfe allein. Damit denkt er aber typisch einzelmenschlich. Der Christ gehört zur Gemeinde. Er ist nie der einzige Hilfsbereite, er braucht nie allein zu helfen. Es sind immer andere da, so wahr es die Kirche gibt. Die Nächstenliebe beginnt in den vier Wänden, bei der Familie, bei dem Kollegen. Manchmal ist gerade da die Barmherzigkeit am schwierigsten; aber gerade da ge= winnen wir den Blick für das, was der Nächste im Augenblick braucht. Denn Nächstenliebe ist nicht im= mer die erste Hilfe in Unglücksfällen, jährlich einmal, plötzlich und unerwartet: sie ist das verstandene Wort und die ausgestreckte Hand täglich. Heutzutage hat jeder seinen Nächsten, weil er ihn braucht. Die wenig= sten sagen es, daß sie jemanden brauchen. Aber gerade dies ist der Beweis, wie nötig sie ihn haben. Wer meint, seine von Gott geforderte Liebe zum Nächsten durch einen regelmäßigen Beitrag an Insti= tutionen abgegolten zu haben, berechnet seine Liebe. Wer seine Liebe berechnet, vergißt, daß Gott unsere Sünden nicht anrechnet. Wer es trotzdem tut und dauernd beteuert, er habe ja schon soviel gegeben, dem rechnet Gott die Sünden zu. Dann steht es immer loo zu i gegen den Menschen. WAS SIND DIE JUNGEN DEN ALTEN SCHULDIG, WAS DIE ALTEN DEN JUNGEN? Die Jungen sprechen lächelnd von vergangener Epoche, beneiden aber die Alten um ihre errungenen Positio» nen. Die Alten entrüsten sich über die Großsprecherei und Selbstsucht der Jungen, blicken aber neidisch auf deren Kraft und offene Lebensmöglichkeiten. Es ist das gleiche Spiel, das sich in jeder Generation wiederholt. Aber alt und jung sind einander schuldig, sich selbst zu begreifen und damit einander zu verstehen. Die Alten waren jung, die Jungen werden bald alt sein. Was die einen hinter sich haben, werden die andern etwas später hinter sich haben. Wir sind doch miteinander unterwegs; die einen schon vorn, die andern noch hin» ten, aber auch bald vorn. Alles ist Übergang. Entscheidend bleibt, daß die, die vorn sind, andere nachziehen können. Wer nachziehen will, wer erziehen will, muß Autorität haben; wer Autorität ausüben will, muß selber unter einer Autorität leben, die er ernst nimmt. Wer Gott nicht ernst nimmt, nimmt sich selbst zu ernst und wird nicht ernst genommen. Wenn junge Menschen gegen Autorität rebellieren, so suchen sie oft gerade damit Autorität. Autorität gewinnen die Alten durch den, der sie autorisiert. Es ist Gott selbst, der autorisiert und Segen übertragen läßt. Der aber darf nicht hinfallen. Er muß von den Alten an die Jungen weitergegeben werden. Wer ihn störrisch für sich behalten will, raubt ihn und steht der Jugend im Wege. Gott will das nicht. Die Jungen hören es von den Alten, welche Geschichte Gott mit ihnen bereits gemacht hat. Es gab in ihrem Leben Examina, die auch auf die Jungen warten. So hilft einer dem andern, sich nie aus der Geschichte herauszumogeln. Gott will jeder Generation das Ihre zumuten. Sie stehen vor ihm in einer Linie; keine Generation kann ohne ihn. Der Staat zwingt zum Standesamt. Dazu hat er ein Recht, sogar die Pflicht. Er muß dafür sorgen, daß es den Menschen schwer gemacht wird, wieder ausein= anderzulaufen, wenn Schwierigkeiten kommen. Ehe= Scheidung muß kompliziert sein und bleiben. Die Frau hat ein Recht auf ihren Mann, der Mann hat ein Recht auf seine Frau. Die Kinder haben ein Recht auf ihre Eltern. Sie dürfen sich in Freud und Leid nicht ver= lassen, sie müssen alles zusammen durchstehen. Laufen die Kinder weg, werden sie von der Polizei zurück= gebracht, laufen die Eltern weg, werden ihnen die Kin= der weggenommen, aber die Eltern werden haftbar gemacht. So schützt der Staat im Namen Gottes Ehe und Familie. Das Gesetz ist da, weil es harte Herzen gibt. Wer fragt, warum man den offiziellen Weg der Ehe= Schließung gehen müsse, wo beide sich doch so lieb hätten, überschätzt sich selbst und unterschätzt das Risiko. Das Gesetz hilft, die Tragkraft zu fördern und zu steigern. Ehe auf Zeit gibt es nicht. Ehe auf Launen gibt es nicht. Für die fünf Paare im Land die es ohne das Gesetz des Staates könnten, gibt es kein Sonder* gesetz. Der standesamtlichen Eheschließung folgt die Trauung in der Kirche. Denn man kann solchen Entschluß nicht ohne Gott tun. Man sollte auch nicht wagen, ihn ohne Gott auszuführen. Die Trauformel lautet- „Und nun frage ich dich, Hans, willst du diese Grete aus Gottes Hand hinnehmen, sie lieben und ehren, sie in Freud und Leid nicht verlassen, bis daß der Tod euch scheide, so antworte vor Gott in Gegenwart dieser christlichen Zeugen mit einem vernehmlichen Ja." Anschließend wird dieselbe Frage an Grete gestellt. Die Namen werden am Altar jeweils genau genannt. Wer die Trauformel lange bedenkt, weiß, daß hier nicht nur viel versprochen wird, sondern Gott dafür einzu* treten bereit ist, daß die gebrochenen Versprechen wie* der in Ordnung gebracht werden. Gott kann das. WIE IST ES MIT DEM ZUSAMMENSEIN VOR DER EHE? Die Sperlinge bekommen ihre Jungen, wenn sie ihr Nest gebaut haben. Gott hat es in der Natur so gefügt. Der Instinkt treibt in rechter Zeit zur Paarung. Darum brüten die Spatzen nicht im Winter. Die Jungen stürben an Kälte und am Futtermangel. Gott hat den Menschen nicht als Tier gemacht, sondern hat ihm die Vernunft gegeben und darum ein hohes Maß an Verantwortlichkeit zugemutet. Der Mensch hat also im Blick auf die, die nach ihm kommen, die Zeit der Hochzeit zu bestimmen. Erst wer Heimat hat, soll Kinder haben; nicht wer Kinder bekommt, soll Hei= mat suchen. Darum will Gott verantwortliches Zusam= mensein vor der Ehe. Gott will nicht, daß der Termin der Hochzeit durch das Kind bestimmt wird. Das andere ist genauso entscheidend: Gott will, daß beide Partner in Freiheit zueinanderkommen. Vor der Ehe entscheidet es sich, ob es eine Ehe auf Zeit wird oder eine Ehe, wie Gott sie denkt. Krisenfeste Ehe gewinnt der Mensch vor der Ehe. Krise vor der Ehe heißt auch auf Distanz leben. Verlobte leben auf Distanz, indem sie das, was Ehe will, einander vorenthalten. Das endgültige Ja am Traualtar soll aus einem Herzen kommen, das frei ist in der Entscheidung für den andern und nicht zwin= gende Tatbestände liquidieren muß. Denn nur Freiheit läßt Freude zu. Es ist eine Freude, die Gott dem Men= sehen durch das Zueinanderwollen mitgegeben hat, um leichter beieinander zu bleiben. Die Freude aufeinander macht krisenfest, daß Ehe nicht eine von kurzer Lust unterbrochene Last wird, sondern ein frohes gemein-sames Leben. Jedenfalls will Gott uns froher machen, als man es normalerweise Gott zutraut. WANN FÄNGT EIGENTLICH DIE EHEAN? Wenn Hans und Grete sich einander versprechen, haben die Reformatoren als Antwort gegeben. Weil die Ehe ihrem eigentlichen Wesen nach eine Ge= meinschaft von Mensch zu Mensch ist, darum beginnt sie mit dem, was wesentlich zum Menschen gehört: mit dem Wort. Das Wort hat hier die große Tiefe. Der Mensch gibt sein Wort. Er ihr. Sie ihm. Damit emp= fängt der Mensch einen Menschen, einen ganzen Men= sehen zum Eigentum für das ganze Leben, indem einer des andern Eigentum wird: Ich bin dein Du bist mein. Es gibt nur einen einzigen Vorgang, der diesen über* trifft, der zugleich sein Ursprung ist: Gott gibt der Menschheit sein Wort und hält sein Wort mit Freuden. Das Wort heißt Jesus Christus, Gott gibt der Mensch* heit sich selbst. Menschen, die das glauben, sprechen wiederum ihr Ja zu Gott und geben sich zum Eigen* tum. Der Ehe und dem ehegründenden Wort verleiht die Bibel höchste Würde, wenn sie das Verhältnis zwischen Christus und seiner Gemeinde mit dem Bild der Ehe vergleicht. Sie betont dabei besonders stark die Freude. Wie man die Christenfreude nicht findet, wenn man sich nur mit dem Mund zu Gott bekennt, so verfehlt derjenige die Freude der Hochzeit und der Ehe, der in seinem Partner weniger sucht als den Menschen, der sich ihm anvertraut und dem er sich ganz anver* traut und dem er Wort hält mit Freuden ein Leben lang. Der Ehe geht die Verlobungszeit voraus, damit beide ihr Wort, das sie sich gaben, auf seinen Gehalt prüfen können — ob sie es sich geben durften. Dies Wort gaben sie einander ohne Zeugen; bei der Eheschlie* ßung aber geben sie es vor Zeugen Gott selbst. Da* mit wird Ehe. Das Wort vor Gott bindet sie. Darum fängt Ehe am Traualtar an. Gott macht Ehe. DARF ICH HEIRATEN, WEN ICH WILL? Nein. Wenn auch der Mensch von Gott eine Instinkt= Sicherheit bekommen hat, die ihn den Partner für das Leben zwischen 20 und 30 Jahren wählen läßt, so ist dieser Instinkt aber nicht absolut. Wie der Wille ohne den Gehorsam, der Gedanke ohne Rüdefrage, die Frei* heit ohne die Bindung nicht möglich ist, so ist Instinkt ohne Zucht nicht gültig vor Gott. Darum darf man nicht heiraten, wen man will. Man muß bedenken, daß man nicht als einzelne einen ein* zelnen heiratet, sondern daß Familien zusammenkom* men. Auch Erbanlagen kommen zusammen, Standes* gliedschaften, Berufsherkommen, Traditionen und Glau* ben. Wer meint, solche Gesichtspunkte rücksichtslos beiseiteschieben zu können mit der Antwort: Wir lieben uns doch!, vergißt, daß man mit jedem gemeinsamen Leben in der Ehe Schulden genug macht. Wer die Ehe mit Hypotheken beginnt, mutet sich zuviel zu. Er wird nicht alles tragen können und unterwegs Lasten ab* werfen. Die zerbrechen dabei. Menschen gehen dabei drauf. Darum ist es gut, bei solchen Gewißheit zu suchen, die durch Gott erfahren haben, wieviel der Mensch wert ist. Die Zustimmung der Elternpaare soll man auf jeden Fall suchen. Immer gilt es, das Ja der Eltern zu erbitten. Wer meint, sich von den Eltern bei der Partnerwahl leichtfertig lösen zu können, läuft Gefahr, selbst kein guter Vater und keine gute Mutter zu werden. Die Kinder werden am falschen Entschluß der Eltern kran* ken und werden schwer ehefähig. Wer also heiraten will, muß alt genug sein, sich Rück* fragen gefallen zu lassen. Er hat sie zu bedenken und soll dessen gewiß sein: Wenn er bereit ist, den andern aus Gottes Hand hinzunehmen, darf er sich auf die Hand verlassen, die beide ein Leben lang zusammen* halten will. WELCHE ROLLE SPIELT VERSCHIEDENER GLAUBE IN DER EHE? Ein Mensch kann nicht zugleich evangelisch und katho= lisch sein. Eine Ehe auch nicht. Denn richtige Ehe ist nicht Zweiheit, sondern Einheit. Viele sagen, um so stärker lebten sie in der Toleranz. Toleranz heißt Tragkraft. Da wir aber als Menschen schwach im Tragen sind, sind die meisten nicht tolerant, auch wenn sie es behaupten, sondern neutral. Sie ent= ledigen sich aus Rücksicht dieser Lasten, um sie nicht tragen zu müssen. Nicht erst bei den Kindern, sondern schon bei dem Elternpaar geht oft die lebendige Ver= bindung mit Gott verloren, weil man sich in keinen verbindlichen Glauben hineinbeziehen läßt. Zwar gehen die Eltern zum Kino gemeinsam, aber zur Kirche ge= trennt. Ist das möglich? Viele haben schon vor der Eheschließung ihren Glauben so unernst genommen, daß sie nicht auf die Warnung der älteren Generation und vor allem der Kirche gehört haben. Erst nachher merkt man dann, wie stark die Rolle des Glaubens in der Ehe ist. Immer wird es einen Elternteil geben, der seine Kinder in einem fremden Glauben aufwachsen sieht. Tag für Tag steht ihm ein Lebensgebiet vor Augen, auf dem er sich über seine Ehe nicht freuen kann. Das ist die Praxis. Vom Glauben her sind die Dinge noch schlimmer. Denn Glaube ist ja nicht eine Rubrik im Personalausweis, sondern das, womit man lebt, und zwar nicht allein, sondern in Gemeinschaft. Verschie= dener Glaube, sofern er Glaube ist, macht die Ehe als nächste und engste Gemeinschaft für den Glauben un= fruchtbar und den Glauben zum Hindernis der che. Gott will das nicht. Wo es trotzdem geschieht, kann Gottes Barmherzigkeit größer sein als das Gesetz, mit dem man einen Partner unter einen unseligen Druck setzt, schriftlich zu erklären, die Kinder römisch=katho= lisch erziehen zu lassen. Gott will den so Angefochte= nen Wege öffnen, auf denen das Evangelium voll zum Zuge kommt. WAS SOLLEN MANN UND FRAU EINANDER SEIN? Die Frau ist dem Mann gleichwertig, nicht gleichartig. So hat Gott sie geschaffen, und so will sie es im Grunde selbst. Die Frau hat in der Ehe eine andere Aufgabe als der Mann. Was Hingabe ist, was es heißt, ganz für einen andern dazusein und dasein zu wollen, das weiß die Frau von ihrer Anlage aus besser als der Mann. Der Mann ist, wie die Psychologie es nennt, sachbezogen. Die Frau soll ihm helfen, daß er die Personbezogenheit findet, die er braucht, um sein Leben nicht zu ver= fehlen. In der Ehe wirbt der Mann um die Frau und die Frau um den Mann. Ihr Mann ist ihre Ehre. Geht er nachlässig gekleidet, fällt es aut sie zurück; hat er einen Berufserfolg, nimmt sie beglückt daran teil. Sie soll nicht die Führende sein, sondern alles tun, daß der Mann der Führende wird. Dazu muß sie ihn lehren, seine Frau ernst zu nehmen und sich um sie zu küm= mern. Die Frau hat ein Recht darauf, zu ihrem Mann aufzublicken, und macht sich ihm auch für seinen Beruf unentbehrlich. Wie die Frau ihr Frauentum bewährt in der grund= sätzlichen Bereitschaft zur Mutterschaft, in der es trotz der medizinischen Erfolge auf Tod und Leben gehen wird, so findet der Mann sein eigentliches Leben in der Bewältigung gefährlichen Lebens. Die tiefste Ver» antwortung aber füreinander liegt, ob man will oder nicht, darin, daß keiner den andern ohne Gott läßt. WARUM KIRCHLICHE TRAUUNG? Man ist ohne kirchliche Trauung nicht richtig verhei= ratet. Solche, die sich aus ihrer Zugehörigkeit zur Ge= meinde Gottes nichts machen, verzichten auf die kirch= liehe Trauung und lehnen diese als für sie unehrlich ab. Erst später aber entdecken sie, daß sie gerade damit ein Geländer an der Treppe abrissen, an dem sie sich noch im Fallen hätten festhalten können. Auf die kirchliche, also die gottesdienstliche Feier der Hochzeit kann keiner ohne Schaden verzichten. Durch die Taufe hat jeder ein Recht darauf, Gottes Wort und das Gebet der Gemeinde für solch wichtigen Schritt zu erbitten. Schon als Kinder sind wir von der Kirche un= terrichtet und erzogen worden. Dann kam die Konfir= mation; wir wurden in die Reihe der selbstverantwort= liehen Christen aufgenommen. Mit der Trauung ist wieder eine wichtige Station des Lebens in der Nähe von Kanzel und Altar gegeben: Der Herr hat das Wort! Ohne ihn nicht einen Schritt, und diesen Schritt keines= falls ohne ihn. Mit der Ehe sind die beiden nicht mehr Einzelglieder der Gemeinde. Die Gemeinde ruft immer beide zu= gleich. Gott kann sich den einen nicht mehr ohne den anderen denken. Von nun an müssen sie immer beide zu ihm. Von nun an betet einer den andern in die Nähe Gottes. Darum erbittet die Kirche durch den Mund des Pfarrers, den sie zu diesem Amt verordnet hat, den Segen zu dem Bund der beiden. Der Name Gottes wird auf beide gelegt, damit Gott beide zugleich für sich beschlag= nähme. So beginnen sie die Ehe vor Gott. Vor ihm füh= ren sie die Ehe. Dies geschieht immer mit der auch räumlichen Bindung an den Ort, wo man anfing. Gottes Wort in der Kirche ist Begleiter und Bewahrer, bis daß der Tod die Eheleute trennt. WIEVIEL KINDER SOLL MAN HABEN? Wenn ein junges Paar überhaupt keine Kinder haben will, sollte es gar nicht erst heiraten. Eine derartige Ehe verdient kaum ihren Namen; sie liegt hart an der Grenze anderer Möglichkeiten, die wenigstens nichts Besseres scheinen wollen, als sie sind. Die Auskunft: „Wir haben nur ein Kind", sollte nie ohne den Ausdruck der Trauer gegeben werden. Die meisten Einzelkinder gehören später zu den Menschen, die sich im Leben oft schwer zurechtfinden. Sie werden entweder verhätschelt; dann gewöhnen sie sich an An= Sprüche, die das Leben nicht erfüllt. Oder sie werden zu streng gehalten; dann lernen sie jede Art von Bin= düng hassen. Sie werden oft kontaktarm. Wir müssen erkennen, daß wir in der Welt des Mas= sendaseins auf einzelne angewiesen sind, auf die wir uns verlassen können. Darum müssen unsere Kinder Geschwister haben, damit sie nie allein im Leben sind und immer jemand haben, auf den sie sich beziehen können. Sicherlich gibt es nationalpolitische, weltpoli= tische, auch ernährungspolitische Gesichtspunkte, die eine Geburtenregelung notwendig erscheinen lassen. Nie aber kann die Zahl der Kinder willkürlich von Eltern bestimmt werden unter dem Gesichtspunkt des zu erhaltenden Lebensstandards. Mit kalter Berechnung, die ja nicht aus der Rücksicht auf die Gesundheit der Mutter oder die Tragfähigkeit der Eltern erwächst, sondern aus purem Egoismus, hat man Gott gegen sich und findet das Glück nicht, das Gott für uns Menschen bereithält. Denn Kinder sind eine Gabe des Herrn. Das steht wörtlich in der Bibel. Wenn Gott Gaben gibt, schenkt er volle Kraft. Diese Kraft wird meist unterschätzt. Man rechnet nicht mit ihr, auch nicht mit der Hilfe, daß Kinder sich wechselseitig auf dem Weg behalten, ohne immer die Eltern zu fordern. Und immer gilt die Entdeckung: Gott gibt Kinder. Wer sie hat, kann sich sein Leben kaum mehr vorstellen, falls eines von ihnen fehlen sollte. WAS SOLLEN DIE EHELOSEN TUN? Schon nach dem ersten, vor allem nach dem zweiten Weltkrieg ist dieses Problem in eine menschliche Nähe gerückt, die nicht nur die Betroffenen angeht. Es gibt Jahrgänge, aus denen 60 Prozent der Männer heraus= geschossen wurden. Frauen sind Witwen geworden, ihr Schicksal ist schwer, und die Kinder haben keinen Va= ter. Mädchen sind ohne Mann geblieben; ihr Schicksal ist schwer. Man hilft ihnen nicht, wenn Verheiratete dauernd betonen, der ehelosen Frau stehe ja das ganze Leben mit Beruf, Geld, Urlaub und Alleinbestimmung offen. Denn Frauen wollen bergen als Geborgene. So hat Gott sie gemeint. Dennoch muß das Problem gelöst werden. Ein Staats= gesetz, das dem Mann zwei Frauen in der Ehe er= laubt, ist bei Gott nicht vorgesehen. Daran würden alle drei Partner zerbrechen, auch die Kinder. Also gibt es nur die Erkenntnis des Verzichtes, der schwer ist? Es gibt darüber hinaus aber die von Gott schenkbare Erkenntnis, mit Mut das Leben allein an= zufassen, das immer Möglichkeiten der Beheimatung bringt. Denn Leben kann Liebe sein, Liebe von Gott, Liebe zu den Menschen. Liebe zum Tier genügt nicht. Ehelose sollen und dürfen sich einen Menschen suchen, für den sie im Namen Gottes sorgen. Es sind genug da, in der Verwandtschaft, in der Freundschaft. Vor allem auch verwaiste Kinder und viele einsame Men= sehen im erwachsenen Alter. Liebe findet sie immer. ui WELCHEN PLATZ HABEN WITWER, WITWEN UND WAISEN? Witwen und Waisen kommen darum so oft in der Bibel vor, weil sie Gottes