Eberhard Hahn

06. Juni1985

29. Ludwig-Hofacker-Konferenz

Hier beginnt mein Auftrag

 

Neulich hörte ich von einem jungen Mann, der lange Zeit in christlichen Kreisen zu Hause war. Später kehrte er allem den Rücken, stürzte sich in Sport und Vergnügungen, und lebt heute nur noch in seiner Gruppe und in seinem Verein. „Aber weißt du“, sagte er, „so eine Atmosphäre und so einen Zusammenhalt wie damals im Jugendkreis gibt's jetzt bei uns nicht.“

Eine Frau erzählt vom ersten Zusammentreffen mit einem jungen christlichen Ehepaar und sagt: „Das sind Menschen, bei denen man schon beim Reinkommen eine Verbindung hat.“

Einer könnte einwenden: „ Was sollen diese Alltäglichkeiten angesichts des politischen und sozialen Auftrags der Christen im Weltmaßstab?“

Und doch wird gerade hier Wirken Jesu Christi sichtbar: er dringt von innen nach außen; ihm liegt das Kleine am Herzen, und daraus schafft er Großes. Mein gesellschaftlicher Auftrag beginnt bei dem, der mir gerade zum Nächsten wird. So sagt es Jesus im Gleichnis vom barmherzigen Samariter.

Bei dem z. B., der in einer gemütlichen Abendstunde unerwartet vor der Tür steht. Er hofft auf eine offene Familie, eine Tasse Tee und ein hörbereites Ohr. Aber was wird jetzt aus dem freien Abend?

Oder bei dem, der mir schon zum wiederholten Male meinen gemieteten Parkplatz belegt hat, so dass ich nun zusehen kann, wo ich mit meinem Auto bleibe. Jetzt ist der Friede Christi gefragt „Friede, der nach außen dringt.“ Das heißt nicht, dass ich mir alles gefallen lasse. Aber die Art, wie ich mit dem anderen umgehe, wird von der Freundlichkeit und Liebe Christi geprägt sein.

Die Losung von heute morgen nennt den Maßstab: „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr allein“ (5. Mose 6, 4). Von diesem Mittelpunkt aus will Gott die Fäden eines Christenlebens in alle Bereiche hineinspannen.

„Der Herr allein ist unser Gott“: Dies gilt für das Gespräch zwischen Hausfrauen und für die Beratung in der Chefetage; wenn ich über andere rede, wenn über das berufliche Schicksal anderer entschieden wird: wir sind dem Herrn gegenüber verantwortlich. Ob es sich um den Kauf eines Wagens oder um die Anschaffung einer Wohnzimmereinrichtung handelt: Jesus Christus will auch darin unser Herr sein und von allen anderen Ländern. Das gilt für meine Worte über den politischen Andersdenkenden hier wie über die Regierungschefs anderer Staaten. Wenn er der Herr ist, werde ich voll Hoffnung beten: „Dein Reich komme!“ Zugleich werde ich mutig dort zupacken, wo ich stehe und wo Gott will, dass ein Stück seiner Herrschaft sichtbar werde.