Prüfstein für den Glauben seiner Gemeinde sind. Weil Witwer, Witwen und Wai= sen die intakte Familie entbehren müssen, ist für sie die intakte Gemeinde eine Lebensfrage. So haben sie in Gottes Haushalt einen besonders positiven Platz. Gott braucht die Alleingelassenen. Das gibt ihrer Not einen tiefen, starken Sinn. Die Gemeinde hat sich in Gottes Auftrag um sie zu kümmern. Das Nötigste, was sie verloren haben, ist ein Mensch. Sie müssen einen Menschen haben, der sie merken läßt, daß Gott sie nicht vergessen hat. Die Art und Weise dieses Helfens kann sehr verschieden sein. Wo noch erwachsene Kinder leben, haben sie den von Gott gewiesenen Auftrag, alles zu tun, ihren Vater oder ihre Mutter nicht allein zu lassen. Sind noch kleine Kinder da, ist eine neue Ehe meist die beste Lösung. Sind nur erwachsene Kinder da, bleibt der Weg in eine zweite Ehe auch noch offen. Kinder, die sich dagegen auf lehnen, überschätzen meist ihre Trag-kraft, mit der sie die allein gebliebene Mutter oder den verlassenen Vater umgeben wollen. Oft ist die Angst vor der Wiederverheiratung glatter Egoismus der Kinder. Kinderlose Ehepaare, die Kinder angenommen haben, haben es oft schwerer als Eltern mit eigenen Kindern. Aber es ist erstaunlich für jeden, der solche Häuser beobachtet, wie gerade dort gute und geschickte Hände erziehen, weil am Anfang Christi Liebe stand. Denn „wer eins von diesen Kindern aufnimmt, der nimmt mich auf", sagt Jesus selbst. Witwer sollen Chef des Hauses bleiben durch Korre-spondenz mit Kind und Kindeskind, durch Besuche und Gebet. Witwen haben im Neuen Testament eine beson= dere Aufgabe bekommen. Als Beterinnen sind sie nie allein. Sie stehen im großen Kreis vor Gott, der mitbetet und für den sie beten. Eine Ehe mit Gott gelangt nie an den Punkt, an dem es wirklich nicht mehr geht. Denn in solcher Ehe lebt man nicht unter menschlicher Regie, sondern unter Gottes Willen und aus Gottes Möglichkeiten. Die sind uner= schöpflich. Es gibt keinen Augenblick in solcher Ehe, in dem wir nicht neu anfangen dürften. Die Erkenntnis unserer Sünde und die von Gott geschenkte Verge= bungsbereitschaft macht stark zu neuer Bereitschaft. Wer von vorn anfängt, entdeckt wieder, was man Gott am Altar versprochen hatte und wozu Gott bereit war und bereit ist. Wer aber eine Scheidung sucht und bereits für die Frau, die man verläßt, oder für den Mann, den man ver= läßt, Ersatz hat, stößt bei Gott auf ein hartes Nein. Wer sich scheiden läßt, muß wissen, daß er Gott gegen sich hat. Es gibt nur einen Weg aus der Krise: sich Gott völlig zu unterwerfen und bereit zu sein, von vorn anzufangen. Die Krise der Ehe bewältigt man nicht durch Meinun= gen von Nachbarn, Verwandtschaften und Bekanntschaf= ten. Die Kirche hat Menschen eingesetzt, die in Ehe= krisen helfen können. Außer den Seelsorgern gibt es kirchliche Eheberater. Sie helfen zum Urteil, zeigen nicht nur den Weg zum Neuanfang, sondern sind be= reit, ihn mitzugehen. Denn die Gemeinde trägt die Lasten mit. Sie werden leichter. Auch dort, wo eine Ehe einem bitteren Gefängnis gleicht. Hier hat die Gemeinde die Aufnahmepflicht für den verzweifelten Partner und sich mit allen Kräften einzusetzen, daß, wenn schon nicht Liebe Liebe bleiben kann wenigstens Recht wieder Recht wird. Dann ist eine Scheidung nie eine Rechtfertigung des einen oder des anderen Part= ners, sondern eine Schuld, die, vor Gott gebeichtet, den= noch Frieden bringen kann. WAS SOLL MAN MACHEN, WENN DIE ELTERN SO ENGSTIRNIG SIND? Auch die Eltern hatten Eltern, was man zu leicht vergißt. Es ist und bleibt Gottes Auftrag an Eltern, die Kinder zu erziehen. Erziehen ist mehr als ernähren und kleiden. Also entscheiden sie in Lebensfragen der Kinder am Anfang allein; je älter die Kinder werden, immer stärker mit den Kindern zusammen. Dies geschieht aber nicht demokratisch durch Feststellung der Meinungen und Abstimmung im Familienkreis, sondern dadurch, daß die Eltern die Kinder in der Urteilsbildung mitbeteiligen. Einen Gehorsam der Kinder nur mechanisch zu erzwingen, beweist keine Erziehungskraft. Dennoch gibt es Situationen, die eindeutig eine klare Weisung und einen endgültigen Befehl der Eltern notwendig machen, ohne daß die Einsicht der Kinder abgewartet werden kann. Dann ist der Augenblick gekommen, in dem die Klage auf taucht: Engstirnige Eltern 1 Wenn diese Klage kommt, sollen Eltern trotzdem bei ihrer Entscheidung bleiben und wissen, daß die Erkenntnis der Kinder bald wächst, daß Eltern so sein müssen. Hier ist Mut der Eltern gefordert, selbst bei den eigenen Kindern zeitweise unpopulär zu werden. Es ist nur Übergang. Die Kinder aber sollen in solchem Augenblick nicht die Eltern verachten. Sie brauchen es nicht zu tun. Denn Engstirnigkeit der Eltern ist meist gerade das Gegenteil: sie sehen mehr als Kinder. Die Kinder haben Scheuklappen, sie sehen nicht, was von links und rechts noch kommt. Um das zu sehen, ist Erfahrung nötig. Denn das Leben ist gefährlich. Zur Erfahrung der Gefährlichkeit gehört, daß man auch von Gott weiß, der sich auf Gefahren versteht und auf Bewahrung. Wer nicht von Gott weiß, kennt die Welt nicht und ist kein guter Ratgeber. WAS SOLL MAN TUN, WENN SICH DIE KINDER AUS DEN ELTERN NICHTS MEHR MACHEN? Daß junge Menschen die Eltern verlassen, auf eigenen Füßen stehen wollen und sich selbst den Lebenspartner suchen, ist der von Gott gewollte Lauf der Dinge. Aber gerade bei dieser Losiösung kommt es oft zu Szenen, Meinungsverschiedenheiten und heftigen Wor= ten. Es ist eine schmerzliche Krise. In solchen Augenblicken haben sich die Eltern zuerst selbst zu fragen, ob sie wirklich ihr Kind richtig er= zogen haben. Sie haben genau zu beantworten, ob sie es als Gottes Eigentum hielten, das ihnen nur anver= traut war, oder ob sie mit ihrem Kind eine Rechnung auf machten: Du gehörst uns, also versorgten wir dich; wir haben dich versorgt, also besitzen wir ein Recht auf dich. War es so, dann zahlen die Eltern den Preis dafür, daß sie das Eigentumsrecht Gottes, das bei der Taufe eindeutig von Gott erklärt war, für eine unver= bindliche Deklamation gehalten haben. Gott läßt sich nicht spotten, das Kind gehört immer ihm. Das ist der eigentliche Stachel der Krise. Aber Gott schickt Krisen, um Menschen wieder auf sei= nen Weg zu bringen. Gott ist bereit, selbst die Schuld einer zwanzigjährigen verkehrten Erziehung zu ver= geben. Ehe man also dem Kind Vorwürfe macht, muß man zu Gott zurück, Gott nachträglich recht geben, also keine Ansprüche an das Kind stellen und keinen kalten Gehorsam fordern. Gott muß es überlassen wer= den, ob er das Kind dahin führen will, wieder neu auf die Eltern zu hören. Oft bedient Gott sich dazu eines anderen Menschen. Ein Patenkind bleibt man ein Le= ben lang! Ein Freund, ein Lehrer, ein Seelsorger kann gefragt werden, nicht als Richter und Schlichter, son= dem als Helfer, der beiden Seiten den Weg zu Gott und zueinander weist. Dann wird es den Eltern klar: Der Segen gehört dem Kind. Und dem Kind wird klar: Ohne den Segen der Eltern will ich das Haus nicht bauen. Sie soll nicht mitverdienen. Die Kinder brauchen sie, nicht nur die ganz kleinen, auch die größeren mit ihren nachdenklichen fragen, für die vielfach nur die Mutter Antwort weiß. Die Mutter ist zu Hause wich=> tiger als ein durch zusätzliches Verdienen etwas ge= hobener Lebensstandard mit seinen gewiß im Augen= blick großen Annehmlichkeiten. Kindergärten, Kmder= horte für die Kinder und Werkskantinen für die Müt= ter sind und bleiben der Behelf für eine Not, die nicht sein darf. Die Mütter gehören den Kindern. Ganz anders liegt der fall, wenn Mütter arbeiten müs= sen, weil der Vater tot oder krank ist oder aus anderen Gründen nicht der Ernährer der familie sein kann. Das ist — von wenigen Ausnahmefällen guter und zuver= lässiger Hilfen im Hause abgesehen — immer ein schwieriges Problem, auch für die Mütter selbst, die ihre Kraft zwischen Betrieb und familie teilen müssen, zumal, wenn sie Arbeiten verrichten müssen, die ihnen gar nicht liegen. Oft ist da Halbtagsarbeit schon eine gute Entlastung. Sicher sind auch die Gelegenheit zu Heimarbeit, die fünftagewoche, staatliche Unterstüt» zung der sogenannten Halbfamilie gute Hilfen, das schwere Schicksal der arbeiten müssenden Mutter zu lindern. Wir haben darauf zu drängen, daß die Wirt» schaft mindestens zu Halbtagsarbeit für Mütter kommt. Es ist ein Staatsgesetz nötig, das verheirateten frauen, die Kinder haben, Ganztagsarbeit verbietet und den Müttern ohne Ernährer mit Halbtagsarbeit einen aus» reichenden Verdienst gewährleistet. Rücksichtslose Männer haben sich bereits an den Zu» stand gewöhnt, von ihren frauen zu verlangen, auch Geld nach Hause zu bringen. Das Ergebnis sind Schlüs» selkinder. Schlüsselkinder haben nur eine Unterkunft, aber kein Zuhause. Wohnung ohne Mutter ist kein Heim. Kindheit ohne Heim ist keine Kindheit. Leben ohne Kindheit ist kein Leben. Das ganze Haus wird ein Betrug. IST ES UNCHRISTLICH, WENN WIR UNSEREN LEBENSSTANDARD HEBEN? Gott will nicht, daß wir hungern oder vegetieren. Er ist ein freundlicher Gott, der uns gönnt, was uns wohl= tut. Wer aber die Jagd nach dem Lebensstandard zum Mittelpunkt seines Denkens und Trachtens und zum einzigen Lebensinhalt macht, hat Gott gegen sich. Das ist sinnlos, sagt die Bibel. Wir haben nichts in die Welt mitgebracht und nehmen nichts mit hinaus. Das Totenhemd hat keine Taschen. Wer weiter nichts kennt, als gut zu leben, ist aber nicht nur arm, weil er sich in Äußerlichkeiten verliert und das ewige Ziel aus den Augen verliert. Er ist im Grunde auch ein Egoist. An unserem Lebensstandard ist Gott gar nicht interessiert, wenn wir dabei nur an uns und nicht an die anderen denken, die auf der ganzen Welt in Not, Hunger und Armut leben. Mag der eine viel Geld verdienen — sehr nahe hat er die Armen. Wir haben sie allezeit bei uns, sagt Jesus. Im übrigen ist die Welt kleiner geworden. Mit den Verkehrsmitteln wohnen arme Völker erreichbar nahe, mit Fernsehen wird uns ihr Schicksal unmittelbar vor Augen gebracht. Die sogenannten Entwicklungsländer brauchen wir nicht erst durch Berichte von Expeditionen und Missionaren zu studieren, und das so nötige Geld findet über die nächste Post und Bank schon den fern= sten und doch so nahen Hungernden. Die Liebe, die dem hohen Lebensstandard von Gott zugemutet wird, endet nicht an der Dollar» oder Rubelgrenze. Liebe lebt ohne Werbung und Geschäft. Ihr gehört der Lebensstandard. WAS SAGT DIE KIRCHE ZUM GLÜCKSSPIEL? Wenn am Sonntag die Toto» und Lottozahlen über den Rundfunk bekanntgegeben werden, zittern die einen, zucken die anderen mit den Achseln, die dritten ver= gessen es oft, die vierten sind geschlagen und ver= suchen mit noch mehr Überlegung, mit Astrologie und Kombination zum Ziel zu kommen. Hier zeigt sich, wer spielt. Die einen spielen tatsächlich, die anderen spekulieren. Daß viele spielend anfangen, aber bald spekulieren, ist das Schlimme am Glücksspiel. Wer spekuliert, spielt nicht mehr; es geht ihm nicht mehr leicht von der Hand, er quält sich. Wer sich quält, will das Glück zwingen. Wer das Glück zwingen will, verliert das Maß für das, was sich zwingen läßt, und verludert bald. Weil viele zwar spielend anfangen, aber nicht spielend weitermachen, sondern gewinnen wollen, gewinnen müssen und gerade damit ihren Bankrott vorbereiten und weil viele labile Menschen, oft auch Tugendliche, dem Gesetz des Glücksspiels verfallen, so daß sie spie= len müssen, ob sie wollen oder nicht, darum hat die Kirche als Regel gegeben: Tut es überhaupt nicht! Die= ser Rat kommt aus dem Gesetz Christi: Wer dem an= dem Mut machen kann, von der Spielleidenschaft zu lassen, der läßt das Spiel, weil es dem andern Leiden schafft. Dasselbe gilt vom Alkohol. Wer dem andern in seinem maßlosen Alkoholkonsum helfen will, der wird auf jeden Alkoholgenuß verzichten. Gemeinsam ist der Verzicht leichter. Wir sind immer an den Nächsten gebunden. Wer sich um des Nächsten willen keinen Verzicht auflegen will, der ist bereits selbst gebunden, auch wenn er noch so sehr betont, er sei frei. SOLLEN CHRISTEN MODERN SEIN? Man hat oft in langen Diskussionen darüber, ob Chri= sten modern sein dürfen oder nicht, ein schlechtes Ge= wissen tarnen wollen, das man noch christlich ver= brämte. Bequemlichkeit, Sturheit, Ängstlichkeit dik= tieren den Christen oft die Stellung zur Mode. Das ist darum schlimm, weil Menschen dann meinen, auch die Botschaft der Christen sei wohl für gestern verbindlich gewesen, aber sie passe heute nicht mehr. Dabei paßt die Botschaft gerade heute. Sie meint alle Zeiten. Dennoch ist Christen eine Wachheit zuzumuten, die nicht taumelnd den jeweiligen Modellen folgt, die kauf= männisch klug als dauernd wechselndes Angebot die Nachfrage diktieren wollen. Manche Lösungen halten keine drei Monate aus; alle Lösungen passen nicht für jeden. Christen sollen Geschmack haben. Geschmacklos sich zu kleiden und zu halten ist nicht nur ein Zeichen dafür, daß man im Grunde nicht wissen will, wie teuer der Mensch Gott ist, sondern auch ein Beweis dafür, daß man heimlich andere ver= achtet. Gott aber will denen, die ihm glauben und ver= trauen, eine große Unbefangenheit schenken, in der man in der Welt sich so gibt, daß man sie nicht falsch ärgert. Denn das Ärgernis der Christen in der Welt soll prä= zise in der Nachfolge hinter Christus her entstehen. Wer sich da die Mode als Ärgernisplatz auswählt, gibt gerade nicht an seiner Nachfolge Ärgernis. Er würde an seiner Nachfolge Ärgernis geben, wenn er, modern, dem Meister nachfolgte. Denn das will den meisten nicht in den Sinn, daß der Meister die Modernen meint, die Heutigen. HAT DIE KIRCHE AUF ALLES EINE ANTWORT? Die Kirche kann nur das mit Gottes Recht weitersagen, was Gott ihr sagt. Was Gott der Kirche sagt, ist in der Bibel enthalten. Als Christen haben wir immer dafür zu beten, daß die Kirche nur im Namen Gottes ihren Mund auftut und nie im Auftrag von Menschen. Sie sagt das Wort Gottes in der Predigt und formuliert die Meinung Gottes in den Worten der Synoden. Hier wird entfaltet, was wir glauben dürfen und tun sollen. Gottes Gebote meinen das ganze Leben aller Menschen, die Arbeit und das Ruhen, die Politik und das Geld, den Krieg und den Frieden. Denn Gott hat den ganzen Menschen erlöst, nicht nur teilweise. Darum hat Gott alles jedem zu sagen. Trotzdem ist die Kirche kein Automat, von dem man in allen Lebenslagen mechanisch Antwort bekommen könnte. Jesus hat auch manchen Fragenden mit einer Gegenfrage stehen lassen. Daran sollte der Mensch ent= decken, daß der Glaube eine harte Angelegenheit ist und kein Gesellschaftsspiel der frommen Meinung. Man muß vor Jesus als dem Sohn Gottes stehen, um zu ent= decken, wie total man angewiesen ist auf Gnade. Es hat Zeiten in der Kirche gegeben, in denen es sehr schwer war, den Willen Gottes für ganz bestimmte Ent= Scheidungen zu beschreiben. Dann tritt eine geistliche Armut zutage, die nur durch das Gebet vieler Christen behoben werden kann und durch die demütige Haltung, nur nach Gottes Willen zu fragen, ohne Rücksicht auf Verluste. MUSS MAN ALLES GLAUBEN, WAS DIE KIRCHE SAGT? Wer so fragt, meint meist das Glaubensbekenntnis, das im Gottesdienst gebetet wird, in dem oft die Jung= frauengeburt, die Himmelfahrt Jesu und die Auferste= hung des Fleisches als für den heutigen Menschen un= zumutbar bezeichnet werden. Meist liegt die Ableh= nung solcher Glaubensartikel daran, daß man nicht hinter ihren Sinn gekommen ist. Die Tatsache, daß Jesus von Gott zu uns kommt und nicht als ein Übermensch von uns her nach Gott greift, will der Artikel von der Jungfrauengeburt zum Aus= druck bringen. Daß Jesu Werk nicht vergeblich als eine geschichtliche Episode gilt, sondern Ewigkeitsdimension und Gottes Garantie besitzt, will die Himmelfahrt bezeugen. Und daß wir selbst, nicht nur die Seele, sondern wir selbst als Person ganz unverwechselbar vor Gott er= scheinen werden nach dem Tode, ist der Hintergrund der Auferstehung des Fleisches. Was im Glaubensbekenntnis der Kirche bekannt wird, ist nicht deshalb zu glauben, weil die Kirche es sagt, sondern weil Gott sich so gegeben, so gehandelt und es so versprochen hat. So ist das Credo der Kirche im Grunde ein staunendes und dankbares Wiederholen der Taten Gottes. Nicht mehr. Aber dies ist entscheidend. Denn dies Wiederholen schafft einen lebendigen Um= gang mit Gott. So ist der Glaube nie ein Krampf, son= dem Antwort der von Gott Geliebten. WIE KOMMT MAN DENN ZUM GLAUBEN? Der Glaube ist kein Gut, das man erwerben kann, um es zu besitzen, sondern er ist Gottes Wunder an uns. Gott läßt uns glauben, indem er an uns handelt. Gott bandelt so an uns, daß wir ihm vertrauen lernen. Gott greift so in unser Leben ein, daß wir auf ihn reagieren. Unsere Reaktionslosigkeit liegt oft daran, daß die Kammern, die der Glaube füllen will, besetzt sind. Wir glauben an den Untergang der Welt oder an ihren Fortschritt. Wir glauben an uns selbst oder an nichts mehr. Der Glaube an Gott setzt den ganz bestimmten Willen voraus, die besetzten Kammern freizugeben und tatsächlich auf Gottes Wort hin etwas Handfestes zu tun. Das ist schon in der Begegnung mit Jesus so gewesen, daß Menschen daraufhin einen ganz bestimmten Entschluß faßten. So ist der Entschluß: Ich rede ab heute täglich fünf Minuten mit Gott! ein erster Schritt im Glauben. Gott macht keine Besonderheiten mit uns. Um unseret-willen wird die Hand des Engels nicht mehr die Wand beschreiben wie zu Belsazers Zeiten. Wir sollten das Nächste tun im Namen Gottes. Dann entdeckt man in seiner Rufweite, wer man selber ist. Das erste Wort ist dann schon im Glauben gesprochen: „Gott sei mir Sünder gnädig!" Das sagt man völlig unpathetisch und sehr nüchtern. Im Glauben wird man von Jesus in seine Nachfolge gezogen und von Gehorsam zu Gehorsam gelockt durch vielen Ungehorsam hindurch. Und alles geschieht in gründlicher Freude. Denn wir wissen endlich, wohin wir gehören. WAS HEISST NACHFOLGE? Nachfolge setzt voraus, daß jemand vorgeht. Christus ist vorgegangen. Er hat sein Ziel nicht aufgegeben. Er hat mit seiner Liebe unterwegs nicht bankrott gemacht. Er liebte die, die in der Welt sind, bis ans Ende und durchbrach das Zielband am Kreuz. Glaube ist Bewegung, immer ganz nah hinter Christus her. Darum ist für die Nachfolgenden kein Weg auf eigene Faust möglich. Auch unser Denken wird in die Nachfolge einbezogen. Dabei mutet uns Christus keinen Weg zu, den er nicht selbst durchschritten hätte, und keinen Gedanken, den er nicht selbst vollzogen hätte. War Christi Weg ohne Leiden nicht möglich, dann auch nicht der Weg seiner Nachfolger. Immer kostet es den Preis des Kreuzes. Diesen Preis haben wir in barer Münze selbst zu zah= len: Im Ernstfall muß man Vater und Mutter dran= geben, Sohn und Tochter, Freundschaft, Vaterland und Ehre und immer den eigenen Haß, den Ehrgeiz und die Sucht, sich selbst um jeden Preis durchzubringen. Wenn Ernstfall eintritt, geschieht Christen nichts Ab= sonderliches. Vielmehr handelt es sich um eine Aus= Zeichnung, wenn Christen mit Christus leiden dürfen, denn Christus leidet mit ihnen. Nachfolger sind nie ohne ihn, und wären sie in Einzelhaft. Wer weiß, daß Christus mit ihm leidet, weiß auch, daß seine Auferstehung ihm gilt. Darum sind Leidensdro= hungen für Christen stets auch Auferstehungsankün= digungen. So hat Nachfolge immer den Ton der Freude in sich. WAS IST PFINGSTEN FÜR UNS GESCHEHEN? Seit Pfingsten geschieht dies: Einer sagt dem andern von Gott; aber nicht mehr so, daß dies unverbindlich bliebe, als geschähe dies nur unter den beiden. Es geschieht so, daß Gott sich der Rede des einen an= nimmt, als wäre es von Gott selbst gesprochen. Seit= dem gibt es den Glauben an Gott durch das Wort des Bruders. Seitdem redet Gott durch des Bruders Mund zu uns. Seitdem hört Gott uns zu mit des Bruders Ohr. Darum ist Pfingsten auch das Geburtsfest der Kirche. In ihr läßt er uns sein Wort verkünden, redet mit uns selbst und macht uns ledig von allen Sünden, tatsäch= lieh. Wenn also der erste Satz im Gottesdienst lautet: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes", dann darf das, was dort gesagt ist, mir als von Gott gesagt gelten. Ich darf mich darauf verlassen. Darum hat das Sündenbekenntnis das Gewicht, daß es vor Gott gesagt ist. Auch die Gnadenverkündigung ist so gültig, als sei sie aus Gottes Mund gesprochen. Denn durch Pfingsten macht sich Gott selbst durch Menschen= wort in seinem Namen den Menschen ganz nahe und in Ewigkeit verbindlich. Das große Ereignis für die Welt ist am fünfzigsten Tag nach der Auferstehung Jesu geschehen, als Gott die Rede von Jesus Christus für alle Sprachen und Völker autorisierte. Gott steht zu der Aussage über Jesus als Erlöser und Weltenrichter. Wer die Rede von Jesus ab= lehnt, lehnt Gott ab; wer sie staunend annimmt, wird von Gott in die Gemeinschaft des Friedens mit ihm ohne Unterlaß hineinbezogen. Das verdanken wir Gott seit dem ersten Pfingsten. WORIN LIEGT DER UNTERSCHIED ZWISCHEN MENSCHENGEIST UND HEILIGEM GEIST? Menschengeist ist angeboren, erlernbar und lehrbar. Mit ihm kann man dichten und komponieren, rechnen und konstruieren. Seine Grenzen liegen weit. Der Heilige Geist ist ein Geschenk, er wird nicht ererbt, nicht gelernt und nicht gelehrt. Denn Heiliger Geist ist von Gott. Er wird von Gott solchen Menschen beige= geben, die ihn darum bitten. Er bricht durch die Gren= zen des Menschengeistes hindurch und lehrt den Men= sehen, Gott zu erkennen. Er gibt den Menschen ein Organ für Gottes Aussage in seinem Wort und für seine Taten an der Welt, ein Organ, das er nicht von sich aus mitbringt. Der Heilige Geist bemächtigt sich des Menschengeistes und kann ihn sogar zur höchsten Potenz steigern. Unter dem Heiligen Geist wird Menschengeist weise, er findet das Maß aller Dinge, er verliert nicht die Mitte. Er wird durch ihn davor bewahrt, über den Rand ge= schleudert zu werden, und wäre er noch so weit an der Peripherie. Er taumelt nicht und bringt die Welt nicht aus den Fugen. Denn er wird in Gottes Schöpfungs= willen hineinbezogen. Er wird Vollzieher der Gedan= ken Gottes. Die Tragik des Menschen liegt darin, daß er seinen Geist als Raub erachtet, mit dem er denken will, was er mag. Diese Tragik ist darum Sünde, weil Gott seinen Heiligen Geist jedem zur Verfügung stellen will, der ihn darum bittet. Aber der Mensch befürchtet, sich ge= rade damit seiner Freiheit zu begeben. Genau das Ge= genteil ist richtig. Er gewinnt sie erst dadurch. IST DER HEILIGE GEIST FÜR ALLE DA ODER NUR FÜR DIE GROSSEN IN DER KIRCHE? Er ist für alle da. Mag die Meinung auch noch so ver= breitet sein, nur Paulus, Luther, ßodelschwingh, Mat= hilda Wrede und Dietrich ßonhoeffer seien wohl vom Heiligen Geist aktiviert worden, wir andern aber hät= ten am PJ eiligen Geist nur passiv in der Gemeinde teil. Das stimmt nicht. Gott hat seinen Geist der Gemeinde verheißen und mit ihr dem einzelnen. Er ist ein per= sönlicher Begleiter und treibt ins Gebet. Er stellt sich ein als Antwort auf unser ßeten und macht uns des Glaubens gewiß. Denn ohne den Heiligen Geist kann niemand bekennen, daß Jesus Christus der Herr sei. Der Heilige Geist will es mit jedem zu tun haben, auch mit denen, die ohne Rang und Namen in der Kirche sind. Oft ist er Gottes heimlicher Souffleur für die, die um seines Namens willen auf die Zeugen- oder An= klagebank kommen. Der Heilige Geist drängt sich nicht auf. Man kann ihn erkennen durch den Umgang mit der Bibel, im Kontakt mit Christenmenschen, in einem zur Not= Wendigkeit gewordenen Besuch der Gottesdienste und der Teilnahme am Abendmahl und durdi das Gebet. Dort lernt man, im Heiligen Geist sein Leben zu be= urteilen und seine Tage zu planen. Er will dem ge= sunden Menschenverstand die Richtung geben, die in die Nachfolge führt. Oft hat man von der Führung durch den Geist ge= sprochen. Nur in Ausnahmefäilen mutet Gott eine Son= dertührung zu. Gott führt den einen zur leuchtenden Autorität für viele, dem andern legt Gott einen elen= den Alleingang auf. Dann gilt es für alle übrigen, die= sen Weg zu prüfen. Immer will der Geist die Einheit der Gemeinde, die sich nach der Bibel richtet. So konnte es Zeiten geben, in denen die Kirche ihre Aussage begann: „Wir und der Heilige Geist haben folgendes beschlossen .. ." Damit wird der Heilige Geist zum Lehrer für alle und verbindlich für jeden. WARUM BETONT DIE EVANGELISCHE KIRCHE DAS ALLGEMEINE PRIESTERTUM DER GLÄUBIGEN? Die römisch=katholische Kirche spricht vom Laienapo= stolat. Es gibt keine Laienpriesterschaft in ihr. Sie be= grenzt die Möglichkeiten des Laien, weil die Priester* weihe als Sakrament gilt und dem Priester einen be= sonderen Charakter verschafft. Die Ordination des evangelischen Pfarrers dagegen ist kein Sakrament, son= dem ein unter Anrufen des Heiligen Geistes von der Gemeinde vollzogener Akt, der diesen Menschen aus* schließlich in den Dienst am Wort und an den Sakra= menten beruft. Prinzipiell können alle an Jesus Christus glaubenden Menschen in der evangelischen Kirche so berufen wer= den. Daß es aber nur bei einzelnen geschieht, liegt an der Tatsache, daß die Kirche in einer Ordnung leben muß, die gewährleistet, daß das Versprechen des Pfar= rers auch gehalten werden kann. Beim allgemeinen Priestertum bleibt es insofern, als dem Vater und der Mutter, dem Jungen und dem Mädchen von Gott die Verkündigung seines Wortes zugemutet wird, wo auch immer. Im denkbaren Ernstfall muß sogar der Christ, ob Pfarrer oder nicht, die Taufe und das Abendmahl mit allen von Gott geschenkten Heilsfolgen spenden, und wäre es abgeschnitten in der Wüste. Christus ist mitten unter ihnen mit allen seinen Gaben, auch ohne Pfarrer. Meist scheitert in der evangelischen Kirche das allge= meine Priestertum an der Glaubensmüdigkeit der Ge= meindeglieder oder an falsch verstandenem Amtsbe= griff des Pfarrers, der aus dem Amt eine Monopol= Stellung schafft. Gott aber ordiniert sich seine Leute auch auf heimliche Weise. Es sind die, die keinen An* Spruch daraus herleiten. Oft kennt sie nur Gott allein. WARUM TAUFT MAN IN UNSERER KIRCHE SÄUGLINGE UND WARTET NICHT, BIS SICH DER MENSCH SELBST ENTSCHEIDET? Weil nicht die Entscheidung des Menschen für Gott, sondern die Entscheidung Gottes für den Menschen das Heil begründet. Die Kindertaufe ist also nicht ein Kniff der Kirche, um möglichst viele Menschen zu ihren Mit= gliedern zu erklären, wie man es auch schon hören kann, sondern Jesu Befehl, der allen Menschen geholfen hat, ob alt oder jung. Seine Hilfe geht jedem Hilferuf des Menschen voraus. Ehe er ruft, antwortet Gott. Die Taufe ist die heilsamste aller Vorentscheidungen für den Menschen. Daß Gott sich für den Menschen ent= schieden hat, ermöglicht erst seine Entscheidung für ihn. Die Kirche muß taufen, sonst verrät sie ihren Herrn und die Menschen. Aber die Entscheidung für Gott muß tatsächlich auch geschehen. Darum nehmen wir die Baptistische Kirche, die an der Erwachsenentaufe festhält, als eine dauernde Mahnung an, es mit dem Vollzug der Taufe nur ja nicht bewenden zu lassen. Meist vergessen die Men= sehen, daß ihnen Gott mit seiner Taufgnade ein An= gebot zueignet, das man beantworten muß. Die Taufe ist also kein Zauber, die Taufe ist ein Wunder. Wunder aber wirken so, daß Menschen mit eigenem Entschluß reagieren. Wie wir zu reagieren haben, wird von der Dankbarkeit bestimmt, in der wir nichts selbstverständlich annehmen, sondern ein Leben mit Christus führen, bei dem wir immer die Nehmen* den sind. Zwar ist die Taufe ein Familienfest, aber sie ist vor allem ein Fest der Gemeinde. Denn das Kind wird durch die Taufe in die Gemeinschaft derer berufen, an denen Gott gehandelt hat. Eltern und Paten sind Zeu= gen dieses Wunders. Sie müssen diesem Wunder Rech= nung tragen. Denn in der Taufe spricht Gott dem Men= sehen die Tatsache seiner Versöhnung zu. Das ist und bleibt ein Wunder. Den Eltern und Paten werden Fragen bei der Taufe gestellt, die sie vor Gott beantworten müssen. Gott ist also Zeuge. Jede Kindertaufe, an der die Erwachsenen teilnehmen, ist darum eine für alle so notwendige Er= innerung an das, was Gott getan hat, und an das, was wir einmal versprochen haben. Die Versprechen vor Gott haben testamentarischen Charakter. Eltern und Paten haben versprochen, mit allen verfügbaren Kräften dazu zu helfen, daß der Ge= taufte den Weg dahin findet, wo Gott versöhnt. Altar und Kanzel — da läßt er uns sein Wort verkünden, dort werden uns die Sünden vergeben. Dorthin bringen wir das Kind. Im Gottesdienst muß es Heimat haben. Da ist die Taufe als Gottes große Kapitalanweisung an uns abzuheben. Es ist immer die Versöhnung durch das Blut seines Sohnes. In jedem Leben kommt es darauf an, von diesem Kapi= tal zu leben, von dieser Fülle Gnade um Gnade zu nehmen. Wer das Kapital nicht abhebt, lebt von eigenen Schätzen, die als Ersatz ungültig sind. Die Taufgnade ist gültig. Böse Zungen sagen: weil sie „ihre Schäfchen" im Gottesdienst Zusammenhalten will. Wer so denkt, verwechselt die Kirche mit Machtgruppen, die darauf aus sein müssen, durch dauernde Appelle ihre Position zu erhalten. Es geht nicht um die Kirche, sondern um den Menschen, der ohne Kirche sich selbst verliert, weil er Gott verliert. Man sagt auch, die Kirche sei nun einmal konservativ und wolle mit dem Sonntag ein Stück christlicher Sitte wahren. Nun, nicht jede Tradition ist schlecht, und diese ist es bestimmt nicht. Es ist ganz klar: um Mensch zu bleiben, braucht der Mensch einen Ruhetag in der Woche, nicht nur für sich allein, sondern mit der Familie. Der Mensch kann nicht für sich allein arbeiten; er kann erst recht nicht für sich allein feiern, während die andern Werktag haben. Manche müssen es ja; aber gerade diese wissen am besten, was es für ein Unglück für alle wäre, wenn die gleitende Arbeitswoche so ausgeweitet würde, daß wir zu einem täglichen Siebtelsonntag kämen und damit den Sonntag verlören. Die Kirche hält darum am Sonntag fest, weil sie den göttlichen Auftrag hat, dem Menschen das zu geben, was er braucht, um Mensch zu werden und zu bleiben. Das ist ihr einziges Interesse. Es ist das Interesse Gottes am Menschen. Darum wird die Kirche aller Zeiten für den Menschen um den Sonntag kämpfen. WAS FÄNGT MAN MIT DEM SONNTAG AN? Der Sonntag ist ein Ausnahmetag. Er soll es auch blei= ben. Alltags arbeiten wir; da merkt man die Zeit nicht, denn andere beanspruchen sie. Sonntags aber gehört die Zeit uns. Die Zeit selber zu füllen ist manchem schwer. Darum bieten sich die Lesemappen, die Liga= spiele, Autofahrten, Fernsehsendungen und das gemüt= liehe Bücherlesen auf der Couch als begehrte Abwechs= lung an. Mit diesen Dingen ist der Sonntag aber noch nicht der Ausnahmetag, wie ihn Gott für uns denkt und wie er nach dem Willen Gottes sein soll. Erst der Ruhetag mit Gott ist richtiger Feiertag. Darum ist am Sonntag Kirchgang. An diesem Tag ist Gott bestimmt dran, damit wir nicht die ganze Woche ohne ihn sind. Wer die ganze Woche ohne ihn ist, durchläuft seine fünfzig oder achtzig Jahre wie ein Amokläufer, der nach Geld, Wissen, Genuß oder Macht jagt. Sein Leben bleibt ohne Ewigkeitsbedeutung. Mehr noch, es wird zuschanden. Wer in der schon lange gleitenden Arbeitswoche nur selten Sonntag hat, der nutze den ihm verbliebenen freien Tag um so mehr. Ausnahmetag! Rasttag! Er sage sich: Jetzt mache ich Sonntag. Das ist zwar leider kein ganzer Sonntag; aber Gott kann auch solche Tage mit Segen füllen. Oft fragt man am Sonntag: Kinder, was machen wir heute? Man fragt nicht: Was macht ihr heute? Wenn Eltern und Kinder schon alltags getrennte Wege gehen müssen, am Sonntag gelten Besuche und Gemeinsam= keit. Gästeempfangen wird in der Bibel groß geschrie= ben. Keine Freundschaft hält auf die Dauer durch Korrespon-denz; man muß sich sehen. Keine Gemeinschaft hält auf die Dauer durch ihre Idee; sie muß etwas unter-nehmen. Keine Familie hält im Familiensinn zusam« men; die Angehörigen müssen sich treffen. So kann man auch den Gottesdienst verstehen: Da trifft sich die Familie Gottes und beim Kirchentag die ganze Verwandtschaft. Aber die bleiben nicht unter sich. Gott hat sie zusammengerufen. Gott hat das Wort in ihr. Darum beginnt der Gottesdienst mit dem Eingangswort: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes." Alles geschieht im Namen des dreieinigen Gottes, das Singen, das Beten und das Pre« digen. Das Eingangswort ist keine leere Formel, son-dem eine vom Herrn der Kirche selbst zugebilligte Anwesenheitserklärung: „Ich bin bei euch alle Tage." Er kommt selber zu Wort und er hört, was wir sagen. Gott ist durch den Heiligen Geist anwesend, der vom Vater und vom Sohn ausgeht. Darum ist das Gebet um den Heiligen Geist von ausschlaggebender Bedeutung für jeden Gottesdienst. Ohne Bitte um den Heiligen Geist ist der Gottesdienst nicht möglich. Denn es hat schon Generationen gegeben, die zwar laut sagten: Hier ist des Herrn Tempel! Aber Gott hat geantwortet: Ohne mich. In der versammelten christlichen Gemeinde hat jeder Zutritt. Mitgliedskarten werden nicht gefordert. Auch kein Eintrittsgeld. Die Kollekte hat nicht etwa den Sinn, die Unkosten zu decken, sondern Gott will unser Geldopfer als erste Antwort auf sein Wort an uns, damit der Dienst des Wortes an allen anderen auch ausgerichtet werde. Am Geldopfer können andere merken, ob es uns ernst um Gott ist. Mit dem Gottesdienst will Gott die Gliedschaft der Kirche sichtbar machen. Gliedschaft kann nicht nur geglaubt werden, sie muß auch passieren. Ohne den Gottesdienst bleiben wir auf dem Wege zurück, den Gottes Volk in der Nachfolge macht. WOZU IST DIE RUNDFUNKPREDIGT IM PROGRAMM? Daß im Rundfunk und Fernsehen Gottesdienste über* tragen werden, das Wort zum Sonntag gesendet und christliche Themen und Krankensendungen im Pro= gramm stehen, ist nicht nur eine freundliche Geste des Rundfunks gegenüber der Kirche oder das kluge Ergeb= nis einer Umfrage bei den Hörern, dem die Rundfunk* anstalten entsprechen wollen. Im Grunde steckt die Tatsache dahinter, daß das Wort Gottes bei aller In= timität sakramentalen Geschehens zwischen ihm und seiner Gemeinde „auf die Dächer" gehört, wie Christus es einmal formulierte. Offenbarung will Öffentlichkeit. Wer aber seine Teilnahme am gottesdienstlichen Leben darauf beschränken möchte, in der Küche oder im Ses= sei den Ausführungen zu folgen, steht bald vor einem Entweder — Oder. Er hört reden, und es drängt ihn, zu antworten. Der betende und singende und bekennende Kreis lockt ihn. Er will dabei sein. Er wird also bald den Weg zur Kirche selber unternehmen, oder er bleibt noch lange draußen. Nicht, weil die Eindrücklichkeit oder das Fluidum seine Anwesenheit nötig macht, wie etwa der Theaterbesuch stärker wirkt als der Film, der Konzertsaal einen anderen Eindruck vermittelt als das Tonband zu Hause — es liegt daran, daß Gott Leib* lichkeit will, des Menschen Nähe zum Menschen wünscht. Gott denkt sein Volk zusammen. Gott hat immer in Mehrzahl gedacht, wenn er an einzelnen handelte. Gott stellt immer in die Gliedschaft der Gemeinde. Darum kann es nicht bei der Runfunkpredigt bleiben, es sei denn, wir wären krank oder abgeschnitten oder zu alt, den Weg zur Kirche zu machen. Dann aber darf man wissen, daß die Gebetskraft der versammelten Gemeinde eine Kommunikation der Glieder schafft, in der keiner allein ist. WELCHEN EINFLUSS HABEN PRESSE, RUNDFUNK UND FERNSEHEN AUF UNS? Was der Mensch heute denkt, was er von der Welt und den Menschen weiß, was er vom Leben erwartet und was ihn in seinen Gedanken und Träumen ver-folgt, ist vornehmlich das Ergebnis der Einflüsse, die von den Massenmedien ausgehen: Presse, Film, Rund-funk und Fernsehen. Während der Mensch sich aber zum Kauf der Zeitung und zum Besuch des Films jedesmal neu entschließen muß und die Beschäftigung mit ihnen zeitlich begrenzt ist, gehört es zu den besonderen Kennzeichen von Rundfunk und Fernsehen, daß sie der Bequemlichkeit entgegenkommen. Sie sind immer um uns, bei uns, nebenan. Darum ist die Gefahr, sich ohne Nachdenken, gänzlich passiv einem fremden Einfluß hinzugeben, hier besonders stark. Darum ist ein hohes kritisches Maß erforderlich, damit wir nicht zu willenlosen Werkzeugen ferngelenkter Willensmächte werden. Geradezu gefährlich wird die Schlüssellochperspektive: Wir sind zwar durch Fernsehen überall dabei, und doch nicht dabei; wir dürfen wohl an allem teilnehmen, aber engagieren uns nicht; wir hören und sehen die Parlamentsdebatten und die Herzoperationen, die Kirchentage und die Gottesdienste, aber wir brauchen uns nicht zu verpflichten. Wir stimmen nicht ab, wir ope= rieren nicht, wir singen nicht, wir beten nicht. Alles tun die dort Versammelten, nicht wir. Wir müssen uns aber beteiligen. Gott läßt die Zu= schauerrolle nicht zu. Wir müssen selber entscheiden und handeln. Darum haben wir uns mit allem, was auf uns zukommt, kritisch auseinanderzusetzen. Wir haben uns also ein eigenes Urteil zu bilden. Das Maß zu diesem Urteil gewinnen wir durch den Umgang mit der Bibel und mit Christen in der Kirche. Wer sich dem entzieht mit dem Satz: „Ich lese keine Zeitung, höre kein Radio und sehe nicht fern", soll jedenfalls nicht behaupten, das sei christlich. So leicht madit Gott uns das Leben nicht. Die Menschen gehen zum Gottesdienst, um Gott zu dienen. Ich muß doch endlich mal wieder hin, sagen sie. Aber das ist nur eine Seite des Gottesdienstes, eigent= lieh die Kehrseite der Medaille. Denn Gott will den Menschen im Gottesdienst dienen, das bringt im Grunde den Dienst des Menschen an Gott erst in Gang. Das hat Jesus beim Besuch der beiden Schwestern Martha und Maria eindrücklich mitgeteilt. Als Martha mit Last und Mühe ihm dienen wollte, hing Maria währenddessen an seinen Worten und bekam das Lob, sie habe das gute Teil erwählt. So ist und bleibt im Gottesdienst das Entscheidende, Gottes Dienst an uns zu begehren. Wenn Gott uns nicht gezogen hätte, wären wir nie da; wenn Gott nicht zu uns spräche, bekämen wir kein Wort vor ihm her= aus. Darum ist der Satz: „Ich muß endlich mal wieder hin!" im Grunde schon eine Antwort darauf, daß Gott uns haben will und dienen will. Nur solche können dienen, die sich seinen Dienst ge= fallen lassen. Seine Wunden heilen unsere Wunden. Seine Liebe läßt uns lieben. Denn er hat uns immer zuerst geliebt, wenn unsere Liebe zu ihm zustande kommt. Nur Geliebte können lieben. So ist der Gottesdienst Frage und Antwort, Annahme und Weitergeben, Hören und Weitersagen. Wer das Gehörte anderen weitersagt und das Empfangene an= deren weitergibt, dient damit Gott selbst. Gott loben ist unser Amt, im Gottesdienst und vom Sonntag bis zum Samstag. Es wirkt sich aus zur Freude Gottes und aller seiner Engel und als Salz der Erde, zu ihrer Er= haltung bis zu ihrem letzten Tage. Große Dinge sind zwischen Himmel und Erde ge» schehen, angefangen bei der Schöpfung der Welt bis zu Jesus Christus. Es werden noch große Dinge geschehen von Jesus Christus bis zu dem Ziel, das Gott der Welt gesetzt hat. Das proklamiert die Predigt, sie ist in Gottes Plan enthalten, ja von Gott selbst eingesetzt. Sie hat eine wichtige Rolle. Zunächst sieht das, was hier geschieht, sehr klein und menschlich aus. Ein Pfarrer schlägt ein Buch auf, er meint, was dieses Buch enthält. Er versucht mit mensch* liehen Worten eine rettende Botschaft auszurichten, Menschen aufzurichten und so Gottes Wort unter die Leute zu bringen. Er kann nur Menschenworte sprechen. Aber diese seine Menschenworte, die jetzt notwendi» gen, im Auftrag formulierten Worte sind heutige Worte für das Wort Gottes. Gott will sich durch Menschenworte gegenwärtig machen. Der Prediger hat also das Wort Gottes selbst gehört. Er war beim Hören und Lesen auf Gott gefaßt. Was er gehört hat, gibt er weiter, im Gottesdienst, im Namen des dreieinigen Got= tes. Wer dies hört, soll sich ebenfalls auf Gott gefaßt machen. Wie der Pfarrer und der Hörer sich auch verhalten mögen, auf alle Fälle will Gott zu Wort kommen, Gott im Wort des Menschen. Gott selbst macht eine Predigt durch seine Gegenwart zur Predigt. Das gilt für den, der predigt, und für den, der hört. Wer geringer denkt von der Predigt, sei es auf der Kanzel oder unter der Kanzel, weiß nicht, mit wem er es zu tun hat. GIBT ES NOCH PROPHETIE? Offenbar gibt es Menschen, die eine Witterung für fällige Entscheidungen, für kommende Ereignisse ha= ben. Sie warnen, sie rufen auf, sie nützen den Augen= blick. Aber sie irren nicht selten. Im Grunde weiß nur einer über die Zukunft Bescheid. Er weiß es, weil er über sie entscheidet. Das ist Gott selbst. Gott sieht quer durch die Zeit. Selbst Jesus Christus erklärte, über Zeit und Stunde der Zukunft für das Reich Gottes nichts Endgültiges zu wissen, sondern auf Gott im Himmel angewiesen zu sein. Wer das bedenkt, der wird sich nicht herausneh= men, über die Zukunft mit festen Terminen zu ver= fügen. Sonst führt er in die Irre. Aber es gibt prophetische Gewißheit. Wer sich vor dem Zorn Gottes fürchtet, sieht prophetisch sein Gericht. Wer nach einem gnädigen Ja Gottes verlangt, hört auf das prophetische Wort, daß Gott unseren Gehorsam zu Ehren bringen will. Predigt ist nie nur sachkundiger Bericht über vergangene Ereignisse. Sie wagt abzu= hören, was Gott heute ausrichten will. Rechte Predigt ist darum prophetisches Zeugnis, sonst wäre sie nur ein Referat. Es gibt einfache Christen, die ein prophetisches Urteil haben, das ihnen kein Napoleon und kein Hitler, kein Nietzsche und kein orthodoxer Professor erschüttern kann. In ihnen lebt die Wahrheit Gottes. Luther hat sich scheu und doch gewiß der Deutschen Prophet genannt. Er war es nicht gern. Er hätte gern viele seinesgleichen gehabt. Aber er hätte sich eine Predigt ohne prophetischen Auftrag als christliche Pre= digt nicht denken können. Darum gibt es soviel Pro= phetie im Lande, wie es Glauben gibt. WARUM BLEIBT DIE KIRCHE NICHT STILL FÜR SICH? Weil sie es nicht kann. Sie kann es nicht lassen, zu reden von dem, was sie gehört und gesehen hat. Das fing bei den Aposteln schon an und geht bis heute fort — nicht weil sie so begeistert wäre; dann könnte man die Kirche bremsen. Sondern weil die Liebe Gottes die Kirche dahin treibt, immer für die Welt da zu sein. Denn Gott ist für die Welt da. Die Menschen lieben zwar feierliche Gottesdienste. Sie lassen sich gern eine Kirche in ihrem frommen Bezirk gefallen. So etwas müßte sein, meinen sie, aber das ge= fährliche Leben lebe man anderswo. Der Gott der Kirche ist aber nicht ein Gott für fromme Vereine und Bezirke. Gott eifert um die Welt. Er dul= det keine anderen Altäre. Die Reformatoren haben die Gottesdienste für Kampfunternehmen gegen den Satan erklärt. Was Gott beleidigt, muß fallen. Wo Menschen Gott und sich selbst vergessen, gehen sie verloren. Wo Menschen verachtet und geschändet werden, die Gott doch liebhat, muß die Kirche auf dem Plan sein und in Sachen Gottes auf dem Posten stehen. Darum singt sie: „Wir sind im Kampfe Tag und Nacht." Die Kirche ist nicht dazu da, sich selbst zu erhalten. Sie ist für die Welt da. Wo sie ist, soll Gottes Reich in Bewegung sein. Dafür hat sie Gott ins Leben geru= fen; er erneuert sie alle Tage. Es geht ihr darum, daß die Welt ihren Gottesdienst findet, allen falschen Got= tesdienst beendet und hört, was Gott der Welt sagt. Dem dient die Kirche. Die Sache hat Eile. WARUM SINGEN UND BETEN WIR IM GOTTESDIENST GEMEINSAM? Wir singen nicht, weil wir in Stimmung sind, sondern weil die Sache stimmt. Stimmungen wechseln, auf einen Sachverhalt kann man sich verlassen. Wir haben Grund zu singen und zu beten. Im Gottesdienst lassen wir uns gemeinsam auf das ein, was Gott getan hat. Wir singen und beten; Gott will es von uns haben. Da wir einen Gott haben und ein Evangelium, geht alles wie aus einem Mund. Jeder trägt das Seine dazu bei, daß es ein rechter Gottesdienst werde. Gottesdienst ist es dann, wenn Christus dabei ist. Er bringt Menschen zu gemeinsamem Gottesdienst zusammen. Dort sollen sie einmütig werden. Das geht bis hinein ins Gebet. Gott will nicht nur die Bitten einzelner hören. Seine Verheißung lautet nicht, er wolle den Mehrheitswillen der einzelnen Beter in ihren Unterkünften feststellen und dann erhören, sondern wo zwei (also ist Gemein= Schaft nötig!) eins werden auf Erden, worum sie bitten sollen, soll es ihnen widerfahren von dem Vater in dem Himmel. Wir sollen also wissen, worum wir gemeinsam zu beten haben und wo wir gemeinsam mit Erhörung rech= nen dürfen. Die Kirche hat demnach das gemeinsame Gebet zu suchen. Dem dienen die einzelnen Gemeinde= glieder, die Ältesten und Pfarrer, die Kirchenleitungen und Synoden. Wo Christen solchen Gottesdienst ge= meinsam gefunden haben, sind sie unüberwindlich. WAS SOLL DAS GESANGBUCH ZU HAUSE? Mag die Sprache des Gesangbuches oft altmodisch sein, sie ist doch die Sprache, in der Menschen vor uns ge= lebt und gebetet haben. Wir gehören mit ihnen zusam= men in einer Christenheit. Man merkt ihrer Sprache von damals an, daß sie ihre Worte mit Bedacht gespro= eben haben. Sie wollten vor Gott nicht schwätzen. Sie haben nicht die eigenen Gefühle sentimental gefeiert, sondern haben gebetet. Sie meinten in jeder Zeile, was sie sagten. Deshalb sind die Worte ihrer Lieder und Gebete oft voll Kraft des Lebens und der Wahrheit. Wir würden leben und beten können, wenn wir uns hier beteiligten. Wenig literarisches Gut hält es aus, Tag für Tag gebraucht zu werden. Das meiste wiegt viel zu leicht. Dies aber hält stand in hellen und dunk= len Stunden des Lebens, in Anfechtungen und Entschei* düngen, in Freudenzeiten und in Gefangenschaft, an Särgen und auf dem eigenen Sterbebett. Man soll in jeder Familie wissen, was man dem andern in der Todesstunde vorlesen darf. Wir sollten das Gesangbuch regelmäßig in die Hand nehmen und uns daran gesundsingen. Die Choralmelo= die am frühen Morgen summt man den ganzen Tag, sie hilft leben, weil Zeilenfetzen einem dabei einfallen, die Erinnerungskraft besitzen an den, von dem die Rede ist: Es ist Gott selbst. Wenn es mit unserem Singen und Beten ernst ist, dann können wir heute weitersammeln und auch weiter= schreiben am Gesangbuch der Kirche, für uns selbst und unsere Kinder. Ein bestimmtes Gebetswort Jesu hat man sich fast nicht zu übersetzen getraut. Es wurde jedenfalls zunächst nicht griechisch, wie sonst das Neue Testament, sondern in Jesu Muttersprache, aramäisch, hingeschrieben. Denn mit diesem Wort hatten sie ihn beten hören. In diesem Wort hörten sie ihn ganz: Abba — lieber Vater. Im Beten sind wir ganz dabei, oder wir beten nicht. Man kann in der Stille oder öffentlich sein Gebet leicht plappern. Gott aber ohne Glauben und Gehorsam an= rufen, heißt seinen Namen mißbrauchen. Dieses Ver= gehen richtet sich entscheidend gegen Gott selbst. Dar= um hat einer, der zu beten verstand, über sich selbst geschrieben: „Wir wissen nicht, was wir beten sollen, wie sich's gebührt; sondern der Geist vertritt uns aufs beste mit unaussprechlichem Seufzen." Mit Seufzen fängt unser Beten oft an: „Ach Gott, ach Gott!" Darin kann alles liegen, auch unser ganzes Herz. Aber der Stoßseufzer, den Gottes Geist in uns freimacht, will sich zu einem Beten von Wort zu Wort formen. Denn das Gebet ist ja ein Gespräch mit Gott, das Gott mit uns begonnen hat. Wir sollen weiter mit ihm sprechen. Da hilft uns, was andere vor uns ge» betet haben. Das Vaterunser hilft. Jesus gab es seinen Jüngern, als sie ihn fragten, was sie beten sollten. Der Psalter hilft und das Gesangbuch. So sprechen wir nach, was die Alten uns vorgesprochen haben Allmählich lernen wir selbst, in der Sprache unseres Herzens zu sprechen. Denn das Herz verlernt leicht zu sprechen. Es gibt Menschen, die wagen gar nicht, ihr eigenes Herz zu Wort kommen zu lassen, so arm sind sie. Wer aber betet, soll es von Herzen tun. Wenn das kleine Kind zum ersten Mal lacht, ruft die Mutter vor Freude das ganze Haus zusammen. So freut sich Gott, wenn seine Kinder nicht stumm bleiben für ihn, sondern die Augen aufschlagen und lebendig werden in ihrem Herzen. Das hat Gott mit uns vor. Stimmungsvolle Weihe, die eine religiös bewegte Seele ergreift, ist noch kein Beten. Menschen finden ja auch nicht zueinander, die nur unbestimmte Empfindungen füreinander haben. Man muß sich etwas zu sagen haben, sonst hat man nichts voneinander. Zwei, die sich liebhaben, sagen sich dies. Und es ist nicht selten ein erschütternder Augenblick, wenn zu Worte kommt, was sie sich zu sagen haben. Gott hat sich uns gegen» über nicht ausgeschwiegen, sondern Gott hat geredet. Sein Wort läßt uns antworten, und wir finden vor ihm Wort für Wort. Was hier zwischen Gott und dem Menschen ganz per* sönlich vor sich geht, ist nicht zum Schämen. Aber wir werden unsere Worte, die an Gott gerichtet sind, nicht zur Schau stellen. Es gibt Dinge, die wir ihm nur in der Stille sagen und von denen niemand wissen soll als Gott allein. Und doch ist Beten nicht nur unser persönliches Ge= heimnis. ln ihm sind wir vielmehr zusammengeschlos» sen mit vielen, die es nicht anders halten als wir. Das Gebet meint denselben Herrn. Die Richtung ist gleich. So werden Worte laut, die Menschen gemeinsam an Gott richten. ln diesem Beten liegt ein Bekennen. Gott sieht die Menschen zusammen, die zu ihm beten und deshalb zueinander finden. Haben sie aber zueinander gefun= den, dann beten sie miteinander und sind „ein Herz und eine Seele". Nun kommt an den Tag, daß sie alle in ganz bestimmten Worten zu Gott beten, wie es sich gehört. Dann lernen sie voneinander. Gott selbst leitet sie an. Und was in der Stille gebetet ist, wird laut vor Gott und vielen Menschen. Daß wir in der Kirche zusammen beten, ist wichtig. Hier lernen wir, worauf es im Beten ankommt. Der einzelne würde viel vergessen, was eine ganze Ge= meinde nicht so leicht vergißt. Von altersher betet die Kirche in ihrer Liturgie in bestimmten Worten und Sätzen, die sich auf Grund langer Erfahrung bewährt haben. Die Liturgie zeigt die Rangordnung der Bitten an, wie wir sie im Vaterunser lernen. Es ist nicht leicht, Worte für ein Gebet zu finden, die von allen im Gottesdienst mitgebetet werden kön= nen. Deshalb hält die Gemeinde alte erprobte Gebets= Ordnungen in Ehren und betet in ihnen, solange ihr eigenes Beten in diesen Ordnungen möglich ist. Dar= um ist der rechte Gottesdienst die Hohe Schule für das Gebet des einzelnen. Das alles setzt aber voraus, daß nicht nur die Kirche betet, sondern jeder einzelne auch für sich. Niemand kann die Worte der Gemeinde nachbeten, der nicht selbst ganz persönlich vor Gott steht. Wem hier die Stimme stirbt, der hat auch keine Stimme im Gottes= djenst der Gemeinde. Die Garbe bedeutet nichts, wenn die Ähren leer sind. Der einzelne wird aber nicht in der Form beten, wie es die Gemeinde im Gottesdienst in langer Übung gelernt hat. Er wird persönlicher, vielleicht unbehol* fener, vielleicht ungeschickter beten. Er wird seufzen und klagen, schreien und stammeln, jubeln und flüstern. Vielleicht versteht außer ihm selber nur noch Gott, was er betet. Je mehr wir beten lernen, um so per= sönlicher geht es zu, obwohl uns Gott geradeso fest zusammenfügt mit all den andern, die zu ihm beten. Mitten in der Kirche erweckt Gott den einzelnen und erneuert durch das Beten des einzelnen nicht selten das Gebet der Gemeinde. Darum genügt unser Beten in der Kirche allein nicht. Hier kann sich niemand ver= treten lassen: er wird Beter, alle Tage. Um alles dürfen wir beten. Mit allem dürfen wir zu Gott kommen, wie die Kinder mit allem zum Vater kommen. Der Vater schafft es dann schon, daß die Kinder ihre Torheiten verlernen und mündig werden. Aber er hat es gern, wenn sie kommen. Wenn sie nicht mehr kämen, hätte er sie verloren. Darum lernt man beim Beten, Gottes Willen, Gottes Namen, Gottes Reich wichtig zu nehmen. Bittet einer um das tägliche Brot, dann bittet er keineswegs darum, so gut versorgt zu sein, daß er Gott nicht mehr nötig hat. Er möchte Gott gerade nötig behalten. Er bittet deshalb nicht um eine Dauerversorgung im voraus. Er bittet nur um das, was Tag für Tag nötig ist. Es geht ihm nicht nur um die Gabe, es geht ihm um Gott. Und er weiß, daß Gott zu seiner Zeit geben kann, was nötig ist. Das wäre ein seltsames Gebet, durch das Gott allmählich überflüssig würde. Es ist dafür gesorgt, daß genug Anlässe zum Gebet bleiben. Darüber wollen wir nicht klagen. Es hat seinen guten Grund. Denn wir sollen Gott nötig behalten. Um ihn geht es bei allem Gebet. Ohne ihn würden wir umkommen, und wenn wir alles hätten, worum wir bitten könnten. Gott nötig haben ist doch unsere höchste Vollkommenheit. Kommt eine Gemeinde zum Gottesdienst zusammen, so reicht das, was hier geschieht, jedesmal in zwei Richtungen weit hinaus über den Kreis der Leute, die sich zu dieser bestimmten Zeit an diesem bestimmten Ort sammeln. Am Gottesdienst sind alle anderen Ge= meinden beteiligt, die an vielen Orten über die ganze Erde hin denselben Glauben bekennen. Am Gottes* dienst sind auch zeitlich alle anderen Gemeinden be= teiligt, die vor uns denselben Glauben bekannten. In solch großem Chor bekennt die Gemeinde ihren Glauben an den dreieinigen Gott, nicht gebeugt, son= dem aufrecht hinaussehend in die Welt draußen, die nicht an Christus glaubt und für die er doch auch gekommen ist. Sie bekennt in den Worten der Väter, aber angesichts der ihr gegenwärtigen Welt, dem Un= glauben, der Gleichgültigkeit, der Angst und dem Stumpfsinn dieser Welt entgegen, daß sie Gott die Treue halten und zu ihm stehen will. Das Glaubensbekenntnis, im Gottesdienst der Gemeinde gesprochen, ist für jeden einzelnen, der es mitspricht in dem großen Chor der Anwesenden und Nichtan= wesenden, ein Hinweis auf die Stunden draußen im Alltag. Da wird es von ihm gefordert, vor den an= deren für seinen Glauben einzustehen, geradezustehen für das, was er im Gottesdienst gesagt hat, und seinem Herrn draußen die Treue zu halten. Darum ist das Glaubensbekenntnis im Gottesdienst auch eine wechselseitige Erinnerung an Gottes Taten, die wir so leicht vergessen. Aus solcher Erinnerung darf gegen alle Vergeßlichkeit und alle Zweifel des eigenen Herzens die Gewißheit des Glaubens ent* stehen. Angesichts der Taten Gottes wird es uns immer wieder klar, daß nichts uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Jesus ist, unserem Herrn. Die Geschichte der Kirche ist von der Geschichte des Glaubensbekenntnisses begleitet. In allen Entscheid dungsstunden der Kirchengeschichte ging es — direkt oder indirekt — um ihr Bekenntnis. Was das Glaubens* bekenntnis für die Kirche bedeutet, zeigen in der Bibel die Geschichte vom Bekenntnis des Josua angesichts der Möglichkeit des Abfalls zu fremden Göttern und die vom Bekenntnis des Petrus angesichts des Fortgehens vieler Jünger von Jesus. Diese Geschichte zeigt auch, daß das Bekenntnis zu Jesus Christus als dem Herrn alle späteren Bekenntnisse begründet, ihr Kern und ihre Mitte bleibt. Das apostolische Glaubensbekenntnis ist eine Erweiterung des Urbekenntnisses der Christenheit zu Jesus als ihrem Herrn. Als für die Kirche neue An* fechtungen kamen, mußte das Bekenntnis neu formu* liert werden; so entstanden das nicänische und das athanasianische Glaubensbekenntnis. Die Rückkehr der Reformation zu den Grundlagen erforderte ein neues Bekenntnis; so entstanden die reformatorischen Glaubensbekenntnisse. Als zur Zeit des Nationalsozialismus fremde Lehren in die Kirche eindrangen, wurde es wie* der notwendig, in die neue Lage hinein den Glauben neu zu bekennen. Entscheidend ist dabei niemals die Formulierung der Glaubenssätze als solche; entscheidend ist vielmehr das, was im Bekenntnis des Petrus geschah: das Bekennen der Treue zum Herrn der Kirche angesichts einer Bedrohung, die die Gemeinde von ihrem Herrn Jesus Christus abbringen will. Darum war auch jedes neue Bekenntnis in der Geschichte der Kirche mit einer Scheidung verbunden. Hinter jedem Bekenntnis steht eine Frage, die Frage des Herrn an seine Gemeinde: Wollt ihr mir treu bleiben? Die Frage wandelt sich je nach der Gefahr, die die Kirche bedroht; die Antwort bleibt im Kern dieselbe: das Bekenntnis der Treue, das die Kirche zu ihrem Herrn spricht. WARUM SCHLIESST DER GOTTESDIENST MIT DEM SEGEN? Der Segen ist eigentlich ein Abschiedsgruß. In den Vä* tergeschichten des Alten Testamentes können wir es nachlesen, was der Segen den Menschen früher bedeutet hat. Der Segen geht mit, wenn ein Kind das Vaterhaus verläßt. Segen ist ein ganz besonders wirkendes Wort, das eine Kraft weiterzugeben vermag. Aus dem Segen des Vaters konnte dann die gottesdienstliche Handlung des Priesters werden, der am Ende eines Gottesdienstes die Gemeinde mit dem Segen entließ. Die christliche Gemeinde hat den Segen aus dem Alten Bund in ihre Gottesdienste übernommen. Wie das Glaubensbekennt* nis, das Vaterunser, so verbindet auch der Segen die Gottesdienste vieler verschiedener Konfessionen. Schließt heute der Gottesdienst mit den Worten: „Ge= het hin im Segen des Herrn!", so legt der Pfarrer durch die Geste der erhobenen Arme oder der gefalteten Hände den Namen Gottes auf alle, die am Gottesdienst teilnahmen. Dies geschieht getreu dem Auftrag der Bibel: „Du sollst meinen Namen auf Israel legen, daß ich es segne." So kann jeder aus dem Gottesdienst als ein Gesegneter gehen und darf der bewahrenden und erleuchtenden Kraft Gottes vertrauen, die ihn in sein Haus und sein Zimmer, in seine Arbeit und in den Kreis der Menschen begleitet, zu denen er gehört. Er bleibt in der Bann* meile des seine Kirche überall begleitenden Herrn, wo er auch ist. Wir empfangen heute den Segen angesichts der Mög* lichkeit eines jähen Todes wenige Stunden später bei einem Verkehrsunfall; wir, die wir eine Woche lang denselben Handgriff an der Maschine tun, die wir in den Operationssaal und ans Gericht müssen, in den Maschinenlärm und in die Montagehalle, die wir unter der Trommel von Propaganda und unablässiger Unter* haltungsmusik auszuhalten haben: wir bleiben um* schlossen in seinem bergenden Segen, unverloren. WARUM GIBT DIE KIRCHE IHR BEKENNTNIS VON GENERATION ZU GENERATION WEITER? Wenn im alten Israel ein Kind seinen Vater nach der Bedeutung der zwölf hohen Steine fragte, die in der Nähe des Jordan bei Gilgal auf gerichtet waren, dann erzählte ihm der Vater, wie es zur Aufrichtung dieser Steine gekommen war. Im Erzählen dieser Geschichten gab er seinem Kind das Bekenntnis zu den großen Ta= ten Gottes weiter, so wie er es einmal von seinem Vater gehört hatte: Was wir sind und was wir geschafft haben, ist Gottes Werk an uns. Wir leben von seinen Taten und wären nicht, wenn uns nicht seine Liebe trüge. Aus gleichem Grund gibt die Kirche ihr Bekenntnis von Generation zu Generation weiter. Die Eltern sagen es den Kindern, die Alten den Jungen, wovon wir Menschen leben. Die Kirche gibt ihr Bekenntnis kom= menden Generationen weiter, um zu erhalten, was im Grunde wichtiger ist als aller Fortschritt. Mag auch das Bekenntnis der Kirche Ausdrücke der Väter gebrauchen, die uns fremd erscheinen; mag es theologische Begriffe verwenden, die uns zunächst nicht zugänglich sind, so bliebe es doch die Aufgabe jeder neuen Generation, in ihnen die Tatsache zu entdecken, auf die sie ihr Leben und Sterben gründen kann. Jede Generation muß wieder neu zur Quelle und kann sich nicht auf Wasser in Konserven verlassen. Denn die Quelle des Bekenntnisses ist Jesus Christus selber. Aus ihm kommt die Kraft, sich zu ihm zu bekennen. Wer meint, das Bekenntnis nicht mehr nötig zu haben, irrt, denn Christus will mit jeder Generation neu anfangen und keine überschlagen. Gibt eine Generation einmal das Bekenntnis nicht weiter, so stehen die Enkel leer da. Darum sagt die Bibel: Halte fest am Bekenntnis. Verdirb es nicht, der Segen liegt darin. WARUM WERDEN WIR KONFIRMIERT? Wenige Stunden nach unserer Geburt trug der Stan= desbeamte unseren Namen in sein Register ein. Er wird erst wieder gelöscht, wenn unsere Angehörigen unseren Tod anmelden, der vom Arzt bescheinigt sein muß. Solange wir leben, sind wir praktisch unverlier= bar. Wer verschwindet, den sucht die Polizei, bis sie ihn findet. Als wir getauft wurden, hat man uns im Kirchen= buch registriert. Damit wird ein Zeichen gegeben, daß wir Gott als Getaufte auch unvergeßlich sind. Der Mensch ist Gott so wichtig, daß er sich ihm nicht ent= ziehen kann. Spätestens am Jüngsten Tage erscheint jeder vor ihm. Um den Tatbestand der Taufe, also die Eintragung in die Liste der Erben seiner Herrlichkeit, nachträglich zu verstehen und zu bejahen, werden wir als Jugendliche im kirchlichen Unterricht unterwiesen und dann konfirmiert. Vor der Gemeinde beglaubigen wir, daß wir es jedenfalls gehört haben und wieder= holen können, was Gott mit dem Menschen tut. Keiner kann in des andern Herz sehen. Nur Gott kann es. Darum kann das von den Konfirmanden gespro= diene Glaubensbekenntnis vor Gott ein kräftiger Glaube sein oder ein ganz zaghaft beginnendes Glauben oder auch nur ein mechanisches Ableiern gelernter Glaubens* sätze. Wann und bei wem wirklich Glaube entsteht, hat allein Gott in der Hand. Das entbindet eine Kirche aber nicht, die Konfirmation ganz ernst zu nehmen. Es gibt Zeiten in der Kirche, in denen um die Konfirmation, ihre Einrichtung und ihren Sinn gekämpft werden muß. Dann entscheidet sich an diesem Kampf, ob es uns ernst ist um den Glau= ben an ihn und die Kirche. Mit der Konfirmation wird dem Menschen der Zugang zum ganzen Reichtum der Gnadengaben geöffnet: Er darf zum Abendmahl gehen, er darf Pate werden, er darf Verantwortung in der Gemeinde übernehmen und darf entdecken, wie sein Leben ohne Gott undenkbar wird. KANN MAN AUCH UNSICHTBAR ZUR KIRCHE GEHÖREN? Es gibt Ausnahmen. Mancher hat 70 Jahre Gott geleug* net und die Kirche gemieden. Zum Schluß kam ein spätes Erkennen, das kein Mensch wahrnahm, nur Gott. Dieser Mensch war unsichtbar dann doch bei der Kirche. Manche meinen, die verfaßte Kirche, wie sie es nennen, nur mit merklicher Distanz begleiten zu sollen. Sie gehen nur im Urlaub bei ganz fremden Gemeinden zum Gottesdienst. Das kann man nicht lange. Wort und Sakrament sind Gaben, die sich schnell verbrauchen, wie das Manna in der Wüste: keiner kann sie horten, jeder muß die Gabe immer wieder abholen. Das ge* schieht sichtbar, oft und regelmäßig. Übrigens will Gott nicht, daß wir uns so wichtig neh» men, als müsse für uns ein besonderes Brot gebacken und ein besonderes Evangelium formuliert werden. Manchmal steckt auch Furcht dahinter, wenn man sich im Gottesdienst nicht sehen läßt. Nikodemus kam bei der Nacht zu Jesus; er fürchtete offenbar, Schwierig* keiten mit den Kollegen zu bekommen, wenn sie ihn bei dem Meister entdeckt hätten. Zwar hat Jesus Zeit für die, die ihre Kollegen und die Umstände und alle möglichen Nachteile befürchten müssen. Aber in der Heimlichkeit bei ihm werden die Menschen gestärkt, auch sichtbar zu bezeugen, daß sie auf der Seite des Jesus von Nazareth stehen. Die anderen müssen uns sehen. Nicht weil sie uns dann erst glauben können, daß es uns ernst ist; sondern weil sie durch unser Ernstnehmen ermutigt werden, sich auf ihrem oft viel schwereren Weg an Gott zu halten. Wer von Gott und seinem Wort lebt, soll es anderen auch zeigen. Wer nach außen arm tut, aber heimliche Reichtümer besitzt, betrügt. Wer nach außen hungrig wirkt, aber sich heimlich pflegt, ist auch ein Heuchler. Gott macht seine Christen unbefangen im Umgang mit ihm und mit den Menschen. SOLL MAN SICH MIT HEUCHLERN AUF EINE KIRCHENBANK SETZEN? Nicht alle Kirchgänger sind Christen. Aber wer Christ ist, wird Kirchgänger. Natürlich gibt es auch Heuchler in den Bänken. Wer sich selbst genau kennt, wird sich selber sicherlich erwähnen müssen. Heuchler wird man schnell. Man ist bereits einer, wenn man weniger ver-gibt, als Gott vergab. Heuchler sind die, die wegen sachfremder Ziele im Gottesdienst sitzen und heimlich denken: Die Leute sollen mich wählen; sie sollen mich bei Bauaufträgen berücksichtigen; sie sollen bei mir kaufen; sie sollen sehen, daß bei mir alles in Ordnung ist; und Gott kann ich einmal Vorhalten, ich sei treu dagewesen. Aus hundert anderen Gründen kann man zum Heuchler werden. Aber wer solche und andere Geschäfte durch Gottesdienstbeteiligung betreiben will, kann nicht lange im Tempel bleiben. Christus wirft die Wechsler hinaus. Wer dennoch drin bleibt, dem wird das Wort von der Kanzel zum Gericht, auch wenn es die froheste Botschaft ist. Aber wir sollten vorsichtig sein. Es gehört heute nicht mehr zum guten Ton, zum Gottesdienst zu gehen. Solch ein Gang ist heutzutage schon oft ein mutvolles Bekenntnis. Übrigens ist die Frage, ob man sich mit Heuchlern auf eine Bank setzen soll, doch oft nur ein Zeichen für eigenen Trotz. Wenn Briefe ausgeteilt werden, darf mich mein Brief interessieren, nicht der Nachbar, der auch Post bekommt. Ich kann nur hoffen, daß nichts Schlimmes in seinem Brief steht. Darum hat eine wache Gemeinde für die Heuchler zu beten, daß sie ihre Heuchelei drangeben, bevor sie dem Gericht verfallen mit schlimmer Botschaft. MUSS MAN SICH UNBEDINGT VERSAMMELN, WENN MAN GOTTES STIMME HÖREN WILL? Mancher ist gar kein Typ für große Versammlungen. Er geht nicht gern ins Stadion, weder zum Ligaspiel noch zum Kirchentag. Trotzdem aber müssen wir wis= sen, daß Gott uns nicht einzelne bleiben läßt, wenn er uns ruft, sondern uns in die Gliedschaft der Kirche bringt. Wie der Hirte seine Herde in Rufweite behal= ten muß, wenn die Schafe bewahrt bleiben sollen, so denkt Gott seine Kinder zusammen. Es gibt keinen Glauben an Gott ohne die Nähe der Menschen. Wir werden nicht gefragt, ob wir als individualistische oder als kollektivistische Typen geboren sind Der Glaube schafft Liebe zum Menschen und Tragkraft, menschliche Nähe auszuhalten. Wer sich nicht versammeln will, wo Gottes Leute auf sein Wort hören und es miteinan-der durchbeten und durchsingen und sich versprechen, aufeinander zu achten, daß jeder am Herrn bleibt, der muß sich fragen, ob er nicht heimlich Menschen verach-tet. Wer aber Menschen verachet, vergißt, wie verächt-lieh er war, als Gott sich seiner annahm. Es ist bereits ein frühes Problem der christlichen Ge-meinde gewesen. Es wurde schon damals beantwortet mit der Warnung: „Laßt uns nicht verlassen die Versammlungen, wie ihrer etliche pflegen." Manche suchen den Gottesdienst auf Grund des Predigtzettels gern auch außerhalb ihres Pfarrbezirkes auf. Das darf man dann und wann. Wer sich aber nur beim Kirchentag oder auf Konferenzen, in Freizeiten oder Evangelischen Akademien und in Nachbargemeinden zu der da jeweilig versammelten Gemeinde hält, vergißt etwas Wichtiges: Wer zu den Übernächsten geht, läßt sich den Nächsten nicht gefallen. Wer sich den Nächsten nicht gefallen läßt, lebt in Wahlverwandtschaft. Wahlverwandtschaft erspart sich bald die Gemeinschaft der auf Gnade hin lebenden Sünder. Die Kirche wird für ihn lästig. Mancher geriet damit neben die Kirche. Der Anspruchsvolle blieb ohne Zuspruch und starb als einer, der es immer besser wußte, allein. IST DAS RICHTIG MIT DER KIRCHENSTEUER? Die Menschen, die durch das Evangelium angefaßt waren, konnten gar nicht anders, als mit ihren Gaben zu helfen, daß das Wort des Lebens auch anderen verkündigt wurde. Schon zu Jesu und der Apostel Zeiten wurden dafür Gaben erbeten. Damals hatte sich jeder selbst eingeschätzt, man gab freiwillig, fröhlich und reichlich. Es gibt heute noch Kirchen, etwa in Amerika und an-derswo, die ausschließlich von den freiwilligen Gaben ihrer Glieder leben, ohne eine dem Einkommen oder Lohn entsprechende Einstufung und ohne Finanzamt. Der Zustand bei uns, bei dem der Staat über die Finanzämter die Einhebung der Steuer übernimmt oder auch zwangsweise betreiben kann, ist oft fatal. Das bringt einen von vielen schon lange als unguten Zwang empfundenen Mechanismus in die Zugehörigkeit zur Kirche, den man dem Staat wohl zubilligt, aber nicht der Kirche. Und mit Recht. Aber das hängt geschichtlich mit der Verstaatlichung der Kirchengüter vor 150 Jahren zusammen. Einen geschichtlichen Weg gewaltsam abzubrechen ist darum keine Lösung, weil dem Großteil unseres Volkes diese Handhabe der Kirchensteuer dennoch die liebste bleibt. Man will nicht dauernd entscheiden müssen, ob man und was man geben soll. Jedenfalls sollten wir um eine persönliche Klärung der Einzelfälle bemüht sein, damit nicht einer des Geldes wegen aus der Kirche austreten muß. Wer aber meint, seinen Steuerbeitrag für den Dienst der Kirche sparen und darum ruhig aus der Kirche austreten zu können, der tut so, als lebe er allein auf der Welt. Fr zahlt doch anschließend schwer drauf. „Wer kärglich sät, wird kärglich ernten", sagt schon die Bibel. Wer hier nicht investiert, macht sich arm. Nicht nur sich, sondern auch andere. Ist Deutschland ohne Kirche, ist er selbst und seine Kinder ohne Kirche. Dann hat er zwar für sein eigenes Sparkonto gesorgt, aber es liegt kein Segen darauf. WAS HEISST DAS: DIE GEMEINDE HAT EINE ORDNUNG? Es ist noch nicht lange her, da ließen sich die Kirchen Verfassungen geben, oft genug nach dem Muster des Staates. Wenn aber eine Gemeinde nach Ordnung fragt, dann muß zunächst klar sein, welches ihre Grund* Ordnung ist. Diese kann sie sich nicht vom Staat und von keinem Menschen auf Erden geben lassen. Ihre Grundordnung ist — vor aller menschlichen Entschei« düng — dadurch bestimmt, daß bei ihr Gottes Wort und Offenbarung in allen grundlegenden Fragen den Ausschlag geben. Eine Gemeinde ist nur in Ordnung, wenn klar ist, auf wen sie zu hören hat, wem sie zu dienen hat, wem sie ihr Leben dankt. Die Ordnung einer Gemeinde ist etwas anderes als die zweckmäßige Ordnung eines Vereins. Ihr Gott ist kein Vereinsvorsitzender. Sie muß vielmehr darauf einge-stellt sein, daß ihrem Herrn alle Welt gehört, daß er Opfer verlangt und daß er sein Werk treibt, wo es ihm gefällt. Deshalb steht die Gemeinde in einem Dienst, der in weiten Räumen denkt. Denn das Evan-gelium treibt bis an die Enden der Welt. Es gehört zu ihrer Ordnung, daß sie nicht allein steht. So besuchen sich Gemeinden untereinander im Besuchsdienst und beim Kirchentag und nehmen am Werk des Geistes in aller Welt teil. Immer gilt es zu fragen, welche gute Ordnung sich für das Leben der Gemeinde, für ihr Wachstum, für ihren bestmöglichen Dienst finden läßt. So haben die alten Gemeinden Ordnungen für ihren Gottesdienst und für ihre Ämter, für ihr Verhältnis zueinander und zum Staat geschaffen. Und so bilden wir heute Kirchenordnungen, Gottesdienst- und Lebensordnungen. Wer eine bessere Ordnung als die jetzt gültige zeigen und liebmachen kann, dessen Vorschlag soll man prüfen und dann möglicherweise von bisherigen Versuchen, die aus Glauben und Erfahrungen der Väter kamen, Abstand nehmen. Denn es geht zu jeder Zeit um die beste Ordnung, Gott dienen zu können. WELCHE ÄMTER BRAUCHT DIE GEMEINDE ? Es ist nicht in das Belieben der Kirchen gestellt, ob sie in Ämtern dienen will oder nicht. Sie stirbt, wenn ihre Glieder untätig bleiben. Sie lebt davon, daß Gott zum Dienst beruft. Es gibt keinen Gläubigen, der nicht geistliche Gaben hätte, nach deren rechter Verwendung Gott fragt, und zwar ihn selbst und die Gemeinde! Dabei ist die Gemeinde frei, in vielerlei Ämtern ihren Dienst zu tun. Bestimmte Ämter kann sie nie entbehren. In der Mitte steht das Predigtamt, das öffent= lieh ausgerichtet werden soll. Die Kirche kann und soll nicht ohne dieses Amt sein. Denn Gottes Wort muß zu Worte kommen. Damit das Wort verstanden werden kann, gibt es das Lehramt der Kirche. Pfarrer, Lehrer und Katecheten unterrichten die Gemeinde, die Alten und die Jungen. Professoren erforschen für die Studenten die Schrift und nehmen sich in sorgfältigem Nachdenken der Fragen ihrer Kirche an. Damit die Gemeinde in Ordnung geleitet werde, sind Älteste oder Kirchenvorsteher unentbehrlich. Damit die Gemeinde singende Gemeinde werde, gibt es Kantoren und Organisten. Damit die Kinder Unterricht und Anleitung zu ihrem Gottesdienst erfahren, gibt es allerlei Helfer im Kindergottesdienst und Kindergarten. Damit niemand übersehen werde in seiner Not, gibt es Dia-kone, Diakonissen und Dienstgruppen. Damit im Besuchsdienst niemand vergessen werde, gibt es Älteste, Gemeindehelferinnen und Bezirksfrauen. Für Bau und Pflege der Räume sorgen Architekten und Küster, für das Aufkommen der Gelder Rendanten. Lektoren helfen im Gottesdienst. Die Gemeinde entfaltet ihren Dienst in vielen Ämtern und sucht an dem zu lernen, was ihr in der Heiligen Schrift an Beispielen gegeben ist. Die Kirche steht unter der allgemeinen Dienstpflicht aller ihrer Glieder, und Christus hat sie angehalten, darum zu beten, daß Gott Arbeiter in seine Ernte sende. Denn die Ernte ist groß. WELCHE AUFGABE HAT DIE KIRCHENLEITUNG? Was in einer Gemeinde geschieht, geht alle an. Was Christus baut, erfreut alle. Was sich ihm entzieht oder entgegensetzt, ärgert alle. Hier lebt einer für den an= dem. Damit Gemeinden beieinander bleiben und ein gemeinsames Werk tun können, gibt es Kirchemeitun-gen. Christus schafft Kirche in allen Gemeinden. Er erhält sie auch. Er will durch sie sein Werk ausrichten. Er will die Gemeinden in Hörweite halten zu sich selbst und untereinander. Darum fragt die Kirchenleitung nach der rechten Predigt im Lande und sucht nach de= nen, die den einzelnen Gemeinden und der Kirche im ganzen mit besonderen Gaben dienen können. Sie sorgt für geistliche Förderung und Fortbildung der Pfarrer. Sie fragt mit allen Gemeinden, was jeweils zu tun ist und um was Christus heute gebeten sein will von der ganzen Kirche. Durch ihren Besuchsdienst soll sie für Erfahrungsaustausch sorgen. Wo Gemeinden in Not geraten, da soll Kirchenleitung für brüderliche Hilfe sorgen. Wo Gemeinden in Schuld geraten, da soll sie zurechthelfen. Wo Uneinigkeit entstanden ist, soll sie den Streit schlichten. Sie soll darauf sehen, daß die Pfarrer und Mitarbeiter der Kirche auskömmlich ver= sorgt werden. Sie soll rufen, mahnen und warnen. Wo man nicht danach fragt, muß sie es trotzdem tun. Wo der Staat oder andere Instanzen nach der Kirche und ihrem Weg fragen, da soll die Kirchenleitung im Na= men des Herrn für die ganze Kirche und ihre Gemein* den antworten. Wo Christus nicht Glaube und Liebe findet, da sollen Kirche und Kirchenleitung nicht Frieden und Ehre haben wollen in der Welt. Denn wo Christus Widerstand findet, treibt er sein Werk durch Leiden voran. In den vielen Aufgaben einer Kirchenleitung sind ihre Mitarbeiter nicht Herren des Glaubens, sondern Gehilfen zur Freude. WARUM HAT DIE EVANGELISCHE KIRCHE BISCHÖFE, PRÄSIDES UND KIRCHEN PRÄS ID ENTEN ? Die Kirche hat mit ihren leitenden Ämtern in ihrer Ge= schichte verschiedene Erfahrung gemacht. Sie hat nicht immer Bischöfe gehabt und nicht überall Kirchenpräsi-denten und Präsides. Sie versucht verschiedene Wege und gibt verschiedene Aufträge und Rechte in der Lei= tung der Kirche. Es sollte nie einer gegen den andern ausgespielt werden. Denn es wird sich erweisen, wie der beste Dienst geschieht. Der Auftrag ist im Grunde immer derselbe. Das Ent= scheidende geschieht nur da, wo Gottes Wort an Pfar= rern und Gemeinden ausgerichtet wird. Hier soll nie= mand Untergebener bleiben. Denn einen höheren Dienst, als Gottes Wort zu hören und auszurichten, gibt es gar nicht. Wer diesen Dienst recht tut, soll in Ehren gehalten werden, für ihn soll man Gott danken. Der Pfarrer und Bischof braucht brüderliche Hilfe. Er braucht Menschen, die ihm Gottes Wort sagen, und sucht deren Rat. Er bejaht selber die Ordnung, die allen zugute kommt. Deshalb hat die Kirche die Leitung des geistlichen Amtes geschaffen und läßt sich ihren Dienst zur Erhaltung brüderlicher Gemeinschaft und Ordnung gefallen. Zum Bischof, Kirchenpräsidenten oder Präses sind die= jenigen geeignet, von denen man weiß, daß sie für viele andere beten und mitdenken können; Männer, die die Menschen nicht verachten, sondern lieben und ihnen auch in ihren kleinen Schicksalen und Sorgen die Treue halten; es sind diejenigen, die demütig genug sind, sich selber Kritik gefallen zu lassen, die Mut genug haben, dem Unrecht entgegenzutreten und um der Wahrheit willen zu widerstehen; es sind solche, die um Menschen kämpfen können. Wer den Gemeinden zum nötigen Kampf und zum rechten Frieden helfen kann, tut einen wichtigen Dienst. Ihm kann hohe Autorität zufallen. Es kann Situationen geben, in denen der schuldig wird, der sich seinem Bischof entzieht und nicht zum Kirchenpräsidenten und Präses seiner Landeskirche steht. WORAUF WIRD DER PFARRER ORDINIERT? Es ist der Befehl Jesu an die Kirche, daß sein Wort bezeugt wird bis an der Welt Enden. Damit dies in einer ordentlichen Weise geschehe, sorgt sie dafür, daß das öffentliche Predigt- und Hirtenamt recht versehen wird. Sie ruft Menschen in Gottes Namen zum Predigtamt und bildet ihre zukünftigen Pastoren aus und prüft sie auf ihre Eignung. Die Ordination geschieht meist nach zweijährigem Vikariat, sie wird nicht wiederholt. In der Ordination bindet die Kirche den Pfarrer an das Zeugnis der Heiligen Schrift, sie verpflichtet ihn, in der Lehre nach dem Bekenntnis der Kirche beständig zu bleiben, auf die vereinbarte Ordnung der Kirche und ihres Gottesdienstes und auf vorbildliche Lebensart zu achten. Der Pfarrer hat nach klarer Exegese des Textes, unverfälscht und frei von fremden Interessen, das Evangelium klar zu verkündigen. Er hat die Sakramente der Einsetzung Jesu entsprechend zu verwalten, er leitet den Gottesdienst der Gemeinde, er hört Beichte und erteilt Absolution. Er bereitet die Jugend auf die Konfirmation vor und sorgt gemeinsam mit den anderen verantwortlichen Organen für die christliche Unterweisung. Er hat den Dienst der Seelsorge und nimmt ihn wahr, auch durch Hausbesuche, mit tröstendem und die Gewissen schärfendem Wort. Er sorgt auch für den regelmäßigen Besuchsdienst durch Gemeindeglieder in den Häusern, sammelt viele zum Dienst an der Gemeinde und rüstet sie zu. Er fördert den diakonischen Auftrag der Gemeinde und den missionarischen Dienst der Kirche an der Völkerwelt. Es wird von ihm erwartet, daß er täglich im Gebet und im Umgang mit dem Worte Gottes lebt und daß er die brüderliche Gemeinschaft mit den Amtsbrüdern, auch mit den anderen Amtsträgern der Gemeinde sucht. Er hat dauernd an der theologisch-wissenschaftlichen Arbeit teilzunehmen und ist dafür verantwortlich, daß er selbst und auch die Glieder seiner Familie ein Leben in christlicher Zucht und Heiligung führen. DÜRFEN LAIEN AUCH PREDIGEN? Es kann Situationen geben, in denen Laien nicht nur predigen dürfen, sondern predigen müssen. Denn Pre= digt soll es in der Welt ununterbrochen geben, zur Zeit und zur Unzeit, wie die Bibel sagt, ln kirchlichen und weltlichen Notzeiten hat es den Predigtdienst der Laien immer wieder gegeben. Hinter der Oder=Neiße=Grenze sind ganze Gemeinden auf Dienste dieser Art angewie* sen. Solche Laienprediger waren selbst Hörer der Pre= digt, bis durch die Not ihres Landes der Ruf an sie er= ging. Dann haben sie gehorcht und gewagt, ihren Mund vor den Menschen aufzutun. Wer diesen Ruf recht versteht, wird allerdings nach einem ordentlichen Auftrag der Kirche verlangen. Denn was er tut, ist ja nicht seine private Sache. Dieser Auf= trag aber schützt ihn vor allerlei Verdächtigung, beson= ders auch vor den Gegenfragen des eigenen Herzens, wenn er von außen und innen bedrängt wird. Die Kirche aber wird ihrerseits Aufträge dieser Art mit Dank gegen Gott erteilen. Sie soll nicht nur Aufgaben, sondern auch Begabungen anerkennen. Nirgendwo steht geschrieben, daß die Boten des Evangeliums einen be= stimmten Ausbildungsweg haben müssen. Wohl aber sollen sie den rechten Glauben und die rechten Gaben mitbringen. Haben sie diese, dann darf und soll die Kirche die Laien predigen lassen, wo es gut und nötig ist. Gott will jeden ganz einspannen, Botschafter zu sein in allen Berufen. Wohl dem, der weiß und merkt, wann und wo sein Einsatz gefordert ist. Denn der Zeugern stand des Laien ist nicht die Kanzel in der Kirche. Gott kann und will Werkbank und Schreibtisch, Küche und Geschäft, Bahnhof und Hafen, Praxisraum und Warte= zimmer, Rathaus und Parlament zur Kanzel machen. „Wollte Gott, daß all das Volk weissagte und der Herr seinen Geist über sie gäbe", sagt die Bibel. WAS SIND MISSIONARE, WAS SIND PROPAGANDISTEN ? Propagandisten ersparen einem immer einen Teil der Wahrheit. Wer die Wahrheit teilweise aasspart, verspricht mehr, als er halten kann. Wer mehr verspricht, als er halten kann, gewinnt zwar viele Menschen, aber hilft ihnen nicht ganz. Wer den Menschen nicht ganz hilft, nimmt sie nicht ganz ernst. Missionare sind Botschafter, die unter der Last der Botschaft stehen. Nichts können oder dürfen sie verschweigen oder hinzutun. Sie müssen die Botschaft aus-richten auf die Gefahr hin, daß sie ausgewiesen werden. Gott sucht Missionare, keine Propagandisten. Denn Gott will, daß allen Menschen geholfen werde. Propagandisten sind immer geneigt, um des Erfolges willen die Botschaft zu ändern und das Mittel noch besser zu machen als der Erfinder. Missionare wissen, daß es nicht besser gemacht werden kann. Wer als Pfarrer Propagandist ist, tut Gott keinen Dienst. In einer Kirche, die Propaganda treibt, will Gott nichts mehr tun. Denn Gott will Herr bleiben über die Wirkung seines Wortes. Wo man sich aber mit dem Wort und seiner Wirkung von Gott wegstiehlt, dort entsteht Rausch, aber nicht Heilung. Die Wirkung ist dann nur zeitlich, aber nicht ewig. Menschen werden dann wohl beruhigt, aber gewinnen keinen Frieden. Dann war es wohl erhebend, aber es geschieht nichts zwischen Himmel und Erde. Folglich muß sich die Kirche hüten vor dem Rausch und vor dem gekonnten Apparat der Seelenbewegung. Alle haben darauf zu achten, daß solche Stimmen in der Kirche keinen Einfluß gewinnen. Denn alle Äußerungen der Kirche müssen Hand und Fuß behalten, ablesbar an der biblischen Wahrheit. WARUM REDEN CHRISTEN VON GOTT? Weil Gott will, daß die Christen von ihm reden. Sein Sohn Jesus Christus hat es seinen Jüngern gesagt, sie seien seine Zeugen. Christen sind Zeugen dafür, daß Christus da war und alles bezahlte, daß vor Gott Frie= den ist, der für alle fällig wird, denen dieser Friede mitgeteilt wird. „Wer euch hört, der hört mich", hat er gesagt. Seitdem treten nach den Aposteln alle Christen in den Zeugenstand: auf der Kanzel und im Rathaus, im Be= trieb und im Verkehr. Ausgesagt wird mit Büchern und mit Radiovorträgen, mit Presseartikeln und dem Tisch-gebet, mit dem Bibelwort am Krankenbett und dem Trostwort im Brief, mit dem Gebet der Mutter am Bett des Kindes und mit dem Kirchgang des Vaters mit den Kindern. Christen sind Augenzeugen. Sie haben in der Predigt gehört und im Sakrament gesehen, geschmeckt und ge= fühlt, wie nahe Gott uns kommt. Sie können nicht mehr davon schweigen. Sollte alle Welt rufen: Macht die Christen stumm!, so sind sie doch nicht auszurotten. Denn Gott hat den Menschen so lieb, daß er immer für Ersatz sorgt, der den Menschen von ihm berichtet. Darum werden auch die Verfolgten noch auf der Anklagebank antworten: Weil uns denn Barmherzigkeit widerfahren ist, werden wir nicht müde, euch zu sagen, wie barmherzig Gott ist. Wenn heute immer weniger Christen von Gott reden und die wenigen Christen immer seltener, dann ist klar, wie sehr es abnimmt mit der Missionsbereitschaft. Die Apostel konnten es nicht lassen, zu reden von dem, was sie erfahren hatten. Wenn wir es heute lassen können, dann stellt sich doch die Frage, ob wir vielleicht gar nichts erfahren haben. WARUM HAT JESUS DAS ABENDMAHL EINGESETZT? Wir feiern das Abendmahl nicht, weil wir unsere Gründe dafür haben, sondern weil unser Herr diese Feier als sein Vermächtnis den Jüngern hinterlassen hat. Er hat es eingesetzt. Es war sein Wille. Er wußte, was er damit seiner Gemeinde gab. Darum kann und darf das Abendmahl auch nie so von unserem Herrn, der es einsetzte, abgelöst werden, daß es eine aus sich selbst heraus funktionierende und aus sich selbst heraus wirksame Feier wird, für die Christus selbst eigentlich unnötig wäre. Jesus hat es darum eingesetzt, daß die Gemeinschaft seiner Jünger mit ihm und untereinander bewahrt bleibe. Er hat mit dem Abendmahl an das alte Passahfest angeknüpft, das in die früheste Zeit Israels zurückreicht und seine Besonderheit darin hat, daß es in den Familien gefeiert wurde. Der Mittelpunkt des Passahfestes war die gemeinsame Mahlzeit, bei der das Fleisch des Opfertieres und der zum Mahl hinzugehörige Wein vom Hausvater gesegnet wurden. Solange Jesus mit seinen Jüngern zusammen war, gehörten ihre gemeinsamen Mahlzeiten zu dem, was den Kreis des Meisters und seiner Jünger verband. Sein Versprechen, daß er bei seiner Gemeinde alle Tage bis an der Welt Ende bleiben wolle, fand besonders in dieser Feier Wirkung und Gestalt. Heilig ist dieses Abendmahl allein dadurch, daß Christus dabei ist und seine Gemeinschaft den Feiernden schenkt. Wir sind beim Abendmahl eine Gemeinschaft um ihn, zusammen mit den Engeln und Versöhnten, die schon zum Großen Abendmahl versammelt sind. Weil er aber nur als ein Schenkender bei den Seinen sein kann, schenkt er sich selbst in dem, was er seiner Gemeinde ist: Vergebung der Sünde, Leben und Freude. So entsteht eine Union mit Jesus, die so eng ist, daß man sich das Leben ohne ihn gar nicht vorstellen kann. WAS GESCHIEHT IM ABENDMAHL? Wir sind mit Christus zusammen. Er sättigt und tränkt uns als Beweis dafür, daß nichts mehr zwischen ihm und uns ist. Gott hat uns also in seiner Barmherzigkeit nicht nur sein Wort gegeben, sondern auch den Beweis, daß er es tatsächlich so meint, wie sein Wort es sagt. In einer Freundschaft kommt es nicht nur darauf an, daß einer dem andern verspricht: Ich halte zu dir!, es bedarf bei nächster Gelegenheit des Beweises. Zu Jesu Zeiten war der stärkste Ausdruck der Zusammengehörigkeit von Mensch zu Mensch die Tischgemeinschaft. Darum ha* ben sich damals die Kirchenleute so aufgeregt: „Dieser nimmt die Sünder an und isset mit ihnen!" So beweist uns Gott mit der Tischgemeinschaft Jesu, daß nichts, aber auch nichts mehr zwischen ihm und uns liegt. Wir sind beim Abendmahl an Vaters Tisch. So gewiß wir Brot und Wein an diesem Tisch nehmen und so gewiß Jesus Christus gesagt hat, daß Brot und Wein in seiner Gegenwart durch sein Wort sein Leib und Blut seien, haben wir an Jesus Christus Anteil, wie die Glie= der des Leibes am Haupt. Durch das Haupt Jesus Christus sind wir als Glieder vereinigt mit ihm und untereinander. Nun kann das Auge nicht mehr zur Hand sagen, ich bedarf dein nicht, und die Hand nicht mehr sagen zum Auge, ich bedarf dein nicht. Wir alle bedürfen des Christus, und er gibt die Ver= Sicherung: Wo ich bleibe, da sollst du sein. Uns soll der Feind nicht scheiden. Das geschieht im Abendmahl. WIE OFT SOLL MAN ZUM ABENDMAHL GEHEN ? Es gibt Gegenden, in denen man am Karfreitag oder Gründonnerstag, am Bußtag oder Totensonntag zum Abendmahl geht. In anderen Gegenden ist es üblich, einmal im Monat oder auch jeden Sonntag zum Abend» mahl zu gehen. Die einen sagen: Mir ist das Abend» mahl so wichtig, daß ich es möglichst oft, möglichst jeden Sonntag feiern möchte. Die anderen sagen: Mir ist das Abendmahl so heilig, daß ich es nur in weiten Abständen feiern kann. Die Frage, wie oft man zum Abendmahl gehen soll, ist nicht die Frage einer Sitte hier und die Frage eines ein= zelnen Christen dort, sondern die gemeinsame Frage der Gemeinde. Wir können die tiefen Unterschiede in der Auffassung und in der Übung nicht von heute auf morgen überwinden. Das ist auch gar nicht nötig. Es kann und soll aber zunächst einmal dazu kommen, daß in der Gemeinde allmählich eine regelmäßige Übung der Abendmahlsfeier entsteht, die von der gan» zen Gemeinde bejaht und geteilt wird. Ein guter und verheißungsvoller Neuansatz liegt darin, daß das Abendmahl auf Tagungen, Rüstzeiten, Freizeiten im Kreis aller Teilnehmer gefeiert wird. Die vielen Abendmahlsfeiern beim Kirchentag haben gezeigt, daß wir in der Kirche das eine nicht vergessen haben, daß das Abendmahl dort gefeiert werden darf und muß, wo ein Kreis von Christen um Christus und seine Sache versammelt ist. Wir gewinnen überall das Abendmahl wieder lieb. Eine Gemeinde sagt es der an» deren, daß das Abendmahl keine Ausnahmesituation der Christen verlangt. Wir sind auf dem Wege, es im» mer öfter zu feiern, und haben allen Grund dazu. WER IST WÜRDIG FÜR DAS ABENDMAHL? Der ist würdig für das Abendmahl, der die Würde des Abendmahls anerkennt und das von ihm erwartet, was der Herr im Abendmahl geben will. Der ist des Abend= mahls unwürdig, der sich für einen so guten Christen hält, daß er der Gabe des Abendmahls nicht bedarf. Unwürdig ist auch der, der sich für einen so schlechten Menschen hält, daß er Gott seinen Fall nicht zumuten will und Gott die Heilung nicht zutraut. Auch dort wird das Abendmahl verachtet, wo eine Gemeinde sich für besser hält als andere und daraus die Berechtigung herleitet, am Abendmahl teilnehmen zu dürfen. Die Gemeinschaft des Mahles, bei dem unser Herr seine Gegenwart schenkt, wird gerade dort anerkannt, wo viel zu vergeben ist. In den meisten unserer Gemeinden ist die Feier des Abendmahls mit der Beichte verbunden. Damit ist deutlich genug zum Ausdrude gebracht, daß die Feier des Abendmahls voraussetzt: ein jeder, der sie mitfeiern will, hat dabei eine Verschuldung, ein Versagen, böse Gedanken, Worte oder Taten abzulegen. Es sind nicht Gerechte, die zum Abendmahl Zusammenkommen, son= dem Sünder. Aber auch dieser sehr klare Tatbestand, daß die Sünder für das Abendmahl würdig sind und nicht die Gerech= ten, darf und soll nicht in der Weise verkrampft wer-den, daß beim Gang zum Abendmahl erst ein gestei-gertes Sündengefühl uns für das Abendmahl empfänglich mache. Denn würdig ist jeder, der bejaht, daß er sich vor Gott nicht rühmen kann, und nach nichts anderem verlangt als nach der Vergebung und der Gemeinschaft mit Jesus und den Seinen. WAS HEISST: „VOM ABENDMAHL AUSGESCHLOSSEN"? Das Heilige Abendmahl ist den Jüngern gegeben, dem armen Haufen der Anfälligen und Angefochtenen, die Tag und Nacht an der Front stehen und sich wehren müssen gegen die Einbrüche der Sünde, gegen Müdigkeit, gegen Unglauben und gegen einen Defaitismus, der nicht an den Sieg Christi glaubt. Aus diesem Kampf kommt die Schar derer, die zum Abendmahl gehen. In diesem Kampf ist jeder seines Bruders Hüter, jeder des andern Seelsorger. Einer allein kann sich die Sünde nicht vom Halse halten. So ist die Gemeinde Jesu Christi nicht nur Objekt, sondern auch Subjekt der Seelsorge. Ein Leib, der sich nicht mehr zum Fieber aufrafft, ist verloren. Bricht bei einem Gemeindeglied die Sünde durch, so geht es alle an. Wer es sieht, ist zur ersten Hilfe gefordert und muß sich um den Bruder kümmern. Läßt sich der Betreffende nicht helfen und verbittet es sich sogar, daß andere in seine Privatangelegenheiten hineinreden, so muß ihm deutlich gemacht werden, daß in der Gemeinde Sünde keine Privatsache ist. Sie ist ein Leib. Abgestorbene Glieder müssen amputiert werden. Das ist ein schmerzlicher Eingriff am Leib, aber nur so bleibt der Leib am Leben. Wer aus der Abendmahlsgemeinschaft ausgeschlossen werden muß, soll damit spüren, was es heißt, mit seiner Sünde alleingelassen zu sein. Er darf sich aber dadurch gerade hintreiben lassen zu dem, der von den Toten auferwecken will. GIBT ES EINE REINE KIRCHE? Damit uns Menschen das ausgetrieben wird, dauernd die reine Kirche zu suchen und uns einmal von denen zu trennen, dann von jenen — in der naiven Meinung, sich selbst damit auf die richtige Seite zu retten —, dar= um haben die Jünger Jesu das Gespräch beim Abend= mahl festgehalten. Als ihnen Jesus mitteilte, daß ihn einer unter ihnen verraten werde, riefen sie nicht: „Wer ist es? Hinaus mit ihm!", sondern jeder fragte: „Herr, bin ich's?" Sie hielten sich alle für eventuelle Verräter. Sie waren alle imstande, ihn zu verraten. Denen gab er das Abendmahl. Die reine Kirche besteht also aus möglichen und tat= sächlichen Verrätern, sie besteht aus Sündern, die sich um den Tisch Jesu versammeln; sie besteht aus Men= sehen, die wissen, daß sie ganz auf Gnade angewiesen sind, die nicht reine Kirche sind, sondern Reinheit durch ihn erlangen. Selig sind also die, die darauf aus sind, durch ihn rein zu werden. Daß dann in solch einer Kirche einiges Gute passiert und einiges Böse nicht mehr geschieht, ist das Ver= dienst Jesu, der die Seinen auf dem Weg festhielt und sie in den Gehorsam lockt. Er hat es ihnen angetan. Sie können nicht mehr, wie sie wollen. Sie sind Sünder, aber begnadigte. Die Sünde wird unter ihnen nicht geleugnet, sondern die Liebe Jesu drängt sie, alles bei ihm und untereinander ins reine zu bringen. Sie war= ten auf die Zeit, in der die Sünde nicht mehr erwähnt wird, weil sie nicht mehr geschieht. Es ist die Zeit des neuen Himmels und der neuen Erde, in welcher Ge= rechtigkeit wohnt. Sekten sind nicht solche Kreise, die außer dem Gottes» dienst in der Kirche noch besondere Zusammenkünfte pflegen. Man sollte in der Kirche weniger die Nase rümpfen, daß Christen „zur Gemeinschaft gehen". Es bleibt ein gutes Zeichen in der Kirche, wenn wir auch Gemeinschaftsformen gelten lassen, die der Kirchenvor» stand nicht patentiert hat. Sekten sind auch nicht die Minderheiten unter uns, etwa die Baptisten, Methodisten oder andere Frei» kirchen. Das Wort „freikirchlich" heißt nicht „unkirch* lieh". Es stammt aus der deutschen Geschichte, in der der Block der evangelischen Landeskirchen verfassungs» mäßige Rechte vom Staat zuerkannt bekam. Man hatte oft die Sachen der Religion mit Rigorosität pauschal ge= löst: Melden Sie sich morgen mit einer anständigen Religion! Sekten sind aber die, die sich weigern, mit allen, die Christus liebhaben, gemeinsam am Tisch zu sitzen, um allein auf des Meisters Stimme zu hören. Sekten wissen bereits überall Bescheid und wollen selber Meister sein. Sekten haben die Wahrheit gepachtet und sagen: Au» ßer uns gibt es kein Heil. Außer Christus gibt es kein Heil! Nur das ist die Aus» sage der Christen. Er ist der Meister, wir bleiben die Brüder. Darum treffen sich bei den großen Weltkirchen» konferenzen solche Kirchen in der Ökumene, die mit dem ihnen von Gott geschenkten Wahrheitsgehalt zu anderen Kirchen kommen und unter Gottes Angesicht sich gegenseitig reich machen und wechselseitig fragen, wo und wie sie der Wahrheit noch näher kommen müßten. Die Wahrheit war schon im ersten Jünger» kreis nicht bei einem Jünger konserviert, sondern war der Gesamtheit der Jünger geschenkt, und keiner wollte noch durfte des anderen Herr sein. Da ist keiner des anderen Missionsobjekt, sondern jeder reizt den an» deren in noch größerer Liebe zu dem Herrn aller Kirchen. Manche erklären: Verschiedene Kirchen gibt es, weil die Menschen boshaft sind und sich nicht vertragen kön-nen. Andere geben als Grund an, die Menschen seien an alte Vorstellungen gebunden und könnten darüber nicht hinwegkommen. Die Römisch=Katholische Kirche macht es sich noch einfacher. Sie nennt gern alle Kir= chen, die nicht an Rom angebunden sind, schlicht und falsch Religionsgemeinschaften und verkürzt damit höchst mechanisch das Problem. Der Grund dafür, daß wir bis heute verschiedene Kir-chen nebeneinander haben, hat sehr ernsthafte Vor= aussetzungen. Die Kirche hat auf ihren Wegen in ver= schiedenen Zeiten und Verhältnissen, an verschiedenen Orten und gegenüber verschiedenen Gegnern sehr un= terschiedliche Erfahrungen gemacht. Darum hat sie durch ihren himmlischen Herrn, oft Jahrhunderte hin= durch, verschiedene Belehrungen und Aufträge bekom= men und darum zu ihrer Zeit mit gutem Gewissen ge-lebt. Als die Kirchen näher zusammenrückten, wollten ihre Wege nicht recht zueinander passen, denn sie hat-ten vorzugsweise von den Teilen der Heiligen Schrift gelebt, die ihnen Gottes Geist für ihre besonderen Ver» hältnisse aufgedeckt und ausgelegt hatte. Gefährlich werden die Unterschiede erst dann, wenn die Kirchen nicht aufeinander hören und starrsinnig ihre Traditionen festhalten wollen. Kirche soll es nicht in der Mehrzahl geben. Darum sollen Kirchen Schmerz tragen, wo sie trotz ihres einen Herrn durch schwer» wiegende Unterschiede in Lehre und Leben getrennt sind. Wer aber auf Christus hört, lebt immer schon in der einen Kirche Jesu Christi. Darum müssen alle Gren= zen zwischen verschiedenen Kirchen korrigierbar bleiben. Was Christus zusammensieht, soll zusammengehören; nur was er trennt, soll getrennt bleiben. Wer in der Wahrheit Zusammengehen kann, soll die in Christus schon längst bestehende Einheit der Kirchen mit allen guten Mitteln fördern. Dem dient heute der ökumenische Rat der Kirchen. Wir sind auf gutem Weg. Die Bibel ist Urkunde der Predigt, durch die die Kirche entstanden ist. Wo heute mit Recht von Kirche die Rede sein kann, ist sie von derselben Botschaft begründet. Man kann also am Verhältnis zur Bibel erkennen, ob man es mit einer rechten Kirche zu tun hat. Die Evangelische Kirche hört in der Bibel die Predigt von ihrem Herrn und bemüht sich, die Tradition dieser Predigt so genau wie möglich festzuhalten und gelten zu lassen. So ist sie die eigentliche Kirche der Tradition. Bei der Römisch=Katholischen Kirche ist die Tradition ein weiterer Begriff. Sie enthält verbindlich auch den ganzen späteren Weg der Kirche und entscheidet über die Auslegung der Bibel. Da aber diese Tradition sehr Verschiedenes bietet, bestimmt der Papst die richtige Auslegung der Bibel und die Auswahl der Tradition. Also entscheiden nicht eigentlich die Bibel und ihr Zeugnis, sondern die Tradition entscheidet über die Bibelauslegung, und über Bibel und Tradition entscheidet der Papst. Da in der Römisch-Katholischen Kirche nicht allein die Bibel, auch nicht die Tradition, sondern der Papst entscheidet, ist also zu fragen, ob das Zeugnis der Bibel heil bleibt auf diesem Wege. In der Entwicklung des Mariendogmas ist ersichtlich, wie unter Förderung des Papstes das Dogma der Kirche die Tradition und die Bibel überwuchern und verdunkeln kann. Rom hat die Bibel nicht verloren, aber hat sie in eine gefährliche Unfreiheit gebracht. Die Christenheit soll beten, daß Christus durch das Zeugnis der Bibel überall, auch in Rom, sich Bahn brechen möge. Das ist die einzige Hoffnung für jede Kirche. Früh schon haben Menschen darüber nachgedacht, ob wirklich Christus allein das Heil zueigne, und haben sich zwischen Jesus und die anderen gedrängt, um Heil auszuteilen. Das versuchten bereits die Jünger. Sie wollten ein epileptisches Kind behandeln. Aber Jesus mußte damals schon eingreifen: „Wie lange soll ich euch tragen? Bringt es zu mir." Auch seiner Mutter hat er solche Rolle nicht gestattet und sie verwiesen: „Was habe ich mit dir zu schaffen?" Immer drängt des Menschen Psyche auf Mitbeteiligung und Mitbestimmung. Mitbeteiligung aber schließt to= tale Gnade, Mitbestimmung schließt totalen Gehorsam aus. So wird denn auch die Heilsgewißheit, die Christus den Menschen schenken will, an Fähigkeiten des Menschen geknüpft, an die der Glaubenden und der Heiligen. Das macht das Heil so unsicher. Die Basis des Glaubens wird zu schmal. Denn Menschen sind un= sicher, Heilige auch. Nur Christus ist sicher. Dennoch, wenn auch getrübt, steht ein hohes seelsor-gerliches Anliegen hinter dem, was die Römisch=Ka= tholische Kirche verkündigt. Es gibt dort Strömungen in verschiedenen Ländern, wo man immer treuer nach der Bibel fragt und nach dem Christus, der allein entschei= den will über die Seelen und bis zur Stunde seufzt: „Wie lange soll ich euch tragen? Bringt sie zu mir." Unter anderem dies, daß wir die evangelische Freiheit der Kinder Gottes durch die protestantische Freiheit ersetzt haben. Zwar hat Christus den Seinen zugespro= chen, sie dürften und sollten sich immer allein auf ihn berufen, sie seien teuer erkauft und sollten nicht der Menschen Knechte werden. Aber diese Freiheit haben wir so gelebt, daß wir bald nicht mehr nach dem Wahr* heitsgehalt des Glaubens fragten und unsere Aussagen immer substanzloser wurden. In den letzten vierzig Jahren scheint es Gottes Reformationsgeschichte an sei* ner Kirche wieder zu gelingen, den Evangelischen den Willen einzuimpfen, die Wahrheit neu zu er* fahren, sich mit ihr auseinanderzusetzen, sie als ver* bindlich anzuerkennen und die Konsequenzen daraus zu ziehen. Die Bibel hat gegen die Evangelische Kirche, daß sie sich hat abdrängen lassen zu einer Spezialerkenntnis. Evangelische begrenzen oft die Wunder Gottes auf den engsten Kreis um Golgatha und verkürzen damit den Arm Gottes. Das hat den weltfremden Zug in die Kirche gebracht, der nicht aus Treue zum Evangelium, sondern aus der Angst kam, es zu verlieren. Die Welt ist aber nicht nur Missionsobjekt der Christen; sie wird nicht erst durch die Christen liebenswürdig, son* dem ist bereits durch Christus liebenswert gemacht. Die Bibel hat gegen die Evangelische Kirche, daß sie wohl die einzelne Seele zu einem unmittelbaren Um* gang mit Gott erzieht. Aber sie läßt die Seele wie einen Sputnik um Gott kreisen, statt sie in der Kirche zu bergen. Gott will Kirche und keine Geistwesen mit konfessionellen abstrakten Erkenntnissen, die sie am Sonntagmorgen beziehen. Gott will Gliedschaft, die durchhält vom Sonntag bis zum Samstag, von der Wiege bis zur Bahre, von der Taufe bis zum letzten Abendmahl. Ausgerechnet in unserer Zeit, in der die Welt in zwei Teile zerfällt und Deutschland getrennt ist und auch der Evangelischen Kirche in Deutschland die Gemein= schaft so schwer fällt, hat Gott unserer Generation den Deutschen Evangelischen Kirchentag geschenkt, ln ihm will Gott Christen beieinander behalten in erlebbarer Kirche. Der Kirchentag ist das Versuchsfeld der Kirche. Hier versammeln sich beunruhigte Laien und Pfarrer und fragen und üben und probieren, wie die Kirche mit ihrer alten Botschaft der sich verändernden Welt die= nen kann. Die Leidenschaft zur Wahrheit über Gott und über den Menschen drängt viele wache Christen, um noch treuer und wahrer zu dienen. Dabei werden wir gelockt, selbst liebgewordene Wege zu verlassen und sogar lange bewährte Mittel aufzugeben, die ge= stern noch galten. Denn die Welt geht weiter, und Gott will im Kirchentag eine Kirche bewegen, die auf die Welt aus ist. Die Botschaft darf nicht nachhinken. Wie der Fels mitging, die Feuersäule und die Wolke, als Israel unterwegs war, so muß die Kirche im Glau= ben an den Christus unterwegs sein: vorne, weisend, tröstend, klärend, helfend. Sie darf sich nicht in sich selbst verlieben, sie darf nicht ausruhen, muß immer dem Christus nach, der selbst der Welt nachgeht, sie in die Gotteswelt hineinzulieben. Der Kirchentag ist Gottes Schule für unsere Generation, den Glauben wieder persönlich zu formulieren als Ant= wort auf das gehörte Wort in Predigt und Sakrament, in Bibelarbeit und in der Lehre der Kirche. Es geht um die persönliche Aussage vom Glauben her. Denn wir sollen seine Zeugen sein, sagt Christus. Zeugen aber haben zur Sache zu reden. Es wird höchste Zeit, daß jeder Christ wieder sachlich redet. Mit Gefühlsbewe= gungen ist der Welt nicht gedient. Wir haben in Jesu Lehre zu gehen. In ihr wird gelernt und gearbeitet; hat er doch seine Jünger als Schüler in des Meisters Schule bezeichnet. WIE WÄCHST DIE EINHEIT DER KIRCHE? Die Einheit der Kirche ist in Gottes Wort immer schon da. Gott ist ein einziger Gott. Rettung und Heil ist in einer einzigen Gestalt, in einem einzigen Ereignis und ein für allemal in diesem Evangelium zu haben. Das ruft die Kirche zur Einheit. Das legt einheitlichen Grund, ehe wir Menschen einheitliche Verhältnisse schaffen können. Wir gehen also in der Bahn vorentschiedener Einheit, wenn wir nach Einheit suchen. Wir müssen nichts We= sensverschiedenes zusammenbringen. Gott schafft nichts Wesensverschiedenes, wenn er zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten und vielleicht in verschie-dener Weise Menschen zu Christen macht und rm Glau« ben erhält. Was hier geschieht, geschieht bei aller Vielfalt doch in einem Geist. Die Vielheit der Kirchen gehört ins Sündenbekenntnis. Man soll um ihre Vergebung und Überwindung beten. Die Kirchen sollen also wenig von dem Geist und der Eigenart ihrer Kirchentümer reden. Ihr besonderes Strukturprinzip soll nicht ihr Sonderbekenntnis werden, damit sich nicht etwa Kirchen nach verschiedenen Gesetzen bauen, sich darin rechtfertigen und deshalb als geschlossene Kirchenkörper nicht mehr mit anderen einig werden können. Kirchen leben nicht von Gesetzen. Sie sind auch nicht gerechtfertigt durch folgerichtigen Aufbau, abgeleitet von feststehenden Obersätzen. Ihre eigenen Weisheiten veraltern schnell. Die Einheit der Kirche wächst dann, wenn alles, was die Menschen kennen, erkennen und planen, vorläufig bleibt und alles nur als Mittel der Treue zu dem Herrn der Kirche gilt. So bleibt alles offen für ihn, der seine Kirche längst ins Leben gerufen hat, ehe wir nach der Einheit der Kirchen suchen. Wir folgen seinem Willen und Wirken, wenn wir beieinander bleiben und seinem Willen nach Einheit nachgeben. Die einzige wirkliche Grenze der Kirche, die sie nicht überschreiten darf, ist die entschiedene Lästerung Christi und Abweisung des Geistes Gottes. Ökumene heißt: die bewohnte Welt. Die Kirche ist keine Winkelsache. Sie gehört überall hin, wo Men= sehen wohnen. Obwohl sie entsprechend der Verschie=> denheit der Menschen verschiedene Gestalt annimmt, gehört die Kirche als die allgemeine zusammen. Dieses Wort wird im Glaubensbekenntnis unserer meisten Landeskirchen im Gottesdienst erwähnt: „Ich glaube an eine heilige, allgemeine christliche Kirche." Jawohl, wir glauben an diese heilige, allgemeine christliche Kirche. Wir Evangelischen haben es langsam gelernt, wir be= greifen es erst jetzt, in welch großem ökumenischem Zusammenhang wir leben. In den ökumenischen Ta* gungen kommen Kirchen aller Bekenntnisse zusammen und fragen gemeinsam nach dem Herrn, was er zu sa*= gen habe. Sie helfen sich mit ihrer Erkenntnis Wechsel* seifig auf den Weg der Wahrheit. Gott hat sein Volk in allen Völkern. Die Kirchen sammeln sich am runden Tisch, an dem Jesus Christus den Vorsitz hat, nicht irgendeine Kirche. Sie sind vereinigt, um nach dem Willen des Herrn zu fragen, nicht nach der Meinung einer Kirche. Ökumene muß nicht nur geglaubt, sondern auch ge= wollt werden. Darum ist es gut, daß Kirchen aus der Ökumene in unserer Kirche auftauchen, auf unseren Synoden ihre Meinung kundtun und Vertreter solcher Kirchen den Kirchentag besuchen. Wir sind auf ihre Erkenntnisse angewiesen; sie sollen uns mitteilen, was Gott von uns will, damit wir es prüfen. Wie sie auf unsere Erkenntnisse darüber angewiesen sind, was Gott von ihnen will, damit auch sie es prüfen. Denn keiner ist ohne den andern am Herrn. Das ist Ökumene. Wer das Wort genau bedenkt, entdeckt, daß Ökumene in der Nähe anfängt: schon von Gemeinde zu Gemeinde. WARUM STIRBT DIE KIRCHE NICHT AUS? Weil Christus nicht stirbt. Er lebt. Er will, solange es Menschen gibt, bei ihnen sein und sie durch Wort und Sakrament um sich versammeln. Wohl kann es sein, daß die Kirche in einzelnen Gegenden ausstirbt. Denn wenn Christus auf den Ungehorsam eines ganzen Volkes stößt, kann er sich vom ganzen Volk abwenden. Es hat schon Völker gegeben, in denen das geschah. Nordafrika hat ihn auch gehabt, nun aber haben sie den Türken, sagt Luther. Sollten sich aber tatsächlich alle Mächte der Welt zusammentun, um die Kirche organisatorisch verkümmern zu lassen, dann steht die Kirche trotzdem nicht auf dem Aussterbe-Etat. Gott besorgt sich Ersatz, und sei es der Mund der Säuglinge oder daß die Steine schreien. Gott läßt sich die Welt nicht entwinden. Darum schenkt er Kirche sogar den Verfolgern. Sie werden die Kirche nicht los. Gott will sie nicht damit ärgern, sondern hofft für sie, daß die Torheit der Menschen doch noch aufhöre. Alle Verfolger sind unsere Brüder auf Hoffnung. Gott handelt an der Welt in Schwerpunkten. Vor 400 Jahren lag der Schwerpunkt in Deutschland und in der Schweiz. Jetzt entdecken wir, daß wahrscheinlich der Schwerpunkt seines Handelns in den Jungen Kirchen Asiens und Afrikas liegt. So ist Gott durch Christen am Werk, daß die Welt nicht ohne Kirche bleibe. Ist sie einmal ohne Kirche, ist es ihr letzter Tag. WAS BEDEUTET DIE CHRISTENHEIT FÜR DIE ZUKUNFT DER WELT? Das Salz der Erde. Aber die Christenheit blieb nicht Salz. Oft war sie so jämmerlich, daß man das Salz zertreten mußte; es war dumm geworden, es salzte nicht mehr. Weil es aber eine allgemeine christliche Kirche gibt, sorgt Gott dafür, daß dort, wo das Salz dumm geworden ist, neues Salz aus seiner Hand geweckt wird: Wo Verfolgungen in großem Maßstab als Reaktion auf müde Kirchen kommen, entstand immer neuer Gehorsam in kleinem Maßstab. Er setzte sich durch, so daß die Kirche nie ohne die Welt blieb und die Welt nie ohne die Kirche. Wer aber meint, die Christenheit verfolgen zu können, muß wissen, daß er nur Werkzeug in der Hand des zuschlagenden Herrn ist und selbst weggeworfen wird, wie es Babylon geschah, als es Israel zur Vernunft brachte. Christenverfolger zu werden kann Auftrag Gottes sein; aber wehe dem, den dieser Auftrag trifft. Darum sollte man dem Staat in den Ohren liegen, sich keinesfalls an der Kirche zu vergreifen, um seinetwillen. Andererseits ist der Staat nicht christlich, der mit der Kirche umgeht wie mit einem rohen Ei. Das bekommt der Kirche nie. Bequemlichkeit macht müder als der Kampf. Manche Kirche schlief nur aus diesem Grunde. Die Zukunft der Welt liegt an der Zukunft der Kirche. Gott ist an der Welt interessiert, solange es Kirche gibt. Als er den Christen in Sodom befahl, die Stadt zu verlassen, zerfiel sie. Noch ist es nicht soweit. Es besteht Hoffnung für die Welt. WIE LANGE WIRD SICH DIE ERDE NOCH DREHEN? Jedenfalls wird es ihr passieren, daß sie untergeht. Das wissen wir nicht darum, weil es bereits technisch mög-lieh wäre, den Globus in die Luft zu sprengen, son» dem weil Jesus davon gesprochen hat, auch ohne die Kernphysik zu erwähnen. Dieser Erde wird eine neue Erde folgen, in der Gerechtigkeit wohnt. Es wird also eine neue Möglichkeit der Existenz für den Menschen gegeben, nicht auf dem Mond oder Mars, sondern in der Nähe Gottes. Es ist das Reich Gottes, das hier mit Jesus nahe herbeigekommen ist und von den Menschen bewohnt werden wird, die Gott zum Vater und Jesus zu ihrem Herrn haben. Das klingt darum so illusionistisch, weil uns Menschen die Vokabeln fehlen, die der Beschreibung dieser neuen Erde entsprechen könnten. Wir leben dreidimensional. Aber die Dimension der Ewigkeit sprengt unsere Aussagekraft. Bestimmt sind wir dem Termin des Weltenendes näher als unsere Väter. Wir eilen darauf zu. Der Mensch bestimmt das Datum nicht. Gott hat es sich Vorbehalten. Aber Menschen haben einen Einfluß darauf, denn die Gemeinde betet: „Komme bald, Herr Jesus!" Es dauert nicht mehr lange. Ja. Davon hat Jesus eindeutig gesprochen. Der Welt» Untergang wird also nicht nur den in der Literatur und in politischen Reden so beliebten „hörbaren Knall" mit sich bringen, hinter dem dann gar nichts mehr passie» ren kann. Wer so denkt, will sich nur billig aus der Geschichte stehlen. Mit dem Weltuntergang geschieht die Wiederkunft Jesu gleichzeitig. Dann wird Eindeutigkeit sein. Dann hört Tarnung auf. Dann kommt heraus, was hier ver= deckt liegt: die einen gehören zu Jesus, die anderen sind ihm unbekannt; die einen sind bei ihm, die anderen sind nicht bei ihm. Nicht bei ihm zu sein wird eine entsetzliche Existenz sein, die die Bibel mit dem Ausdruck Hölle bezeichnet hat. Genaues wissen wir nicht, aber es ist doch schon genau genug. Es wird beim Endgericht klar entschieden. Uns Men= sehen bleibt nur eines: Jesus als den alles entscheiden» den Faktor im Leben und im Sterben anzuerkennen, solange wir noch leben. Er ist wirklich der einzige Fak= tor. Darum sollte man allen ironischen oder witzigen Be= merkungen entgegentreten, die mit Hölle und Hirn» mel Zusammenhängen; nicht weil man dauernd in Angst davor leben soll, sondern weil Gott sich nicht spotten läßt. Das Gebet der Gemeinde gilt seit Jahrhunderten: Laß uns ja nicht scherzen mit deiner Zukunft! Perlentore und goldene Gassen sind die Ausdrucksformen der damaligen Zeit gewesen, um anzudeuten, daß Herrlichkeit sein wird. Es handelt sich in den Berichten der letzten Blätter der Bibel um stammelnde Formulierungen. Es kam denen, die da schrieben, auf nichts anderes an, als daß es Herrlichkeit ist, die auf uns wartet. Auch daß es dann nicht mehr den Tod gibt, kein Leid noch Geschrei, selbst das Meer nicht mehr ist, sind Ausdrucksformen, die dasselbe sagen. Wir würden heute noch ergänzen können: Es wird nicht mehr Angst sein vor dem nächsten Krieg, es werden keine Sputniks mehr losgejagt und keine Bomben mehr getestet, es wird keine Inflation mehr geben und keinen Verkehrstod. Das Entscheidende aber ist: Es wird keine Sünde mehr sein, wir werden Ihn sehen, wie Er ist. Also wird der Umgang mit Gott und seinem Sohn in einer Weise möglich sein, die nicht mehr von Schuld getrübt und nicht mehr gekürzt ist durch die Gebrechlichkeit des menschlichen Organismus. Es wird wieder zum Zustand des sechsten Schöpfungstages kommen, nach dem Gott sagen konnte: „Und siehe, es war sehr gut." So wird es dann sein. Warten. Wer auf keinen mehr zu warten hat, ist arm. Wer nichts mehr zu erwarten hat, hört auf, Mensch zu sein. Christen warten auf etwas ganz Bestimmtes, sie warten auf die Wiederkunft Jesu. Das kann man sehr realistisch tun. Warten ist überhaupt ein sehr erlebbarer Zustand. Man kann es Menschen ansehen, ob sie warten oder nichts mehr zu erwarten haben. Jesus hat angedeutet, daß er komme wie ein Dieb in der Nacht. Seine Wiederkunft wird also nicht in der Zeitung bekanntgegeben werden, selbst die Morgennachrichten im Radio werden nicht mehr dazu kommen. Die Erwähnung der Plötzlichkeit stammt von Jesus selbst, um uns auf ihn auszurichten. Wer sich auf ihn ausrichtet, stellt alles auf seine Wiederkunft ein. Aber dieses Warten geschieht nicht nervös. Darum ist es mit dem Wartekomplex verschiedener Sekten gar nicht getan. Nicht umsonst steht in dem Gleichnis von den fünf törichten und fünf klugen Jungfrauen, die auf den Bräutigam warteten, daß sie alle schliefen, als er sich verspätete. Entscheidend war die wartende Bereitschaft, die einen hatten öl bei sich. Was wir also bis dahin tun sollen, ist, daß wir uns mit ihm vertraut machen, der uns traut; daß wir den kennenlernen, der uns kennt, und das Gebet lernen, mit dem wir ihm entgegenleben dürfen: „Herr, ich warte auf dein Heil!" TEXTREGISTER l. Mose 1 27 Sprüche 3 63 i. Mose 1, 26—31 16 3, 2-18 115 1, 27 20 6, 20 93 1 u. 2 21 16 94 3 80 23, 4-6 83 3' 15 53 23, 22—26 102 4/ 9 86 30, 8-9 89 2. Mose 16 249 31, 10-31 116 16, 16—30 130 Jesaja 1, 17 112 20, 8 130 19, 18—25 20 4. Mose 11,23 227 40, 12—31 14, 57 5. Mose 6, 20 245 43, 1 87 6, 25-29 35 44, 9-20 14 8,3 24 49, 25 u. 16 16 16 «5 53 33 , 51, 52 ]osua 7, 25 166 54, 20 67 2. Samuel 11—12 94 62, 6 137 1 Könige 19, 7 164 Jeremia 1 158 2. Könige 142 7 120 Hiob 53 10, 3—16 14 1 ff. 54 26 94 8-12 16 32 16 38-39 18 32, 32-34 126 Psalm 38-40 18 36 43 1 92 Hesekiel 3 160 4, 2 243 3, 17-22 158 6, 10 243 37 55, 124 8 14 , 16, 22 Daniel 6, 11 141 24 24 9, 18 143 16 69 Arnos 3, 2 45 29 18 8, 11-12 120 29, 8-15 40 Sadiarja 7, 10 112 32 65 Sirach 3 102 33 16, 21 4, 1—11 88 39, 5-24 70, 72 Matthäus 38 69 46, 10 25 1, 21 60 50 30 5 31 52 63, 65 5, 13 177 52, 6 66 5, 13-16 150 62 69 5, 17-19 43 73 53 5, 43-6, 24 151 78 32 6, 5-13 141 78, 2-7 35, 248 6, 11 89 84 78, 230 6, 24 u. 33 79 90 30, 70 6, 25-34 144 90, 12 72 6, 33 60, 92 91 72 7, 7-11 144 96 140 7, 7-13 141 104 17 , 18, 19 7, 15-23 168 106 32 9, 35-38 155 111 70 10 138 111, 1—10 142 10, 13—16 112 111, 10 24 10, 16—42 123 229 78 10, 28 75 127 30 io, 28—30 112 227, 3 110 10, 32-33 150 136 21 11, 25-30 31 2 39 24 , 19, 63 13, 24-30 167 145 29 16, 13—28 33, 61 •145, 28 242 16, 18 176 182 Matthäus Markus Lukas Johannes 16, 24—28 123 Johanne» 6, 48 29 18, 1-6 112 6, 67—69 149 18, 15—20 67,166 8 64 18, 19 144 8, 1-11 67 18,19—20 127/139 8, 12-54 31 22, 15—46 4i 8, 14—19 25, 26 22, 23 ff. 73 8, 36 79 24, 12 101 10, 9 29 24, 12—14 96 10, 12—18 16 25 178, l8l 12, 44 61 25, 14 ff- 80 12, 45 29 26 5i 13 117 26, 21—30 167 14. 6 u. 9 29 26, 26—28 60 14. 9 61 26, 46 54 14 u. 16 125 27, 46 25, 26 14, 15-16, 15 174 28 162 15, 16 ff. 28 28, i8—20 16, 23—36 139 124, 128, 158 17 28 1, 14-20 44 18, 28—40 95 2, 27—28 130 19, 10—22 95 9/ 24 122 20, 19—23 124 10, 1—12 113 21/ 15-23 156 10, 35-45 33 Apostel- 1, 1—28 34 10, 45 16, 80 geschichte 2 124 11, 22—26 141 2, 14-47 37 12, 1—12 33 2, 42-47 152 14 56 4 138 1, 1-4 34 4/ 23-33 139 2 49/ 50 4/ 42-47 154 4/ 14-21 36 5/ 29 95 4, 14-30 37 6, 1-7 154 5- 4 61 13,13-48 37 7/ 36-50 165 16, 31-34 128 9- 57-62 123 17, 11 37 10, 20 87 17, 16-34 28, 64 10, 25-37 17, 24-29 16 101, 120 19, 1-6 126 11, 1—13 141 19, 1—10 129 ii/ 9-13 125 20, 17-35 11, 14—20 138 154, 156, 158 11, 38—42 135 20, 17-38 124 12, 11—12 126 21, 5 142 16, 19—31 75/117 Römer x, 16—31 31 18, 1-8 141 1, 16—32 64 18, 9—14 122 1, 20—21 16 19, 1—10 122 2, 1—11 81 22, 35 89 3, 21 ff. 65 24 55 3/ 23-28 5i 24/ 13-35 52 4/ 17 25, 26 1 17, 61 5- 1-11 51, 60 1, 14 29 6, 23 64 1, l-i 8 8, 12-39 79 16 - 31/ 43 8, 15 126 1, 18 29 8, 26—30 141 3, 16 15, 51, 53 9/ 11 45 4/ 7-21 135 10, 1—4 63 5/ 39 36, 37 10, 8—17 124 6, 24—26 123 ii. 33-36 23 6/ 35-65 165 12 81, 120, 155 6, 37-51 61 12, 9—21 96 6, 47, 68 ff. 76 12, 12 142 Römer 13, x—10 88, 94, 95 13, 8—14 83 13, 8-32 14 14 151 14, 5-12 87 7-9 73 14, 8-9 70 15, 30 142 1. Korinther x, 7 155 x, 10—31 44 1, 17—2, 8 160 1,30 167 5 166 10, 16—17 132/ 133 11 162 11/ 17-34 165 11, 23—32 132 12, 3—11 126 12, 4-6 174 12, 13 129 13 53 15 55 15/ 26 55/ 56 15/ 35-58 73 16, 1—2 153 2. Korinther 1, 24 156 2, 6—11 166 4, 1-6 138 4, 3—6 28 5, 15-21 16 5, 19-21 51 6, 1—10 160 6, 1-16 156 Galater 4. 4-7 125 4, 6 126, 141 5, 22 125 6, 1—10 151 Epheser 1, 1—23 127 1/ 15—21 144 2, 11—22 132, 133 3, 13-14 16 4/ 1-5 132 4, 1—16 174 4, 11-16 155 4, 28 83 5, 31-32 105 6, 1-4 114/ 115 6, 18-20 144 Philipper 1 156 1, 3-11 139 1/ 15-30 151 1, 27—2, 18 78 2 49/ 5i 2, 5-11 33-121 2, 12—13 122 Philipper 2, 12—26 100 3/ 7-14 122 3/ 8-11 123 4/ 4-7 122 4- 6 144 4/ 8—9 120 4, 10—20 153 4- 12-13 89 Kolosser 1, 15-18 16,19 l, 24 123 3- 16 140 3, 18—21 114 11, 1—20 19 1. Thessalo» 2, 13 124 nidier 4/ 6—12 83 5/ 5-11 166 5/ 12-24 87 5/ 14-15 101 5/ 19-24 126 2. Thessalo* 2/ 13-17 167 nicher 3/ 1-3 143 1. Timotheus 1-4 1, 15—16 144 60, 80, 167 2, 1-4 98 3-5 154 4, 6—16 149 5, 1—16 112 5/ 18 153 6, 6-8 89, 117 6, 6—12 83 6, 11—12 75 6, 11—16 149 2. Timotheus 2, 1—13 138 3/ 15 47 Titus 3- 3-8 128 1 Petrus 1/ 3-25 135 2, 9 45/ 127 2, 13-17 95 3,8-17 81 4, 8—11 166 2. Petrus 1/ 19 37 3/ 13 167 1.Johannes 1, 5-10 65 3/ 1-24 165 3/8 138 4, 1—6 168 4- 19 121 4, 20 101 5/ 3 79 Hebräer 1 17 2, 14—18 / 30, 31 25 / 26, 33 4 152 5- 4-10 16 10, 19—31 13/ 7-21 121 151,158 13, 15-21 143 Jakobus i< 17 92 Offenbarung 5, 9—14 i> 27 112 5' 10 2, 14-17 92 13 3- 13-18 81 15/ 1-4 5, 19-20 166 21, 1-7 22 STICHWORTVERZEICHNIS Abendandacht 47 Abendmahl 62, 67, 162, 163, 164, 166 Abendmahlangst Absolution Adoption Ämterhäufung Ärgernis Alkohol Allmacht Gottes Alter Amt, Ämter Anonymität Antike Arbeit Arbeitspause Arbeitsplatz Arbeitszeit Armut Arzt Astrologie Atheismus Atome Atomkraft Atomkrieg Auferstehung 164 67,124 50, 112 82 119 118 18 71, 102 155 87 58 81, 130 82 84 9i 88 68, 69 79, xi8 178 96, 98 55- 122 Auferstehung des Fleisches 121 Autorität Babylon Baptisten Barrikaden Bauernhof Beerdigung Beichte Bekenntnis Belsazer Beruf Berufserfolg Berufswahl Besitz Besuchsdienst Bethlehem Betrieb Betriebsklima Bibel Bibelauslegung Bibelkritik Bibellektüre Bibelübersetzung Bischöfe Bodelschwingh Bonhoeffer Bridge Bruderschaft Buße Chaos Charisma Daseinsverfehlung Diakonie Dogma 95, 102, 115 36, 43, 177 128 26 84 56 66, 67, 68, 165 36, 148 122 84, 108 108 83, 84 89 158 50 100 81 170 40, 136 4i 46, 47 40, 42 156, 157 126 126 118 124 65 94 155 63, 64 85, 101, 112 50 Dollargrenze 117 Drogen 66 Egoismus 115, 117 Ehe X03, X04, X05 Eheberatung 113 Ehehindernis X07 Ehelosigkeit in Ehescheidung 103, 109, 113 Ehre 94- 123 Ehrgeiz 123 Eigentum 94 Einheit 174- 175 Einheit der Kirche 169 Elternhaus 116 Enthaltsamkeit 118 Entkonfessionalisierung 98 Entscheidung 13 Entstehung der Welt 21 Erbsünde 52 Erwartung 44- 181 Eschatologie 44 Evangelien-Literatur 32 Evangelische Akademie 152, 164 Ewiges Leben 55- 70, 75- 280 Ewigkeit 57- 59 Ewigkeitsselbstsucht 76 Familie 140 Fegefeuer 77 Feierabend 82 Fernsehen 232, 234 Fichte 27 Finanzamt 253 Finanzpolitik 90 Fließband 84- 85, 147 Flucht vor Gott 63 Forschung 22 Fortschrittsglaube 122 Freiheit 26, 78, 80, 125 Freikirche 168 Freizeit 164 Freude 223 Freudenzeit 140 Friede 66, 96 Fürbitte 99, 120, 141 Fundamentalismus 43 Gandhi 62 Gattenwahl 106 Gebet 112, 126, 136, 139, 141, 143 Gebetserhörung 139, 142, 144 Gebetsgemeinschaft 139, 141 Gebote 79, 94, 98, 120 Gefangenschaft 140 Gegenwart Jesu 163 Gehorsam 61, 123 Geist 125 Geistesleitung 126 Geld 83, 89 Gemeinde 126 Gemeinschaft loo, 132, 150, 151, 152, 162, 163, 166 Generationen-Problem 102, 106, 114, 115 Gesangbuch 140 Gesundheit 69 Geschichte 14, 45 Geschichtsbewußtsein 93 Geschichtsrätsel 53 Geschmack 119 Gewerkschaft 91 Gewissen 66, 96 Glaube 122, 123 Glaube an Gott 14 Glaubensartikel 50 Glaubensbekenntnis 59, 121, 145, 146 Glaubenserfahrung 161 Gleitende Arbeitswoche 130 Gliedschaft 163, 172 Glücksspiel 89, 118 Gnade 120, 171 Goethe 27, 62 Götzen 26, 79 Golgatha 49 Gott für uns 63 Gottesdienst 36, 78, 130, 132, 135, 136, 138, 139, 142, 145, 147, 151, 152, 164 Gottesdienstordnung 154 Gottesidee 13, 14 Gottesknecht 33 Grabstein 72 Grundordnung 154 Halbtagsarbeit 116 Handschriftenfunde 21 Haß 123 Heiliger Geist 124, 126, 136 Heilsgewißheit 77, 171 Heilung 160 Hellenismus 42 Herrlichkeit 180 Heuchelei 151 Himmelfahrt 57, 121 Hiob 53, 85 Hochzeit 104, 105, 109 Hölle 75, 179 Hoferbe 84 homo palästinensis 22 Hungerländer 117 Idealismus 27 Idee 27 Inflation 180 Inkarnation 30, 42, 43, 61 Invalidität 85 Irrlehre 38 Jenseitsglaube 76 Jesus Christus 31, 48 Jesus Christus, seine Gegenwart 62 Juden 45 Jüngstes Gericht 74/ 179 Jüngster Tag 15 Jugend 102 Jugendweihe 149 Jungfrauengeburt 50, 121 Kanon 38, 39 Kanzel 136 Karfreitag 51 Katechet 155 Katholizismus 106, 107 Kegeln 118 Kindererziehung 114 Kindergarten 116 Kindergebet 59 Kindergottesdienst *55 Kinderlosigkeit 112 Kindertaufe 128 Kinderzahl 104, 110 Kindheit 116 Kirche 44, 100, 124, 132, 164, 166, 172, 173 Kirche, reine 167 Kirche, unsichtbare 150, 152 Kirchen 101 Kirchenaustritt 153 Kirchenlehre 126 Kirchenleitung 139- 156 Kirchenpräsident 157 Kirchensteuer 153 Kirchentümer 174 Kirchen Verfassung 154 Kirchenvorstand 139 Kirchenzucht 67, 166 Kirchlicher Unterricht 149 Kollekte 87, 132 Komplex 68 Komponisten 125 Konfirmation 148, 149 Konservativismus 93 Konzentrationslager 86 Kosmos 29 Krankenabendmahl 74 Krankenbesuch 74 Krankenbett 161 Krankenhaus 74 Krankheit 44, 69, 71 Krieg 96 Krise in der Ehe 104 Kritik an der Bibel 41 Künstler 84, 125 Küster 155 Laien 127, 135, 159, 161, 173 Leben nach dem Tode 179 Lebenserfahrung 114 Lebensstandard 83, 116, 117 Lebensunwertes Leben 20, 85 Lebenswille 70 Lehrer 84 Leib und Seele 26 Leiden Christi 26, 33 Lesemappen 131 Lichtjahre 57 Lied 139» 140 Liturgie 132, 139, 142, 147 Lohn 83 Lohnsteuer 90 Lotto 118 Luther 126 Macht 96- 99 Machtlosigkeit 96/ 97 Managerkrankheit 82 Mariologie 50, 171 Masse 100 Massenmedien 100, 134 Massenzeitalter 100 Materialisten 26, 57 Materie 26 Mathematik 125 Medikamente 66 Meister 81 Menschengeist Menschenliebe 125 85 Menschenmeinung 79 Menschentypen 20 Menschenwürde 80, 85, 100 Menschwerdung 30 Messias 44 Militär 96 Mission 138, 176 Missionspredigt 38 Mischehe 106, 107 Mode 100, 1x9 Morgenandacht 47 Mozart Nachfolge 62 79, 119, 120, 123, 140 Nächstenliebe xox Napoleon 15 Naturwissenschaft 17» 23, 58 Neid 90 Neues Testament 37 Neues Testament, Entstehung 32, 34 Neutralität 13 Nihilisten 25 Obrigkeit 94/ 95» 177 Oder«Neiße-Grenze 159 Öffentlichkeitsanspruch 138 Oekumene 158, i68, 169, 173, 174, 175 Offenbarung 13, 29, 30, 31, 43/ 45» 62,133,138,145,161 Okkultismus 77 Opfer 132, 153 Ordination 127, 158 Ostern 55, 56 Papst 170 Paradies 180 Paradiesesgeschichte 22 Parlament 98 Parlamentsdebatte 134 Parteien 99 Parteiprogramm Parochialgemeinde Passah Paten Patenamt Paulus Pazifismus Personenbezogenheit Pfarrbezirk Pfarrer Pfingsten Pharisäer Philosophie Picasso Pietismus Pilatus Plato Politik Politiker Präsides 99 152 52, 162 129 115» 149 126 96 108 152 139 37/ 124 151 48, 64 93 172 51 25/ 27, 73 96, 98, 99 69 157 Predigt 120, 135, 136, 137, 161 Predigttext Presse Proletariat Propaganda Propheten Prophetie Protestantische Freiheit Psalter Psychiater Rassen Reaktion Reformation Reformationsgeschichte Realpräsenz Regierung Reich Gottes Religion 23, Religionsstifter Rendant Renten Resignation Revolution Römisch-Kath. Kirche 127, 169, 170, 171 Rubelgrenze 117 Rundfunk 133, 134 Rundfunkpredigt 133 Sachbezogenheit 108 Sakrament 127, 162 Sekte 86, 167, x68, 169 Seelenbewegung 160 39 134, 161 92 100, 147, 160 31/ 137 35/ 126 172 93 176 172 163 94» 95 60 28, 48, 64 28 155 85, 87 24» 26, 92, 94 Seelsorge Segen Seligkeit Skat Spekulation Spiel Sputnik Sokrates Solidarität 68, 113 72, 106, 115, 147 60 118 118 118, 131 180 62 81, 86 Solidarität der Arbeit 26 Sonnensystem 58 Sonntag 230 Sonntagsheiligung 130, 232 Sozialpartner 9i Sozialprestige 89 Sühne 52 Sünde 44- 5i Sündenbekenntni* 222 Sündengefühl 265 Sündlosigkeit 51 Suggestion 65, 66 Synagoge 44 Synode 220, 226, 239 System 87 Schicksal 53 Schlüsselkinder 2x6 Schöpfer 26 Schöpfung 15 Schöpfungsgeschichte 17 Schuld 63 Schuld vor Gott 66 Schuld vor den Menschen 66 Schule 200 Staat 88, 277 Staat, totaler 88 Staatsbürger 90 Standesamt 203 Staublunge 85 Stellvertretung 52 Sterben 59, 64, 69, 73, 74, 77 Sterbestunde 72, 140 Sterne 28 Steuererklärung 90 Steuersystem 90 Streikrecht 91 Taufe 228, 229 Taufgnade 228 Technik 86 Tempelreinigung 251 Testamentseröffnung 72 Teufel 27- 53 Theodizee-Problem 53- 54 Theologie 40- 42 Tiere 28 Tod 69, 70, 77 Todesanzeige 72 Todesfurcht 33- 7i Todesursachen 64 Totalschaden 82 Toto 228 Tradition 38, 206, 246, 270 Tragödie 28, 64 Trauma 68 Traualtar 205, 209, 223 Trauformel 203 Trauung 103 Übermensch 24 Unglaube 13, 15, 64 Unsterblichkeit der Seele 59» 73/ 121 Urgeschichte 35 Vater unser 141, 143 Verantwortung 63, 80, 134 Verbände 87 Verfolgung 126, 150, 161, 176, 177 Vergebung 65, 66, 67, 113, 165 Verkehrsunfall 147, 180 Verlobung 104 Versagen des Christentums 92 88 52, 60 88 79 176 99 152 160 2X2, XI2 96 96 49 73 57 19 119 x68 178' 179 15 Widerstand gegen die Staatsgewalt 95 Wiedergeburt 78 Wiederkunft 178, 282 Wiederverheiratung X12 Wirtschaftsordnung 81 Wissenschaft 22 Witwen 1x1, 112, xx6 Witwer 1x2 Wohlfahrtsstaat 88 Wohlstand 83 Wort X05 Wort Gottes 170 Wrede, Mathilda 226 Würdigkeit 165 Wunder 42, 44, X29 Zeugendienst 126, 145, 159, x6x, X73 Zeugenschaft 235, 138 Zukunft 48, 59, 6x, 137, 177, 278, 179 Versehrte Versöhnung Vertriebene Verzicht Völker Wahltag Wahlverwandtschaft Wahrheit Waisenkind Wehrdienstverweigerung Wehrpflicht Weihnachten Weltanschauung Weltall Weltbild Weltfremdheit Weltkirchenkonferenz Weltuntergang Weltzeit „Es fragt sich, ob wir noch immer unter falschem Ansatz arbeiten, ob wir nun, in welchem Beruf wir auch stehen, immer noch meinen, wir könnten es von uns aus tun. Nein, wir können's eben nicht. Nur auf Grund der Tatsache, daß Gott uns einen neuen Namen gegeben hat, daß er das Gesetz, mit dem wir angetreten sind, umgestürzt und uns unter sein eigenes Gesetz gestellt hat, nur auf Grund der Tatsache, daß jemand von neuem geboren wurde, ist unser Tun nicht umsonst. Wie entsetzlich, wenn am Ende unserer Plak-kerei und Mühsal stände: Schädel" Solche handfesten Bibelauslegungen für den Menschen unserer Zeit finden Sie für alle Tage des Jahres in dem Andachtsbuch HEINRICH GIESEN Sei fünf Minuten still 7. Auflage 1957 (200. Tausend der Gesamtauflage), 376 Seiten, Leinen DM 7,80 Die Lebensnahe und Überzeugungskraft der Sprache Giesens, seine oft verblüffenden Formulierungen lassen den modernen Menschen aufhorchen und sind geeignet, das Evangelium auch dem „Randsiedler der Kirche" näherzubringen. DPA-Stuttgart „Wir leben in einem Augenblick weltgeschichtlicher Unentschiedenheit. Mehrere Zeitalter scheinen sich zu berühren und zu üb er schnei den: Vergangenes ist noch nicht überwunden, und Neues zeichnet sich noch nicht positiv ab. Alle Lebensbereiche, auch alle Völker sind in den umfassenden Umwandlungsprozeß einbezogen. Die Welt ist mündig geworden, so hat es Dietrich Bon* hoeffer ausgesprochen. Das schließt Verhängnis und Hoffnung in sich. Diesen Tatbestand gilt es unbeschö= nigt zur Kenntnis zu nehmen und ihn konsequent mit einer ihm entsprechenden neuen Denk* und Existenz* weise zu beantworten, wenn anders wir uns nicht einer Katastrophe ohnegleichen aussetzen wollen." Mit diesen Worten führen die Herausgeber des Buches Der mündige Christ 3. Auflage (9.—12. Tausend), 392 Seiten, mehrfarbiger Schutzumschlag, 1 Kunstdrucktafel Leinen DM 14,80 zusammengestellt von Heinrich Giesen, Heinz=Horst Schrey und Hans Jürgen Schultz in die Problematik der gegenwärtigen christlichen Situation ein und damit in ein Material, „das sich ebenso zum persönlichen Durcharbeiten wie als Grund= läge für Gespräche eignet". Einkehr, Bremen